Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
10940 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2010
VPRRS 2010, 0184
OLG Naumburg, Beschluss vom 31.03.2010 - 1 Verg 7/10
1. Ist der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers bereits im Vergabeverfahren tätig geworden, so ist nicht vom Gebührentatbestand RVG VV 2300 auszugehen, sondern von dem reduzierten des RVG VV 2301. Dem liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass der Umfang der Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren dann deshalb geringer ist. Dieser Umstand darf dann bei der Gebühr nicht noch einmal berücksichtigt werden.*)
2. Allerdings ist ein Überschreiten der 0,7 Geschäftsgebühr (Mittelgebühr) wegen des Umfangs der Tätigkeit gerechtfertigt, wenn diese Annahme des Gesetzgebers im konkreten Fall nicht zutrifft. Umgekehrt gilt: Hat die Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren einen Umfang, der dem Umfang bei einer ausschließlichen Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren entspricht, so wird in Anbetracht des reduzierten Gebührenrahmens der Ansatz der 1,3 Geschäftsgebühr gerechtfertigt sein.*)

VPRRS 2010, 0183

OLG Naumburg, Beschluss vom 29.04.2010 - 1 Verg 3/10
1. Hat eine gemischtwirtschaftliche Gesellschaft einen Auftrag ihres öffentlich-rechtlichen Gesellschafters erhalten und verkauft später dieser seine Geschäftsanteilen an eine private Gesellschaft, so ist dies als reiner Gesellschafterwechsel vergaberechtsneutral (Bestätigung von 1 Verg 2/10).*)
2. War der Auftrag fehlerhaft ohne Ausschreibung wie bei einem In-house-Geschäft vergeben worden, so war diese Auftragsvergabe angreifbar. Ist sie nicht angegriffen worden, so kann dieser Umstand nicht dazu führen, dass der spätere Gesellschafterwechsel eine Ausschreibungspflicht begründet, weil die Gesellschaft sich so behandeln lassen müsste, als sei ursprünglich berechtigt In-house vergeben worden.*)
3. Für einen solchen Erst-Recht-Schluss, derjenige, der zu Unrecht ein In-house-Geschäft angenommen habe, könne nicht besser gestellt werden, als der, welcher es zu Recht angenommen habe, ist in dem für Beschaffungsvorhaben im Sinne des § 99 GWB eröffneten, formalisierten und justizförmlich ausgestalteten Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff GWB kein Raum.*)

VPRRS 2010, 0182

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2010 - 1 VK 73/09
Der Wettbewerbsgrundsatz setzt u. a. voraus, dass nur solche Angebote gewertet werden dürfen, die in jeder sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Hinsicht miteinander verglichen werden können. Ein solcher Vergleich ist jedoch zwischen vollständigen Angeboten und solchen, die nicht die geforderten Angaben oder Erklärungen enthalten, nicht möglich, da der öffentliche Auftraggeber unvollständigen Angeboten gar nicht entnehmen kann, ob sie seinen ausgeschriebenen Anforderungen genügen. Dem öffentlichen Auftraggeber steht hinsichtlich des Angebotsausschlusses also [im Falle des Fehlens geforderter Angaben und Erklärungen} kein Ermessen zu und er darf auch nicht nachträglich auf ursprünglich geforderte Angaben und Erklärungen verzichten, weil er sonst Angebote untereinander bewerten würde, die nicht miteinander vergleichbar sind.

VPRRS 2010, 0181

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2010 - 1 VK 2/10
1. Eine bloße Vermutung ohne jede tatsächliche Grundlage stellt keine "Rüge" i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB dar. Sie ist als "Rüge ins Blaue hinein" unbeachtlich.
2. Eine Rüge darf nicht völlig pauschal und undifferenziert sein oder sich gar auf den bloßen Hinweis beschränken, dass das Vergabeverfahren rechtsfehlerhaft sei. Der Bieter muss den Vergabeverstoß und die Aufforderung an den öffentlichen Auftraggeber, den Verstoß abzuändern, konkret darlegen. Beide Tatsachenvorträge sind unverzichtbare Bestandteile der Rüge.
3. Die Rüge dient vorrangig dem Zweck, der Vergabestelle die Möglichkeit zur Überprüfung und gegebenenfalls Korrektur ihres eigenen Verhaltens zu geben, bevor sie mit einem Nachprüfungsantrag überzogen wird. Die Rüge ist demnach grundsätzlich vor dem Nachprüfungsantrag zu erklären.
4. Erkennt der Unternehmer Fehler im Vergabeverfahren, muss er durch die Rüge dem Auftraggeber Gelegenheit geben, diese Fehler zu korrigieren. Aus diesem Grund muss die Rüge gegenüber der Vergabestelle und nicht gegenüber der Vergabekammer erfolgen.

