Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
11042 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2021
VPRRS 2021, 0020
VK Hessen, Beschluss vom 01.07.2020 - 69d-VK-2-32/2020
Ergibt die Prüfung der Urkalkulation, dass eine Abweichung zwischen der tatsächlichen und der angegebenen Gewichtung der Kostenbestandteile im Angebot besteht, ist das Angebot des Bieters zwingend von der Wertung auszuschließen.

VPRRS 2021, 0105

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14.12.2020 - 3 VK 8/20
1. Dem öffentlichen Auftraggeber stehen verschiedene Bewertungsmethoden für die Ermittlung des besten Preis- Leistungs-Verhältnisses bzw. Kosten-Leistungs-Verhältnisses und damit des wirtschaftlichsten Angebots zur Verfügung, wenn ein Angebot nicht alleine nach dem Preis bewertet werden soll. Das Vergaberecht schreibt keine bestimmte Methode vor.
2. Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.
3. Ein Auftraggeber ist zwar nicht verpflichtet, seine Bewertungsmethode bekannt zu geben. Gleichzeitig gilt, dass keine überraschenden Unterkriterien eingefügt werden dürfen.

VPRRS 2021, 0018

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.04.2020 - VK 2-7/20
1. Mit der wirksamen Rücknahme des Nachprüfungsantrags ist das Vergabenachprüfungsverfahren beendet. Es ist somit lediglich noch über die Kosten zu befinden.
2. Unter Billigkeitsgesichtspunkten sind die Kosten regelmäßig demjenigen Beteiligten aufzuerlegen, der ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich unterliegt. Dies erfordert eine Prognose hinsichtlich des weiteren Verfahrensverlaufs.
3. Die Frage, ob es einem öffentlichen Auftraggeber verwehrt ist, die Eignung der vom Bieter vorgeschlagenen Nachunternehmern zu prüfen, wenn es sich nicht um eine Eignungsleihe handelt, muss - hier - nicht entschieden werden. Allerdings sprechen hierfür gute Gründe.

VPRRS 2021, 0016

EuGH, Urteil vom 14.01.2021 - Rs. C-450/19
Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Unternehmen, das an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung beteiligt gewesen sein soll, deren Tatbestand letztmalig durch die mit seinen Wettbewerbern abgestimmte Abgabe eines Angebots im Rahmen einer Ausschreibung für die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags verwirklicht worden sein soll, den Zuschlag erhalten und mit dem öffentlichen Auftraggeber einen Vertrag über Bauleistungen geschlossen hat, in dem die wesentlichen Merkmale des Auftrags und insbesondere der als Gegenleistung für die Arbeiten zu zahlende Gesamtpreis bestimmt sind, wobei deren Ausführung und die Zahlung des Preises hierfür zeitlich gestaffelt sind, der Zeitraum der Zuwiderhandlung dem Zeitraum bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags entspricht, der auf der Grundlage des von dem Unternehmen abgegebenen abgestimmten Angebots zwischen ihm und dem öffentlichen Auftraggeber abgeschlossen wurde. Das vorlegende Gericht hat zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt die wesentlichen Merkmale des in Rede stehenden Auftrags und insbesondere der als Gegenleistung für die Arbeiten zu zahlende Gesamtpreis endgültig bestimmt wurden.*)

VPRRS 2021, 0015

OVG Sachsen, Urteil vom 05.08.2020 - 6 A 1165/17
1. Im Wortlaut der Verwaltungsvorschriften zur Sächsischen Haushaltsordnung (hier Nr. 1.3.1 VwV-SäHO a. F. zu § 44 SäHO) und der Förderrichtlinie Boden- und Grundwasserschutz vom 13.07.2007 (RL BuG/2007) hat sich nicht in antizipierter Form konkretisiert, dass die Leistungsphase 7 nach § 42 HOAI und Anlage 12 (a. F.) oder die öffentliche Ausschreibung von Bauleistungen als Baubeginn gilt.*)
2. Zur Feststellung einer tatsächlich geübten Verwaltungspraxis (im hier maßgeblichen Zeitraum verneint).*)

VPRRS 2021, 0014

EuGH, Urteil vom 14.01.2021 - Rs. C-387/19
1. Art. 57 Abs. 6 Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/2170 der Kommission vom 24.11.2015 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Praxis entgegensteht, nach der ein Wirtschaftsteilnehmer verpflichtet ist, bei der Einreichung seines Teilnahmeantrags oder Angebots unaufgefordert den Nachweis für ergriffene Abhilfemaßnahmen zu erbringen, um seine Zuverlässigkeit trotz des Umstands darzulegen, dass bei ihm ein in Art. 57 Abs. 4 dieser Richtlinie in der durch die Delegierte Verordnung 2015/2170 geänderten Fassung genannter fakultativer Ausschlussgrund vorliegt, sofern sich eine solche Verpflichtung weder aus den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften noch aus den Auftragsunterlagen ergibt. Dagegen steht Art. 57 Abs. 6 der Richtlinie in der durch die Delegierte Verordnung 2015/2170 geänderten Fassung einer solchen Verpflichtung dann nicht entgegen, wenn sie in den nationalen Rechtsvorschriften klar, genau und eindeutig vorgesehen ist und dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer über die Auftragsunterlagen zur Kenntnis gebracht wird.*)
2. Art. 57 Abs. 6 Richtlinie 2014/24 in der durch die Delegierte Verordnung 2015/2170 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er unmittelbare Wirkung entfaltet.*)

VPRRS 2021, 0012

VK Lüneburg, Beschluss vom 29.10.2020 - VgK-34/2020
1. Angebote, die den vergaberechtlichen (Form-)Erfordernissen nicht genügen, sind vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
2. "Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind", sind solche Angebote, die hinter den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses zurückbleiben, also die geforderte Leistung "abmagern".
3. Damit qualitativ gute Angebote nicht aus rein formalen Gründen ausgeschlossen werden müssen, können sie nachgebessert werden.
4. Der öffentliche Auftraggeber darf den Bieter auffordern, fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen. Angaben, die sich auf Fähigkeiten des Unternehmens beziehen (sog. Eignungskriterien), dürfen sogar korrigiert werden.
5. Verfügt eine kleinere Stadt über ein eigenes Rechtsamt mit zwei Juristen, ist sie grundsätzlich personell ausreichend aufgestellt, um vergaberechtliche Fragen selbst bearbeiten zu können. Die anwaltliche Vertretung in einem Vergabenachprüfungsverfahren ist deshalb nicht ohne weiteres geboten.

