Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2009, 0335
OLG Jena, Beschluss vom 21.09.2009 - 9 Verg 7/09
1. Der öffentliche Auftraggeber ist an seine Festlegungen in der Bekanntmachung gebunden und darf in den Verdingungsunterlagen keine Nachforderungen stellen, sondern die in der Bekanntmachung verlangten Eignungsnachweise nur konkretisieren. Allenfalls darf er die Anforderungen nachträglich verringern, jedoch keine erhöhten Anforderungen stellen.
2. Beschränkt er in den Verdingungsunterlagen die zulässigen Referenzobjekte auf die letzten drei Geschäftsjahre, so handelt es sich um eine unzulässige Erhöhung der Anforderungen.
3. Eine strikte Trennung von formeller und materieller Eignungsprüfung ist jedenfalls dann geboten, wenn in der Vergabebekanntmachung keine Mindestanforderungen (etwa Mindestumsätze) aufgestellt werden.
4. Grundsätzlich wird die Fachkunde eines Unternehmens durch die personelle Ausstattung geprägt und beruht auf den Erfahrungen und Kenntnissen der Mitarbeiter. Woher diese Kenntnisse stammen, ist unerheblich; deshalb können Mitarbeiter ihre Kenntnisse und Erfahrungen auch bei anderen Unternehmen erworben haben.
5. Koppelungsangebote sind - soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind - nur dann unzulässig, wenn sie mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot nicht mehr vereinbar sind, insbesondere deswegen, weil Manipulationsmöglichkeiten des Bieters bestehen. Das ist z. B. der Fall, wenn sich das Koppelungsangebot auch auf ein Einzellos bezieht, das bereits eröffnet ist und von dem bekannt ist, welchen Rang der Bieter einnimmt.
6. Zur formellen und materiellen Eignungsprüfung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.*)
7. Schließt der öffentliche Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen die Wertung bedingter Preisnachlässe aus, so ist er daran gebunden. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Bieter den Preisnachlass als Nebenangebot bezeichnet.*)

VPRRS 2009, 0334

OLG Jena, Beschluss vom 31.08.2009 - 9 Verg 6/09
1. Ist ein Vergaberechtsverstoß bereits aufgrund der Bekanntmachung erkennbar, muss er spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden.
2. Die Rüge muss auch innerhalb der Rügefrist tatsächlich zugehen. Liegt sie nicht gesondert bei, sondern ist im eigentlichen Angebot versteckt, so geht sie erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme zu; also erst dann, wenn der Auftraggeber in die Prüfung des betreffenden Angebots einsteigt, nicht jedoch bereits bei der Angebotsöffnung.
3. Werden geforderte Gleichwertigskeitsnachweise bei Alternativfabrikaten nicht angegeben, so ist das Angebot zwingend auszuschließen.
4. Auf einen solchen Nachweis kann selbst dann nicht verzichtet werden, wenn das Leitfabrikat selbst nicht mehr hergestellt wird.
5. Auch dass es sich bei dem Leitfabrikat und dem angebotenen Alternativfabrikat um Sonderanfertigungen handelt, macht die Abgabe eines Gleichwertigskeitsnachweises nicht überflüssig.
6. Ein Bieter, dessen Angebot zwingend auszuschließen ist, hat nur dann eine Antragsbefugnis, wenn auch alle anderen Bieter zwingend auszuschließen sind.
7. Ein Bieter, der sowohl ein eigenes Angebot als auch ein Angebot im Rahmen einer Bietergemeinschaft abgibt, ist in den Fällen nicht wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsgebot auszuschließen, in denen der Bieter nur zu denjenigen Leistungsteilen ein separates Angebot abgibt, die ihm auch im Rahmen der Bietergemeinschaft zufallen.
8. Eine vergaberechtliche Rüge ist in der Regel nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB a.F. erhoben, wenn sie in dem kurz vor Ablauf der Angebotsfrist bei der Vergabestelle eingegangenen Angebot des Bieters an "versteckter Stelle" enthalten ist. Der Bieter kann dann nämlich nicht damit rechnen, dass die Rüge der Vergabestelle bereits bei der Angebotsöffnung im Submissionstermin, sondern erst im Verlauf der üblicherweise mehrere Tage späteren Angebotsprüfung zur Kenntnis gelangt.*)

VPRRS 2009, 0333

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2008 - Verg 37/08
Wird der Bieter unvollständig über die nachträgliche Festlegung von Kriterien und ihrer Gewichtung informiert, ist ein Vergaberechtsverstoß gegeben.

VPRRS 2009, 0332

VK Berlin, Beschluss vom 09.02.2009 - VK-B1-28/08
Eine Kooperationsvereinbarung zur Herstellung und Lieferung von Zytostatika ist kein öffentlicher Auftrag. Es fehlt am Beschaffungselement, wenn der öffentliche Auftraggeber lediglich als Anbieter von Leistungen tätig wird.

