Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
11048 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
VPRRS 2015, 0291
Rettungsdienstleistungen
OLG Schleswig, Beschluss vom 28.08.2015 - 1 Verg 1/15
1. Die einseitige Ausübung eines in den ursprünglichen Auftragsunterlagen eingeräumten und seinem Umgang nach bestimmbaren Leistungsbestimmungsrechts führt zu einer Vertragsänderung, die - wenn sie die Grenzen des vorab Vereinbarten wahrt - zu keiner Ausschreibungspflicht führt.
2. Eine "Anweisung" oder Leistungsbestimmung, die den Umfang des ursprünglich Vereinbarten überschreitet, ist wie ein neues Vertragsangebot zu behandeln.
3. Die "Aufstockung" von Vorhalteleistungen für den Rettungsdienst (Notfallrettung und Krankentransport) um 16% ist als eigenständiger öffentlicher Auftrag anzusehen.
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VPRRS 2015, 0288
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.08.2015 - 3 VK LSA 54/15
1. Zulagepositionen sind solche Positionen, die regeln, dass der Auftragnehmer unter bestimmten Voraussetzungen eine zusätzliche Vergütung zu einer Grundposition verlangen kann. Die Aufnahme von Zulagepositionen kommt dann zur Anwendung, wenn bei Erstellung des Leistungsverzeichnisses noch nicht feststeht, welche Schwierigkeiten die Ausführung der Teilleistung mit sich bringt.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss in den Vergabeunterlagen regeln, ob oder inwieweit Zulagepositionen gewertet werden sollen.
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VPRRS 2015, 0283
Brief- und Paketdienstleistungen
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.05.2014 - VK 1-7/14
1. Für die Berechnung des Schwellenwertes sind die Auftragswerte der Interimsvergabe und der Hauptvergabe zusammenzufassen.*)
2. Die Frage der Dringlichkeit einer Interimsvergabe orientiert sich an dem Zeitraum, den der Auftraggeber für die Vorbereitung der Ausschreibung, die Prüfung und Wertung der Angebote sowie die Vorabinformation der beteiligten Bieter benötigt und an der Frist, die den Bietern für die Bearbeitung ihrer Angebote einzuräumen ist. Dem Auftraggeber ist regelmäßig ein Zeitraum von drei Monaten zuzubilligen.*)
3. Verzögerungen, die durch die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens entstehen, berechtigen zur Interimsvergabe.*)
4. Der Auftraggeber hat dem Wettbewerbsprinzip bei Interimsvergaben stufenweise Geltung zu verschaffen. Bei Vergaben bis zu drei Monaten kann der Bieterkreis auf ein Unternehmen beschränkt werden, bei Zeiträumen bis zu einem Jahr sind grundsätzlich mindestens drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern und bei Zwischenvergaben von mehr als einem Jahr ist die Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens erforderlich. Durch die stufenweise Erhöhung des Wettbewerbsprinzips soll den Belangen des Auftraggebers einerseits und den Belangen des Wettbewerbs andererseits adäquat Rechnung getragen werden.*)
5. Der Auftraggeber hat sich bei der Wahl seiner Interimsbeauftragung am notwendigerweise zu überbrückenden Zeitraum zum Zeitpunkt des Eintritts der Dringlichkeit zu orientieren. Es handelt sich um eine Prognoseentscheidung, die hinreichend zu dokumentieren ist.*)
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VPRRS 2015, 0282
Rügeobliegenheit
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.10.2014 - VK 1-25/14
1. Die Vorabinformation nach § 101a GWB dient der Gewährleistung des Rechtsschutzes nach den §§ 107 ff. GWB. Für eine Überprüfung der Vorabinformation besteht jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Zuschlag gemäß § 115 Abs. 1 GWB nicht erteilt werden darf. In diesem Fall ist von vornherein ausgeschlossen, dass eine unvollständige Information für einen Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB kausal sein könnte.*)
2. Ein Bieter, der eine Tariftreueerklärung Rüge los mit seinem Angebot abgegeben hat, kann sich im Nachprüfungsverfahren nicht mehr auf die Unionsrechtswidrigkeit der geforderten Erklärung berufen.*)
3. Die Vergabestelle kann auch noch im laufenden Vergabeverfahren eine unzureichende Dokumentation von Vergabeentscheidungen nachholen, wenn keine Manipulationsgefahr besteht. Die Nachbesserung entspricht zum einen dem in § 110 Abs. 1 Satz 4 GWB normierten Gebot, den Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen zu verzögern, und zum anderen dem Recht der Vergabestelle, in jeder Phase der Ausschreibung - auch im laufenden Nachprüfungsverfahren - von sich aus Vergabefehler zu beheben.*)
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VPRRS 2015, 0279
Bau & Immobilien
VK Bund, Beschluss vom 12.06.2015 - VK 2-31/15
1. Reagiert ein Unternehmen in personeller Hinsicht überhaupt nicht auf ein schwerwiegendes Fehlverhalten seiner vertretungsberechtigten Organe, sondern belässt es die Geschäftsführer ohne jede personelle Konsequenz in ihrer Funktion, liegt in diesem Unterlassen ein eigenständiges und schwerwiegendes Fehlverhalten, das die Integrität des Unternehmens in Frage stellt.
2. Hat ein Bieter eine schwere Verfehlung zum Nachteil des Auftraggebers begangen, besteht die Möglichkeit, den Nachweis von Maßnahmen zu erbringen, die trotz des Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit belegen. Befindet der Auftraggeber die Maßnahmen für ausreichend, unterbleibt ein Ausschluss.