VPRRS 2021, 0011

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2020 - Verg 38/18
1. Kosten, die durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Voraussetzungen ist, dass ein Verschulden des obsiegenden Verfahrensbeteiligten vorliegt es infolge dieses Verschuldens zum Entstehen von Kosten gekommen sein muss.
2. Ein Beteiligter hat das Entstehen der Kosten verschuldet, wenn er unter Außerachtlassung der erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt durch sein Verhalten einen anderen Beteiligten oder die Vergabekammer bzw. das Beschwerdegericht zu Entscheidungen oder Prozesshandlungen veranlasst hat, die an sich nicht erforderliche Kosten verursacht haben.
3. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind erstattungsfähig, wenn dessen Hinzuziehung notwendig war. Über die Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden.
4. Dabei ist danach zu fragen, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falls auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen.
5. Fragen der Preisprüfung muss eine Vergabestelle selbstständig und ohne anwaltliche Hilfe beantworten können: Es handelt sich um eine genuine Aufgabe einer Vergabestelle, die in jedem Vergabeverfahren zu leisten ist, wenn die Aufgreifschwelle erreicht wird.
6. Der Umstand der anwaltlichen Vertretung des Antragstellers allein rechtfertigt es - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit - nicht, die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten zu bejahen.

VPRRS 2021, 0009

VK Lüneburg, Beschluss vom 06.10.2020 - VgK-33/2020
1. Änderungen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig. Das betreffende Angebot ist zwingend von der Wertung auszuschließen.
2. Unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen liegen immer dann vor, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet, als vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragt. Unerheblich ist, ob sich die Änderungen in den Vergabeunterlagen selbst manifestieren oder in anderer Weise, etwa dadurch, dass in einem zusätzlichen Begleitschreiben Vorbehalte oder Einschränkungen formuliert werden.
3. Auf die Wettbewerbsrelevanz, Wesentlichkeit oder Geringfügigkeit einer Änderung der Vergabeunterlagen kommt es nicht an. Der Bieter ist ohne Einschränkungen an die in den Vergabeunterlagen im Einzelnen präzisierte Nachfrage des öffentlichen Auftraggebers gebunden.
4. Eine Aufhebung des Vergabeverfahrens wegen einer deutlichen Überschreitung des Auftragswerts voraus setzt eine vertretbare, d. h. wirklichkeitsnahe und ordnungsgemäß dokumentierte Auftragswertschätzung voraus. Zudem müssen alle Angebote deutlich höher liegen als die objektiv vertretbare Auftragswertschätzung.

VPRRS 2021, 0008

VK Lüneburg, Beschluss vom 10.08.2020 - VgK-19/2020
1. Ein Angebot ist auch im Teilnahmewettbewerb auszuschließen, wenn die nachgeforderten Unterlagen nicht innerhalb der Nachfrist vorgelegt werden. Das setzt voraus, dass die nicht nachgelieferten Unterlagen ursprünglich in gerechtfertigter Weise gefordert wurden und auch die Nachforderung den Formerfordernissen der VOB/A entsprach.
2. „Angaben zu den technischen Fachkräften" betreffen die konkret vor Ort eingesetzten Mitarbeiter.
3. Im Teilnahmeverfahren kann eine Eignungsanforderung auch ohne Mindestanforderung verwendet werden, um aus der Zahl der Teilnehmer die besten für die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots auszuwählen.

VPRRS 2021, 0006

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2020 - 11 Verg 12/20
Bestärkt die Vergabestelle durch ihre Antwort auf eine Bieteranfrage den Bieter in der Einschätzung eines Parameters für die Preiskalkulation, die sie selbst für fehlerhaft hält, kann dies zu einer Diskriminierung dieses Bieters führen, wenn dieser sein Angebot auf der Grundlage dieser Fehlvorstellung kalkuliert.*)

VPRRS 2020, 0337

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.11.2020 - 11 Verg 13/20
1. Die Forderung einer bestimmten nationalen Zulassung (hier: BASt-Begutachtung) kann nur eine von weiteren Möglichkeiten der Nachweisführung der Produktgeeignetheit abbilden. Ein fehlender Gleichwertigkeitszusatz bzw. die fehlende Zulassung eines Nachweises der Gleichwertigkeit ist vergaberechtswidrig.
2. Zielrichtung von § 7a EU VOB/A 2019 ist allein, dass materiell eine Gleichwertigkeit nachweisbar sein muss. Ein Bieter muss nachweisen dürfen - und können -, dass sein Produkt die Anforderungen der in Bezug genommenen Technischen Spezifikationen materiell erfüllt.
3. Die TL-transportable Schutzeinrichtungen stellt eine Technische Spezifikation i.S.v. § 7a EU Abs. 2 Nr. 1 e VOB/A 2019 dar.

VPRRS 2021, 0005

VK Lüneburg, Beschluss vom 09.09.2020 - VgK-32/2020
1. Änderungen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig und führen zum Angebotsausschluss. Das gilt nicht bei "Verstößen" gegen interpretierbare oder gar missverständliche beziehungsweise mehrdeutige Angaben in den Vergabeunterlagen.
2. Gibt der Bieter an, Nachunternehmerleistungen seien mit 0,00 Euro berücksichtigt, kann aus der Erklärung, dass für den Fall, dass während der Bauphase doch Nachunternehmer eingesetzt werden sollen, ein Zuschlag einkalkuliert wurde, kein Nachunternehmereinsatz abgeleitet werden.

