Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
11048 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
VPRRS 2015, 0229
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 23.06.2015 - 21.VK-3194-08/15
1. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages genügt der schlüssige Vortrag bzw. die konkrete Behauptung des Antragstellers, dass sein Angebot wertbar sei, und er bei zutreffendem Vorgehen der Vergabestelle den Zuschlag erhalten müsse. Zwar sind an die Darlegung des entstandenen oder drohenden Schadens im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz GWB keine hohen Anforderungen zu stellen, aber ein Schadenseintritt darf nicht offensichtlich ausgeschlossen sein. Für einen schlecht platzierten Bieter bedeutet dies, dass er seine Antragsbefugnis nicht darzulegen vermag, sofern er nicht gegen die in der Rangfolge ihm vorgehenden Angebote konkrete Einwendungen vorzubringen hat. Ein Schaden muss schlüssig dargelegt und jedenfalls denkbar sein.*)
2. Stellt sich nach der Angebotsabgabe heraus, dass in einem Leistungsverzeichnis Positionen für den Bauauftrag nicht erforderlich sind, ist die VSt nicht berechtigt diese Positionen aus dem Leistungsverzeichnis herauszunehmen. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn die wegfallende Position mangels Erheblichkeit die Kalkulation nicht in einer die Angebotsreihenfolge ändernden Weise hätte beeinflussen können.*)
3. Bei einer Änderung des Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers, die zu einer kalkulationserheblichen Reduzierung des ausgeschriebenen Leistungsumfangs führt, hat der Auftraggeber den Bietern in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zu geben, auf diese Korrektur zu reagieren.*)
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VPRRS 2015, 0441
Abfallbeförderung/-entsorgung
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 - 1 VK 17/15
Ein inhaltlich unzureichender Auszug aus dem Handelsregister kann nicht nachgefordert werden.
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VPRRS 2015, 0222
Rügeobliegenheit
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.03.2014 - 2 VK 5/14
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Dabei wird der Beginn der Ausschlussfrist nicht dadurch hinausgeschoben oder neu ausgelöst, dass der Bieter seine Rügen gegenüber dem Auftraggeber wiederholt.
2. Der Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB steht EU-Recht nicht entgegen (im Anschluss an OLG Rostock, IBR 2011, 238).
3. Antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist nur, wer eine Verletzung seiner Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergaberechtsvorschriften geltend macht. Dies setzt einen schlüssigen Vortrag im Sinne tatsächlicher Anknüpfungspunkte voraus, aus denen ein Vergaberechtsverstoß plausibel erscheint. Nicht ausreichend ist es, wenn ein Bieter nur die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung in den Raum stellt.
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VPRRS 2015, 0228
Gesundheit
VK Bund, Beschluss vom 10.06.2015 - VK 2-41/15
Bei der Beantwortung der Frage, welches Angebot das wirtschaftlichste ist, handelt es sich um eine Gesamtschau zahlreicher, die Entscheidung beeinflussender Einzelumstände und somit um eine Wertung, die im Gegensatz zur Anwendung bloßer Verfahrensregeln der VOL/A einen angemessenen Beurteilungsspielraum voraussetzt. Seine Ausübung ist im Vergabenachprüfungsverfahren nur beschränkt kontrollierbar.
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VPRRS 2015, 0223
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 04.11.2014 - 2 VK 15/14
1. An den Inhalt einer Rüge sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Allerdings genügen bloße Behauptungen oder Vermutungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" für eine hinreichend substantiierte Rüge nicht.
2. Auch in Fällen, in denen der Bieter ein unverschuldetes Informationsdefizit hat, setzt eine hinreichend substantiierte Rüge zumindest voraus, dass in dieser tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien dargelegt werden, die den Verdacht begründen, dass es zu Vergabeverstößen gekommen ist.
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VPRRS 2015, 0218
Dienstleistungen
VGH Hessen, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 1276/13
Es verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn der Auftraggeber erst nach der Öffnung der Bewerbungen und in deren Kenntnis mit der Festlegung der Unterkriterien und deren Gewichtung über die Methodik zur Überprüfung und Bewertung der Mustermengenkalkulationen entschieden hat und damit darüber, nach welchen Maßstäben die hierfür zu erzielenden Punkte vergeben werden.
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VPRRS 2015, 0217
Waren/Güter
VK Bund, Beschluss vom 26.05.2015 - VK 2-39/15
1. Die Entscheidung darüber, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliegt grundsätzlich dem öffentlichen Auftraggeber. Dieser ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Gegenstände frei. Grenze des Bestimmungsrechts ist die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung.
2. Werden in einem Schnittstellen- und Leistungskatalog die technischen Eigenschaften des nachgefragten Bauteils festgelegt (hier: Gesamtlänge mit Anschluss 60 mm) und entspricht das angebotene Bauteil nicht diesen Festlegungen, liegt eine unzulässige Abweichung von den Vergabeunterlagen vor, die zum zwingenden Ausschluss des Angebots führt.
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Bauvertrag
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 28.05.2014 - Fall 1713
Für die Anwendung der 2,5 m²-Regelung in Ziffer 5.2.1 der DIN 18330 bei der Übermessung von Öffnungen kommt es weder darauf an, wie groß die Öffnung insgesamt ist, noch darauf, ob die Klinkerflächen eine materialbezogene Verbindung miteinander haben.