VPRRS 2009, 0331

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2009 - Verg 50/08
Zur Frage, ob der Hinweis auf die rechtliche Möglichkeit der Betriebsübernahme (§ 613a BGB) zur Unklarheit der Leistungsbeschreibung führt, wenn dabei nicht auch die genaue Struktur des zu übernehmenden Personals (u.a. nach angewandten Tarifverträgen, Arbeitszeit, Dienstalter, Familienstand sowie Gehaltszuschlägen und weiteren Merkmalen) in den Vergabeunterlagen mitgeteilt wird.

VPRRS 2009, 0330

VK Münster, Beschluss vom 20.05.2009 - VK 8/09
Bei Erledigung vor Akteneinsicht wird die Gebühr zunächst halbiert und kann zusätzlich noch aus Billigkeit erheblich weiter ermäßigt werden.

VPRRS 2009, 0329

OLG Koblenz, Beschluss vom 10.08.2009 - 1 Verg 8/09
1. Eine Leistungsbeschreibung bei der Vergabe eines Beförderungsauftrags ist ausführlich genugt, wenn den Bietern als Kalkulationsgrundlage die durchschnittliche tägliche Gesamtkilometerzahl der letzten drei Schuljahre, Anschriften der zu befördernden Personen sowie von welchem Ort eine Person mit dem Rollstuhl abgeholt werden soll, vorgegeben werden.
2. Der wegen einer Beihilfe i.S. von Art. 87 EGV begründete Verdacht eines EU-rechtswidrig subventionierten Angebots führt nicht zwangsläufig zu dessen Ausschluss.

VPRRS 2009, 0328

VK Bund, Beschluss vom 24.07.2009 - VK 3-136/09
1. Mindestanforderungen bezüglich der Leistungsfähigkeit - hier die Festlegung eines Mindestumsatzes im Inland - sind vom öffentlichen Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung inhaltlich abschließend und als Mindestanforderungen erkennbar festzulegen; der Auftraggeber darf von den in der Vergabebekanntmachung genannten Eignungskriterien sowie den dazu benannten Nachweisen inhaltlich nicht abweichen und diese nicht ändern oder erweitern. Zulässig ist lediglich eine Konkretisierung bezüglich der geforderten Nachweise dahingehend, inwieweit sie mit dem Angebot oder zu einem späteren Zeitpunkt gefordert werden
2. Die Möglichkeit des Nachweises der Leistungsfähigkeit durch eine Erklärung über den Umsatz des Bieters bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre (§ 7a Nr. 3 Abs. 1 d VOL/A), ist auf die Nachfrage nach generischen Arzneimitteln nicht eins zu eins übertragbar. Der Auftraggeber ist vielmehr für den jeweiligen Einzelfall verpflichtet, die Eignungsanforderungen am Gegenstand des Auftrags zu orientieren und entsprechend angemessene Anforderungen zu stellen. Ein Umsatz, der allein retrospektiv abgefragt wird, ist nicht zwangläufig aussagekräftig für die reale Leistungsfähigkeit eines Bieters im Sinne einer Lieferfähigkeit zu Beginn des Rahmenvertrags, wenn dieser über die in der Ausschreibung geforderte Arzneimittelzulassung verfügt.
3. Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise steht bei Vertragsabschluss mit mehreren Rabattvertragspartnern der Einzelabruf im Vordergrund, denn erst dieser begründet konkrete Zahlungsansprüche des Auftragnehmers. Die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze gelten nicht nur bei der Vergabe der Rabattvereinbarung als solcher sondern auch für die zweite Stufe von Rahmenverträgen, den Einzelabruf. Willkürfreiheit und Nichtdiskriminierung bei der Entscheidung über den jeweiligen Einzelabruf sind sicher zu stellen, indem auch hier ein transparentes Verfahren etabliert und praktiziert wird.

VPRRS 2009, 0327

VK Arnsberg, Beschluss vom 22.04.2009 - VK 6/09
Es ist eine nach § 18 VOF zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung.

VPRRS 2009, 0326

VK Arnsberg, Beschluss vom 02.06.2009 - VK 13/09
Erledigt sich das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer, weil die Antragsgegnerin durch eine Abhilfeentscheidung dem Begehren der Antragstellerin vollumfänglich nachgekommen ist und sie somit klaglos gestellt hat, so hat sich die Antragsgegnerin dadurch in die Position des Unterlegenen begeben und hat daher gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Verfahrens zu tragen.

VPRRS 2009, 0325

VK Arnsberg, Beschluss vom 20.05.2009 - VK 11/09
Ein Antrag ist gemäß § 107 Abs. 3 GWB unzulässig, soweit der Verstoß gegen Vergabevorschriften vom Antragsteller bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt wurde.