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VPRRS 2015, 0277
Bau & Immobilien
LG Bonn, Urteil vom 05.08.2015 - 3 O 365/13
1. Bietet der Frachtführer eine Expresslieferung an, so muss er sicherstellen, dass die rechtzeitige Zustellung möglich ist und andernfalls den Auftrag ablehnen. Durch die anstandslose Entgegennahme einer Sendung bringt der Frachtführer zum Ausdruck, dass er für die rechtzeitige Lieferung einstehen wird.
2. Erreicht hiernach ein Angebot im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung die Vergabestelle erst nach Ablauf der Angebotsfrist und wird dieses deshalb ausgeschlossen, so schuldet der Frachtführer dem betroffenen Bieter Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses, wenn das Angebot bei rechtzeitigem Eingang den Zuschlag erhalten hätte.
3. Den Absender trifft keine Hinweispflicht gegenüber dem Frachtführer im Hinblick auf die Möglichkeit eines außergewöhnlichen Schadenseintritts und damit kein anspruchsminderndes Mitverschulden.
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VPRRS 2015, 0276
IT
VK Bund, Beschluss vom 22.07.2015 - VK 2-61/15
1. Aufgrund der schwerwiegenden Konsequenzen, die ein Angebotsausschluss für die Bieter zwangsläufig hat, kommt ein solcher nur in Betracht, wenn der entsprechende Nachweis wirksam gefordert und eindeutig war.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss die Ausschreibungsbedingungen so klar formulieren, dass objektive, fachkundige Bieter keine Verständnisschwierigkeiten haben. Verbleiben etwaige Unklarheiten, gehen diese zu seinen Lasten.
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VPRRS 2015, 0280
Nachprüfungsverfahren
OLG München, Beschluss vom 02.09.2015 - Verg 6/15
1. Nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags orientiert sich die Kostenverteilung grundsätzlich am voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens. Gesichtspunkte der Billigkeit können es jedoch im Einzelfall gebieten, von diesem Grundsatz abzuweichen und den Antragsgegner ganz oder teilweise mit Verfahrenskosten zu belasten.
2. Erteilt der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen und in der Zurückweisung der Rüge den unzutreffenden Hinweis, der Antragsteller könne Rechtsschutz im Verfahren vor den Vergabekammern erlangen, entspricht es dem Gebot der Billigkeit, ihm zumindest teilweise die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Dessen ungeachtet hat der Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu tragen.
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VPRRS 2015, 0267
Nachprüfungsverfahren
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 VK LSA 7/15
Entscheidend für die Frage der Zuständigkeit ist die Kostenschätzung des öffentlichen Auftraggebers. Dabei ist unerheblich, dass die Benennung der optionalen Verlängerung des Leistungszeitraums um ein weiteres Jahr auf einem redaktionellen Versehen beruhe, da sich diese Option durchgängig durch alle Vergabeunterlagen zieht.*)
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VPRRS 2015, 0435
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 30.07.2015 - 3 VK 1/15
1. Es gibt keinen Nachprüfungsantrag zur Fristwahrung. Der Antrag an die Vergabekammer unterliegt im Gegensatz zur Rügeobliegenheit des § 107 Absatz 3 GWB grundsätzlich keinen zeitlichen Ausschlussfristen.
2. Allerdings hat der Antragsteller eine Pflicht zur Mitwirkung am zügigen Abschluss des Verfahrens.
3. Dazu gehört es, dass er die seinen Nachprüfungsantrag rechtfertigenden Tatsachen im Rahmen des ihm Möglichen nachvollziehbar und substantiiert vortragen und Beweismöglichkeiten aufzeigen.
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VPRRS 2015, 0278
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.07.2015 - 11 Verg 1/14
1. Ob eine 2,0 Gebühr im Vergabenachprüfungsverfahren billigem Ermessen im Sinne von § 14 Abs. 1 RVG entspricht, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. In Vergabeverfahren, die gemessen an durchschnittlichen Vergabeverfahren überdurchschnittlich umfangreich und schwierig sind, kann eine 2,0 Gebühr (mindestens) gerechtfertigt sein. Erweist sich die Gebühr von 2,0 - ohne Berücksichtigung des dem Anwalt zustehenden Ermessensspielraum - als Mindestgebühr gerechtfertigt, überschreitet die Bestimmung einer 2,4 fachen Gebühr nicht den dem Anwalt zustehenden Ermessensspielraum von 20%.*)
2. Die Wahrnehmung eines Termins durch die Partei persönlich ist in Vergabesachen meist zweckmäßig und sinnvoll. Ihr steht Anspruch auf Erstattung von Reisekosten und Verdienstausfall deshalb in der Regel unabhängig davon zu, ob das persönliche Erscheinen angeordnet war.*)
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VPRRS 2015, 0268
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.05.2015 - 2 VK LSA 2/15
Grundsätzlich fehlen Dokumente nicht nur dann, wenn sie körperlich nicht vorhanden sind. Vielmehr sind sie auch dann als fehlend anzusehen, wenn sie formelle Mängel aufweisen oder inhaltliche Unzulänglichkeiten, die formellen Mängeln gleich kommen. Danach sind auch fehlende Einzelangaben innerhalb einer vorhandenen Gesamterklärung Nachforderungen zugänglich.*)
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VPRRS 2015, 0265
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.07.2015 - 11 Verg 1/15
1. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens unter Einschluss der Gerichtskosten nach Billigkeit zu entscheiden.
