Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
11004 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2008
VPRRS 2008, 0242
VK Nordbayern, Beschluss vom 30.07.2008 - 21.VK-3194-13/08
1. Tritt die reine Baumaßnahme gegenüber einer Lieferleistung zurück, ist der Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV von 206.000,00 € heranzuziehen.*)
2. Eine Aufhebung nach § 26 Nr. 1 lit. c VOL/A setzt voraus, dass bei der VSt kein wirtschaftliches Angebot eingegangen ist. Die Wirtschaftlichkeit eines Angebots beurteilt sich letztlich danach, ob ein Angebot im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A im Preis unangemessen von der Leistung abweicht. Dies kann die VSt nach verschiedenen Gesichtspunkten beurteilen. So besteht die Möglichkeit, eigene Kostenschätzungen, vergleichbare Marktpreise oder andere eingegangene Angebote heranzuziehen.*)
3. Soweit die ASt durch die Verdingungsunterlagen gezwungen ist, ein Grundstück mit der Angebotsabgabe nachzuweisen, kann sie keine langwierigen Grundstücksverhandlungen führen. Insoweit kann die VSt auch in ihren Berechnungen keine Abzüge bezüglich der anrechenbaren Grundstücksgröße machen.*)
4. Waren zum Zeitpunkt der Angebotserstellung unstreitig keine Fördermittel erhältlich, können aber zwischenzeitlich wieder Förderanträge gestellt werden, kann dies den Bietern zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht vorgehalten werden. Die fiktive Einrechnung von Fördermitteln würde gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ein ungewöhnliches Wagnis für die Bieter darstellen.*)

VPRRS 2008, 0241

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.07.2008 - VK 2 LVwA LSA-06/08
1. Die Übertragung der Durchführung der Rettungsdienste nach dem RettDG LSA stellt keinen öffentlichen Auftrag im Sinne des 4. Teils des GWB dar.*)
2. Rettungsdienstleistungen fallen unter Bereichsausnahme.*)

VPRRS 2008, 0240

VK Hessen, Beschluss vom 14.01.2008 - 69d-VK-57/2007
1. Es verstößt gegen Vergaberecht, wenn die Vergabestelle es unterlassen hat, den Bietern die bei der Angebotswertung anzuwendenden Zuschlagskriterien entgegen der aus § 9a VOL/A abzuleitenden Verpflichtung vor Ablauf der Angebotsfrist vollständig bekannt zu geben. Aufgrund dessen ist nicht sichergestellt, dass die Auftragsvergabe in einem transparenten Verfahren erfolgen kann (vgl. § 97 Abs. 1 GWB), in dem die Bieter durch die Vorhersehbarkeit der Wertungsmaßstäbe nicht nur vor einer willkürlichen Bewertung der Angebote, sondern zugleich vor einer nachträglichen Abweichung des Auftraggebers von den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien geschützt sind.*)
2. Unter den Begriff des Zuschlagskriteriums im Sinne des § 9a VOL/A fallen auch sogenannte Unterkriterien, also Maßstäbe, die festlegen, mit welchem Gewicht bestimmte Merkmale des Angebots innerhalb eines Zuschlagskriteriums berücksichtigt werden sollen. Deshalb muss die Vergabestelle bereits in den Vergabeunterlagen mitteilen, dass sie sich für die Wertung des allein ausschlaggebenden Angebotspreises weiterer Unterkriterien bedienen wird, wenn diese Unterkriterien bereits im Voraus, vor einer Übersendung der Verdingungsunterlagen an die potentiellen Bieter, aufgestellt worden sind.*)
3. Werden die von den Bietern genannten Preise mit diesen unbekannten Multiplikatoren vervielfältigt und erst dann ein Gesamtpreis ausgeworfen, der mit dem von den Bietern gelieferten Angebotsendpreis nichts mehr zu tun hat, sondern vielmehr aus deren Sicht rechnerisch als das Ergebnis einer Rechenoperation mit mehreren Unbekannten anzusehen ist, so ist dies mit dem Transparenzgebot nicht vereinbar.*)
4. Können die Bieter nicht voraussehen, worauf es dem Auftraggeber in besonderer Weise bei der Wertung ankommt und dies demzufolge bei der Angebotserstellung auch nicht entsprechend berücksichtigen, sind sie der Willkür des Auftraggebers ausgesetzt, wenn dieser nach der Abgabe der Angebote im Wertungsverfahren das Zuschlagskriterium "Preis" anders gewichtet, als dies das Leistungsverzeichnis aufweist.*)
5. Entscheidend aus rechtlicher Sicht ist dabei die Nachvollziehbarkeit für die Bieter; ist diese nicht gegeben, besteht hinreichend Grund zur Annahme der Intransparenz.*)