VPRRS 2021, 0004

VK Bund, Beschluss vom 01.12.2020 - VK 1-90/20
1. Zuschlagskriterien verfolgen den Zweck, die Angebote aufgrund der vom Auftraggeber gewählten Kriterien zu vergleichen, um auf dieser Grundlage das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Insoweit kann ein öffentlicher Auftraggeber u. a. auch ökologische und soziale Aspekte bei den Zuschlagskriterien berücksichtigen.
2. Ein Zuschlagskriterium muss einen diskriminierungsfreien Vergleich der Angebote auf einer objektiven Grundlage ermöglichen.
3. Produktionsstandorte in sog. Drittstaaten (= kein EU-Mitgliedsstaat, kein Freihandelsabkommen mit der EU und kein GPA-Unterzeichnerstaat) dürfen nicht ungleich behandelt werden.

VPRRS 2021, 0031

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2020 - 2 VK LSA 40/19
1. Die nachträgliche Hinzunahme eines Nachunternehmers stellt eine vergaberechtlich unzulässige Modifikation des Angebots dar. Das Verbot des § 15 Abs. 5 S. 2 VgV gilt auch i.V.m. § 60 VgV. Bei anderer Betrachtungsweise stünde zu befürchten, dass der Wettbewerb durch nachträgliche Modifikationen des Angebotes beeinträchtigt oder gar aufgehoben wird. Es ist in jeder Hinsicht zu gewährleisten, dass die Angebote ab der Angebotsabgabe
nicht mehr nachträglich verändert werden dürfen und insoweit alle Bieter eine Gleichbehandlung erfahren. Dieser fundamentale Vergabegrundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Aufklärung eines Angebots mit ungewöhnlich niedrig erscheinendem Preis.
2. Der Antragsteller hat keinen Schaden, wenn er bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlags hat, weil sein Angebot unabhängig vom Vorbringen im Nachprüfungsverfahren ohnehin zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen. Bei dieser Sachlage sind die Nachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen.

VPRRS 2021, 0003

VK Bund, Beschluss vom 11.12.2020 - VK 2-91/20
1. Ein Vergabeverfahren (hier: nach der VSVgV) kann aufgehoben werden, wenn sich die Grundlagen des Vergabeverfahren wesentlich geändert haben.
2. Bezugspunkt der wesentlichen Änderungen sind nicht sämtliche vergaberechtlich relevante Änderungen, sondern nur die "Grundlagen des Vergabeverfahrens".
3. Für eine Aufhebung ist es erforderlich, dass sich der Beschaffungsbedarf entweder geändert hat und die Vergabeunterlagen diesem geänderten Bedarf anzupassen sind oder aber der Beschaffungsbedarf gänzlich entfallen ist, so dass das Interesse des Auftraggebers an der konkret ausgeschriebenen Leistung selbst nicht mehr besteht.
4. Auswirkungen der Corona-Pandemie sind durchaus geeignet, eine Aufhebungsentscheidung zu legitimieren, aber nur unter der Voraussetzung, dass sich Änderungen am Beschaffungsbedarf ergeben (hier verneint).

VPRRS 2021, 0001

VK Lüneburg, Beschluss vom 11.08.2020 - VgK-16/2020
1. Hat der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen mitgeteilt, die Angebote mit vollen Punkten zu bewerten, ist eine Bewertung mit Zwischenpunkten unzulässig.
2. Die Wertung von Honoraren mit Punkten ist grundsätzlich zulässig. Ein Preiswertungssystem, wonach das preislich höchste Angebot nur einen Punkt erhalten soll, ist jedoch wettbewerbsverzerrend und unzulässig.
3. Es kommt bei der Rügepräklusion auf die objektive Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes für einen durchschnittlichen Anbieter an, nicht auf die tatsächliche Erkenntnis beim Antragsteller (wie BayObLG, Beschluss vom 23.11.2000 - Verg 12/00, IBRRS 2003, 0101; entgegen OLG Düsseldorf, IBR 2007, 88).

Online seit 2020
VPRRS 2020, 0369
OLG Naumburg, Beschluss vom 30.03.2020 - 7 Verg 1/20
1. Wann der Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebots im Sinne eines Missverhältnisses zwischen dem angebotenen Gesamtpreis bzw. den angebotenen Gesamtkosten und dem objektiven Wert der ausgeschriebenen Leistungen zu gewinnen ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen.
2. Soweit auf den prozentualen Abstand des niedrigsten Angebotspreises zum nächsthöheren Preis von 20 % abgestellt wird, handelt es sich um einen Orientierungswert.
3. Dem Auftraggeber ist für das Einleiten eines Prüfungsverfahrens wegen des Eindrucks eines ungewöhnlich niedrigen Angebots ein weiter Entscheidungsspielraum zuzuerkennen.
4. Ein Aufklärungsverlangen zu den Grundlagen der Preisermittlung eines Bieters ist zulässig, wenn das Angebot inhaltlich bewertet wird, der Auftraggeber einem für die Vergabeentscheidung erheblichen Informationsbedürfnis folgt, wenn die geforderten Angaben geeignet sind, dieses Informationsbedürfnis zu befriedigen, und wenn dem Auftraggeber die Erlangung dieser Informationen nicht auf einfachere Weise möglich ist.
5. Die Einleitung eines Preisprüfverfahrens ist nicht willkürlich, wenn zwischen dem Gesamtpreis des Angebots des Bestbieters und demjenigen des zweitplatzierten Bieters ein Abstand von mehr als 10 % liegt.
6. Im Vergabenachprüfungsverfahren gilt nicht die Parteimaxime, wonach sämtliche tatsächliche Gesichtspunkte, die zwischen den Beteiligten unstreitig sind, als wahr unterstellt werden müssten. Die Vergabekammer ist auch zu einem Aufgreifen von Mängeln eines Angebots von Amts wegen berechtigt.
7. Eine Entscheidung der Vergabekammer ist selbst dann nicht ohne weiteres wirkungslos, weil sie überobligatorische Feststellungen zum Sachverhalt vorgenommen hat. Derartige Fehler führten allenfalls zur Anfechtbarkeit der Entscheidung.