2. War der Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer weitgehend erfolgreich und erfolgte die Rücknahme des Nachprüfungsantrags aufgrund eines zwischen Antragsteller und Antragsgegner abgeschlossenen außergerichtlichen Vergleichs, besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller bereits deshalb die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil er sich durch die Rücknahme selbst in die Position der unterliegenden Partei begeben hat.
3. Entsprechend einer Erledigung des Beschwerdeverfahrens aus sonstigen Gründen kommt es vielmehr auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses an.
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VPRRS 2015, 0269
Planungsleistungen
VK Hessen, Beschluss vom 27.07.2015 - 69d-VK-24/2015
Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, die Honorarzone verbindlich vorzugeben, da die Verantwortung für die Ermittlung der Honorarzone beim Planer liegt. Diesem steht bei der Einzonung ein gewisser Spielraum zu, so dass eine vertretbare Festlegung der Honorarzone genügt.
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VPRRS 2015, 0264
Bewachungsleistungen
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.07.2015 - Verg 37/15
1. Steht ein geforderter Eignungsnachweis (hier: die Vorlage einer Erlaubnis im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes [AÜG]) in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand (hier: Sicherheitsdienstleistungen), leidet das Vergabeverfahren an einem gravierenden Mangel.
2. Die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien verstößt ebenfalls gegen Vergaberecht.
3. Leidet das Vergabeverfahren unter erheblichen Mängeln, kommt die Gestattung einer vorzeitigen Zuschlagserteilung nicht in Betracht.
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VPRRS 2015, 0270
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.08.2015 - 11 Verg 7/15
Einem Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB fehlt das Rechtschutzbedürfnis, wenn ein Zuschlag im laufenden Verfahren vor einer Hauptsacheentscheidung des Senats nicht zu besorgen ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn die Vergabestelle formal ein Verfahren nach Art. 5 Abs. 4, Art. 7 Abs. 2 VO 1370/2007 eingeleitet hat und die Jahresfrist des Art. 7 Abs. 2 VO 1370/2007 erst weit nach Ablauf des voraussichtlichen rechtskräftigen Abschlusses des Hauptsacheverfahrens abläuft.*)
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VPRRS 2015, 0254
Waren/Güter
VK Südbayern, Beschluss vom 22.05.2015 - Z3-3-3194-1-63-12/14
1. Öffentliche Auftraggeber können nicht deshalb auf einen Aufhebungsgrund nach § 20 EG Abs. 1 b VOL/A 2009 berufen, weil sie geltend machen, dass sie den Beschaffungsbedarf nunmehr anders definieren und ausschreiben oder auch gar nicht mehr ausschreiben würden.*)
2. Die Gründe, die eine Aufhebung nach § 20 EG Abs. 1 b VOL/A 2009 rechtfertigen sollen, dürfen nicht der Vergabestelle zurechenbar sein. Eine geänderte Planung seiner Konzernobergesellschaft nach Einleitung eines Vergabeverfahrens, muss sich ein Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 GWB zurechnen lassen, sie fällt in seine Risikosphäre.*)
3. Im Falle einer rechtswidrigen Aufhebung eines Vergabeverfahrens entfällt das Feststellungsinteresse für einen Antrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB nicht zwingend dadurch, dass der Antragsgegner vorträgt, das Angebot des Antragstellers sei vor der Aufhebung zwingend auszuschließen gewesen, da der Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse) über §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 und 241 Abs. 2 BGB auch in einem solchen Fall bestehen kann (OLG Naumburg, IBR 2015, 214 = VPR 2015, 55).*)
4. Die Vergabekammer prüft grundsätzlich nicht die Erfolgsaussichten von beabsichtigten Schadensersatzansprüchen. Dies ist Sache der ordentlichen Gerichtsbarkeit.*)
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VPRRS 2015, 0266
Waren/Güter
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.08.2015 - 11 Verg 4/15
1. Im Vergabeverfahren ist ein "Anerkenntnis" nicht geeignet, die zivilprozessualen Folgen des §§ 93, 307 ZPO herbeizuführen, da im Vergabenachprüfungsverfahren ein eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz gilt und der Streitgegenstand nicht der vollständigen Dispositionsmaxime unterliegt. Die Erklärung eines Anerkenntnisses nach Erörterung der tragenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung kann jedoch dahin verstanden werden, dass dieser Beurteilung nicht entgegengetreten werden soll.*)
2. Im Rahmen der Billigkeitserwägungen für die Kostenentscheidung nach § 78 GWB besteht ebenfalls keine Veranlassung, den Rechtsgedanken des § 93 ZPO entsprechend anzuwenden.*)
3. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung Anlass gebendes Fehlverhalten der Vergabestelle rechtfertigt grundsätzlich nicht die Aufhebung, da sie es andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen. Die missverständliche Abfassungen einer Leistungsbeschreibung und die fehlende Neutralisierung einer § 16 Abs. 1 VgV unterfallenden Person stellen Fehlverhalten der Vergabestelle dar, welches die Aufhebung nicht im Sinne des § 20 EG Abs. 1 d VOL/A 2009 zu begründen vermag.*)
VPRRS 2015, 0275
Vergabe
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.07.2015 - VK 1 - 16/14
1. Das Nachprüfungsverfahren dient der Überprüfung von Vergabeentscheidungen. Dokumente und Arbeitsunterlagen, die Vergabeentscheidungen erst vorbereiten sowie Ankündigungen und Absichtserklärungen im Vorfeld von Ausschreibungen sind grundsätzlich nicht überprüfbar.*)
2. Die nachprüfbare Vergabeentscheidung muss objektiv nach außen erkennbar und in für den Auftraggeber verbindlicher Form erfolgen.*)
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VPRRS 2015, 0273
Dienstleistungen