VPRRS 2009, 0324

VK Hessen, Beschluss vom 27.05.2009 - 69d-VK-11/2009
1. Wird ein Auftraggeber zu einer erneuten Wertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer verpflichtet, kann dies im Sinne einer Verböserung auch zur Berücksichtung von Wertungsgrundlagen führen, welche der Auftraggeber bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in seine Wertung einbezogen hatte.*)
2. Die fehlende Transparenz der Wertung eines Fachgesprächs zur Ermittlung der fachlichen Kompetenz eines Bieters oder Bewerbers - hier eines Ingenieurs - wird in der Regel zu einer erneuten Durchführung einer solchen Fachgesprächs führen.*)

VPRRS 2009, 0323

VK Hessen, Beschluss vom 19.03.2009 - 69d-VK-05/2009
1. Der Inhalt einer Rüge ist aus der Sicht des Erklärungsempfängers, also der Vergabestelle auszulegen. Es kommt darauf an, wie diese die Ausführungen des Bieters nach Treu und Glauben verstehen musste.*)
2. Eine bloße rechtliche Beurteilung des Verhaltens der Vergabestelle durch einen Bieter reicht regelmäßig allein nicht aus, um daraus eine Rüge abzuleiten. Vielmehr muss die Vergabestelle aufgrund der Ausführungen des Unternehmens konkret erkennen können, welches Verhalten er aus welchen Gründen beanstandet.*)
3. Ist ein Formular Bestandteil der Vergabeunterlagen, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, dass es bei der Einreichung des Angebots beigelegt werden muss und das Angebot nur auf diesem Formular unterschrieben werden kann, ist dieses zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn die Unterschrift an anderer Stelle erfolgt ist.*)

VPRRS 2009, 0322

VK Hessen, Beschluss vom 18.02.2009 - 69d-VK-67/2008
1. Fordert ein Auftraggeber im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Dienstleistungen den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, sollen davon nach dem objektiv erkennbaren Interesse des Auftraggebers auch die unmittelbaren Vermögensschäden erfasst werden.*)
2. Ein Bewerber/Bieter darf Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln, sondern muss die Vergabeverstöße im Vergabeverfahren in einer Weise mitteilen, die es der Vergabestelle ermöglicht, eine Korrektur in einem frühestmöglichen Stadium vornehmen zu können, eine Vergabekammer soll nicht mit Mängeln des Vergabeverfahrens befasst werden, die im Falle einer rechtzeitigen Rüge möglicherweise schon durch die Vergabestelle selbst hätten korrigiert werden können.*)

VPRRS 2009, 0321

VK Hessen, Beschluss vom 02.02.2009 - 69d-VK-65/2008
1. Kann trotz einer veränderten Punktevergabe im Rahmen einer Bewertungsmatrix, bei der mehrere Bieter die gleiche (höchste) Punktzahl erhalten, infolge des deutlich teureren Angebotes eines der Bieter und der daraus resultierenden Leistungskennzahl/ Preis dieser nie den Koeffizienten der anderen Bieter und damit deren Position unter den Bietern erreichen, und bleibt das Preisgefüge unter den Bietern dadurch in jedem Fall unverändert, so hat dieser teurere Bieter zu keinem Zeitpunkt eine realistische Chance den Zuschlag zu erhalten. Damit liegt für ihn kein Schaden i. S. v. § 107 Abs. 1 GWB und eine Verletzung seiner diesbezüglichen Rechte nicht vor.*)
2. Dem Auftrageber steht bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes nach § 25 Nr. 3 VOL/A ein von der Vergabekammer nur sehr eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Lediglich dessen Überschreitung oder erkennbarer Fehl- oder gar Nichtgebrauch können einer Überprüfung unterliegen.*)

VPRRS 2009, 0320

VK Hessen, Beschluss vom 15.12.2008 - 69d VK 60/2008
1. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Bieter mit seinem Vorbringen nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert ist, können keine detaillierten Kenntnisse der Texte und Schriftwechsel der Ausschreibungen, an denen er sich im Laufe der Jahre beteiligt hat, verlangt werden.*)
2. Es ist nicht Aufgabe des Bieters, sich bei einem Ausschreibungstext, der in sich klar und eindeutig ist, zu erkundigen, ob er so wie formuliert auch gemeint ist und ob er ihn auch richtig verstanden hat.*)
3. Es ist erforderlich, dass hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet, aber ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert waren, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen.*)

VPRRS 2009, 0319

LG Düsseldorf, Urteil vom 09.06.2009 - 7 O 440/08
Eine Auflage entfaltet keine Rückwirkung auf ein bereits durchgeführte Vergabeverfahren.

VPRRS 2009, 0318

OLG München, vom 10.09.2009 - Verg 10/09
1. Es obliegt dem öffentlichen Auftraggeber, in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen eindeutige und unmissverständliche Festlegungen zu treffen, welche Erklärungen und Eignungsnachweise er verlangt, wann diese vorzulegen sind und gegebenenfalls welche Formulare für welche Angaben zu verwenden sind. Stellt der öffentliche Auftraggeber die Nachforderung fehlender, unzureichender oder unvollständiger Nachweise in Aussicht und droht er den Ausschluss des Angebots erst bei fruchtlosem Fristablauf an, ist dem Bieter Gelegenheit zur Nachreichung zu geben.*)
2. Zur Problematik der Nachunternehmerleistung bei der Abfallentsorgung.*)

VPRRS 2009, 0317

OLG München, Beschluss vom 27.08.2009 - Verg 4/09
1. Ein Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer ist ein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt, gegen den abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach den §§ 40 ff VwGO die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff GWB zum zuständigen Vergabesenat statthaft ist.
2. Zur Frage, der angemessenen Vergütung eines Rechtsanwalts im Nachrpüfungsverfahren.