VPRRS 2020, 0368

VK Bund, Beschluss vom 11.11.2020 - VK 1-84/20
1. Der öffentliche Auftraggeber ist in der Art und Weise, nach welcher Methode er bei der Bewertung der Angebote vorgeht oder was für Mittel er hierbei einsetzt, weitestgehend frei. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Angebotswertung transparent, willkürfrei und nachvollziehbar durchgeführt wird.
2. Die Wertungsfreiheit des Auftraggebers gilt auch für die Frage, ob er die angebotenen Leistungen vor Zuschlagsentscheidung praktisch daraufhin testet, ob sie die ausgeschriebenen Anforderungen tatsächlich erfüllen, oder ob ihm z.B. das vertragliche Erfüllungsversprechen, das die Bieter mit ihrem Angebot abgeben, ausreicht.
3. Die Grenzen dieser Freiheit, auf einen praktischen „Machbarkeitstest“ zu verzichten, sind jedoch dann überschritten, wenn eine transparente Wertung aufgrund insbesondere sachgerechter und willkürfreier Erwägungen nicht gewährleistet ist.

VPRRS 2020, 0367

OLG Rostock, Beschluss vom 09.12.2020 - 17 Verg 4/20
1. Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV rechtfertigt allein kein gänzliches Absehen von einer Vergabe nach wettbewerblichen Grundsätzen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB). Das auf der Rechtsfolgenseite eingeräumte Ermessen nötigt vielmehr dazu, grundsätzlich auch in den Fällen der Notvergabe zumindest mehrere Angebote einzuholen und damit wenigstens „Wettbewerb light“ zu eröffnen. Nur als ultima ratio kommt eine Direktvergabe an einen von vornherein alleinig angesprochenen Marktteilnehmer in Betracht.*)
2. Ist der Tatbestand des § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV erfüllt, die „konkurrenzlose“ Direktbeauftragung des von vornherein exklusiv angesprochenen Unternehmens aber nach den vorbezeichneten Grundsätzen ermessensfehlerhaft, so ist der Vertrag nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam. Dass der öffentliche Auftraggeber in einem solchen Fall den Auftrag auch ohne Ausschreibung rechtmäßig hätte vergeben können, ist nicht ausschlaggebend.*)

VPRRS 2020, 0357

OLG Celle, Beschluss vom 19.11.2020 - 13 Verg 2/20
1. Hat sich der Nachprüfungsantrag durch Antragsrücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung darüber, wer die Kosten der Vergabekammer und die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen hat, nach billigem Ermessen.
2. Bei einer Antragsrücknahme entspricht es billigem Ermessen, dass derjenige, der sich durch die Rücknahme in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, die Kosten zu tragen hat. Es ist keine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des zurückgenommenen Nachprüfungsantrags geboten.
3. Ausnahmsweise kann eine Kostentragung des Auftraggebers der Billigkeit entsprechen, wenn die Antragsrücknahme deshalb erfolgt, weil der Antragsteller sein materielles Ziel erreicht hat - etwa weil der Auftraggeber dem Begehren des Antragstellers entsprochen hat.

VPRRS 2020, 0361

VK Westfalen, Beschluss vom 24.07.2020 - VK 2-13/20
1. Sämtliche Zuschlagskriterien müssen den Bietern bekannt gegeben werden. Das gilt auch für Unterkriterien. Diese sind ebenfalls als Zuschlagskriterien einzuordnen.
2. Die Nennung der Zuschlagskriterien hat spätestens in den Vergabeunterlagen zu erfolgen. Eine Bekanntgabe der Zuschlagskriterien in einer Einladung zum Bietergespräch ist nicht ausreichend.
3. Ein Bieter ist nicht in seinen Rechten verletzt, wenn der Auftraggeber zwar in nicht ordnungsgemäßer Weise neue Zuschlagskriterien einführt, der Bieter jedoch die maximale Punktzahl erhält und daher auch bei einer früheren Kenntnis nicht bessergestellt gewesen wäre.
4. Eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter regelmäßig nicht erkennbar.

VPRRS 2020, 0366

VK Südbayern, Beschluss vom 21.10.2020 - 3194.Z3-3_01-20-31
1. Einem in dem entsprechenden Marktsegment tätigen Unternehmen, das keine Möglichkeit hatte, an einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb teilzunehmen, kann die Antragsbefugnis für ein Nachprüfungsverfahren regelmäßig nicht mit dem Argument abgesprochen werden, dass es Anforderungen einer im Laufe des Verfahrens auf ein bestimmtes Unternehmen zugeschnittenen Leistungsbeschreibung nicht erfüllt.*)
2. Wenn die zeitlichen Zwänge es noch zulassen, ist auch bei der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb wegen äußerster Dringlichkeit nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV ein Mindestmaß an Wettbewerb durch Aufforderung mehrerer geeigneter Unternehmen zu gewährleisten. Zu beteiligen sind nur Unternehmen, die den Beschaffungsbedarf des Auftraggebers unter Berücksichtigung der äußersten Dringlichkeit erfüllen können.*)
3. Auf einen möglichen Verstoß des öffentlichen Auftraggebers gegen die Verpflichtung, noch möglichen Wettbewerb zu schaffen, kann sich ein Unternehmen nicht berufen, wenn es im Rahmen der zeitlichen Vorgaben durch die äußerste Dringlichkeit den Beschaffungsbedarf des Auftraggebers nicht hätte erfüllen können.*)
4. Eine massiv wettbewerbsbeschränkende Festlegung des Leistungsgegenstands, die zu einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb mit nur einem Bieter führen soll, bedarf einer umfassenden Dokumentation, die regelmäßig auch keiner nachträglichen Vervollständigung zugänglich ist (OLG München Beschluss vom 09.03.2018 - Verg 10/17, IBRRS 2018, 1487).*)

VPRRS 2020, 0365

OLG Rostock, Beschluss vom 25.11.2020 - 17 Verg 1/20
1. Für die Zulässigkeit einer Direktvergabe nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 b, Abs. 6 VgV kommt es grundsätzlich nicht auf die subjektive Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers, sondern auf die objektive Unmöglichkeit der Deckung des Beschaffungsbedarfs durch andere Unternehmen an.*)
2. Auf die eigene Leistungsfähigkeit kann sich ein Wettbewerber im Nachprüfungsverfahren allerdings nicht berufen, wenn im Rahmen der Markterkundung dessen mit dem Vertrieb beauftragte Mitarbeiter unmissverständlich erklärten, das Produkt verfüge nicht über bestimmte technische Spezifikationen, die später - vergaberechtlich zulässig - zu Mindestanforderungen erhoben wurden, und deren Umsetzung werde auch nicht erfolgen.*)
3. Den Auftraggeber trifft die Beweislast für behauptete Erklärungen zur Leistungsunfähigkeit.*)