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.10.2014 - VK 1-19/14
1. Der Bieter hat das anzubieten, was der Auftraggeber nachfragt und über die Vertragsunterlagen konkretisiert hat. Damit soll sichergestellt werden, dass ein wirksamer Vertrag mit zwei inhaltlich übereinstimmenden Willenserklärungen geschlossen werden kann.*)
2. Was der Auftraggeber in seiner Leistungsbeschreibung fordert, hat sich nach dem an den §§ 133, 157 BGB ausgerichteten objektiven Empfängerhorizont eines verständigen und sachkundigen Bieters, der mit Beschaffungsleistungen der vorliegenden Art vertraut ist, zu orientieren. Der subjektive Beschaffungswille des Auftraggebers ist ohne Bedeutung.*)
3. Änderungen an den Vergabeunterlagen führen zum Angebotsausschluss nach § 19 Abs. 3 lit. d) i.V.m. § 16 Abs. 4 Satz 1 VOL/A-EG. Auch Modifikationen des technischen Leistungsinhalts können unzulässige Änderungen bedeuten.*)
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VPRRS 2015, 0260
Planungsleistungen
OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.07.2014 - 13 U 44/12
1. Ein Nachprüfungsverfahren ist nicht eröffnet, wenn der Bieter im VOF-Verfahren geltend macht, der Auftraggeber müsse eine höhere als die von ihm in Aussicht gestellte Vergütung zahlen. Der Streit über die Höhe der vom Auftraggeber (hier: nach den Mindestsätzen der HOAI) geschuldeten Vergütung ist in einem Verfahren vor den Zivilgerichten auszutragen (im Anschluss an OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.05.2009 - Verg W 6/09, IBRRS 2009, 2888 = VPRRS 2009, 0238).
2. Wird für die Erstellung einer Planungsstudie in einem VOF-Verfahren eine "Entschädigung" von 6.000 Euro angeboten und erklärt sich der Architekt/Ingenieur mit dieser Pauschalvergütung einverstanden, ist es ihm verwehrt, für die Erstellung der Studie ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI (hier: in Höhe von über 250.000 Euro) zu fordern.
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VPRRS 2015, 0259
Nachprüfungsverfahren
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.08.2015 - 15 E 762/15
In verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen eine Vergabesperre ist es in der Regel sachgerecht, die Streitwertfestsetzung an Nr. 54.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2012/2013 auszurichten.*)
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VPRRS 2015, 0263
IT
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.05.2015 - VK-SH 4/15
1. Es liefe dem Charakter des § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB als Ausnahmevorschrift zu § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB evident zuwider, wenn ein Auftragsbewerber nach Erteilung des Zuschlags über den Hebel des § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB mit insoweit nicht durchgreifenden Behauptungen die detaillierte Überprüfung des - mit der Erteilung des Zuschlags grundsätzlich abgeschlossenen - Wertungsvorgangs der Vergabestelle verlangen könnte.*)
2. Die Vorabinformation gemäß § 101a GWB muss dem erfolglosen Bewerber hinreichend deutlich machen, aus welchem Grund sein Angebot nicht zu berücksichtigen war. Entscheidend kommt es darauf an, dass der unterlegene Bieter eine aussagekräftige Begründung für die Nichtberücksichtigung seines Angebots erhält. Voraussetzung für ein ordnungsgemäßes Informationsschreiben nach § 101a GWB ist auch, dass der darin angegebene Grund der Nichtberücksichtigung der Wahrheit entspricht. Die Vergabestelle darf also nicht bewusst unzutreffende Angaben über den Grund für die Nichtberücksichtigung machen, etwa um den Bieter über die Aussichten eines Nachprüfungsantrages zu täuschen (hier verneint).*)
3. Über Beweisanträge entscheidet die Kammer unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 110 Abs. 1 Satz 1 GWB). Dabei ist sie in analoger Anwendung des § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden, sondern entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art und den Umfang der Ermittlungen. Die Kammer hat folglich nicht schon dann in die Beweiserhebung einzutreten, wenn eine entscheidungserhebliche Tatsche streitig ist, sondern vielmehr erst dann, wenn ihr das Vorliegen entscheidungserheblicher Tatschen ernsthaft zweifelhaft erscheint.*)
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VPRRS 2015, 0258
Nachprüfungsverfahren
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.04.2015 - VK-SH 3/15
Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, hat er die Kosten des Verfahrens und die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten zu tragen.
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VPRRS 2015, 0261
Planungsleistungen
LG Darmstadt, Urteil vom 23.01.2012 - 1 O 208/11
(ohne amtlichen Leitsatz)
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VPRRS 2015, 0253
Dienstleistungen
OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.06.2015 - 11 Verg 3/15
1. Unzulässiges Nachverhandeln bei fehlendem Verwahrungsgrundstück im Zeitpunkt der Angebotsabgabe.*)
2. Gibt die Vergabestelle alternativ zum Vorhandensein einer Betriebsstätte im Vertragsgebiet eine maximale Reaktionszeit vor, so muss sie die Gewährleistung der Einhaltung der Reaktionszeit vor Auftragserteilung ernsthaft und methodisch vertretbar überprüfen. Eine Eigenerklärung des Bieters genügt jedenfalls dann nicht, wenn gegen die inhaltliche Richtigkeit und Plausibilität erhebliche Zweifel bestehen.*)
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VPRRS 2015, 0430
Arzneimittel
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.2015 - Verg 12/15
1. Auf Wettbewerb darf nur verzichtet oder dieser darf nur eingeengt werden, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. Das gilt auch für die vertragsärztliche Versorgung mit Arzneimitteln des Sprechstundenbedarfs. Stehen derartige Arzneimittel im Wettbewerb, ist ihre Beschaffung öffentlich auszuschreiben.