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VPRRS 2015, 0215
Nachprüfungsverfahren
VK Lüneburg, Beschluss vom 22.04.2015 - VgK-06/2015
Auch wenn ein Planer aus einem rechtswidrig nicht europaweit bekannt gemachten Planungswettbewerb als 1. Preisträger einen Anspruch darauf hat, dass die Vergabe des Auftrags ausschließlich mit ihm und den weiteren Preisträgern durchgeführt wird, kann dieser Anspruch nicht mehr vor der Vergabekammer geltend gemacht werden, wenn aus dem ursprünglich oberhalb des Schwellenwerts gelegenen Projekt bis zur Bekanntmachung des konkreten Auftrags ein Vertragsgegenstand wird, der bei ordnungsgemäßer Kostenschätzung den Schwellenwert von 207.000 Euro unterschreitet.
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VPRRS 2015, 0207
Reinigungsleistungen
VG Meiningen, Urteil vom 17.03.2015 - 2 K 174/13
1. § 71 Abs. 2 Nr. 4 ThürKO beinhaltet eine Drittschutzwirkung für private Konkurrenten wirtschaftlicher Betätigung von Gemeinden in Thüringen, jedenfalls soweit Bereiche außerhalb der Daseinsvorsorge betroffen sind.*)
2. Ein privates Wohnungsverwaltungsunternehmen kann von gemeindlichen Unternehmen verlangen, die Gebäude- und Objektverwaltung für private Auftraggeber zu unterlassen. Eine solche gemeindliche Betätigung stellt auch für eine hauptsächlich im Bereich der Daseinsvorsorge tätige kommunale Wohnungsgesellschaft keine "damit verbundene Dienstleistung im Sinne des § 71 Abs. 2 Nr. 4, 2. Halbsatz ThürKO dar.*)
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VPRRS 2015, 0209
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2014 - 2 VK 17/14
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht EU-Recht nicht entgegen (im Anschluss an OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, 17 Verg 5/10, IBR 2011, 238).
2. Ein Zugang zum Nachprüfungsverfahren ist mit Blick auf die Rügeobliegenheit zudem nur im Falle der Identität des Gegenstands der Rüge und desjenigen des Nachprüfungsverfahrens eröffnet.
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VPRRS 2015, 0205
Transportleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.03.2015 - VgK-03/2015
Als Indiz für ein ungewöhnlich niedriges Angebot, das den öffentlichen Auftraggeber zur Aufklärung des Angebots berechtigt, ist ein erheblicher Preisabstand zum nächst niedrigsten Angebote anzusehen. Im Bereich der VOL/A (hier: Individual- und Behindertenbeförderung) ist der Auftraggeber bei einem Preisabstand von etwa 20% sogar dazu verpflichtet, eine Prüfung der Auskömmlichkeit vorzunehmen.
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VPRRS 2015, 0220
Rettungsdienstleistungen
OLG Celle, Beschluss vom 11.06.2015 - 13 Verg 4/15
1. Ein Bieter ist leistungsfähig, wenn in technischer, kaufmännischer, personeller und finanzieller Hinsicht über die erforderlichen Mittel und Kapazitäten verfügt, die er zur ordnungsgemäßen und vertragsgemäßen Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags benötigt.
2. Ein Unternehmen ist in finanzieller Hinsicht leistungsfähig, wenn es über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachzukommen).
3. Aus dem Umstand, dass sich aus dem Jahresabschluss eines Bieters ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag (hier: in Höhe von über 220.000 Euro) ergibt, folgt nicht, dass der Bieter finanziell nicht leistungsfähig ist oder war.
4. Die Entscheidung über die Auswahl der Kriterien, die bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigt werden, obliegt dem Auftraggeber. Der Auftraggeber hat allerdings für Gleichbehandlung und Transparenz Sorge zu tragen. Er muss Zuschlagskriterien festlegen, sie ordnungsgemäß bekanntgeben und die Bewertung nur anhand der vorgegebenen Kriterien vornehmen.
5. Die Festlegung und Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht dazu führen, dass Kriterien faktisch keine Rolle mehr spielen (keine Nivellierung der Aushöhlung der Angebotsbewertung). Die Kriterien dürfen dem Zweck der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht zuwiderlaufen und nicht willkürlich gesetzt oder sachfremd sein.
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VPRRS 2015, 0212
Bau & Immobilien
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 04.07.2014 - Fall 1716
Die Leistungsbeschreibungen innerhalb einer Ausschreibung sollen möglichst einheitlich erfolgen. Andernfalls kann eine unterschiedliche Leistungsbeschreibung innerhalb von Vorbemerkungen und Positionstext dazu führen, dass die Beschreibung nicht von allen Bietern gleich verstanden und interpretiert wird.