VPRRS 2008, 0239

VK Hessen, Beschluss vom 12.02.2008 - 69d-VK-01/2008
1. § 4 Abs. 5 VgV ist analog auf Vergabeverfahren nach der VOF anzuwenden.*)
2. Die Teilnahme eines Bewerbers an einem Planungswettbewerb ist nicht als Beratung oder Unterstützung im Sinn des § 4 Abs. 5 VgV auszulegen, wenn sich der Bewerber später an einem Vergabeverfahren nach der VOF für das gleiche Vorhaben beteiligt. Ebenso wenig ist der Teilnehmer an einem Planungswettbewerb und späteren Vergabeverfahren nach der VOF als Sachverständiger im Sinn des § 6 VOF anzusehen.*)
3. In einem Vergabeverfahren nach der VOF muss der Vergabevermerk Angaben über die Inhalte der Präsentationen enthalten.*)
4. Der in dem Vergabevermerk dokumentierte Wertungsvorgang muss nachvollziehbar erkennen lassen, wie die Vergabe der einzelnen Wertungspunkte in Bezug auf die Auftragskriterien und Unterkriterien erfolgte.*)

VPRRS 2008, 0384

VK Bund, Beschluss vom 06.05.2008 - VK 3-53/08
Eine Änderung von Mengenangaben im Kurz-Leistungsverzeichnis (Kurz-LV) ist eine Änderung der Verdingungsunterlagen und führt zum zwingenden Angebotsausschluss.

VPRRS 2008, 0238

VK Nordbayern, Beschluss vom 07.07.2008 - 21.VK-3194 -31/08
Eine Rüge, die erst nach Ablauf von acht Tagen nach Erhalt der Mitteilung nach § 13 VgV und fünf Tage nach Kenntnis eines Verstoßes erhoben worden ist, ist verspätet (§ 107 Abs. 3 GWB).*)

VPRRS 2008, 0409

OLG Schleswig, Beschluss vom 12.06.2008 - 1 Verg 4/08
Nimmt der Beschwerdeführer die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer zurück, ist sein Antrag gegenstandslos und er hat die im Beschwerdeverfahren und die im Verfahren über die Verlängerung der aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde entstandenen Kosten des Antragsgegners und des Beigeladenen.

VPRRS 2008, 0408

OLG Schleswig, Beschluss vom 12.06.2008 - 1 Verg 3/08
Nimmt der Beschwerdeführer die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer zurück, ist sein Antrag gegenstandslos und er hat die im Beschwerdeverfahren und die im Verfahren über die Verlängerung der aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde entstandenen Kosten des Antragsgegners und des Beigeladenen.

VPRRS 2008, 0237

VK Bund, Beschluss vom 21.05.2008 - VK 2-40/08
1. Der Feststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Dieses kann begründet werden durch jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
2. Nicht ausreichend für ein Feststellungsinteresse ist es, wenn mit dem Feststellungsantrag eine Entscheidung in der Sache allein zu dem Zweck angestrebt wird, damit die Vergabekammer eine - für den Antragsteller günstige - Kostenentscheidung trifft.
3. Für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses ist nicht etwa auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Sachprüfungsantrag gestellt wurde. Vielmehr müssen im Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer sämtliche Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen.

VPRRS 2008, 0236

VK Bund, Beschluss vom 26.05.2008 - VK 2-49/08
1. Das Formblatt 317 EG - Nachunternehmer - muss durch die Vergabestelle im Formblatt "Angebotsschreiben" nicht angekreuzt werden.
2. Die Nachunternehmerstellung resultiert daraus, dass der Nachunternehmer nicht in unmittelbarer Vertragsbeziehung zum Auftraggeber steht.
3. Auch eine anerkannte Prüfstelle nach DIN 1045-3 für die Fremd- und Eigenüberwachung ist als Nachunternehmer zu qualifizieren.
4. Hat ein Auftraggeber anerkannte Prüfstellen in der Vergangenheit nie als Nachunternehmer behandelt, fehlt es wegen des Vertrauensschutzes der Bieter an der notwendigen Voraussetzung dafür, das Fehlen einer Nachunternehmererklärung bzw. eines solchen Nachweises im Angebot mit dessen Ausschluss ahnden zu können.