2. Stehen für den Sprechstundenbedarf von Radiologen erforderliche Kontrastmittel nicht nur wirkstoffbezogen, sondern auch indikationsbezogen, d.h. wirkstoffübergreifend zueinander im Wettbewerb, steht es Krankenkassen frei, eine dahin gehende Beschaffung zu tätigen.
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VPRRS 2015, 0250
Straßenbau und Infrastruktur
VK Südbayern, Beschluss vom 20.07.2015 - Z3-3-3194-1-17-03/15
1. Öffentliche Auftraggeber können nicht deshalb auf einen Aufhebungsgrund nach 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2012 berufen, weil sie geltend machen, dass sie den Beschaffungsbedarf nunmehr anders definieren und ausschreiben würden. Die Gründe, die eine Aufhebung nach 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2012 rechtfertigen sollen, dürfen nicht der Vergabestelle zurechenbar sein.*)
2. Bieter müssen die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A 2009) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb rechtmäßig ist. Vielmehr bleibt es der Vergabestelle aus sachlichen Gründen, insbesondere bei einem geänderten Beschaffungsbedarf, grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - X ZB 18/13, IBR 2014, 292 = VPR 2014, 111).*)
3. Bei einer - über geringfügige Fehlerkorrekturen am Leistungsverzeichnis hinausgehenden - Änderung des Beschaffungsgegenstands kann der Auftraggeber nicht gezwungen sein, den Zuschlag auf ein Leistungssoll zu erteilen, das er so nicht mehr realisieren will und bei dem bereits feststeht, dass er erhebliche Änderungen am Bauentwurf gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B anordnen wird. In diesem Fall muss der Auftraggeber die Ausschreibung aufheben können, er ist insoweit nicht auf das Verfahren zur Vereinbarung eines neuen Preises gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B verwiesen.*)
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VPRRS 2015, 0251
Rettungsdienstleistungen
VK Thüringen, Beschluss vom 25.03.2015 - 250-4003-1623/2015-E-004-GTH
(ohne amtlichen Leitsatz)
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VPRRS 2015, 0249
Dienstleistungen
VG Köln, Urteil vom 01.07.2015 - 16 K 6872/14
Fordert der öffentliche Auftraggeber bei einer Freihändigen Vergabe drei Unternehmen zur Angebotsabgabe auf und gibt nur ein Unternehmer ein Angebot ab, muss der Auftraggeber keine weiteren "Ersatzangebote" einholen.
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VPRRS 2015, 0244
Versicherungsleistungen
VK Westfalen, Beschluss vom 01.06.2015 - VK 2-7/15
1. Leistungen der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung sind als Versicherungsdienstleistungen ausschreibungspflichtig.*)
2. Ein Vertragsschluss ohne EU-weite Ausschreibung durch schlichte Beitrittserklärung ist als de-facto-Vergabe nichtig, auch wenn die Auftraggeberseite sich durch zivilrechtliche Verträge gebunden sieht und die Antragstellerinnen als per se für ungeeignet ansieht.*)
3. Die Frage der Auftraggebereigenschaft ist nicht allein anhand eines entwickelter Wettbewerb, in dem die Antragsgegnerin den wesentlichen Teil ihrer Einnahmen erwirtschaftet, zu entscheiden. Dieser ist nämlich nur als Indiz für Nichtgewerblichkeit anzusehen. Wesentlicher sind die sich aus der Satzung ergebenden Gründungszwecke der Wissenschaft und Forschung, die - ebenfalls unstreitig - im Allgemeininteresse liegende Aufgaben sind.*)
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VPRRS 2015, 0236
Abfallbeförderung/-entsorgung
VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2015 - VgK-17/2015
1. Was Gegenstand des (öffentlichen) Auftrags ist, obliegt der Bestimmung durch den Auftraggeber und ist dem Vergabeverfahren nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich vorgelagert und somit vom Vergaberecht nicht unmittelbar erfasst. Die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts sind erst berührt, wenn die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. zu einer Diskriminierung von Unternehmen führt.
2. Der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium ist jedenfalls dann vom Bieter hinzunehmen, wenn die auszuführenden Leistungen in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in der Leistungsbeschreibung und/oder in den übrigen Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber hinreichend genau definiert wurden.
3. Bei der Substantiierungspflicht der Rüge handelt es sich nicht um eine reine Formalie. Vielmehr soll die Rüge den Auftraggeber in die Lage versetzen, etwaige Rechtsverstöße zu erkennen und diesen abzuhelfen. Dazu ist es erforderlich, dass der Bieter in verfahrensfördernder Weise die Mängel konkret vorträgt, um eine sachgerechte Abhilfe zu ermöglichen.
4. Was dem Bieter an Substantiierung abverlangt wird, lässt sich nicht generell sagen, sondern hängt davon ab, inwieweit die Vergabeunterlagen oder die Vorabinformation ihn zum Vortrag in Stande gesetzt haben. Das bedeutet, dass der Bieter diejenigen Umstände konkret aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines Schadens ergibt. Pauschale und unsubstantiiert "ins Blaue hinein" erhobene Behauptungen in der Erwartung, die Aufklärungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen, reichen nicht aus.