VPRRS 2009, 0316

OLG München, Beschluss vom 05.05.2009 - Verg 5/09
1. Nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB kann das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern, wenn die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt hat.
2. Auch für Direktvergaben ist die Regelung des § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB heranzuziehen.
3. Auch wenn die Nichtigkeit einer Direktvergabe auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt, besteht dennoch ein berechtigtes Interesse des Bieters an einem vorläufigen Rechtsschutz, der die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindern soll. Durch die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung kann die Vergabestelle daran gehindert werden, durch Wiederholung oder Bestätigung oder Verlängerung des umstrittenen Vertrages einseitig die Sachlage so zu verändern, das ein vergaberechtlicher Primärrechtsschutz unwiderruflich ausgeschlossen ist.
4. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs betroffener Dritter sind die Vergabesenate über den Wortlaut des § 119 GWB hinaus berechtigt, erstmalig im Beschwerdeverfahren Dritte beizuladen.

VPRRS 2009, 0315

OLG Naumburg, Beschluss vom 23.04.2009 - 1 Verg 7/08
1. Für diese Fallgestaltung, in der sich der Nachprüfungsantrag bei seiner Einreichung auf ein laufendes Vergabe verfahren bezogen hat und sich der auf Primärrechtsschutz gerichtete Verfahrenszweck durch die zwischenzeitliche Beendigung dieses Verfahrens während des bereits anhängigen Nachprüfungsverfahrens erledigt hat, bleibt nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB bzw. nach §§ 123 Satz 3 i. V. m. 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ein (Fortsetzungs-)Feststellungsverfahren eröffnet, d. h. die Fortsetzung des Nachprüfungsverfahrens mit einem Antrag auf Feststellung der Verletzung eigener subjektiver Rechte i. S. v. § 97 Abs. 7 GWB ist statthaft.
2. Rettungsdienstleistungen unterfallen grundsätzlich dem Leistungsbegriff des § 99 Abs. 1 GWB und insbesondere dem Dienstleistungsbegriff des § 99 Abs. 4 GWB. Dieser Einstufung stehen auch nicht die Art. 45, 55 EG-Vertrag entgegegen.
3. Eine Bieter schützende Wirkung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A kann allenfalls angenommen werden, wenn die Preisgestaltung des betreffenden Angebotes bei isolierter Betrachtung hinreichend sicher auf eine Wettbewerbsverdrängungsabsicht der jeweiligen Bieterin schließen lässt. Insoweit ist auf den Gesamtangebotspreis und nicht auf Einzelpreise abzustellen.
4. Für den Umfang der zu gewährenden Akteneinsicht kommt es auf die Abwägung zwischen den Interessen der Antragstellerin an einer effektiven Ausgestaltung des konkreten Rechtsschutzes und den Interessen der Mitbewerber an der Vertraulichkeit der Angebotsinhalte und -erläuterungen an.

VPRRS 2009, 0314

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2009 - Verg W 14/08
1. Wendet sich ein Bieter bei einer Vergabe im wettbewerblichen Dialog mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Verfahrensgestaltung in der Dialogphase, ist der Streitwertfestsetzung die Auftragswertschätzung des Auftraggebers zugrunde zu legen, nicht dagegen die Preisangaben des Bieters für seinen Lösungsvorschlag.*)
2. Es ist im wettbewerblichen Dialog zulässig, der Ermittlung des Auftragswertes den sog. Public Sector Comparator (PSC), vermindert um einen Abschlag von 10%, zugrunde zu legen. Im Rahmen der Streitwertfestsetzung ist nicht zu prüfen, ob diese Auftragswertschätzung zutreffend ist oder nicht.*)

VPRRS 2009, 0313

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2009 - Verg 67/08
Im Nachprüfungsverfahren besteht kein Anspruch auf Einblick in Aktenbestandteile, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten.

VPRRS 2009, 0312

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2009 - Verg 77/08
Legt der Antragsteller schon nicht dar, durch eine unterlassene Bekanntgabe in der Bekanntmachung an der Einreichung eines Teilnahmeantrags gehindert worden zu sein, so ist sein Antrag unzulässig.

VPRRS 2009, 0311

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.02.2009 - Verg 6/09
1. Bei der Angebotswertung hat sich der öffentliche Auftraggeber allein von den festgelegten und bekannt gegebenen Zuschlagskriterien leiten zu lassen.
2. Drr Unzulässigkeit eines Unterkostenangebots kommt nur dann ein Bieterschutz zu, wenn das Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweise der Bieter zu bekämpfen, vom Auftraggeber den Ausschluss des betreffenden Angebots fordert.
3. Die Tatsache allein, dass Verhandlungen unterblieben sind, erlaubt nicht den Schluss auf eine Rechtsverletzung, wenn das Angebot des Antragstellers chancenlos gewesen ist, und er den Auftrag unter keinen Umständen hätte erlangen können.

VPRRS 2009, 0310

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.05.2009 - Verg 68/08
1. Werden entgegen der Anegbotsaufforderung Nachunternehmer nicht genannt und deren Verpflichtungserklärung nicht eingereicht, ist das Angebot wegen Unvollständigkeit von der Wertung zwingend auszuschließen.
2. Zu der Frage, wann solche Anforderungen für den Bieter unzumutbar sind.