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VPRRS 2015, 0204
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 18.03.2015 - 1/SVK/001-15
1. Enthält ein Vertrag zugleich Elemente eines Bauauftrags und solche eines Auftrags anderer Art, bestimmt sich die Rechtsnatur des Vertrages nach § 99 Abs. 10 Satz 2 GWB und der herrschenden Rechtsprechung nach der Hauptleistung, die der Auftragnehmer vertraglich schuldet.*)
2. Eine Verschlechterung der Zuschlagsaussichten infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften, bspw. durch die Wahl der falschen Vergabeart, genügt, um eine subjektive Rechtsverletzung anzunehmen und eine Rügepflicht auszulösen.*)
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Bauvertrag
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 28.05.2014 - Fall 1714
Hat der Auftragnehmer nach dem Leistungsverzeichnis eine Büro-Containeranlage und die Baustelleneinrichtung "für die gesamte Zeit der beauftragten Leistungen" vorzuhalten, besteht diese Verpflichtung für die Dauer der Gesamtbaustelle und nicht nur für den Zeitraum, in dem der Auftragnehmer seine Leistungen auszuführen hat.
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Bauvertrag
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 23.02.2015 - Fall 1721
1. Es ist Aufgabe des Auftraggebers, die Ergebnisse eines Bodengutachtens in das Leistungsverzeichnis zu übertragen und die Positionen entsprechend zu formulieren.
2. Das Ergebnis der Auslegung eines auf Grundlage einer öffentlichen Ausschreibung zustande gekommenen Bauvertrags wird nicht dadurch beeinflusst, dass der Auftragnehmer etwaige Unklarheiten der Ausschreibung nicht aufgeklärt hat.
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VPRRS 2015, 0208
Transportleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 15.05.2015 - VgK-09/2015
1. Die nach § 4 Abs. 3 Satz 2 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) auch für öffentliche Aufträge im freigestellten Schülerverkehr geforderte Verpflichtung der Bieterunternehmen, ihren Arbeitnehmern mindestens das in einem vereinbarten Tarifverträge vorgesehene Entgelt zu zahlen, entspricht nicht den Vorgaben des Europarechts.
2. Eine Rüge, die erst 18 Tage nach Kenntniserlangung von dem beanstandeten Vergaberechtsverstoß erfolgt, kann nach den Umständen des Einzelfalls noch als "unverzüglich" angesehen werden.
Bauvertrag
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 12.09.2014 - Fall 1717
Weisen Bauteile (hier: Widerlager, Pfeiler und Überbau) mehrere abgeschrägte oder profilierte Flächen aus, kann Ziffer 5.1.1.3 DIN 18331 für die Abrechnung nicht herangezogen werden. Die Anwendung dieser Abrechnungsregel setzt voraus, dass es sich um Bauteile mit einem einheitlichen Querschnitt handelt.
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VPRRS 2015, 0198
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 06.02.2015 - VgK-49/2014
1. Die Bieter müssen davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung auch so angeboten haben will, wie er sie in den Vergabeunterlagen festgelegt hat.
2. Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Vergabeunterlagen anbieten, können sie Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie nicht vom Auftraggeber ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen im Rahmen seines Angebots von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, führt dies zum zwingenden Ausschluss seines Angebots.
3. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Bieter im Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abgewichen ist, sind die Vergabeunterlagen aus der objektiven Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, auszulegen.
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VPRRS 2015, 0216
Strom, Wasser, Gas
BGH, Urteil vom 14.04.2015 - EnZR 11/14
Der Auskunftsanspruch der Gemeinde gegenüber dem bisherigen Nutzungsberechtigten nach § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG umfasst auch Angaben zu den kalkulatorischen Restwerten und den kalkulatorischen Nutzungsdauern für sämtliche Anlagen des zu überlassenden Versorgungsnetzes.*)
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VPRRS 2015, 0202
Nachprüfungsverfahren
OLG Dresden, Urteil vom 07.05.2015 - Verg 1/15
Nimmt der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurück, hat er die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
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VPRRS 2015, 0197
Dienstleistungen
VK Südbayern, Beschluss vom 27.05.2015 - Z3-3-3194-1-15-03/15
1. Ein Vertrag einer Gemeinde über die Errichtung und den Betrieb eines Breitbandnetzes in einem strukturschwachen Gebiet, bei dem der Auftragnehmer nach Errichtung des Kabelnetzes das ausschließliche Nutzungsrecht behält und die Begründung von Vertragsverhältnissen über breitbandige Kundenanschlüsse allein durch den Auftragnehmer erfolgt, stellt eine Dienstleistungskonzession dar. (Anschluss an OLG München, IBR 2011, 285).*)
2. Vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie über die Konzessionsvergabe 2014/23/EU im April 2016 ist für die Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungs-konzessionen der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht gegeben.*)
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VPRRS 2015, 0203
Nachprüfungsverfahren
VK Lüneburg, Beschluss vom 28.05.2015 - VgK-10/2015
1. Beruht die Erledigung des Nachprüfungsverfahrens auf einer Korrektur eines vergaberechtswidrigen Verhaltens der Vergabestelle, kann der in seinen Rechten verletzte Bieter keine Erstattung der notwendigen Aufwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren erlangen.
2. § 128 Abs. 4 GWB enthält eine Regelungslücke, die durch den Gesetzgeber zu schließen ist. Aus der Begründung zum Referentenentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes kann nicht auf eine planwidrige Regelungslücke geschlossen werden.
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VPRRS 2015, 0199
Dienstleistungen
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.2015 - 11 Verg 10/14
1. Hat sich das Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens erledigt, ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Maßstab für die Kostenverteilung ist dabei die Erfolgsaussicht der Beschwerde unter Berücksichtigung des aktuellen Sach- und Streitstands, wobei nur eine summarische Prüfung vorzunehmen ist. Erscheint danach der Verfahrensausgang offen, sind die Kosten im Zweifel gegeneinander aufzuheben.