VPRRS 2010, 0180

OLG Celle, Beschluss vom 03.06.2010 - 13 Verg 6/10
1. Können gemäß der Allgemeinen Baubeschreibung Nebenangebote nur gewertet werden, wenn sie "sämtliche Vertragsbedingungen" erfüllen, "insbesondere Verdingungsunterlagen, technische Vorschriften, Normen und Lastangaben", so ist auch eine Auslegung dahingehend vertretbar, dass die Vergabestelle mit der ausdrücklichen Nennung der "Verdingungsunterlagen"- wenn auch sprachlich missglückt - lediglich die in den Verdingungsunterlagen enthaltenen allgemeinen, formellen Vertragsbedingungen und die "technischen Vorschriften, Normen und Lastangaben" in Bezug nehmen, im Übrigen aber - nur- die dem ersten Spiegelstrich nachfolgenden Mindestbedingungen stellen; mithin Konstruktionsalternativen (wie Wellenspundwände statt Kombinierten Spundwänden) gerade nicht ausschließen wollte.
2. Unklarheiten in den Vergabeunterlagen gehen nicht zu Lasten der Bieter. Daher kann ein Bieter, der unklare oder widersprüchliche Anforderungen der Vergabestelle in vertretbarer Weise ausgelegt und sein (Neben-)Angebot auf diese mögliche Auslegung ausgerichtet hat, nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, sein (Neben-)Angebot entspreche nicht den Ausschreibungsbedingungen.
3. Grundsätzlich steht es jedem Bieter frei, so zu kalkulieren, wie er es für richtig hält; dies ist Bestandteil seiner unternehmerischen Freiheit. Vergaberechtlich problematisch wäre lediglich ein "Auf- und Abpreisen", d. h. ein "Verstecken" von Kostenbestandteilen einzelner Positionen in anderen.
4. Zur Prüfung der Gleichwertigkeit von Nebenangeboten.

VPRRS 2010, 0179

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.12.2009 - 1 VK 60/09
1. Angebote, bei denen geforderte Erklärungen und Nachweise fehlen, sind zwingend vom Verfahren auszuschließen. Der Grundsatz der Transparenz und Gleichbehandlung verlangt,dass die Angebote in jeder Hinsicht vergleichbar sind. Alle Erklärungen und Nachweise, die der Auftraggeber dadurch, dass er sie gefordert hat, als Umstände ausgewiesen hat, deren Vorlage für die Entscheidung relevant sein sollen, haben vorzuliegen, da ansonsten keine in jeder Beziehung vergleichbaren Angebote vorliegen.
2. Von diesem Grundsatz ist nicht nur bei der Abgabe von Angeboten auszugehen, sondern auch bei Teilnahmeanträgen.
3. Eine Rüge ist entbehrlich, wenn ein Nachprüfungsverfahren bereits anhängig ist und der Antragsteller im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens von weiteren Vergabeverstößen Kenntnis erlangt, die bisher nicht Gegenstand des Verfahrens sind.

VPRRS 2010, 0178

OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010 - WVerg 6/10
Der Anwendung der Rügepräklusion gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB steht die EuGH-Rechtsprechung (IBR 2010, 159) nicht entgegen.

VPRRS 2010, 0177

OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.05.2010 - Verg W 15/09
1. Der rechtliche Charakter des zu vergebenden Auftrags ist daran festzumachen, welche Hauptleistung der Auftragnehmer vertraglich schuldet. Hat der Auftraggeber die betriebsbereite Errichtung von Bauwerken mit einer speziellen technischen Funktion ausgeschrieben, ist der Auftrag als Bauauftrag, nicht als Lieferauftrag anzusehen.*)
2. Der Umstand, dass der Auftrag tatsächlich anders ausgeführt wird als ausgeschrieben, kann nicht zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gemacht werden, in dem die Vergabe der ausgeschriebenen Leistung überprüft wird.*)

VPRRS 2010, 0176

OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.04.2010 - Verg W 5/10
1. § 13 Satz 6 VgV a.F. findet bei einer De-facto-Vergabe nur dann entsprechende Anwendung, wenn die Beschaffung zu Angeboten verschiedener Bieter geführt und eine Auswahl unter diesen stattgebunden hat, so dass ein dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Satz 6 VgV a.F. vergleichbarer Fall gegeben ist. Die Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.*)
2. Eine rückwirkende Anwendung des § 101b Abs. 2 GWB kommt nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat das Problem der De-facto-Vergabe auch vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift gesehen, eine Regelung insoweit jedoch nicht getroffen.*)