VPRRS 2009, 0308

OLG Dresden, Beschluss vom 18.09.2009 - WVerg 3/09
1. Ist bei Vergaben im Bereich BOS Digitalfunk anzunehmen, dass die Mitarbeiter des späteren Vertragspartners bei der Ausführung der Leistung Einsicht in Verschlusssachen haben werden, so ist infolge des Eingreifens der Bereichsausnahme des § 100 Abs. 2 d 2. und 3. Alt. GWB die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens nicht statthaft.
2. Das Nachprüfungsverfahren ist selbst dann nicht statthaft, wenn eine europaweite Ausschreibung erfolgt ist, ein gestaffeltes Verhandlungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde und sich der Bieter deshalb meint auf einen Vertrauensschutz berufen zu können.

VPRRS 2009, 0453

VK Bund, Beschluss vom 29.04.2009 - VK 3-61/09
1. Es ist ein grundlegendes Prinzip des Vergaberechts, dass die Bieter von Anfang an die Möglichkeit haben müssen, zu erkennen, welche Eignungsanforderungen gestellt werden, um frustrierten Aufwendungen für ein nutzloses Angebot vorzubeugen. Dies gilt insbesondere bei der erstmaligen Ausschreibung einer neuen gesetzlichen Maßnahme, bei der klar ist, dass es für den Fachkundenachweis noch keine identischen Leistungen aus der Vergangenheit geben kann und dass bei den potentiellen Bietern noch Unsicherheit besteht, was der Auftraggeber als vergleichbar ansieht.
2. Schreibt der Auftraggeber eine völlig neue Maßnahme aus, ist es erforderlich gewesen, schon in den Verdingungsunterlagen eindeutige Aussagen dazu zu machen, welche abstrakten Gesichtspunkte Maßstab für die Vergleichbarkeit sein sollen.

VPRRS 2009, 0306

VK Arnsberg, Beschluss vom 26.06.2009 - VK 14/09
Der Verzicht auf die Fachlosvergabe ist ein Ausnahmefall und detailliert zu begründen.

VPRRS 2009, 0305

VG Regensburg, Beschluss vom 30.09.2009 - RN 4 E 09.1503
Es ist derzeit nicht geklärt, ob die Vergabe von Rettungsdienstkonzessionen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz dem europa- und bundesrechtlichen Vergaberecht unterfällt (vgl. Vorlagebeschluss OLG München vom 2.7.2009 - Verg 5/09). Einstweiliger Rechtsschutz kann deshalb von den Verwaltungsgerichten gewährt werden.

VPRRS 2009, 0304

VK Hessen, Beschluss vom 19.02.2009 - 69d-VK-01/2009
1. Stehen wirtschaftliche oder technische Belange einer Losaufteilung entgegen, muss der Auftraggeber sein Interesse an einer einheitlichen Ausschreibung nicht zu Gunsten der Mittelstandförderung opfern.
2. Die Sicherstellung der Einhaltung der verfassungsmäßig eingeräumten Wahlrechtsgrundsätze begrenzt die Verpflichtung zur losweisen Vergabe von Leistungen beim Versand von Wahlsendungen.

VPRRS 2009, 0303

OLG München, Beschluss vom 29.09.2009 - Verg 12/09
1. Auch bei einem Verhandlungsverfahren im Sektorenbereich muss ein Angebot bis zur Angebotsabgabe vollständig vorliegen.*)
2. Es ist ureigene Pflicht und Verantwortung des öffentlichen Auftraggebers, die Wertungs- und Zuschlagsentscheidung selbst zu treffen.*)

VPRRS 2009, 0302

EuGH, Urteil vom 15.10.2009 - Rs. C-275/08
Die Datenzentrale Baden-Württemberg darf einen öffentlichen Auftrag über die Lieferung einer Software zur Verwaltung der Kraftfahrzeugzulassung nicht im Wege des Verhandlungsverfahrens ohne öffentliche Vergabebekanntmachung vergeben.

VPRRS 2009, 0301

EuGH, Urteil vom 15.10.2009 - Rs. C-196/08
Die Art. 43, 49 und 86 EG-Vertrag stehen einer freihändigen Vergabe einer öffentlichen Dienstleistung, die die vorherige Durchführung bestimmter Arbeiten mit sich bringt, an eine gemischt öffentlich-private Kapitalgesellschaft nicht entgegen, die eigens für die Durchführung dieser Dienstleistung und ausschließlich mit diesem Gesellschaftszweck geschaffen wird und bei der der private Gesellschafter mittels eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens ausgewählt wird, nachdem die finanziellen, technischen, operativen und verwaltungstechnischen Anforderungen, die die durchzuführende Dienstleistung betreffen, sowie die Merkmale des Angebots für die zu erbringenden Leistungen überprüft worden sind, sofern das fragliche Ausschreibungsverfahren den Grundsätzen des freien Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung entspricht, die nach dem EG-Vertrag für Konzessionen gelten.*)