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VPRRS 2015, 0196
ÖPNV
VK Südbayern, Beschluss vom 05.06.2015 - Z3-3-3194-1-20-03/15
Dem EuGH werden zur Auslegung der VO (EG) Nr. 1370/2007 folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgelegt:
a. Kommen bei einem Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2004/18/EG bzw. der Richtlinie 2014/24/EU grundsätzlich nur die Vorschriften dieser Richtlinien zur Anwendung, so dass von den genannten Richtlinien abweichende Vorschriften in der VO (EG) Nr. 1370/2007 unangewendet bleiben müssen?
b. Richtet sich demnach die Zulässigkeit der Vergabe von Unteraufträgen bei einem Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2004/18/EG bzw. 2014/24/EU ausschließlich nach den vom Gerichtshof zur Richtlinie 2004/18/EG entwickelten Regeln und nach der Regelung des Art. 63 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU oder kann ein öffentlicher Auftraggeber abweichend davon auch bei einem derartigen Vergabeverfahren gemäß Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007 eine prozentuale Eigenerbringungsquote (gemessen an den Fahrplankilometern) für die Bieter festschreiben?
c. Ist für den Fall, dass Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007 auf Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2004/18/EG bzw. 2014/24/EU anwendbar ist, der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf den Erwägungsgrund 19 der VO (EG) Nr. 1370/2007 bei der Festlegung der Selbsterbringungsquote frei, so dass die Forderung einer Selbsterbringungsquote von 70% gemessen an den Fahrplankilometern durch den Auftraggeber gerechtfertigt sein kann?
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VPRRS 2015, 0191
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.12.2014 - 2 VK 18/14
1. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht EU-Recht entgegen.
2. Für den Beginn der Rügefrist kommt es grundsätzlich auf die positive Kenntnis vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes an. Diese Kenntnis kann angenommen werden, wenn der Kenntnisstand des Antragstellers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht, dass die Berufung auf eine angebliche Unkenntnis sich als ein mutwilliges Sichverschließen darstellt.
3. Die Rügefrist beträgt in der Regel eine Woche. Lediglich bei überdurchschnittlichen komplexen Sachverhalten ist eine Ausweitung der Rügefrist auf bis zu zwei Wochen möglich (hier verneint).
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VPRRS 2015, 0171
Tief- und Ingenieurbau
VK Südbayern, Beschluss vom 22.05.2015 - Z3-3-3194-1-13-02/15
1. Grundsätzlich gehört jeder Bieter, der sich wie die Antragstellerin durch Angebotsabgabe im Verfahren beteiligt hat zum Kreis der betroffenen Bieter im Sinne von § 101a GWB.*)
2. Ein Bieter, dessen Angebot ausgeschlossen wurde ist nur dann nicht mehr nach § 101a GWB zu informieren, wenn der Ausschluss dem betroffenen Bieter mitgeteilt wurde und entweder in einem Nachprüfungsverfahren als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.*)
3. Die unzureichende Bekanntgabe von Mindestanforderungen an die Eignung muss ein Bieter nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder 3 GWB rügen, da er von dieser nicht beschwert ist.*)
4. Aus Gründen der Transparenz der von den Bietern zu erfüllenden Anforderungen verlangt § 12 EG Abs. 2 Nr. 2 VOB/A i.V.m. Ziffer III.2 des EU-Standardformulars für Bekanntmachungen (Anhang II der Verordnung EU Nr. 842/2011), dass Vorgaben an die Eignung bereits in der Bekanntmachung genannt werden. Diese können in anderen Unterlagen, z. B. den Vergabeunterlagen, lediglich präzisiert, aber keinesfalls verschärft, erleichtert, zurückgenommen oder neu eingeführt werden.*)
5. Um dem Transparenzgebot und dem Diskriminierungsverbot zu genügen, muss eine Eignungsanforderung so hinreichend klar und deutlich formuliert sein, dass es einem verständigen Bieter ohne eigene Interpretation eindeutig erkennbar wird, was ein öffentlicher Auftraggeber fordert. Unklarheiten dürfen nicht zu Lasten eines Bieters gehen. Dabei ist der objektive Empfängerhorizont entscheidend.*)
VPRRS 2015, 0195
Waren/Güter
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.05.2015 - 1 S 383/14
1. Die Regelung in einer kommunalen Friedhofssatzung, dass nur Grabsteine verwendet werden dürfen, die nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, und dass der Nachweis mittels Zertifikat einer anerkannten Organisation erbracht wird, ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar, wenn weder eine hinreichend gesicherte Verkehrsauffassung besteht, welche Zertifikate als vertrauenswürdig gelten können, noch eine zuständige staatliche Stelle Zertifikate als vertrauenswürdig anerkannt hat noch ausdrücklich unter Benennung der Zertifikate geregelt ist, welche Zertifikate als Nachweis ausreichen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl. Urteil des Senats vom 29.04.2014 - 1 S 1458/12, IBRRS 2014, 4426 = VPRRS 2014, 0694).*)
2. Eine hinreichend gesicherte Verkehrsauffassung, welche Zertifikate über Grabsteine, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, als vertrauenswürdig gelten können, ist derzeit nicht festzustellen.*)
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VPRRS 2015, 0194
Bau & Immobilien
VK Südbayern, Beschluss vom 21.05.2015 - Z3-3-3194-1-08-02/15
1. Die Sperrung gem. § 8 SigG bewirkt, dass die durch das qualifizierte Zertifikat bestätigte Zuordnung des öffentlichen Signaturprüfschlüssels zum Signaturschlüssel-Inhaber ab dem Sperrzeitpunkt nicht mehr gilt.*)