IBRRS 2008, 2499

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 19.06.2008 - Fall 1542
Abrechnung von Außenwandschalung.

VPRRS 2008, 0235

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 19.06.2008 - Fall 1541
1. Bei einer Einschränkung des Angebots ist der Bieter auszuschließen.
2. Die Forderung zur Einrechnung von Überstundenzuschlägen ist unzulässig, da es sich bei diesem Kalkulationsbestandteil um eine variable Größe handelt, die nur bei überschreiten der tariflichen oder betrieblich vereinbarten Arbeitszeit anfallen kann.

VPRRS 2008, 0234

VOB-Stelle Niedersachsen, Beschluss vom 19.06.2008 - Fall 1540
Hat zwar der Auftraggeber nicht gemäß § 9 Nr. 1 und 2 VOB/A die Leistung eindeutig und so erschöpfend beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibungen im gleichen Sinne verstehen und dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet wird, der Auftragnehmer die unzureichende Leistungsbeschreibung vor Angebotsabgabe aber nicht gerügt, so kann er den zusätzlichen Verschnitt nicht geltend machen, da er sich auf die ungenügende Leistungsbeschreibung eingelassen hat.

IBRRS 2008, 2496

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 19.06.2008 - Fall 1539
Kosten der Bodenanalyse bei Bodenablagerung

VPRRS 2008, 0233

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 19.06.2008 - Fall 1538
Wenn der Auftraggeber vor Arbeitsbeginn Wochenendarbeit anordnet, hat der Auftragnehmer gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B Anspruch auf eine geänderte Vergütung, die die erhöhten Kosten gegenüber der normalen Ausführungszeit abdeckt.

VPRRS 2008, 0232

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 23.05.2008 - Fall 1537
Wenn der Auftraggeber Zusatzleistungen für Erschwernisse vorsieht, dann sollen sie sachgerecht und aufwandsbezogen aufgegliedert sein. Es wirkt sich auf den Arbeitsablauf unterschiedlich aus, ob eine oder mehrere Querkreuzungen die Arbeiten behindern. In einer Pauschalposition dürfen diese Erschwernisse nicht zusammengefasst werden.

IBRRS 2008, 2493

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 23.05.2008 - Fall 1536
Ermittlung des Abrechnungsgewichts für Schottertragschicht zur Profilregulierung.

IBRRS 2008, 2492

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 20.02.2008 - Fall 1533
Die Abrechnung einer Sauberkeitsschicht erfolgt in der notwendigen Größe der Streifenfundamente.

IBRRS 2008, 2491

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 20.02.2008 - Fall 1531
Nach Abschnitt 4.2.4 der DIN 18318 Verkehrswegebauarbeiten-Pflasterdecken, Plattenbeläge, Einfassungen hat der Auftraggeber für das Zuarbeiten oder Schneiden von Platten oder Pflaster einschließlich Passstücken gesonderte Positionen in der Leistungsbeschreibung vorzusehen.

IBRRS 2008, 2490

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 20.02.2008 - Fall 1525
Abrechnung von in Filigrandeckenplatten eingebrachtem Stahl.

VPRRS 2008, 0231

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 19.06.2008 - Fall 1543
Angebote, die den § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, zwingend von der Vergabe auszuschließen sind. Dem steht nicht entgegen, dass § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A als Sollvorschrift formuliert ist. Der Ausschlusstatbestand ist erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärung im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann.

IBRRS 2008, 2488

VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 20.02.2008 - Fall 1524b
Wenn zur Herstellung der Leistung die Verwendung von Betonschalungssteinen unerlässlich ist, bekommt der Auftragnehmer diese Leistung zusätzlich gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B vergütet, sofern sich dieser Leistungsumfang aus der Leistungsbeschreibung (Leistungsverzeichnis und Plan) nicht ergibt.

VPRRS 2008, 0230

OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.04.2008 - 11 Verg 13/07
1. Der Antragsteller hat nach Antragsrücknahme in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten des Antragsgegners und des Beigeladenen, sofern sich dieser am Beschwerdeverfahren aktiv beteiligt hat, zu tragen.
2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Verfahren vor der Vergabekammer findet nicht statt.