VPRRS 2009, 0300

EuGH, Urteil vom 15.10.2009 - Rs. C-138/08
1. Die Richtlinie 2004/18/EG des kann nicht auf eine Entscheidung angewandt werden, die ein öffentlicher Auftraggeber bei der Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags vor Ablauf der Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie getroffen hat.*)
2. Art. 22 Abs. 3 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ist dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber dann, wenn ein Auftrag im Verhandlungsverfahren vergeben wird und die Zahl der geeigneten Bewerber die für das betreffende Verfahren festgelegte Mindestgrenze nicht erreicht, das Verfahren gleichwohl fortsetzen kann, indem er den oder die geeigneten Bewerber zur Verhandlung über die Auftragsbedingungen auffordert.*)
3. Die Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ist dahin auszulegen, dass die Verpflichtung, einen echten Wettbewerb zu gewährleisten, erfüllt ist, wenn der öffentliche Auftraggeber unter den in Art. 7 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Bedingungen auf das Verhandlungsverfahren zurückgreift.*)

VPRRS 2009, 0298

VK Münster, Beschluss vom 26.08.2009 - VK 11/09
1. Eine Vergabestelle ist nicht verpflichtet, bei der Vergabe von Reinigungsdienstleistungen in ihren Vergabeunterlagen die Einhaltung von Mindestlöhnen zu fordern.*)
2. Der Ausschluss von Angeboten, die unterhalb bestimmter Stundenverrechnungssätze die Leistungen angeboten haben, ist ohne Rechtsgrundlage nicht zulässig.*)
3. Die Forderung nach Vorlage von Erklärungen mit dem Angebot in Bezug auf die Einhaltung von Mindestlöhnen gemäß § 6 Satz 4 AEntG würde jedenfalls mittelbar die Regelung in § 97 Abs. 4 2. HS GWB unterlaufen.*)

VPRRS 2009, 0297

VK Münster, Beschluss vom 09.09.2009 - VK 7/09 K
1. Wird ein Antrag auf Nachprüfung nach der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, aber ist der Beschluss der Vergabekammer bereits abgesetzt worden, dann kommt eine Aufhebung der Kammerentscheidung durch die erkennende Kammer nicht mehr in Betracht.*)
2. Die Sachentscheidung der Kammer bleibt dann Rechtsgrundlage für die folgende Kostenlastentscheidung zugunsten der anderen Verfahrensbeteiligten.*)

VPRRS 2009, 0296

VK Köln, Beschluss vom 24.08.2009 - VK VOL 23/2009
Der Nachprüfungsantrag eines potenziellen Nachunternehmers gegen die de-facto-Vergabe von Nachunternehmerverträgen ist wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, wenn sich der potenzielle Nachunternehmer nicht um ein bestimmtes Los des Hauptauftrags bewirbt, obwohl es nach den Ausschreibungsbedingungen des Hauptauftrags mit identischem Leistungsangebot möglich gewesen wäre.

VPRRS 2009, 0460

EuGH, Urteil vom 10.09.2009 - Rs. C-206/08
1. Für das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession genügt der Umstand, dass eine unmittelbare Entgeltzahlung des Auftraggebers an den Auftragnehmer nicht erfolgt, sondern der Auftragnehmer das Recht erhält, Entgelte von Dritten zu erheben.
2. Besteht die vereinbarte Vergütung im Recht des Dienstleistungserbringers zur Verwertung seiner eigenen Leistung, so bringt diese Art der Bezahlung es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs mit sich, dass der Dienstleistungserbringer das Betriebsrisiko der fraglichen Dienstleistungen übernimmt.
3. Eine Dienstleistungskonzession liegt auch dann vor, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber übernommene Betriebsrisiko aufgrund der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Dienstleistung von vorneherein zwar erheblich eingeschränkt ist, der Auftragnehmer aber dieses eingeschränkte Risiko in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt.

VPRRS 2009, 0295

BGH, Urteil vom 10.09.2009 - VII ZR 255/08
1. Belässt es der Bieter in einem vergaberechtlichen Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1 c) VOB/A im Rahmen von Verhandlungen mit dem Auftraggeber über die durch eine Zuschlagsverzögerung bedingte Anpassung seines Angebots hinsichtlich der Bauzeit bei der Ankündigung von verzögerungsbedingten Mehrvergütungsansprüchen, so ist eine tatrichterliche Auslegung nicht zu beanstanden, die darin lediglich den Vorbehalt der Durchsetzung möglicher vertraglicher Ansprüche, nicht jedoch eine Abstandnahme von dem abgegebenen Angebot sieht.*)
2. Vertragliche Ansprüche können bei einer solchen Auslegung ausgeschlossen sein, wenn der Bieter die bestehende Möglichkeit nicht genutzt hat, den Abschluss des Vertrages von einer Anpassung des Preises für die durch die Bauzeitverschiebung entstandenen Mehrkosten abhängig zu machen.*)