VPRRS 2015, 0243
Rettungsdienstleistungen
OLG Jena, Beschluss vom 22.07.2015 - 2 Verg 2/15
1. Ein Beschaffungsverfahren unterliegt nicht der Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen, wenn es sich bei dem Auftrag um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession handelt.
2. Eine Dienstleistungskonzession ist dadurch geprägt, dass der Staat eine im öffentlichen Interesse liegende Dienstleistung per Gestattung von Dritten ausführen lässt, die Gegenleistung in dem Recht besteht, die zu erbringende eigene Leistung zu nutzen oder entsprechend zu verwerten und der Konzessionär ganz oder zum überwiegenden Teil das wirtschaftliche Nutzungsrisiko trägt.
Volltext
VPRRS 2015, 0241
Bau & Immobilien
VK Westfalen, Beschluss vom 06.05.2015 - VK 1-11/15
1. Ein öffentlicher Auftraggeber kann ein von ihm eingeleitetes Vergabeverfahren abbrechen, wenn er nach Prüfung und Vergleich der Angebote feststellt, dass die Ausschreibungsbedingungen es auf Grund von Fehlern, die ihm bei seiner vorher durchgeführten Bewertung selbst unterlaufen sind, nicht zulassen, den Auftrag in einer wirtschaftlich günstigen Weise zu vergeben.
2. Zulässig ist auch eine Teilaufhebung, wenn der Aufhebungsgrund nur ein bestimmtes Los umfasst.
3. Die Aufhebung ist für den Auftraggeber jedoch nur dann ohne Konsequenzen möglich und vom Bieter entschädigungslos hinzunehmen, wenn ein sachlicher Grund nach § 17 EG VOB/A 2012 vorliegt.
Volltext
VPRRS 2015, 0242
Nachprüfungsverfahren
OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.07.2015 - 10 W 31/15
Gegen eine im einstweiligen Verfügungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergangene Zwischenverfügung, mit der zeitlich beschränkt dem Antrag entsprochen wird (hier: Keine Zuschlagserteilung vor abschließender erstinstanzlicher Entscheidung), ist eine sofortige Beschwerde nicht statthaft.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0235
Rettungsdienstleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 06.03.2015 - VgK-02/2015
1. Der bloße "Anschein" einer Doppelmandatschaft allein führt nicht zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbots. Vielmehr bedarf es konkreter Umstände, die eine Parteilichkeit besorgen lassen.
2. Beratungs- und Vortragstätigkeiten, die nicht im Zusammenhang mit einem konkreten Vergabeverfahren stehen, begründen keine Doppelmandatierung.
Volltext
VPRRS 2015, 0240
Bau & Immobilien
VK Südbayern, Beschluss vom 24.07.2015 - Z3-3-3194-1-28-04/15
1. Der relative Preisabstand zwischen den abgegebenen Angeboten muss in angemessener Weise bei der Wertung zum Tragen kommen (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 - Verg 35/14, IBR 2015, 376 = VPR 2015, 185). Die Bildung von Preisstufen mit einer bestimmten Punktezahl pro Stufe kann vor diesem Hintergrund ein untaugliches Wertungssystem darstellen.*)
2. Umrechnungsformeln der Preise in Wertungspunkte, die nicht der in den Vergabehandbüchern des Bundes oder des Freistaats Bayern niedergelegten linearen Interpolation entsprechen, sind den Bietern vor Angebotsabgabe in den Vergabeunterlagen bekannt zu machen (vgl. OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 - Verg 2/10, IBR 2011, 535 = VPRRS 2010, 0446).*)
3. Hinsichtlich der Frage, wie Preise zulässigerweise im Rahmen von Gewichtungen und Wertungsformeln in Punkte umgerechnet werden dürfen, kann eine Erkennbarkeit im Sinn des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 GWB für den durchschnittlichen Bieter bei fehlenden diesbezüglichen Angaben in den Vergabeunterlagen nicht angenommen werden (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 - Verg 35/14, IBR 2015, 376 = VPR 2015, 185 ).*)
4. Für die ordnungsgemäße Dokumentation der Wertung der qualitativen Zuschlagskriterien durch ein Wertungsgremium muss im Regelfall entweder das Gremium insgesamt oder jedes einzelne Mitglied des Wertungsgremiums im Regelfall seine individuelle Punkteverteilung wenigstens kurz und stichwortartig schriftlich begründen. Haben drei von fünf Mitglieder des Wertungsgremiums keinerlei nachvollziehbare Notizen dahingehend hinterlassen, wie sie zu ihrer Bewertung gekommen sind, ist dies gemäß § 12 Abs. 1 VOF nicht ausreichend (siehe VK Südbayern, Beschluss vom 08.10.2013 - Z3-3-3194-1-26-08/13, IBRRS 2014, 0318 = VPRRS 2014, 0122).*)
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VPRRS 2015, 0239
Medizintechnik
VK Südbayern, Beschluss vom 29.06.2015 - Z3-3-3194-1-22-03/15
1. Die Wirtschaftlichkeit gemäß § 20 EG Abs. 1 c VOL/A 2009 eines Angebots bemisst sich danach, ob ein Angebot im Preis unangemessen von der Leistung abweicht. Ähnlich wie bei § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A 2009 ist die Angemessenheit des Angebotspreises anhand einer gesicherten Tatsachengrundlage durch eine Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu ermitteln. Der Gesamtpreis des Angebots ist in Relation zum Wert der angebotenen Leistung zu setzen.*)
2. Die Frage, wann ein vertretbar geschätzter Auftragswert so deutlich überschritten ist, dass eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gerechtfertigt ist, kann nicht durch allgemeinverbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen beantwortet werden; vielmehr ist eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende Interessenabwägung vorzunehmen (Anschluss BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10, IBR 2013, 93).*)