VPRRS 2008, 0229

OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.04.2008 - 11 Verg 10/07
1. Der Antragsteller hat nach Antragsrücknahme in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten des Antragsgegners und des Beigeladenen, sofern sich dieser am Beschwerdeverfahren aktiv beteiligt hat, zu tragen.
2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Verfahren vor der Vergabekammer findet nicht statt.

VPRRS 2008, 0228

BGH, Urteil vom 03.07.2008 - I ZR 145/05
1. Die Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, aus denen sich die Pflicht zur Ausschreibung öffentlicher Aufträge ergibt, sind Marktverhaltensregeln i.S. des § 4 Nr. 11 UWG.*)
2. Öffentliche Auftraggeber können nicht als Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit Versicherungsdienstleistungen im Wege eines "In-House"-Geschäfts ohne Ausschreibung beschaffen.*)
3. § 104 Abs. 2 GWB schließt wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklagen von Mitbewerbern gegen Auftragnehmer nicht aus, die auf deren Beteiligung an vergaberechtlichen Verstößen gestützt werden.*)
4. Die ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammer nach § 104 Abs. 2 GWB gilt nur für Ansprüche gegen dem Kartellvergaberecht unterworfene öffentliche Auftraggeber, nicht dagegen für solche gegen Mitbewerber.*)

VPRRS 2008, 0227

OLG München, Beschluss vom 28.07.2008 - Verg 9/08
1. Kostentragungspflicht im Vergabenachprüfungsverfahren.
2. Vergütung des Rechtsanwalts für seine Tätigkeit im Vergabenachprüfungsverfahren.

IBRRS 2008, 2467

BGH, Urteil vom 19.06.2008 - 3 StR 490/07
Zur Amtsträgereigenschaft eines selbständigen Ingenieurs, der aufgrund eines Dienstvertrages langfristig bei einer 100-prozentigen Tochter der Deutsche Bahn AG im Konzernbereich Fahrweg (jetzt: DB Netz AG) beim Um- oder Ausbau des Streckennetzes tätig ist (Fortführung von BGHSt 49, 214).*)

VPRRS 2008, 0226

OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.05.2008 - 4 U 500/07
1. Zur Vertragsanpassung eines nach vorangegangenem Vergabeverfahren abgeschlossenen Bauvertrags.*)
2. Der Auftragnehmer kann nicht analog § 2 Nr. 5 VOB/B eine Vergütung wegen seiner Mehrkosten aufgrund der verzögerten Zuschlagserteilung verlangen, wenn er vorbehaltlos der Verlängerung der Bindefrist zugestimmt hat.
3. Nur unter extremen Umständen steht dem Auftragnehmer nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Mehrvergütungsanspruch zu.

VPRRS 2008, 0225

BGH, Beschluss vom 15.07.2008 - X ZB 17/08
1. Gegen die Entscheidung einer Vergabekammer, die das Vergabeverfahren für den Abschluss von Rabattvereinbarungen nach § 130a Abs. 8 SGB V zum Gegenstand hat, ist allein das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu dem für den Sitz der Vergabekammer zuständigen Oberlandesgericht gegeben.*)
2. Erklärt ein um die Rechtswegbestimmung angegangener oberster Gerichtshof des Bundes in einem solchen Fall einen anderen Rechtsweg als zulässig, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.*)

VPRRS 2008, 0224

OLG München, Beschluss vom 11.08.2008 - Verg 16/08
Der gegenseitige Austausch wesentlicher Angebotsteile von Mitgliedern konkurrierender Bietergemeinschaften in Kenntnis der Konkurrenzsituation stellt eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise dar.*)

VPRRS 2008, 0223

OLG München, Beschluss vom 28.07.2008 - Verg 12/08
Im Fall einer unerfüllbaren Forderung im Leistungsverzeichnis darf der Auftraggeber das eingeleitete Vergabeverfahren nicht durch Zuschlag beenden. Vielmehr muss die Vergabestelle die Ausschreibung entweder gemäß § 26 Nr. 1 VOB/A aufheben oder diskriminierungsfrei die Leistungsbeschreibung soweit ändern, wie es erforderlich ist, um die unerfüllbaren Anforderungen zu beseitigen.