VPRRS 2010, 0175

OLG Koblenz, Beschluss vom 26.05.2010 - 1 Verg 2/10
1. Der Entscheidung des Preisgerichts kommt trotz der ihr eigenen Verbindlichkeit (§ 661 Abs. 2 Satz 2 BGB) keine dem Zuschlag entsprechende Wirkung zu mit der Folge, dass ein nach dieser Entscheidung eingehender Nachprüfungsantrag unzulässig wäre (entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.03.2004 - Verg 4/04).
2. Das Preisgericht muss allen in die engere Wahl genommenen Arbeiten, also auch den besten Nichtpreisträgern, einen Rang zuzuweisen.

VPRRS 2010, 0174

VK Berlin, Beschluss vom 12.10.2007 - VK B 2 - 29/07
1. Zur Rechtzeitigkeit und Substantiiertheit einer Rüge*)
2. Ein Bieter darf sich nicht beliebig lange mit der Erforschung etwaiger Verfahrensmängel beschäftigen, um dann, wenn er meint, fündig geworden zu sein, die Ergebnisse in ein Nachprüfungsverfahren einzubringen.*)
3. Ein Antrag ist offensichtlich unzulässig, wenn Tatsachen zum Vorliegen seiner maßgeblichen Voraussetzungen nicht oder nicht rechtzeitig vorgetragen werden.*)

VPRRS 2010, 0173

VK Berlin, Beschluss vom 18.03.2010 - VK-B2-3/10 E
1. Voraussetzung für eine Gestattung des Zuschlags des § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB ist, dass der Auftraggeber bereits ein Unternehmen ausgewählt hat, dem der Zuschlag erteilt werden soll, und die übrigen Bieter darüber gemäß § 101a GWB darüber informiert hat.*)
2. Der Eilbeschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.*)

VPRRS 2010, 0172

VK Berlin, Beschluss vom 27.04.2010 - VK-B2-3/10 E II
1. Ein Antrag auf Gestattung des Zuschlags gemäß § 115 Abs. 2 GWB erfordert auch in Ansehung der gesetzgeberischen Absicht, "die Situation zugunsten der Auftraggeber zu verbessern", ein Interesse der Vergabestelle und der Allgemeinheit von besonderem Gewicht.*)
2. Absprachen mit Dritten, in denen einzelne Bauprojekte terminlich aufeinander abgestimmt werden, um einen reibungslosen Bauablauf zu gewährleisten, können nicht den Anspruch auf Primärrechtsschutz unterlaufen.*)
3. Allgemeine Aussichten auf den Zuschlag können auch bestehen, wenn dem Antragssteller die Abgabe eines Angebotes unter den vorgegebenen Ausschreibungsbedingungen nicht zuzumuten war und er glaubhaft macht, dass er ohne die Hinderungsgründe ein wettbewerbsfähiges Angebot abgegeben hätte.*)

VPRRS 2010, 0171

VK Berlin, Beschluss vom 29.10.2009 - VK-B2-28/09
1. Der Auftraggeber darf auf eine förmliche Unterrichtung nach § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB nur dann verzichten, wenn ein Bewerber oder Bieter endgültig aus dem weiteren Vergabeverfahren ausgeschieden ist, das heißt wenn der Auftraggeber sicher sein kann, dass die Ablehnung rügelos hingenommen worden ist, oder die Wirksamkeit eines Ausschlusses rechtskräftig festgestellt wurde.*)
2. Zur Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses*)
3. Zur Gleichwertigkeit eines Mangels bei nicht zugelassenem Alternativangebot*)

VPRRS 2010, 0170

VK Bund, Beschluss vom 18.02.2010 - VK 3-6/10
1. Ein transparenter und chancengleicher Bieterwettbewerb i.S.d. § 97 Abs. 1, 2 GWB, § 4 Abs. 2 VOF ist nicht gewährleistet, wenn eine Bewerbung, die den Bewerber nicht klar erkennen lässt, gemäß § 16 VOF zur Verhandlung zugelassen wird.
2. Lässt die Bewerbung des Bieters nicht in der notwendigen Eindeutigkeit erkennen, ob er sich las natürliche Person oder für ein Ingenieurbüro beworben hat, ist das Angebot auszuschließen.