VPRRS 2009, 0294

BGH, Urteil vom 10.09.2009 - VII ZR 152/08
1. Sieht eine Ausschreibung in einem öffentlichen Vergabeverfahren vor, dass der Auftragnehmer spätestens 12 Werktage nach Zuschlag mit den Bauarbeiten zu beginnen hat, ist dies dahin zu verstehen, dass der vertraglich vorgesehene Baubeginn an die ausgeschriebene Zuschlagsfrist anknüpft, wenn der Zuschlag später erfolgt. In diesem Fall ist der tatsächliche Zuschlagstermin nicht maßgebend.*)
2. Ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B kann dem der Verlängerung der Bindefrist zustimmenden Auftragnehmer wegen einer verzögerten Vergabe grundsätzlich nur erwachsen, wenn dies eine Änderung der Leistungspflichten zur Folge hat.*)
3. Wird der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefristen durch die Bieter später erteilt als in der Ausschreibung vorgesehen, kann ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich im Hinblick auf die verspätete Zuschlagserteilung die Kalkulationsgrundlagen geändert haben.*)
4. Maßgeblich für die in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu ermittelnde Höhe des Mehrvergütungsanspruchs, der auf einer durch eine verzögerte Vergabe verursachten Bauzeitverschiebung beruht, sind grundsätzlich nur diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind.*)

VPRRS 2009, 0293

BGH, Urteil vom 10.09.2009 - VII ZR 82/08
Wird in einem Vergabeverfahren aufgrund öffentlicher Ausschreibung nach VOB/A der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefristen durch die Bieter später erteilt als in der Ausschreibung vorgesehen, kann ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich im Hinblick auf die spätere Zuschlagserteilung die Kalkulationsgrundlagen geändert haben (Fortführung von BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BauR 2009, 1131 = NZBau 2009, 370). Diese Kalkulationsgrundlagen sind grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des später geschlossenen Vertrages.*)
VPRRS 2009, 0292

VK Brandenburg, Beschluss vom 21.08.2009 - VK 31/09
1. § 99 Abs. 3 GWB beschreibt ein Bauvorhaben als Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten, das eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Damit wird die Gesamtheit aller möglichen Bauleistungen erfasst, die in einem funktionalen Zusammenhang stehen. Einzelaufträge sind dann nicht als Los eines einzigen Bauwerkes anzusehen, wenn die Ergebnisse der jeweiligen Aufträge unterschiedliche wirtschaftliche und technische Funktionen erfüllen.
2. Unterschiedliche Baumaßnahmen zur Revitalisierung eines Geländes (u.a. Straßenbauarbeiten, Sanierung eines Tanklagers, Kampfmittelräumung) erfüllen eine eigenständige und unterschiedliche wirtschaftliche und technische Funktion.

VPRRS 2009, 0291

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.01.2009 - 1 VK 65/08
1. Die Tatsache, dass Kirchenbezirke Gesellschafter der Alleingesellschafterin eines Bieters sind, führt nicht dazu, dass eine staatliche Trägerschaft vorliegt. Denn die Kirchenbezirke sind trotz ihrer Sonderrechte nicht als Teil des Staates zu qualifizieren. Sie sind vom Staat zu trennen und sind selbst keine öffentlichen Einrichtungen.*)
2. Kostenvorteile, die ein Bieter rechtmäßig nutzen darf, z.B. Steuervorteile, dürfen bei der Angebotskalkulation berücksichtigt werden und führen nicht dazu, dass der Bieter als "ähnliche Einrichtung" i.S.d. § 7 Nr. 6 VOL/A anzusehen ist.*)
3. Wird von einem Bieter verlangt, eine tatsächlich unmögliche Leistung anzubieten, berührt dies nicht die Angebotskalkulation. Denn eine unmögliche Leistung kann nicht kalkuliert werden und wirkt sich nicht auf den Angebotspreis aus. Es liegt dann kein gewöhnliches Wagnis nach § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A vor.*)

VPRRS 2009, 0290

VK Bund, Beschluss vom 24.07.2009 - VK 3-151/09
1. Die Eignungsanforderungen sind am Gegenstand des Auftrags zu orientieren und es sind entsprechend angemessene Anforderungen zu stellen. Werden Umsatzzahlen ohne nähere Einschränkungen gefordert, so können gegebenenfalls auch Auslandsumsätze angegeben werden.
2. Können die Umsatzerlöse aus der Vergangenheit nicht zum Maßstab genommen werden, so ergibt sich die reale Leistungsfähigkeit eines Bieters aus seinen Produktionskapazitäten für die von dem Rahmenvertrag erfassten Wirkstoffmengen, bezogen auf den Zeitpunkt des Rabattvertragsbeginns.
3. Zum Vertragsschluss mit mehreren Rabattvertragspartnern im Hinblick auf die Verpflichtung der Auftraggeber, Auswahlmechanismen für den Einzelabruf vorzusehen.

VPRRS 2009, 0289

OLG Jena, Beschluss vom 05.06.2009 - 9 Verg 5/09
1. Das OLG ist wie die Vergabekammer nicht an die Anträge der Parteien gebunden.
2. Für die Rüge stehen zwar im Allgemeinen 1-3 Tage zur Verfügung, die Schwierigkeit des Falls und ein Wochenende können aber Gründe für zulässige spätere Rügen darstellen.
3. An der Ansicht, § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A sei stets drittschützend, wird nicht mehr festgehalten.
4. Eine kommende Gesetzesänderung (hier Mindestlohn) deren Inkrafttreten sicher erwartet wird, muss nicht im Angebot berücksichtigt werden solange sie nicht bereits beschlossen, aber nur noch nicht in Kraft getreten ist. Dabei kommt es allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe an, eine Berücksichtigung von Rechtsentwicklungen nach diesem Zeitpunkt kommt nicht in Betracht.