VPRRS 2008, 0222

OLG München, Beschluss vom 28.07.2008 - Verg 10/08
1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach unter technischen Spezifikationen im Sinn des § 21 Nr. 2 VOB/A nur technische Regelwerke, Normen oder allgemeine Eigenschafts- und Funktionsbeschreibungen zu verstehen sind, nicht aber individuelle, auf das konkrete Bauvorhaben bezogene technische Angaben.*)
2. Weicht ein Bieter in seinem Angebot nicht von solchen allgemeinen technischen Spezifikationen ab, sondern bietet innerhalb der vorgegebenen technischen Spezifikation nicht die geforderte technische Qualität an, liegt hierin kein Hauptangebot im Sinn des § 21 Nr. 2 VOB/A.*)

VPRRS 2008, 0221

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2008 - Verg 5/08
1. Sofern nicht auszuschließen ist, dass sie die Vorbereitung der Angebote beeinflussen können, darf der öffentliche Auftraggeber auch im Nachhinein aufgestellte Unterkriterien und Gewichtungsregeln bei der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots nur anwenden, wenn sie den am Auftrag interessierten Unternehmen vorher zur Kenntnis gebracht worden sind.*)
2. Zur rechtlichen Behandlung von Tariftreueforderungen, wenn kein Bundes- oder Landesgesetz im Sinne von § 97 Abs. 4 S. 2 GWB besteht, ein Tarifvertrag nach § 5 TVG aber für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.*)
3. Zur Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien.*)

VPRRS 2008, 0220

OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.04.2008 - 8 U 228/06
1. Ob ein kommunales Wohnungsbauunternehmen öffentlicher Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 2 GWB ist, bestimmt sich zunächst nach dem Gründungszweck, wie er sich aus seiner Satzung ergibt, es sei denn, der Zweck der Gesellschaft hat sich nach der Gründung verändert.*)
2. Den Anspruchsteller trifft die Darlegungs- und Beweislast für alle Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 280 BGB i. V. mit den Schutzvorschriften des GWB.*)

VPRRS 2008, 0219

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.07.2008 - 15 Verg 5/08
1. Zur Frage, ob die vor der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat im Beschwerdeverfahren ohne Zustimmung des Beschwerdegegners erklärte Rücknahme wirksam ist.*)
2. Zur Frage der Kostentragungspflicht, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen hat und der Antragsteller (nach Hinweis des Vergabesenats) im Beschwerdeverfahren den Nachprüfungsantrag zurücknimmt.*)

VPRRS 2008, 0399

VK Bund, Beschluss vom 08.02.2008 - VK 3-29/08
1. Die nachträgliche Änderung der Verdingungsunterlagen ist kein Indiz dafür, dass der Ausschreibung die notwendige Ausschreibungsreife fehlte (§ 16 Nr. 1 VOL/A). Ein Verstoß gegen § 16 Nr. 1 VOL/A liegt vielmehr nur vor, wenn der Auftraggeber den Bietern zu Beginn der Angebotsfrist nur unvollständige Verdingungsunterlagen zur Verfügung stellen kann, so dass diese Inhalt und Umfang der geforderten Leistung nicht beurteilen können.
2. Legt der Bieter seinen Angeboten die erste und damit eine veraltete Version der Verdingungsunterlagen zugrunde, gibt er Angebote mit geänderten Verdingungsunterlagen ab und ist mit diesen Angeboten zwingend von der Wertung auszuschließen.

VPRRS 2008, 0218

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.03.2008 - VK-SH 2/08
1. Zur Klärung des Angebotsinhaltes ist allein auf das Angebot selbst und die im Zusammenhang mit der Abgabe des Angebots abgegebenen Erklärungen abzustellen.*)
2. Eine Forderung der EFB-Preisblätter, die nicht bereits mit dem Angebot vorzulegen waren, wird nicht deshalb entbehrlich, weil die Antragstellerin die Preisblätter (unvollständig ausgefüllt) schon mit dem Angebot selbst abgegeben hat.*)
3. Erst das ausdrückliche Fordern von zusammen mit dem Angebot abzugebenden Erklärungen durch die Vergabestelle macht diese zum (geforderten) Bestandteil des Angebots im Sinne der §§ 21 und 25 VOB/A. Nur soweit für den Zeitpunkt der Angebotsabgabe geforderte Erklärungen nicht vorliegen, ist der Angebotsausschluss nach § 25 Abs. 1 VOB/A geboten. Für alle anderen Erklärungen, die erst auf Verlangen dem öffentlichen Auftraggeber vorzulegen sind, sind die §§ 25 und 21 VOB nicht anwendbar, sondern allein die Vorschrift des § 24 VOB.*)
4. Sind Erklärungen durch den Auftraggeber als nicht wettbewerbserheblich eingestuft worden, kann der Bieter diese Entscheidung nicht ändern. Daher können dem Bieter auch keine Wettbewerbsvor- oder -nachteile durch ein mögliches Nachbessern bereits vorgelegter Unterlagen erwachsen.*)