2. Durch eine Sperrung nach § 8 SigG des qualifizierten Anwender-Zertifikats, das auf der Signaturkarte des Benutzers hinterlegt ist, wird nicht nur der Anscheinsbeweis des § 371a Abs. 1 S. 2 ZPO aufgehoben, sondern es kann nach der Eintragung des Sperrmerks nach § 7 Abs. 2 Satz 2 SigV keine qualifizierte digitale Signatur nach der Definition in § 2 Nr. 2 und Nr. 3 SigG mehr erstellt werden.*)
3. Eine nach der Sperrung dennoch erfolgte Signatur genügt nicht den gesetzlichen Formanforderungen des § 126a BGB oder § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 VOB/A EG.*)
4. Eine Umdeutung einer unwirksamen qualifizierten digitalen Signatur gem. § 2 Nr. 3 SigG in eine formwirksame fortgeschrittene digitale Signatur gem. § 2 Nr. 2 SigG begegnet aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlichen Bedenken und scheidet jedenfalls dann aus, wenn nicht sicher gewährleistet, dass die Signatur gem. § 2 Nr. 2c) und d) SigG mit Mitteln erzeugt wurde, die der Signaturschlüssel-Inhaber unter alleiniger Kontrolle halten kann und so mit den verbundenen Daten verknüpft ist, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.*)
5. Die Nachforderung einer digitalen Signatur gem. § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A EG nach Abgabe eines mit einer ungültigen digitalen Signatur versehenen Angebots kommt nicht in Betracht.*)
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VPRRS 2015, 0177
Bau & Immobilien
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2015 - Verg 31/14
1. Der öffentliche Auftraggeber kann von der zunächst getroffenen Festlegung, Nebenangebote nicht zuzulassen, abweichen und Nebenangebote nachträglich erlauben, wenn das Gebot der Gleichbehandlung der Bieter und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Transparenz beachtet wird.
2. Werden Hauptangebote in der Annahme erstellt, Nebenangebote seien zugelassen, kann davon ausgegangen werden, dass die Zulassung eines Nebenangebots auf die Erstellung des Hauptangebotes Einfluss ausgeübt hat. Wird die Zulassung von Nebenangeboten im Nachhinein nicht mehr aufrecht erhalten, sind die Bieter davon in transparenter Weise in Kenntnis zu setzen.
3. Wählt der Auftraggeber das ausfüllungsbedürftige Kriterium der Wirtschaftlichkeit, ohne dieses inhaltlich auszufüllen, müssen die Bieter nicht damit rechnen, dass die Zuschlagsentscheidung ausschließlich anhand des Preises erfolgt.
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VPRRS 2015, 0193
Bau & Immobilien
VK Südbayern, Beschluss vom 15.05.2015 - Z3-3-3194-1-05-01/15
1. Zumindest für einen Bieter mit erheblichem technischem Sachverstand und guter Marktkenntnis ist eine verdeckte Produktvorgabe in den Vergabeunterlagen erkennbar und daher gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB zu rügen.*)
2. Eine Nachforderung fehlender Angaben des Fabrikats und Typs ist zumindest dann nicht ausgeschlossen, wenn der Preis einziges Zuschlagskriterium ist (Aufgabe der Rechtsprechung von Vergabekammer Südbayern B. v. 07.03.2014 - Az.: Z3-3-3194-1-02-01/14).*)
3. Die Pflicht zur Nachforderung gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A betrifft nur fehlende Unterlagen, also Erklärungen und Nachweise, die vom Auftraggeber ordnungsgemäß zur Vorlage bis zur Angebotsabgabe gefordert worden sind.*)
4. Die Vergabestelle ist nicht befugt, von der gesetzlich festgelegten Frist des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A abzuweichen. Tut sie es allerdings dennoch und verlässt sich ein Bieter auf die von der Vergabestelle gesetzte längere Vorlagefrist, ist das Angebot dieses Bieters nicht zwingend auszuschließen, wenn er die nachgeforderten Unterlagen innerhalb der von der Vergabestelle gesetzten Frist, aber nach Ablauf der 6 Kalendertage des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vorlegt.*)
5. Durch die Benennung der konkreten Fabrikate in der Produktabfrage konkretisiert der Bieter sein Angebot auf diese. Das Angebot ist gem. § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b i. V. m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A auszuschließen, wenn sich ein Bieter im Zuge der Angebotsprüfung bereits verbindlich auf bestimmte Hersteller und Typen festgelegt hat und diese von den aus dem Leistungsverzeichnis ersichtlichen Anforderungen abweichen.*)
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VPRRS 2015, 0187
Strom, Wasser, Gas
OLG Naumburg, Beschluss vom 08.04.2015 - 2 W 34/14 KE
Veranlassung zur Anrufung des Gerichts hat ein Beklagter gegeben, wenn sein Verhalten vor Einreichung der Klageschrift ohne Rücksicht auf Verschulden gegenüber dem späteren Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf eine gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nicht erfüllt, wenn ein öffentlicher Auftraggeber ein von ihm eingeleitetes Vergabeverfahren aufhebt und auch auf Rüge der Vergaberechtswidrigkeit der Aufhebung an seiner Entscheidung festhält. Dem öffentlichen Auftraggeber obliegt es nicht, im Rahmen der Zurückweisung der Rüge ohne vorherige Geltendmachung konkreter Schadensersatzansprüche - quasi ungefragt - bereits zu möglichen Schadenersatzansprüchen des Bieters Stellung zu nehmen.*)
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VPRRS 2015, 0182
Nachprüfungsverfahren
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.04.2015 - 3 VK LSA 6/15
1. Bei Unterschwellenvergaben im Land Sachsen-Anhalt hat der öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots zu informieren. Er gibt diese Information schriftlich, spätestens sieben Kalendertage vor dem Vertragsabschluss, ab (LVG-SA § 19 Abs. 1).