VPRRS 2009, 0288

VK Thüringen, Beschluss vom 11.06.2009 - 250-4002.20-2532/2009-002-SOK
Fehlender Gleichwertigkeitsnachweis, Unmöglichkeit der Leistung, Vorbehalt losweiser Vergabe, Einzelvergabe contra Gesamtvergabe bei Bietergemeinschaft, unzureichender Vergabevermerk.*)

VPRRS 2009, 0287

OLG Naumburg, Beschluss vom 03.09.2009 - 1 Verg 4/09
1. Zum Begriff des Bieters.
Der Begriff des Bieters knüpft allgemein an einen formellen Status in einem Vergabeverfahren an: Bieter ist derjenige Beteiligte an einem Vergabeverfahren, der ein auf einen Vertragsschluss gerichtetes Angebot gelegt hat. Bieter i.S. von § 13 VgV ist ein Beteiligter des Vergabeverfahrens, der Träger subjektiver Rechte ist und dem grundsätzlich ein Zugang zum Nachprüfungsverfahren zur Durchsetzung dieser Rechte eröffnet ist. (hier: zur Bieterstellung eines Unternehmens, welches nach Ablauf der Angebotsfrist, jedoch vor Zuschlagserteilung ein Angebot abgegeben hat sowie zu einer der Bieterstellung entsprechenden Stellung eines Unternehmens, welches innerhalb der Angebotsfrist geltend gemacht hat, durch die Ausschreibungsbedingungen an der Abgabe eines chancenreichen Angebotes gehindert worden zu sein).*)
2. Der Vergabestelle, die sich auf eine Präklusion der Rüge berufen möchte, obliegt der Nachweis einer Überschreitung der Rügefrist und mithin der Nachweis eines früheren Zeitpunktes der Erlangung der positiven Kenntnis vom gerügten Vergabeverstoß, als vom Antragsteller eingeräumt. Für diesen Nachweis genügt ein bloßes Bestreiten der Angaben des Antragstellers nicht. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a.F. war es jedem Interessenten an der Ausschreibung überlassen, wann er mit der Bearbeitung der Verdingungsunterlagen beginnt; bindend war lediglich die Angebotsfrist als Ausschlussfrist für die Abgabe eines wertungsfähigen Angebotes.*)
3. Bei der Auswahl der Zuschlagskriterien dürfen nur leistungsbezogene Kriterien Berücksichtigung finden. Aus Gründen des fairen Wettbewerbs, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz muss abstrakt ausgeschlossen sein, dass ein "Weniger" an Wirtschaftlichkeit eines Angebotes durch ein "Mehr" an Eignung ausgeglichen wird und zu einer Veränderung der Bieterreihenfolge führen kann.*)

VPRRS 2009, 0286

OLG Naumburg, Beschluss vom 03.07.2009 - 1 Verg 4/09
1. Die Anordnung der Verlängerung des prozessualen Zuschlagsverbots kommt ausnahmsweise auch bei geringen Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde in Betracht, wenn die Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen, auch des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens, gleichwohl zu Gunsten der Antragstellerin ausfällt.*)
2. Dies kann der Fall sein, wenn die Vergabestelle den öffentlichen Auftrag bereits erteilt und die Auftragsausführung bereits begonnen hat und wenn der Antragsteller lediglich die Untersagung eines weiteren (bestätigenden) Vertragsschlusses verhindern möchte.*)

VPRRS 2009, 0285

OLG Naumburg, Urteil vom 02.07.2009 - 1 U 5/09
1. Unterteilt ein öffentlicher Auftraggeber einen Dienstleistungsauftrag in Lose (hier: Abschleppdienstleistungen, Aufteilung in vier Gebietslose und ein gebietsübergreifendes Fachlos) und ergibt sich aus der Vergabebekanntmachung zugleich, dass er sowohl eine Einzellosvergabe als auch eine Gesamtlosvergabe in Betracht zieht, so begründet allein die Angabe in der Aufforderung zur Angebotsabgabe, dass ein Angebot nur auf ein einzelnes Los erfolgen kann, kein schutzwürdiges Vertrauen eines Bieters dahin, dass die Auftragsvergabe zwingend auf die jeweiligen Einzellose erfolgen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der öffentliche Auftraggeber Nebenangebote auch in der Form zugelassen hat, dass sich das Angebot sich auf mehrere Lose bezieht.*)
2. Der Ausschluss einer Bietergemeinschaft wegen einer wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweise setzt den gesicherten Nachweis einer unzulässigen, wettbewerbsbeschränkenden Abrede der einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft voraus. Selbst erhebliche Verdachtsmomente genügen hierfür nicht (wie OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.06.2003 - 11 Verg 2/03, VergabeR 2003, 581).*)