VPRRS 2008, 0217

OLG Celle, Beschluss vom 31.07.2008 - 13 Verg 3/08
1. Werden mehrere Rügen erhoben, ist für jede dieser Rügen gesondert zu prüfen, ob sie zulässig ist. Bevor sie gem. § 112 Abs. 1 S. 3 GWB von einer mündlichen Verhandlung absieht, muss die Vergabekammer deshalb zunächst aufgliedern, ggf. aufklären, welche einzelnen Rügen erhoben werden.*)
2. Soweit ein Bieter aufgrund solcher Umstände ausgeschlossen wird, die die Antragstellerin früher hätte rügen können und müssen, muss auch ein gegen den Ausschluss gerichteter Nachprüfungsantrag unzulässig sein.*)

VPRRS 2008, 0216

BGH, Urteil vom 10.06.2008 - X ZR 78/07
Zur Auslegung von Vergabeunterlagen, nach denen der Bieter bei beabsichtigter Übertragung von Teilen der Leistung auf Nachunternehmer in seinem Angebot Art und Umfang der durch Subunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und auf Verlangen die vorgesehenen Nachunternehmer benennen muss und zu denen ein Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen gehört.*)

VPRRS 2008, 0215

OLG Dresden, Beschluss vom 04.07.2008 - WVerg 3/08
Vergibt ein öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger in Sachsen die Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an einen privaten Unternehmer, so unterliegt dies dem Vergaberecht, weil der Leistungserbringer bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben nicht hoheitlich tätig wird und deshalb eine aus Art. 45, 55 EG-Vertrag abzuleitende vergaberechtliche Bereichsausnahme nicht vorliegt. (Abweichung von OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.04.2006, VergabeR 2006, 787).*)

VPRRS 2008, 0214

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2008 - Verg W 10/08
1. Nebenangeboten können nur gewertet werden, wenn nicht nur rein formale Wertungsvoraussetzungen aufgestellt sind; es müssen auch leistungsbezogene, d. h. sachlich-technische Vorgaben vorhanden sein.
Hierfür genügt eine Bezugnahme auf das Regelwerk "Richtzeichnungen für Ingenieurbauten in der Sammlung Brücken- und Ingenieurbau".
2. Auf der ersten Wertungsstufe ist bei einem Nebenangebot zu prüfen, ob es so gestaltet ist, dass es überhaupt prüfbar ist.
3. Die Erfüllung von Mindestanforderungen ist schon begrifflich kein Äquivalent für die Gleichwertigkeit, sondern lediglich das Minimum dessen, was der Auftraggeber vorgibt, um überhaupt im Übrigen in die Gleichwertigkeitsprüfung einzutreten. Der bloße Umstand, dass das Nebenangebot den vorgegebenen Mindestbedingungen entspricht, führt deshalb nicht zur Annahme seiner Gleichwertigkeit mit dem Amtsvorschlag.
4. Ein Nebenangebot muss in qualitativer wie quantitativer Hinsicht gegenüber dem Hauptangebot bzw. dem Amtsvorschlag gleichwertig sein.

VPRRS 2008, 0213

OLG Koblenz, Urteil vom 24.05.2006 - 6 U 1273/03
1. Auch wenn ein Einheitspreis außergewöhnlich hoch oder niedrig ist - sei es aus spekulativen Gründen, sei es aufgrund eines Kalkulationsfehlers - erlaubt eine Nachtragsberechnung gemäß § 2 Nr. 3 und 5 VOB/B grundsätzlich keine Korrekturen bezüglich dieses Preises.
2. Im Rahmen der Neuberechnung der Einheitspreise nach § 2 Nr. 3 VOB/B trägt der Unternehmer die volle Beweislast für die Höhe des kalkulierten Gewinns.
3. Kann der Auftragnehmer diesen Beweis nicht durch Vorlage der Urkalkulation führen, ist eine Schätzung gemäß § 287 ZPO anhand von Erfahrungswerten unter Beachtung des vertraglichen Preisniveaus möglich. Für die Ermittlung der Selbstkosten sind aus der Bandbreite der erfahrungsgemäß üblichen Kosten die jeweils höchsten zugrunde zu legen.