VPRRS 2010, 0169

Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 01.06.2010 - Rs. C-570/08
Art. 2 Abs. 8 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG steht einer Auslegung nicht entgegen, die dazu führt, dass einem öffentlichen Auftraggeber das Recht verwehrt wird, die Aufhebung seiner Entscheidung durch die für Nachprüfungsverfahren zuständige Verwaltungsbehörde gerichtlich überprüfen zu lassen.*)

VPRRS 2010, 0167

OLG München, Beschluss vom 20.05.2010 - Verg 4/10
Sektorenauftraggeber dürfen bei der Ausschreibung von Dienstleistungen als einziges Zuschlagskriterium den niedrigsten Preis festsetzen.*)

VPRRS 2010, 0166

OLG Celle, Beschluss vom 25.05.2010 - 13 Verg 7/10
Zur Ablehnung eines Sachverständigen im Vergabeverfahren.*)

VPRRS 2010, 0165

BVerfG, Beschluss vom 20.04.2010 - 1 BvR 1670/09
1. Es verstößt gegen die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und damit gegen das Grundgesetz, wenn das Landessozialgericht für vergaberechtliche Streitigkeiten einen Gebührentatbestand des Gerichtskostengesetzes über § 202 SGG herleitet.
2. Ob diese an sich kostenpflichtigen Verfahren mangels Anwendbarkeit eines Gebührentatbestands gerichtskostenfrei sind, bleibt offen.

VPRRS 2010, 0164

EuG, Urteil vom 20.05.2010 - Rs. T-258/06
Eine Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen, welche lediglich das aktuelle Gemeinschaftsrecht wiedergibt, kann nicht als Akt der Rechtssetzung angegriffen werden.

VPRRS 2010, 0163

OLG Dresden, Beschluss vom 16.03.2010 - WVerg 2/10
1. Eine Preisangabe fehlt dann nicht, wenn sie zwar nicht an der vorgegebenen Stelle, aber nur geringfügig verschoben erfolgt ist, ohne dass deshalb ein abweichender Sinngehalt auch nur möglich erschiene.*)
2. Eine zulässige Bietergemeinschaft liegt nicht nur dann vor, wenn ihre Mitglieder voneinander abgrenzbare Teilleistungen einer ausgeschriebenen Gesamtleistung erbringen, sondern auch dann, wenn die Unternehmen etwa aus Kapazitätsgründen ein gemeinsames Interesse an dem zu vergebenden Auftrag haben und ungeachtet ihrer unternehmensrechtlichen Trennung bei der Erfüllung des Vertrages als operative geschäftliche Einheit handeln.*)

VPRRS 2010, 0162

VK Köln, Beschluss vom 10.05.2010 - VK VOL 10/2010
In europaweiten Vergabeverfahren sind die Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie für die Berücksichtigung von Werkstätten für Behinderte und Blindenwerkstätten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der entsprechende Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit Nordrhein-Westfalen nicht anwendbar.

VPRRS 2010, 0160

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.2009 - Verg 32/09
1. Eine Verpflichtung zur Aufhebung beinhaltet § 26 VOL/A nicht, so dass ein Bieter demgemäß auch keinen vergaberechtlichen Anspruch auf Aufhebung der Ausschreibung haben kann.
2. Im Falle der Unvollständigkeit aller Teilnahmeanträge kann die Vergabestelle daher ein Nichtoffenes Verfahren auch fortsetzen.

VPRRS 2010, 0159

OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.04.2010 - Verg W 2/10
1. Es ist zweifelhaft, ob die für die Ermittlung des Schwellenwertes geltenden Vorschrif-ten zur Bemessung des Streitwertes im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammer entsprechend herangezogen werden können.*)
2. Läuft ein zu vergebender Dienstleistungsauftrag länger als 48 Monate, ist eine feste Vertragszeit vorgesehen und kann ein Gesamtpreis angegeben werden, ist die volle Vergütung für die gesamte Vertragslaufzeit für die Streitwertbemessung zugrunde zu legen.*)
3. Der für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Auftragswert ist nicht um durchlaufen-de Kosten zu kürzen.*)
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und für das Verfahren der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist einheitlich festzusetzen. Wegen des Wortlauts des § 50 Abs. 2 GKG kann für das Verfahren der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Streitwert nicht mit einem Bruchteil der Hauptsache bemessen werden.*)