3. Verursacht eine Vergabestelle durch Verstöße gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung in § 8 EG Abs. 7 Satz 1 VOL/A 2009 Alleinstellungsmerkmale eines Bieters, muss sie letztlich auch eine durch diese Wettbewerbseinschränkung verursachte höhere Preisgestaltung dieses Bieters hinnehmen.*)
4. Eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gem. § 20 EG Abs. 1 d VOL/A 2009 aus anderen schwerwiegenden Gründen scheidet aus, wenn die Vergabestelle das Verfahren aufhebt, um von ihr zu vertretende Mängel der Vergabeunterlagen wie Verstöße gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung in § 8 EG Abs. 7 Satz 1 VOL/A 2009 oder Unklarheiten, die die Abgabe vergleichbarer Angebote verhindern, zu beheben.*)
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VPRRS 2015, 0233
Reinigungsleistungen
VK Westfalen, Beschluss vom 18.03.2015 - VK 1-6/15
1. Gibt der öffentliche Auftraggeber in einem Verhandlungsverfahren nach der SektVO bereits in der Bekanntmachung bekannt, dass er die Auswahl der Teilnehmer mit einer Bewertungsmatrix (hier: 0 bis 5 Punkte) durchführen will, muss er die zu bewertenden Eignungsanforderungen aus Gründen der Gleichbehandlung und Transparenz auch allen Bewerbern mitteilen.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber kann in einem Teilnahmewettbewerb die bereits veröffentlichten Eignungskriterien ändern oder auch fallen lassen, wobei dies in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren zu erfolgen hat. Ein Teilnehmer kann nur fordern, dass in Bezug auf seine Person, dieses Verfahren den vergaberechtlichen Grundsätzen entspricht. Auf den Kreis und die verbliebene Anzahl der Teilnehmer, die aus einem solchen Wettbewerb hervorgehen, hat der Antragsteller keinen Einfluss, weil das Vergabenachprüfungsverfahren kein objektives Beanstandungsverfahren ist.*)
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VPRRS 2015, 0238
Bau & Immobilien
VK Westfalen, Beschluss vom 13.02.2015 - VK 2-2/15
Das Ersetzen eines vorhandenen, aber inhaltlich unzureichenden Nachweises durch die spätere Bezugnahme auf einen Nachweis zu einer anderen Ordnungsziffer ist eine unzulässigere Nachbesserung. Die nachgereichten Informationen (Nachweise) sollen vielmehr nur zur "Aufklärung" beitragen.*)
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VPRRS 2015, 0231
Instrumente und Hilfsmittel
VK Westfalen, Beschluss vom 22.04.2015 - VK 1-12/15
Es reicht nicht aus, wenn konzernverbundene Unternehmen bei Einreichung ihrer Angebote offen legen, dass sie sich mehrfach am Wettbewerb beteiligen. Damit wird bereits gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz verstoßen. Denn Ziel des Wettbewerbs ist nicht diesen möglichen Verstoß gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz durch Offenlegung zu widerlegen. Ziel des Wettbewerbs ist vielmehr bereits bei Fertigstellung der Angebote den Vertraulichkeitsgrundsatz zu wahren, damit erst gar nicht der "Anschein eines Wettbewerbs", der gar kein Wettbewerb ist, gesetzt wird.*)
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VPRRS 2015, 0234
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2015 - VgK-16/2015
1. Ein Bieter ist nur dann verpflichtet, geforderte Erklärungen und Nachweise vorzulegen, wenn der öffentliche Auftraggeber deren Vorlage wirksam verlangt hat. Der öffentliche Auftraggeber muss klar und eindeutig von den Bietern fordern, welche Unterlagen sie zu welchem Zeitpunkt vorlegen müssen.
2. Erklärungen oder Hinweise, die der öffentliche Auftraggeber nicht wirksam gefordert hat, sind für die Vollständigkeit des Angebots unerheblich. Das Fehlen solcher Angaben und Erklärungen bleibt für den betreffenden Bieter dementsprechend folgenlos.
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VPRRS 2015, 0237
Nachprüfungsverfahren
OLG München, Beschluss vom 08.07.2015 - Verg 4/15
Erklären die Beteiligten das Vergabenachprüfungsverfahren übereinstimmend für erledigt, findet eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen nicht statt. Die Beteiligten haben ihre jeweiligen Aufwendungen selbst zu tragen.
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VPRRS 2015, 0232
Instrumente und Hilfsmittel
VK Westfalen, Beschluss vom 22.04.2015 - VK 1-10/15
1. Die Auskömmlichkeitsprüfung i.S.v § 19 Abs. 6 EG VOL/A kann auch darin bestehen, dass die Vergabestelle Erfahrungswerte aus vergleichbaren Ausschreibungen heranzieht und eine eigene, sachlich nachvollziehbare Kostenschätzung vornimmt und aufgrund dieser Erkenntnisse die Auskömmlichkeit der Angebote bewertet. Eine Vergabestelle ist nicht verpflichtet, sich die Inhalte einzelner Angebote kalkulatorisch darlegen zu lassen.*)
2. Auch die Angebotspreise aus bereits ausgeschlossenen Angeboten können bei der Auskömmlichkeitsprüfung berücksichtigt werden, wenn der Ausschluss dieser Angebote nicht auf kalkulationsrelevanten Tatsachen beruhte.*)
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VPRRS 2015, 0230
Transportleistungen
OLG Celle, Beschluss vom 19.02.2015 - 13 Verg 11/14
1. Eine Überschreitung der Kostenschätzung um mehr als das 2,5-fache spricht dafür, dass das Angebot des Bieters deutlich überteuert ist.