VPRRS 2020, 0363

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.08.2020 - 3 VK LSA 27/20
1. Geht der Auftraggeber hinsichtlich der Eignung eines Bieters aufgrund seiner Präqualifikation von dessen Fachkunde für den ausgeschriebenen Auftrag aus, ist auch nur diese Präqualifikation bei der Prüfung der Eignung zugrunde zu legen.*)
2. Mit dem Nachweis seiner Eignung im Angebot - hier mit der Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis - ist der Bieter grundsätzlich an diese Erklärung gebunden, und eine Abänderung dieses Eignungsnachweises ist nicht zulässig.*)
3. Aus diesem Grund darf der Auftraggeber auch nicht die ihm fehlenden Informationen zur Eignung des Bieters gem. § 16a Abs. 1 VOB/A nachfordern.*)
4. Die Pflicht zur Nachforderung bezieht sich nur auf körperlich vorhandene Unterlagen, wenn sie in formaler Hinsicht von den Anforderungen abweichen, nicht jedoch, wenn sie damit inhaltlich nachgebessert werden sollen. Dies stellt aufgrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots eine unzulässige inhaltliche Änderung des Angebots dar.*)

VPRRS 2020, 0380

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2020 - Verg 15/20
1. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat. Dabei muss es sich um ein unmittelbares Interesse in dem Sinne handeln, dass das Unternehmen den Erhalt des Auftrags für sich selbst erstrebt. Es ist in der Regel zu bejahen, wenn der Antragsteller sich mit einem eigenen Angebot am Vergabeverfahren beteiligt hat und einen Vergaberechtsverstoß rügt.
2. Die Antragsbefugnis, die während des gesamten Vergabenachprüfungsverfahrens fortbestehen muss, entfällt, wenn der Antragsteller das Interesse am Auftrag. Dies ist bei einem Antragsteller anzunehmen, der nicht mehr bereit ist, den ausgeschriebenen Auftrag mit dem vom Auftraggeber vorgesehenen Inhalt abzuschließen, und das auch hinreichend zu erkennen gibt.
3. Das Interesse am Auftrag entfällt, wenn ein Bieter seinen Geschäftsbetrieb auf einen anderes Unternehmen übertragen und seine Liquidation beschlossen hat.

VPRRS 2020, 0362

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.04.2020 - 3 VK LSA 9/20
1. Aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung soll die Auftragsbekanntmachung die für die Beurteilung der Eignung der Bieter verlangten Nachweise enthalten. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass für jeden potenziellen Bieter bereits aus der Auftragsbekanntmachung zweifelsfrei klar sein muss, welche Eignungsnachweise der Auftraggeber von ihm verlangt. Ein Bieter soll so bereits auf den ersten Blick erkennen können, ob er die festgelegten Eignungsanforderungen erfüllen kann.*)
2. Dem Auftraggeber ist es verwehrt, das Angebot eines Bieters auszuschließen, weil dieser von der Auftragsbekanntmachung abweichend geforderte Eignungsnachweise - hier über die Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis hinausgehend - nicht vorgelegt hat. Die nachträgliche Forderung von nicht wirksam bekannt gemachten Eignungsnachweisen ist rechtswidrig.*)
3. Für den Ausschluss eines Angebots wegen erheblicher Mängel im Zusammenhang mit einem früheren Vergabeverfahren bedarf es einer umfangreich dokumentierten negativen Prognose - erhebliche Zweifel an der Eignung des Bieters - im Hinblick auf den aktuell zur Vergabe stehenden Auftrag.*)

VPRRS 2020, 0239

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2020 - Verg 40/19
1. Auch bei der Vergabe von Rahmenvereinbarungen gilt eine funktionelle Betrachtungsweise für die Schätzung des Auftragswerts.
2. Die Addition der geschätzten Auftragswerte bei losweisen Vergaben konkretisiert die funktionelle Betrachtung, auch bei Rahmenvereinbarungen.
3. Die funktionelle Betrachtung der Auftragswertschätzung wird bei Rahmenvereinbarungen nicht dadurch eingeschränkt, dass diese auf Grundlage des geschätzten Gesamtwerts aller Einzelaufträge erfolgt.

VPRRS 2020, 0359

VK Sachsen, Beschluss vom 22.10.2020 - 1/SVK/023-20
1. Die Antragsbefugnis ist auch ohne Angebotsabgabe gegeben und kann für sämtliche Vergaberechtsverstöße geltend gemacht werden, die den Antragsteller an der Einreichung eines chancenreichen Angebots gehindert oder erheblich beeinträchtigt haben, sofern es sich bei wertender Betrachtung dabei um gewichtige Vergaberechtsverstöße handelt. Der Antragsteller dokumentiert sein Interesse am Auftrag in solchen Fällen hinreichend durch vorprozessuale Rüge und den anschließenden Nachprüfungsantrag.*)
2. Nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Hiervon darf der öffentliche Auftraggeber gem. § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB nur ausnahmsweise abweichen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Sinn und Zweck des Grundsatzes der Losvergabe ist es, die Chancen für eine erfolgreiche Teilnahme von kleinen und mittelständischen Unternehmen am Vergabeverfahren zu verbessern.*)

VPRRS 2020, 0358

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.10.2020 - Verg 13/20
1. Wenn sich ein Nachprüfungsantrag durch Rücknahme erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu tragen hat, nach billigem Ermessen.
2. Es entspricht im Grundsatz billigem Ermessen, dass im Fall der Antragsrücknahme derjenige die Kosten zu tragen hat, der das Verfahren in Gang gesetzt hat.
3. Gesichtspunkte der Billigkeit können es im Einzelfall gebieten, einem Beteiligten hiervon abweichend die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Insbesondere kann es im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigen sein, wenn die Antragstellung durch unzureichende oder unrichtige Mitteilungen der Vergabestelle provoziert worden ist (hier verneint).
4. Kostenentscheidungen der Vergabekammern sind selbstständig anfechtbar.