2. Die Nachprüfungsbehörde in Sachsen-Anhalt wird bei Unterschwellenvergaben nur tätig, wenn ein Bieter vor Ablauf der Frist schriftlich die Nichteinhaltung der Vergabevorschriften beanstandet und der öffentliche Auftraggeber der Beanstandung nicht abhilft (LVG-SA § 19 Abs. 2).
3. Voraussetzung für den Beginn der Frist ist die schriftliche Abgabe der Information durch den Auftraggeber. Auf den Zugang des Schreibens beim Bieter kommt es bei der Fristberechnung nicht an.
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VPRRS 2015, 0185
Nachprüfungsverfahren
OLG Naumburg, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14
1. Das Beschwerdegericht ist berechtigt, im Rahmen seiner Kostenfestsetzung auch die Aufwendungen des obsiegenden Verfahrensbeteiligten festzusetzen, die im Verfahren vor der Vergabekammer entstanden sind. Es bleibt offen, ob das Beschwerdegericht zu dieser Kostenfestsetzung auch verpflichtet ist.*)
2. Hat das Beschwerdegericht eine Entscheidung in der Hauptsache einschließlich einer Kostenentscheidung getroffen, so liegt hierin zugleich ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel bezüglich der Erstattungspflicht für Kosten und Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer. *)
3. Überschreitet der vom Verfahrensbevollmächtigten des obsiegenden Verfahrensbeteiligten vorgenommne Gebührenansatz einer Rahmengebühr die einem Rechtsanwalt im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 14 RVG eingeräumte Toleranzgrenze von 20% nicht, so kommt ihr kraft Gesetzes Verbindlichkeit zu und hindert das Beschwerdegericht daran, eigene Vorstellungen über einen angemessenen Gebührenansatz an die Stelle der Festlegungen der Verfahrensbevollmächtigten zu setzen.*)
4. Das Gestattungsverfahren nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB ist kostenrechtlich als eine vom Hauptsacheverfahren verschiedene Angelegenheit im Sinne von § 17 RVG anzusehen, in dem weitere - erstattungsfähige - Gebührenansprüche entstehen können (unter Aufgabe der Rechtsprechung im Beschluss vom 15.06.2006 - 1 Verg 5/06).*)
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VPRRS 2015, 0183
Transportleistungen
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.02.2015 - 1 VK LSA 32/14
1. Die Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bieter die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und durch vergleichbare Angebote miteinander in Wettbewerb treten können. Sind Vergabeunterlagen einer Auslegung zugänglich bzw. stellt einer der Bieter eine kalkulationsrelevante Nachfrage zum Leistungsprofil, obliegt es dem Auftraggeber, größtmögliche Transparenz unter Vermeidung jedweder Form von Diskriminierung zu gewährleisten.
2. Beantwortet der Antragsgegner eine kalkulationserhebliche Bieteranfrage ausschließlich gegenüber dem anfragenden Bieter, liegt ein auftraggeberseitig zu verantwortender Mangel an Transparenz vor.
3. Fügt der Bieter seinem Angebot anstelle des geforderten Angebotsschreibens ein eigenes Begleitschreiben bei, das im Erklärungsinhalt von den auftraggeberseitigen Vorgaben abweicht, nimmt er Änderungen an den Vergabeunterlagen vor, die zwingend zum Ausschluss des Angebots führen.
4. Die Möglichkeit einer Nachforderung ist auf das Fehlen geforderter Erklärungen und Nachweise beschränkt. Im Fall einer Änderung der Vertragsunterlagen ist daher keine Nachforderung möglich.
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VPRRS 2015, 0439
Bau & Immobilien
LG Halle, Urteil vom 15.03.2015 - 4 O 114/14
Enthält ein Zuschlagsschreiben entgegen der Bestimmung des § 70 Abs. 1 GO-SA a.F. kein Dienstsiegel, ist der Bauvertrag schwebend unwirksam.