2. Die Aufgreifschwelle, die eine Aufklärung eines Angebots gebietet, liegt bei 20%. Maßgeblich ist dabei der Gesamtpreis.
3. Der Antragsgegner kann sich zunächst auf die Richtigkeit der von den Bietern abgegebenen Erklärungen verlassen. Gibt ein Bieter eine unrichtige Erklärung ab oder hält er die abgegebene Erklärung später nicht ein, kann dies in zukünftigen Vergabeverfahren einen Ausschluss wegen mangelnder Eignung nach sich ziehen.
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VPRRS 2015, 0206
Planungsleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 26.03.2014 - VgK-06/2014
1. Der Begriff der "bestmöglichen Leistungserbringung" in § 11 Abs. 6 Satz 2 VOF ist gleichbedeutend mit dem wirtschaftlichsten Angebot nach § 21 EG Abs. 1 VOL/A 2009, § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A 2012 und § 97 Abs. 5 GWB. Mit ihm kommt zum Ausdruck, dass der Wertungsvorgang nach der VOF nur begrenzt objektivierbar und von subjektiven Elementen geprägt ist.
2. Die für die Entscheidung über die Auftragserteilung maßgeblichen Zuschlagskriterien und ihre Unterkriterien sowie ihre Gewichtung sind den Bietern mit der Aufgabenbeschreibung, der Vergabebekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt zu geben.
3. Enthält die Aufforderung zur Angebotsabgabe detaillierte Vorgaben für die Angebote und deren Präsentationen und werden mit den Kriterien und Unterkriterien auch die Schwerpunkte für Angebot und Präsentation gesetzt, besteht für die Bewertungskommission kein Anlass, in die Angebotspräsentation des Bieters korrigierend einzugreifen und ihm durch Nachfragen Gelegenheit zu geben, seinen schriftlichen und mündlichen Vortrag zu ergänzen und zu vertiefen.
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VPRRS 2015, 0429
Reinigungsleistungen
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2015 - Verg 15/15
1. Ist ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG, sind die so verbundenen Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen.
2. § 36 Abs. 2 GWB und §§ 17 und 18 AktG sind auch in vergaberechtlichen Streitfällen und ohne Rücksicht darauf anzuwenden, ob es sich bei den beteiligten Unternehmen um Aktiengesellschaften handelt oder nicht.
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VPRRS 2015, 0225
Rügeobliegenheit
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.09.2014 - 2 VK 14/14
1. Eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB muss nicht ausdrücklich als "Rüge" bezeichnet werden. Für eine wirksame Rüge ist es ausreichend, wenn hinreichend deutlich wird, welches konkrete Verhalten der Vergabestelle vom Bieter als vergaberechtswidrig angesehen wird.
2. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Dabei wird der Beginn der Ausschlussfrist nicht dadurch hinausgeschoben oder neu ausgelöst, dass der Bieter seine Rügen gegenüber dem Auftraggeber wiederholt.
3. Das Verbot der Zuschlagserteilung auf Unterkostenangebote dient grundsätzlich allein dem Schutz des Auftraggebers. Dieses Verbot ist nur ganz ausnahmsweise bieterschützend, nämlich dann, wenn davon auszugehen ist, dass ein Bieter ein Unterpreisangebot in der gezielten Absicht eingereicht hat, einen oder mehrere andere Bieter nicht nur aus dem betreffenden Vergabeverfahren, sondern ganz vom Markt zu verdrängen.
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VPRRS 2015, 0221
Bau & Immobilien
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.03.2014 - 2 VK 3/14
1. Wird das vom Auftraggeber vorgegebene Angebotsschreiben vom Bieter ordnungsgemäß unterschrieben und durch entsprechendes Ankreuzen ausdrücklich auf die Anlage "Vertragsformular Wartung" hingewiesen, kann das Angebot nicht wegen der fehlenden Unterzeichnung des Wartungsvertrags ausgeschlossen werden.
2. Das Verbot der Zuschlagserteilung auf Unterkostenangebote dient grundsätzlich nur dem Schutz des Auftraggebers, nicht dem Schutz der anderen Bieter. Nur wenn (ausnahmsweise) davon auszugehen ist, dass ein Bieter ein Unterpreisangebot in der gezielten Absicht eingereicht hat, einen oder mehrere andere Bieter ganz vom Markt zu verdrängen, ist dieses Verbot bieterschützend.
3. Es gehört zu den Dokumentationspflichten des Auftraggebers, in den Vergabeakten eindeutig den Zugangszeitpunkt nachgeforderter Erklärungen festzuhalten.
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VPRRS 2015, 0224
Rechtsweg
LG Saarbrücken, Urteil vom 29.06.2015 - 4 O 141/15
1. Werden einem Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte - wie dies allgemein üblich ist - die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen (VOB) zugrunde gelegt, ist der Ablauf des Verfahrens ebenso wie bei Erreichen der Schwellenwerte eingehend geregelt, woraus subjektive Rechte der Bieter folgen.
2. Droht bei einer Vergabe unterhalb der Schwellenwerte ein Vergaberechtsverstoß, kann der dadurch in seinen Rechten verletzte Bieter im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor den Zivilgerichten die Unterlassung der Zuschlagserteilung geltend machen.
3. Werden Preisermittlungsformblätter nicht ausgefüllt, ist das als fehlende Preisangabe anzusehen. Dies führt zum zwingenden Angebotsausschluss.
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