VPRRS 2020, 0360

VK Sachsen, Beschluss vom 30.10.2020 - 1/SVK/028-20
1. Legt ein Bieter auf Aufforderung des Auftraggebers innerhalb der Frist des § 16 EU Nr. 4 VOB/A 2019 ein Formblatt 223 vor, in dem er eigenhändig das Wort "Sonstige" gestrichen und durch die Angabe "NU" ersetzt hat, ist darin zum einen eine unzulässige und damit ausschlussrelevante Änderung an den Vergabeunterlagen gemäß § 16 EU Nr. 2 i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 VOB/A 2019 zu sehen. Zum anderen liegt darin eine inhaltlich unzureichende Vorlage von Unterlagen i.S.v. § 16 EU Nr. 4 VOB/A 2019, weil sowohl eine Aussage zu den "Sonstigen"-Kosten als auch die geforderte Aufgliederung der Einheitspreise zu den Teilkosten und Zeitansätzen der Nachunternehmerleistungen fehlt.*)
2. Hat ein Bieter in seinem Angebot abschließend erklärt, eine bestimmte Teilleistung selbst zu erbringen, kann er für diese Leistung nachträglich keinen Unterauftragnehmer mehr benennen, da dies eine unzulässige inhaltliche Änderung seines Angebots darstellen würde.*)

VPRRS 2020, 0355

VK Lüneburg, Beschluss vom 11.09.2020 - VgK-34/2020
1. Um den Zugang zum Nachprüfungsverfahren zu eröffnen, bedarf es der Darlegung zumindest einer konkreten, nicht völlig vagen und pauschal behaupteten Vergaberechtsverletzung. Eine aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung ist unzulässig und damit unbeachtlich.
2. An die Substantiierung einer Rüge dürfen allerdings keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, weil ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens haben wird. Ein Bieter darf seinen Nachprüfungsantrag daher auf konkretisierte Vermutungen stützen.
3. Den Verfahrensbeteiligten ist regelmäßig vollständig Akteneinsicht zu gewähren. Die Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen bedarf daher einer konkreten Darlegung, um ausnahmsweise dem Interesse auf Geheimschutz den Vorrang vor dem Interesse auf Akteneinsicht zu geben.
4. Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

VPRRS 2020, 0354

LG Bonn, Urteil vom 21.10.2020 - 1 O 51/20
1. Für den Erfolg einer auf positives Interesse gerichteten Schadensersatzklage eines Bieters nach Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen anderen Bieter ist entscheidend, ob dem klagenden Bieter bei objektiv richtiger Anwendung der bekanntgemachten Vergabekriterien unter Beachtung des der Vergabestelle gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums der Zuschlag erteilt werden musste.
2. Dabei ist zu berücksichtigen, dass keine Ermessensbindung des Auftraggebers in der Art vorliegt, dass er stets das günstigste Angebot auszuwählen hat. Vielmehr kann und muss er im Rahmen seines Ermessens auch andere Aspekte der Angebote berücksichtigen und gewichten und letztlich aus den vorliegenden Angeboten auf dieser Basis eine Auswahl treffen. Insoweit steht ihm ein Beurteilungsspielraum bei der Auswahl des Angebots zu.

VPRRS 2020, 0353

OVG Sachsen, Urteil vom 21.10.2020 - 6 A 954/17
1. Der öffentliche Auftraggeber muss und darf Angebote, die widersprüchliche Angaben enthalten, nicht ohne weiteres von der Wertung ausnehmen, ohne das Bieterunternehmen zuvor zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufgefordert und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, den Tatbestand der Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (wie OLG Düsseldorf, IBR 2015, 680).*)
2. Eine Korrektur offensichtlicher Unrichtigkeiten durch das Bieterunternehmen führt nicht zu einer Änderung der Vergabeunterlagen und verstößt auch nicht gegen das Nachverhandlungsverbot.*)

VPRRS 2020, 0352

VK Hessen, Beschluss vom 14.05.2020 - 69d-VK-2-20/2020
1. Es ist vergaberechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, eine vergleichende Wertung vorzunehmen. Der öffentliche Auftraggeber muss daher nicht besonders bekanntmachen, dass er eine vergleichende Wertung vornimmt.
2. Liegt vergaberechtlich ein in Teillose aufgeteilter Auftrag vor, führt dies nicht automatisch zu einer einheitlichen Punktevergabe in allen Losen. Nur innerhalb eines Loses muss die Gleichheit und Gleichbehandlung der Bieter gewährleistet sein, denn der Wettbewerb findet nur im jeweiligen Los statt.
3. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig auswirken, denn die Dokumentation ist kein Selbstzweck.

VPRRS 2020, 0379

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.04.2020 - 27 U 10/19
1. Wird eine öffentliche Ausschreibung aufgehoben, ohne dass ein in der einschlägigen Vergabeverordnung genannter Aufhebungsgrund vorliegt, steht dem Bieter, der bei Fortsetzung des Verfahrens und Vergabe des Auftrags den Zuschlag erhalten hätte, grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der mit der Teilnahme am Verfahren verbundenen Aufwendungen zu.
2. Weitergehende Ansprüche, wie etwa ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses, kommen nur unter besonderen Voraussetzungen, z. B. bei einer sog. Scheinaufhebung (hier verneint), in Betracht.

VPRRS 2020, 0349

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2020 - 3 VK LSA 4/20
1. Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf der öffentliche Auftraggeber in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die von einem bestimmten Unternehmen bereitgestellten Produkte charakterisiert, oder auf Marken, Patente, Typen oder einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verweisen.
2. Gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung wird auch dann verstoßen, wenn die Vorgaben der Ausschreibung derart spezifisch auf ein bestimmtes Produkt zugeschnitten sind, dass es den Bietern letztlich unmöglich ist, eine davon abweichende Leistung anzubieten.