VPRRS 2010, 0158

OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.03.2010 - Verg W 6/10
1. Die Rüge eines Vergaberechtsverstoßes muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung enthalten. Dem genügt eine Rüge nicht, wenn sie mehrere Beanstandungen enthält, die nur durch einander ausschließende Verhaltensweisen des Auftraggebers behoben werden können.*)
2. Schließt der Auftraggeber ein Angebot aus zwei voneinander unabhängigen Gründen von der Wertung aus und wird nur hinsichtlich eines der Ausschlussgründe eine ordnungsgemäße Rüge erhoben, hat die Ausschlussentscheidung des Auftraggebers unabhängig von der Berechtigung der Rüge Bestand.*)
3. Im Vergabeverfahren scheidet auf Seiten des Bieters eine nachträgliche Irrtumskorrektur aus, wenn dies zur Folge hätte, dass sich sein Angebot inhaltlich ändern würde.*)

VPRRS 2010, 0157

LG Mannheim, Urteil vom 20.06.2008 - 22 O 33/07 Kart
1. Sofern nicht über einen Anspruch gegen einen öffentlichen Auftraggeber zu befinden ist, sondern das Verhältnis zwischen Bietern betroffen ist, wird allgemein vertreten, dass ein Wettbewerbsverstoß im Vergabeverfahren zur Grundlage eines Verfahrens vor den Zivilgerichten gemacht werden kann.
2. Alleiniger Zweck der Gründung einer Organgesellschaft kann die Reduktion der Kosten einer Kommune um den Umsatzsteueranteil sein.
3. Konstruktionen, deren alleiniges Ziel es ist, eine Besteuerung oder Nichtbesteuerung zu erlangen, sind nicht erlaubt. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Zweck zuwiderlaufen würden und es muss zum anderen aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.
4. Notwendige Folge der Beteiligung Privater an einem mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichem Unternehmen, dass einer Auftragsvergabe an dieses Unternehmen durch den öffentlichen Mehrheitseigner ein Vergabeverfahren vorausgeht. Dabei sind nach dem derzeit geltenden Umsatzsteuerrecht auch die - nur - mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen - von der Erhebung der Umsatzsteuer befreit und haben so einen für die Kommune zu Kosteneinsparungen führenden Wettbewerbsvorteil.

VPRRS 2010, 0156

OLG Celle, Beschluss vom 12.05.2010 - 13 Verg 3/10
1. Bei der Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB handelt es sich um eine Rechtsbehelfsfrist, auf die in der Bekanntmachung hinzuweisen ist.*)
2. Im Rahmen der Darlegung eines drohenden Schadens gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist es notwendig, auch zur Kausalität des behaupteten Vergaberechtsverstoßes für diesen Schaden vorzutragen.*)
3. Zu den Dokumentationspflichten aus § 18 VOF.*)

VPRRS 2010, 0155

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09.10.2009 - VK 2-38/09
1. Der Verzicht auf die Vergabe ist rechtswidrig, wenn er gegen das Willkürverbot verstößt und für die Antragstellerin eine Diskriminierung darstellt.
2. Sofern es sich um eine Scheinaufhebung handelt, die dazu führen würde, einen Bewerber, der in dem ursprünglichen Verfahren keine Chance hatte, im Rahmen einer freihändigen Vergabe zu begünstigen, ist die Aufhebung nicht rechmäßig.
3. Der Auftraggeber hat die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer rechtmäßigen Aufhebung bzw. eines rechtmäßigen Verzichts auf die Vergabe.

VPRRS 2010, 0154

LG Saarbrücken, Beschluss vom 20.10.2009 - 4 O 450/09
1. Die Beifügung eigener AGB, die von den verbindlichen Festlegungen in den Verdingungsunterlagen abweichen, kann zum Angebotsausschluss führen.
2. Ob die Verdingungsunterlagen im Angebot geändert worden sind, ist durch Vergleich des Inhalts des Angebots mit den in den Verdingungsunterlagen geforderten Leistungen festzustellen.
3. Sind Angebotsverstöße so gering, dass weder der Wettbewerb noch die Eindeutigkeit des Angebotsinhaltes noch das vom Auftraggeber nach dem Leistungsprogramm gewollte ernsthaft in Gefahr geraten, besteht kein Anlass, diese Angebote auszuschließen und es kann eine Abstimmung auf den richtigen Angebotsinhalt durch die in § 24 VOB/A gegebene Möglichkeit erfolgen.