VPRRS 2008, 0211

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.05.2008 - 1 VK LVwA 5/08
1. Die Feststellung der Erstattungspflichtigkeit von dem Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren entstandener Gebühren und Auslagen ist im Falle der Erledigung durch Antragsrücknahme nicht durch §§ 128 Abs. 4 GWB, 80 VwVfG gedeckt.
2. Eine Analogie anderer Kostenvorschriften kommt nicht in Betracht.
3. Daher trägt jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst, wenn sich das Nachprüfungsverfahren durch Antragsrücknahme erledigt.

VPRRS 2008, 0210

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.03.2008 - VgK-03/2008
Eine Beteiligung von konzernverbundenen oder personell verbundenen Bewerberfirmen an ein und demselben Vergabeverfahren ohne konkreten Nachweis einer Wettbewerbsbeschränkung ist kein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten.

VPRRS 2008, 0209

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.05.2008 - Verg W 2/08
1. Über die Höhe der Gebühren für Amtshandlungen der Vergabekammern entscheidet die Vergabekammer nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Vergabesenat darf die Gebührenfestsetzung nur darauf überprüfen, ob sie ermessensfehlerhaft ist.*)
2. Bei der Festsetzung der Gebühren der Vergabekammer ist das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip zu beachten. Es ist nicht zu beanstanden, dass Vergabekammern die Basisgebühr mit Hilfe einer Tabelle ermitteln, die auf die wirtschaftliche Bedeutung des Nachprüfungsgegenstandes abstellen, und dass sie ihrer Gebührenbemessung die Gebührenstaffel der Vergabekammern des Bundes zugrunde legen.*)
3. Die Gebühren können von 25.000 € auf 50.000 € erhöht werden, wenn der Auftragswert um knapp das 16fache über dem Auftragswert liegt, für den der Gebührenbetrag von 25.000 anzusetzen ist.*)

VPRRS 2008, 0208

OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.05.2008 - Verg W 11/06
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer hat der unterliegende Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO aus Gründen der Billigkeit zu tragen, wenn der Antragsteller sich mit dem Nachprüfungsantrag in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt und der Beigeladene sich aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat (insoweit Aufgabe OLG Brandenburg, 6 Verg 1/99).*)

VPRRS 2008, 0207

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.05.2008 - VK-SH 6/08
1. Ein Antragsteller ist nur antragsbefugt, soweit er die Verletzung eigener Rechte geltend macht. Die Geltendmachung einer Vergaberechtsverletzung, deren Korrektur lediglich die Rechtsposition eines Dritten verbessert, lässt die Antragsbefugnis entfallen.*)
2. Die Mitteilung des Auftraggebers an einen Bieter im Verhandlungsverfahren, diesen nach Abgabe eines indikativen Angebots nicht zu Verhandlungen aufzufordern, stellt keine ordnungsgemäße Vorabinformation gemäß § 13 VgV dar.*)
3. Auch im Laufe eines Verhandlungsverfahrens ausgeschiedene Bieter bedürfen einer vollständigen Information nach § 13 VgV.*)
4. § 13 VgV ist im Rahmen von de-facto-Vergaben entsprechend anzuwenden, soweit ein oder mehrere Unternehmen ihr Interesse an dem Auftrag bekundet haben.*)
5. Das Wesen des Verhandlungsverfahrens ist ein nach Ablauf der Angebotsfrist beginnender dynamischer Prozess, in dem sich durch Verhandlungen sowohl auf Nachfrage- als auch auf Angebotsseite Veränderungen ergeben können. Seine Grenze findet das Verhandlungsverfahren in dem den Vergabeunterlagen zugrunde gelegten Auftragsgegenstand. So darf nur das beschafft werden, was vom Auftragsgegenstand noch gedeckt ist.*)