VPRRS 2020, 0351

LG Bonn, Urteil vom 18.11.2020 - 1 O 125/20
1. Straßenbäume sind Zubehör von Straßen und damit ein Teil der "baulichen Anlage" Straße selbst. Baumpflegearbeiten an Straßenbäumen als Instandhaltungsarbeiten sind daher "Bauleistungen".
2. Aus der Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, den Leistungsgegenstand eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, folgt eine Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung. Sowohl für die Kalkulation und Erstellung der Angebote wie für die spätere Vertragsausführung dürfen die Bieter davon ausgehen, dass die Leistung richtig beschrieben ist und alle erforderlichen Details vollständig angegeben sind, soweit sich aus den Ausschreibungsunterlagen nichts Abweichendes ergibt.
3. Unklarheiten und Unvollständigkeiten gehen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.
4. Erkennt ein Bieter einen Verstoß des öffentlichen Auftraggebers gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung oder hätte er ihn bei der im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung erkennen können, kann er sich nicht auf die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung berufen und muss sich darum bemühen, erkennbare Unklarheiten oder Unvollständigkeiten vor Abgabe seines Angebots zu klären.
5. An die Prüfungspflicht der Bieter sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Die Verantwortung für die Erstellung der Vergabeunterlagen und insbesondere der Leistungsbeschreibung liegt beim öffentlichen Auftraggeber.
6. Unterlässt ein Bieter die gebotene Aufklärung, muss er dies gegen sich gelten lassen.

VPRRS 2020, 0350

OLG Schleswig, Beschluss vom 12.11.2020 - 54 Verg 2/20
1. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt (nur) vor, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt.
2. Dazu ist keine körperliche Veränderung im Sinne einer Änderung der vorgegebenen Leistungsmengen oder -beschreibungen notwendig. Es reicht, dass der Bieter bei der Ausfüllung von Berechnungsschemata von den Vorgaben abweicht. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht.
3. Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt nicht (mehr) in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen.
4. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung bzw. der Vergabeunterlagen erkennbar sind, sind spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist zu rügen.
5. Erkennbar ist ein Vergaberechtsverstoß, der von einem durchschnittlichen Bieter bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden kann. Die dem Verstoß zugrundeliegenden Tatsachen müssen erkennbar sein und bei zumindest laienhafter rechtlicher Bewertung als Vergaberechtsverstöße erkannt werden können.
6. Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss.

VPRRS 2020, 0345

VK Bund, Beschluss vom 08.06.2020 - VK 2-41/20
1. Leistungen sind aufgeteilt nach Menge (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Eine zusammenfassende Vergabe ist nur zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
2. Ob Elemente einer zusammengefassten Vergabe einzelne Fachlose sind, richtet sich danach, ob für die Einzelelemente eigene Märkte bestehen.
3. Die Produktion elektronischer Gesundheitskarten, der Druck der Begleit- bzw. der PIN-/PUK-Schreiben und deren Versand sind Fachlose für die eigene Märkte bestehen. Hersteller von Gesundheitskarten bzw. der dazugehörigen Anschreiben erbringen keine Postdienstleistungen während umgekehrt Postdienstleister keine Gesundheitskarten produzieren.
4. Datenschutz und Datensicherheit können nicht allein durch eine Gesamtvergabe bzw. die Begrenzung auf einen Ansprechpartner in Gestalt des Kartenherstellers gewährleistet werden, sondern auch bei separater Beauftragung eines Postdienstleisters.

VPRRS 2020, 0348

VK Nordbayern, Beschluss vom 22.10.2020 - RMF-SG 21-3194-5-33
1. Im Hinblick auf das Transparenzgebot muss der Auftraggeber die Kriterien, auf deren Basis er unter den generell geeigneten Bewerbern diejenigen auswählt, die zu Vertragsverhandlungen aufgefordert werden, in der Bekanntmachung angeben. Öffentliche Auftraggeber verfügen bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens über einen gewissen Beurteilungsspielraum. Insbesondere im Hinblick auf die hinreichende Eignung eines Bieters anhand der eingereichten Referenzen kommt der Beurteilungsspielraum zum Tragen. Nachprüfungsinstanzen können solche Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern nur eingeschränkt überprüfen. Im Vergabenachprüfungsverfahren ist daher nur kontrollfähig, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nicht auf sachwidrigen Erwägungen beruhen und nicht gegen allgemein gültige Vergabegrundsätze verstoßen worden ist.*)
2. Die Vergabestelle hat ihren Beurteilungsspielraum überschritten, wenn sie ohne Kenntnis der Umsatzzahlen die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilt hat.*)
3. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs, da gem. § 42 Abs. 2 VgV nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen, die ihre Eignung im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nachgewiesen haben. Nur wenn neue Erkenntnisse vorliegen, darf der Auftraggeber nochmals in die Eignungsprüfung eintreten.*)

VPRRS 2020, 0347

VG Regensburg, Urteil vom 19.10.2020 - 10A DK 19.32
Ein Bürgermeister, der Ausschreibungen der Gemeinde abspricht und die entsprechenden Vergaberichtlinien nicht einhält, begeht ein innerdienstliches Dienstvergehen. Soweit der Gemeinde dadurch ein Schaden entsteht, kann dies zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen (hier bejaht bei einem Schaden von ca. 54.000 Euro und einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue zu 11 Monaten auf Bewährung).*)

VPRRS 2020, 0346

VK Thüringen, Beschluss vom 28.10.2020 - 250-4003-4720/2020-E-009-SLF
1. Ein interessierter Marktteilnehmer kann nicht nur gegen eine bereits erfolgte, sondern auch gegen eine unmittelbar bevorstehende De-facto-Vergabe mit einem Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens vorgehen.
2. Die Vergabekammer hat bei besonders schwer wiegenden Vergabeverstößen die Möglichkeit eines Einwirkens auf das (Vergabe-)Verfahren, selbst wenn bereits eine Rügepräklusion eingetreten sein sollte. Dies ist (auch) der Fall, wenn ein förmliches Vergabeverfahren und eine europaweite Auftragsbekanntmachung gänzlich unterblieben sind.
3. Der Begriff der Entgeltlichkeit ist weit zu verstehen und nicht auf die Zahlung eines Geldbetrags durch den Auftraggeber beschränkt. Ausreichend ist jeder vom Auftragnehmer für seine Leistung erlangte geldwerte Vorteil.
4. Die Entgeltlichkeit eines Vertrags ist auch dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer anstelle der Zahlung eines Geldbetrags Sachwerte unentgeltlich überlässt und für die Überlassung üblicherweise ein Entgelt zu zahlen gewesen wäre.
5. Auch das Sozialrecht entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber dem Vergaberecht. Das Vergaberecht stellt allgemeine Verfahrensregeln für die Beschaffung von Waren und Bau- und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand auf und erfasst damit grundsätzlich auch den Fall, dass sich die öffentliche Hand bei der Erbringung von sozialen Leistungen externer Leistungserbringer bedient.
6. Ein öffentlicher Auftraggeber ist verpflichtet, einen öffentlichen Auftrag bei Überschreitung der sog. EU-Schwellenwerte europaweit auszuschreiben (Auftragsbekanntmachung).
7. Die Auftragsbekanntmachung muss spätestens zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem eine konkrete Beschaffungsabsicht besteht bzw. objektiv nach außen bekannt gemacht worden ist.
VPRRS 2020, 0340