VPRRS 2010, 0444

VK Bund, Beschluss vom 16.11.2009 - VK 1-194/09
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2010, 0153

EuGH, Urteil vom 06.05.2010 - Rs. C-149/08
1. Ein gemischter Vertrag, dessen Hauptgegenstand der Erwerb von 49 % des Kapitals eines öffentlichen Unternehmens durch ein Unternehmen und dessen untrennbar mit diesem Hauptgegenstand verbundener Nebengegenstand die Erbringung von Dienstleistungen und die Durchführung von Bauarbeiten betrifft, fällt nicht in seiner Gesamtheit in den Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien.*)
2. Das Unionsrecht, insbesondere das Recht auf effektiven Rechtsschutz, steht einer nationalen Regelung entgegen, die dahin ausgelegt wird, dass die Mitglieder einer in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Bieterin aufgetretenen Gelegenheitsgesellschaft nicht die Möglichkeit haben, individuell Ersatz des Schadens zu verlangen, den sie aufgrund einer Entscheidung individuell erlitten zu haben behaupten, die von einer anderen Behörde als dem öffentlichen Auftraggeber, welche nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften an diesem Verfahren beteiligt gewesen ist, getroffen worden ist und den Ablauf des Verfahrens beeinflussen konnte.*)

VPRRS 2010, 0152

EuGH, Urteil vom 06.05.2010 - Rs. C-145/08
1. Ein gemischter Vertrag, dessen Hauptgegenstand der Erwerb von 49 % des Kapitals eines öffentlichen Unternehmens durch ein Unternehmen und dessen untrennbar mit diesem Hauptgegenstand verbundener Nebengegenstand die Erbringung von Dienstleistungen und die Durchführung von Bauarbeiten betrifft, fällt nicht in seiner Gesamtheit in den Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien.*)
2. Das Unionsrecht, insbesondere das Recht auf effektiven Rechtsschutz, steht einer nationalen Regelung entgegen, die dahin ausgelegt wird, dass die Mitglieder einer in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags als Bieterin aufgetretenen Gelegenheitsgesellschaft nicht die Möglichkeit haben, individuell Ersatz des Schadens zu verlangen, den sie aufgrund einer Entscheidung individuell erlitten zu haben behaupten, die von einer anderen Behörde als dem öffentlichen Auftraggeber, welche nach den geltenden nationalen Rechtsvorschriften an diesem Verfahren beteiligt gewesen ist, getroffen worden ist und den Ablauf des Verfahrens beeinflussen konnte.*)

VPRRS 2010, 0151

OLG Dresden, Beschluss vom 08.10.2009 - WVerg 5/09
Das für eine Dienstleistungskonzession charakteristische Betriebsrisiko trägt der Unternehmer auch dann, wenn die Risikolage bei einem Dienstleistungsauftrag nicht anders wäre, solange nur die Gegenleistung nicht maßgeblich vom öffentlichen Auftraggeber erbracht wird, sondern in dem Recht der Nutzung der Dienstleistung, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.*)

VPRRS 2010, 0150

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.10.2009 - L 21 KR 39/09
1. Bezüglich der Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften ist der Rechtsweg in das Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren nicht eröffnet.
2. Die Rahmenvereinbarung nach § 3a Nr. 4 Abs. 1 VOL/A ist vergaberechtlich die adäquate Form der Ausschreibung von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V.
3. Eine Verpflichtung zur Loslimitierung besteht nicht von vornherein.

VPRRS 2010, 0149

VK Nordbayern, Urteil vom 17.11.2009 - 21.VK-3194-50/09
1. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen ( VOB/A).*)
2. Der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation setzt voraus, dass entweder von vorneherein oder aufgrund einer von der VSt wegen bestehender Zweifel durchgeführten Aufklärung nach § 24 Nr. 1 VOB/A feststeht, dass das Angebot auf einer Mischkalkulation beruht. Bloße Zweifel genügen dagegen in keinem Fall für einen Ausschluss, sondern berechtigen die VSt nur zur Aufklärung. Erst von deren Ergebnis hängt es ab, ob ein Ausschluss des Angebots gerechtfertigt ist oder nicht. Können
Zweifel der VSt weder bestätigt noch ausgeräumt werden, muss die VSt ihre Zweifel zurückstellen, denn sie hat grundsätzlich das Vorliegen eines Ausschlussgrundes zu beweisen.*)
3. Die materielle Beweislast dafür, dass der von der BGl angebotene Preis im Sinne von § 25 Nr. 3 Abs. 1 und 2 VOB/A in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht, trägt die Antragstellerin, nicht die Antragsgegnerin.*)
4. Grundsätzlich kann und darf ein öffentlicher Auftraggeber sich bei der Vorbereitung der Vergabe zwar eines Sachverständigen bedienen, § 7 Nr. 1 a und b VOB/A. Der Sachverständige darf zur Unterstützung des öffentlichen Auftraggebers eingesetzt werden; er kann also den dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt kaufmännisch, technisch oder juristisch aufbereiten. Die Kernkompetenz der Entscheidung muss jedoch beim Auftraggeber verbleiben. Insbesondere ist es allein Sache des Auftraggebers, Wertungen und Ermessensentscheidungen zu treffen.*)