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VPRRS 2015, 0190
Bau & Immobilien
EuGH, Urteil vom 16.06.2015 - Rs. C-593/13
1. Art. 51 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung niedergelegte Ausnahme vom Niederlassungsrecht nicht auf Zertifizierungstätigkeiten von Gesellschaften Anwendung findet, die Zertifizierungseinrichtungen sind.*)
2. Art. 14 Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach die Gesellschaften, die Zertifizierungseinrichtungen sind, ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben müssen.*)
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VPRRS 2015, 0189
Sicherheit & Verteidigung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.06.2015 - Verg 39/14
1. Sofern klar auszumachen ist, dass, sofern vor Beginn des Vergabeverfahrens eine Erfüllung externer und nicht beeinflussbarer Voraussetzungen für das Entstehen eines Beschaffungsbedarfs abgewartet wird, mit einem danach erst beginnenden Vergabeverfahren eine Bedarfsdeckung keinesfalls mehr sichergestellt werden kann, darf der öffentliche Auftraggeber im Sinn einer Vergabereife jedenfalls nach Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel das Vergabeverfahren beginnen, wenn er in der Vergabebekanntmachung auf die bestehenden Vorbehalte klar und unmissverständlich hinweist.*)
2. Wenn die Vergabestelle davon abgesehen hat, einen zusätzlichen Zeitbedarf für Nachprüfungsverfahren im Rahmen ihrer zeitlichen Prognose zu kalkulieren, hat das Beschwerdegericht einen solchen zusätzlichen Zeitbedarf nicht von sich aus zu berücksichtigen.*)
3. Die Vergabestelle darf durch Festlegen des Vertragsbeginns einen Zeitplan nicht derart zuspitzen, dass eine aufgrund nachprüfbarer Tatsachen nicht zu rechtfertigende Dringlichkeit entsteht.*)
4. Sofern die realistische Möglichkeit besteht, anstelle eines mit besonderer Dringlichkeit begründeten Verhandlungsverfahrens auch in einem offenen Verfahren mit Regelfristen zu einem zeitgerechten Vertragsabschluss zu gelangen, sind das Verhandlungsverfahren und ein Abkürzen der Angebotsfrist unstatthaft.*)
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VPRRS 2015, 0188
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.05.2015 - 21.VK-3194-04/15
1. Auf ein Angebot, welches den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden, denn es fehlt an den für einen Vertragsschluss erforderlichen sich deckenden und sich entsprechenden Willenserklärungen. Ob dieser zwingende Ausschlussgrund unter den Ausschlussgrund des § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b i.V.m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012 in Form der unzulässigen Änderung an den Vergabeunterlagen oder unter einen nicht ausdrücklich in der VOB/A erwähnten zwingenden Ausschlussgrund subsumiert wird, ist zwar in der Rechtsprechung umstritten, kann im Falle eines offenen Abweichens vom Leistungsverzeichnis aber dahinstehen, da die Rechtsfolge in beiden Fällen gleich ist.*)
2. Zwar darf der öffentliche Auftraggeber nach § 15 EG Abs. 1 VOB/A 2012 nach Öffnung der Angebote nur über bestimmte Gegenstände Aufklärung verlangen, welche abschließend aufgezählt sind. Dies liegt daran, dass § 15 EG VOB/A 2012 lediglich der weiteren Information und Aufklärung dient, nicht aber der Abänderung eines einmal eingereichten Angebotes. Doch gerade dann, wenn der Auftraggeber die Ausschreibung produktneutral und ohne Abfrage von Fabrikaten gestaltet hat, besteht für ihn ein ureigenes Interesse an der Information über das angebotene Produkt, um sich mit dem konkreten Inhalt der abgegebenen Angebote vertraut zu machen und eine Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen.*)
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VPRRS 2015, 0186
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.05.2015 - 21.VK-3194-10/15
1. Ein Unternehmen, das geforderte Erklärungen nicht, nicht vollständig oder nicht in der geforderten Form vorlegt, hat seine Eignung nicht nachgewiesen.*)
2. Nach § 6 EG Abs. 3 Nr. 1 VOB/A 2012 hat der öffentliche Auftraggeber die Fachkunde und Leistungsfähigkeit der Bieter zu prüfen. Für die Prüfung gibt § 6 EG Abs. 3 Nr. 2 VOB/A 2012 dem Auftraggeber das Recht, bestimmte Angaben zu verlangen, die Aufschluss über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens geben können.*)
3. Die durch § 6 EG Abs. 3 Nr. 2 VOB/A 2012 errichtete Markteintrittshürde für Newcomer ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, weil dadurch sichergestellt werden kann, dass der Auftrag nur an ein Unternehmen vergeben wird, das auch tatsächlich in der Lage ist, den Auftrag auszuführen.*)
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VPRRS 2015, 0179
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.2015 - 11 Verg 2/14
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren und im Beschwerdeverfahren kann auch dann notwendig sein, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag wegen offensichtlicher Unzulässigkeit/Unbegründetheit nicht förmlich an den Antragsgegner zugestellt hat.*)
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VPRRS 2015, 0176
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 10.03.2015 - 1/SVK/044-14
Ein Bieter kann sich zum Nachweis der Leistungsfähigkeit der Fähigkeiten anderer Unternehmer bedienen. Nicht möglich ist es allerdings, eine gesamtheitliche Referenzanforderung in einzelne Anforderungselemente aufzuteilen und diese durch Verweis auf Referenzobjekte verschiedener Unternehmen erfüllen zu wollen. Es ist nicht ausreichend, wenn mehrere Unternehmen lediglich Teilleistungen vorweisen können, die erst in einer Gesamtschau die Referenzanforderung insgesamt erfüllen.*)
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VPRRS 2015, 0181
Tief- und Ingenieurbau
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.04.2015 - 1 VK LSA 3/15
1. Erkennt der Auftraggeber erst bei Prüfung und Wertung der Angebote, dass alternative Montagekonzepte möglich sind und deshalb die Vergabeunterlagen geändert werden müssen, ist diese Einsicht das Ergebnis einer auftraggeberseitigen Fehleinschätzung. Als solche fällt sie in den Verantwortungsbereich des Auftraggebers und rechtfertigt keine Aufhebung der Ausschreibung.