VK Berlin, Beschluss vom 04.11.2020 - VK B 2-20/20
1. Bieter müssen vom Auftraggeber über sämtliche für die Angebotsabgabe notwendigen technischen Parameter transparent informiert werden. Die zur Angebotsabgabe zu verwendenden elektronischen Mittel dürfen nicht diskriminierend sein.
2. Ist eine Angebotsabgabe über einen Bieterclient ohne Dateigrößenbegrenzung möglich, ein ebenfalls angebotenes "manuelles Hochladen" jedoch auf eine bestimmte Dateigröße begrenzt, werden Unternehmen, die den Bieterclient nicht zum Upload nutzen, diskriminiert.

VPRRS 2020, 0344

OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.2020 - 11 Verg 2/20
1. Der Bieter hat vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens die Rüge gegenüber der Vergabestelle ggf. auch per E-Mail oder Telefax und unter Setzung einer kurzen Prüfungsfrist auszusprechen. Dies gilt auch dann, wenn zwischen Kenntnis vom Vergabeverstoß und Zuschlagsdatum wegen eines "Brückentages" nur zwei Arbeitstage zur Verfügung stehen.*)
2. Wurde der Bieter wirksam ausgeschlossen, fehlt ihm auch unter dem rechtlichen Aspekt der sog. zweiten Chance die Antragsbefugnis für die Rügen, die - wären sie begründet - lediglich eine Neubewertung der Angebote oder Nachverhandlungen, nicht aber die teilweise Aufhebung des bisherigen Vergabeverfahrens erforderlich machten.*)
3. Führt die Vergabestelle im Anschluss an einen Architektenwettbewerb ein Verhandlungsverfahren durch, ist das Ergebnis des Architektenwettbewerbs gemäß § 8 Abs. 2 RPW 2013 bei der Gewichtung und Binnengewichtung der Auswahlkriterien zu berücksichtigen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, IBR 2017, 392 = VPR 2017, 139).*)
VPRRS 2020, 0338

OLG Celle, Beschluss vom 05.11.2020 - 13 Verg 7/20
1. Zieht ein öffentlicher Auftraggeber im Vergabeverfahren einen Rechtsanwalt hinzu, sind dessen Kosten nur dann zu erstatten, wenn der anwaltliche Beistand notwendig war.
2. Maßgeblich ist, ob der Auftraggeber selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen.
3. Beschränkt sich das Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen darauf, die eigene Tätigkeit und die bereits getroffene Entscheidung darzustellen, ohne dass schwierige Sach- und Rechtsfragen im Raum stehen, ist die Hinzuziehung eines Anwalts nicht notwendig.

VPRRS 2020, 0343

VK Bund, Beschluss vom 09.07.2020 - VK 2-47/20
Verlangt der Auftraggeber einen durchschnittlichen Mindestumsatz je Geschäftsjahr in Höhe von vier Millionen Euro je Los und bei einer Bewerbung auf beide Lose den doppelten Mindestumsatz, verfügt ein Bieter, der für beide Lose Angebote abgibt, nicht über die geforderte wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit, wenn er nicht acht Millionen Euro durchschnittlichen Mindestumsatz pro Jahr nachweisen kann.

VPRRS 2020, 0372

EuGH, Urteil vom 18.11.2020 - Rs. C-299/19
Ein öffentlicher Bauauftrag, der zu einer Lieferung von Gütern oder zur Erbringung von Dienstleistungen führt, ist ein Geschäftsvorgang im Sinne der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr.

VPRRS 2020, 0327

VK Bund, Beschluss vom 12.10.2020 - VK 2-77/20
1. Die Vorschrift des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfasst neben den abgestimmten Verhaltensweisen auch Vereinbarungen, die ein Unternehmen zu wettbewerbsbeschränkenden Zwecken mit anderen Unternehmen abschließt.
2. Eine strafbare Submissionsabsprache erfüllt zugleich auch den Tatbestand der wettbewerbseinschränkenden Vereinbarung einer Kartellordnungswidrigkeit.
3. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Submissionsabsprache bestehen auch dann, wenn ein Bußgeldbescheid des Bundeskartellsamts wegen einer Submissionsabsprache noch nicht rechtskräftig ist, weil der betroffene Bieter hiergegen Beschwerde eingelegt hat.
4. Sind etwaige Selbstreinigungsmaßnahmen auf gesonderter Anlage mit dem Angebot darzulegen und nachzuweisen, muss der Auftraggeber dem Bieter vor einem Ausschluss keine Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen, wenn die Offenlegung zweieinhalb Wochen nach Ablauf der Angebots- bzw. Teilnahmefrist erfolgt ist.

VPRRS 2020, 0339

VK Nordbayern, Beschluss vom 01.10.2020 - RMF-SG21-3194-5-36
1. Es obliegt dem Auftraggeber, im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb die konkreten Kriterien für die Begrenzung der Teilnehmer für den zu vergebenden Auftrag festzulegen. Solange die Festlegung der Kriterien nicht willkürlich oder mit dem erklärten Ziel vorgenommen wird, bestimmte Marktteilnehmer vom Vergabeverfahren von vornherein auszuschließen, ist der Auftraggeber bei der Definition der ihm wichtig erscheinenden Kriterien frei und hat hierbei einen grundsätzlich weiten Ermessensspielraum.*)
2. Die Kriterien für die Begrenzung der Teilnehmer hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung anzugeben.*)