VPRRS 2010, 0148

VK Nordbayern, Beschluss vom 25.11.2009 - 21.VK - 3194 - 52/09
1. Gem. § 107 Abs. 2 GWB ist nur ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und einen Schaden durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend machen kann. Dies setzt regelmäßig ein eigenes wertbares Angebot voraus. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann denkbar, wenn alle Bieter zwingend ausgeschlossen werden müssten und deshalb das Vergabeverfahren aufgehoben werden muss. In einem solchen Fall liegt der mögliche Schaden des Bieters darin, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, sich im Falle der Neuausschreibung wiederum am Wettbewerb beteiligen zu können. Auch wenn ein Bieter mit seinem Angebot selbst auszuschließen ist, kann er einen Nachprüfungsantrag auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stützen, wenn auch hinsichtlich des weiteren allein noch in der Wertung verbliebenen Angebots ein zwingender Ausschlussgrund besteht.*)
2. Es obliegt nicht dem Spielraum der VSt von klaren Festlegungen der Bekanntmachung bzw. der Verdingungsunterlagen im Nachhinein bei der Wertung abzuweichen. Vielmehr ist die VSt an ihre Festlegungen hinsichtlich der verlangten Eignungsnachweise gebunden.*)

VPRRS 2010, 0442

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.12.2009 - VK 1-56/09
Die Forderung nach einem Bauablaufplan ist ein geeignetes Mittel, um prüfen und feststellen zu können, ob der Bieter in der Lage ist, ein komplexes Bauvorhaben zu den vorgegebenen Ausführungszeiten vertragsgerecht auszuführen.

VPRRS 2010, 0147

VK Lüneburg, Beschluss vom 21.08.2009 - VgK-42/2009
1. Die Entscheidung der Kammer dient vorrangig, aber nicht allein dem Interesse des Bieters an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens, sondern auch dem öffentlichen Interesse an einer zwar zügigen, aber eben auch "rechtmäßigen" Auftragsvergabe.
2. Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt dann vor, wenn das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird. Dies kommt auch bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern durch die Vergabestelle durch Nachholung oder Neuvornahme und damit Heilung vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens in Betracht, durch die dem Antragsteller seine Beschwer genommen wird.
3. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus.

VPRRS 2010, 0146

VK Lüneburg, Beschluss vom 21.08.2009 - VgK-43/2009
1. Der Auftraggeber ist verpflichtet, vor Einleitung des Vergabeverfahrens gemäß § 3 Abs. 1 VgV den Nettowert der in Aussicht genommenen Auftragsvergabe zu schätzen. Maßgeblicher Zeitpunkt dieser Schätzung ist dabei grundsätzlich der Tag der Absendung der Vergabebekanntmachung (§ 3 Abs. 10 VgV). Zu ermitteln ist derjenige Wert, den ein umsichtiger und sachkundiger Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und auf dem Boden einer betriebswirtschaftlichen Finanzplanung veranschlagen würde.
2. Die Entscheidung der Kammer dient vorrangig, aber nicht allein dem Interesse des Bieters an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens, sondern auch dem öffentlichen Interesse an einer zwar zügigen, aber eben auch "rechtmäßigen" Auftragsvergabe.
3. Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt dann vor, wenn das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird. Dies kommt auch bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern durch die Vergabestelle durch Nachholung oder Neuvornahme und damit Heilung vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens in Betracht, durch die dem Antragsteller seine Beschwer genommen wird.
4. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus.

VPRRS 2010, 0145

VK Lüneburg, Beschluss vom 22.10.2009 - VgK-49/2009
1. Parallel- oder Alternativausschreibungen sind nicht per se vergaberechtswidrig. Derartige Ausschreibungen sind zulässig, sofern die berechtigten Interessen der Bieter im Hinblick auf einen zumutbaren Arbeitsaufwand gewahrt werden und zugleich sichergestellt ist, dass die wirtschaftlichste Verfahrensweise auch tatsächlich zum Zuge kommt und das Verfahren für die Beteiligten hinreichend transparent ist.
2. Eine Parallelausschreibung, die lediglich der Markterkundung und Wirtschaftlichkeitsberechnung verschiedener Verfahren dient, verstößt gegen § 16 Nr. 2 VOL/A, da sie einem vergabefremdem Zweck dient und damit nicht den Anforderungen des § 97 GWB entspricht.