VPRRS 2008, 0206

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22.04.2008 - VK-SH 3/08
1. Die DIN EN ISO 9001:2000 ist eine Qualitätsmanagementnorm und keine Zertifizierung eines Umweltmanagements.*)
2. Eine nach Eingang der Angebote erfolgte Festlegung der Gewichtungskoeffizienten für Unterkriterien ist grundsätzlich wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht zulässig. Die genauen Gewichtungen der einzelnen Unterkriterien stellen Angaben dar, die kalkulationserheblich sein können. Welche kalkulatorischen Spielräume für die Preisgestaltung bestehen, kann der Bieter erst sachgerecht beurteilen, wenn für ihn transparent ist, wie seine Stellung in Bezug auf die weiteren Wertungskriterien ist.*)
3. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wäre nur denkbar, wenn im Rahmen der nachträglichen Gewichtung alle Unterkriterien gleich gewichtet werden und die Bieter davon ausgehen konnten.*)

VPRRS 2008, 0205

OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.06.2008 - Verg W 4/08
1. Ein reiner Grundstücksveräußerungsvertrag ohne Bauverpflichtung des Käufers stellt keinen öffentlichen Bauauftrag dar.
2. Die Kostenfolge bei Rücknahme der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 516 Abs. 3 ZPO.
3. Geht der die Nachprüfung beantragende Bieter davon aus, dass eine Baukonzession vergeben wird, muss der Streitwert nach diesem behaupteten vergabepflichtigen Vorgang bemessen werden. Es kommt dann nicht darauf an, ob im Nachprüfungsverfahren das Vorliegen einer solchen Baukonzession festgestellt wird oder nicht.
4. Bei einer Baukonzession stellt das Nutzungsrecht die "Vergütung" des Konzessionärs dar. Bei einem Nachprüfungsverfahren, das eine Baukonzession zum Gegenstand hat, bemisst sich der Beschwerdewert deshalb am Wert dieses Nutzungsrechts, der nur geschätzt werden kann. Bei der Schätzung kann mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf den Wert der vom Konzessionär zu erbringenden Bauleistungen zurückgegriffen werden. Der Grundstückskaufpreis ist im Rahmen des Streitwerts nicht zu berücksichtigen, genauso wenig wie Planungs-, Vermietungs- und weitere Kosten.
5. Streitwertfestsetzungen der Vergabesenate in Beschwerdeverfahren gemäß §§ 116 ff GWB sind stets nur Nebenentscheidungen und keine Entscheidung zur Hauptsache. Divergenzen bei Nebenentscheidungen begründen deshalb keine Pflicht zur Vorlage an den Bundesgerichtshof.

VPRRS 2008, 0204

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.04.2008 - VK-SH 4/08
1. Die Antragsbefugnis ist grundsätzlich an eine Angebotsabgabe bzw. an eine Teilnahme im Vergabeverfahren geknüpft. Ist die ursprüngliche Bieterin im Teilnahmewettbewerb aufgetreten und hat auch sie das indikative Angebot abgegeben, so ist auch dann allein sie antragsbefugt, wenn sie im Laufe des Vergabeverfahrens eine Holding gründet, die das letztverbindliche Angebot abgibt.*)
2. Der Zulässigkeit eines Antrags steht nicht entgegen, dass der Antragsteller gleichzeitig mit seiner rechtzeitigen Rüge gegenüber dem Auftraggeber seinen Nachprüfungsantrag stellt. Insofern kann es nicht im Interesse des Beschleunigungsgrundsatzes sein, den Antrag zunächst als unzulässig abzuweisen und einem sodann erwarteten neuen Antrag entgegenzusehen.*)
3. Der Vergabestelle steht im Rahmen ihrer Wertung ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Da innerhalb des Beurteilungsspielraums nicht nur eine einzige richtige Lösung vertretbar ist, ist Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens nur die Frage, ob die Vergabestelle die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums bei ihrer Wertung überschritten hat.*)
4. Das für ein Wertungskriterium aufgestellte Berechnungssystem gilt nicht automatisch für alle weiteren Wertungskriterien. Dies ist auch vergaberechtlich nicht geboten.*)
5. Das Verhandlungsverfahren ist von beidseitigen Verhandlungen geprägt. Zweifelhaft ist die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens dann, wenn die Leistung derart erschöpfend beschreibbar ist, dass der öffentliche Auftraggeber in der Lage ist, ein umfangreiches Vertragswerk vorzulegen, von dessen Inhalt er eigentlich nicht mehr abweichen will und echte Verhandlungen kaum mehr zulässt.*)