2. Kalkulationsrelevante Auskünfte sind allen Bietern in gleicher Weise zu erteilen.
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VPRRS 2015, 0174
Straßenbau und Infrastruktur
VK Sachsen, Beschluss vom 21.11.2014 - 1/SVK/035-14
1. Bei der Frage, welche Eignungsanforderungen durch den Auftraggeber wirksam gefordert worden sind, ist auf die Vergabebekanntmachung abzustellen.*)
2. Die Anforderungen des Auftraggebers an die Eignungsnachweise müssen eindeutig und erschöpfend formuliert sein. Insoweit ist es nicht ausreichend, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung lediglich ein Gesetzeszitat angibt, welches die gemeinte Norm zudem falsch zitiert.*)
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VPRRS 2015, 0173
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 09.12.2014 - 1/SVK/038-14
1. Hat ein Auftraggeber bereits mit Angebotsabgabe die Benennung von Produkten und Fabrikaten abgefragt, so hat er dann auch vollständig zu prüfen, ob die angebotenen Produkte dem Leistungsverzeichnis entsprechen.*)
2. Die Vergabekammer wirkt unabhängig von den Anträgen, allerdings nicht unabhängig von einer Rechtsverletzung der Antragstellerin auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens hin.*)
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VPRRS 2015, 0172
Dienstleistungen
EuG, Urteil vom 16.07.2014 - Rs. T-309/12
1. Bei den von den Mitgliedern eines Zweckverbands an den Verband geleisteten Umlagezahlungen handelt es sich um eine staatliche Beihilfe i.S.v. Art. 107 Art. 1 AEUV, wenn die in Rede stehende Umlage aus staatlichen Mitteln finanziert wird.
2. Ein Zweckverband ist als Unternehmen anzusehen, wenn er Dienstleistungen für die Beseitigung tierischer Nebenprodukte gegen Entgelt anbietet.
3. Die aus staatlichen Mitteln finanzierten Umlagezahlungen verzerrten den Wettbewerb oder drohten ihn zu verzerren und beeinträchtigten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, soweit die Mehrzahl der zuständigen Gebietskörperschaften für die Tierkörperbeseitigung regionale Monopole in der Form von Ausschreibungen vergeben.
4. Die Umlagezahlungen verschaffen einem Zweckverband einen wirtschaftlichen Vorteil, soweit sie die laufenden Ausgaben verringerten und ihnen keine angemessene Gegenleistung gegenüberstehen, und stellten keinen Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Sinne des Urteils des EuGH vom 24.07.2003 (Slg. 2003, I-7747 = NZBau 2003, 503 = IBRRS 2003, 2855 - Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg) dar.
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VPRRS 2015, 0178
Dienstleistungen
EuGH, Beschluss vom 12.03.2015 - Rs. C-447/14
Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag vor dem EuGH zurück, wird sie zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt.
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VPRRS 2015, 0170
Bau & Immobilien
KG, Beschluss vom 27.01.2015 - Verg 9/14
1. Zu Fragen des Schwellenwerts, der Rügepflicht (§ 107 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GWB), der Auslegung von § 6 EG Abs. 7 VOB/A 2012 bzw. § 6 Abs. 6 VOL/A 2009 und der diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast.*)
2. Bei der Ermittlung des Auftragswerts sind all diejenigen Bauabschnitte einer Gesamtbaumaßnahme als Einheit zu betrachten, die ohne die jeweils anderen Bauabschnitte keine sinnvolle Funktionen erfüllen können, und zwar unabhängig davon, ob die einzelnen Bauabschnitte als eigenständiger Auftrag oder als Los eines Gesamtauftrags ausgeschrieben wurden.
3. Ein Bieter oder Bewerber, der zur Vorbereitung der Ausschreibung Prototypen der Ausschreibungsgegenstände hergestellt hat, „unterstützt“ den Auftraggeber.
4. Die Vergabestelle trägt die Darlegungs- und Beweislast für Ausgleichsmaßnahmen, die sie ergriffen hat, um den unverfälschten Wettbewerbs trotz des Erfahrungsvorsprungs des Unterstützers sicherzustellen.
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VPRRS 2015, 0166
Nachprüfungsverfahren
VK Hessen, Beschluss vom 30.04.2015 - 69d-VK-16/2015
1. Ein Grundsatz, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch einen öffentlichen Auftraggeber nur ausnahmsweise notwendig ist, existiert nicht.
2. Auch wenn es im Nachprüfungsverfahren primär nur um auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen geht, kann die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch einen öffentlichen Auftraggeber dennoch notwendig sein.
3. Aus der Bedeutung und dem Gewicht, den der Auftragsgegenstand für den öffentlichen Auftraggeber hat, kann folgen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten notwendig ist. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Auftragsgegenstand der Sicherung der Daseinsvorsorge dient.
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