VPRRS 2010, 0144

OLG München, Beschluss vom 30.04.2010 - Verg 5/10
Sofern durch Beschluss der Vergabekammer die Vergabestelle angewiesen wird, den Bietern nach Überarbeitung der Unterkriterien die Verdingungsunterlagen erneut zu übersenden und die Bieter erneut zur Abgabe eines Angebotes aufzufordern, besitzt ein Dritter, der kein Angebot abgegeben hatte, keinen Anspruch auf Übersendung der überarbeiteten Verdingungsunterlagen und Beteiligungen an dem fortgesetzten Vergabeverfahren.*)

VPRRS 2010, 0143

OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010 - 13 Verg 4/10
Zu den Voraussetzungen einer Fachlosaufteilung nach § 97 Abs. 3 GWB im Rahmen eines ÖPP-Projektes.

VPRRS 2010, 0142

EuGH, Urteil vom 29.04.2010 - Rs. C-160/08
Bei der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen nach dem Submissionsmodell muss eine Bekanntmachungen über die Ergebnisse des Verfahrens zur Auftragsvergabe veröffentlicht werden.

VPRRS 2010, 0141

OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2010 - 10 U 76/09
1. Bei Auslegung eines Angebots im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ist der Inhalt des Begleitschreibens einzubeziehen. Durch den Inhalt des Begleitschreiben kann daher das Angebot und damit der spätere Vertragsinhalt von den Ausschreibungsunterlagen, insbesondere dem Leistungsverzeichnis, abweichen.*)
2. Im Ausschreibungsverfahren entsteht zwischen dem Ausschreibenden und den einzelnen Bietern ein vorvertragliches Schuldverhältnis, in dem für die Bieter die in der VOB/A festgehaltenen allgemeinen Verhaltenspflichten gelten, auch wenn die VOB/A dem an die VOB/A angelehnten Ausschreibungsverfahren nicht ausdrücklich zu Grunde gelegt wurde.*)
3. Zu den allgemeinen Verhaltenspflichten eines Bieters gehört die Verpflichtung, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote so deutlich zu kennzeichnen, dass ein Übersehen durch die ausschreibende Stelle möglichst ausgeschlossen wird.*)
4. Ändert ein Bieter im Begleitschreiben zu seinem Angebot die im Leistungsverzeichnis des Ausschreibenden verlangte Beschaffenheit des Werks ohne ausreichenden Hinweis ab und wird diese Änderung Vertragsinhalt, kann dieses Verhalten des Bieters einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss begründen.*)
5. Ein solcher Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wird nicht durch das Gewährleistungsrecht verdrängt, weil der Bieter, der eine Änderung der Ausschreibungsunterlagen in Bezug auf die geschuldete Beschaffenheit des Werks nicht hinreichend deutlich macht, besondere Auskunfts- und Hinweispflichten im Ausschreibungsverfahren verletzt. Dadurch wird ein eigenständiger, neben dem Gewährleistungsrecht stehender Schadensersatzanspruch ausgelöst.*)
6. Der Schadensersatzanspruch wird grundsätzlich nicht wegen eines Mitverschuldens reduziert, weil die ausschreibende Stelle die nicht ausreichend kenntlich gemachte Abänderung der Ausschreibungsunterlagen im Angebot übersehen und das Angebot nicht ausgeschlossen hat.*)

VPRRS 2010, 0140

VK Hamburg, Beschluss vom 07.04.2010 - VK BSU 3/10
1. Die Vergabekammer sieht sich durch die jüngsten Urteile des EuGH vom 28.01.2010 (IBR 2010, 159; IBR 2010, 127) gehindert, jedenfalls die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB anzuwenden.
2. Raum für eine europarechtskonforme Auslegung des allein maßgeblichen Begriffs der Unverzüglichkeit im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB sieht die Vergabekammer nicht.

VPRRS 2010, 0139

VK Hamburg, Beschluss vom 07.04.2010 - VK BSU 2/10
1. Die Vergabekammer sieht sich durch die jüngsten Urteile des EuGH vom 28.01.2010 (IBR 2010, 159; IBR 2010, 127) gehindert, jedenfalls die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB anzuwenden.
2. Raum für eine europarechtskonforme Auslegung des allein maßgeblichen Begriffs der Unverzüglichkeit im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB sieht die Vergabekammer nicht.

IBRRS 2010, 1553

OLG Hamm, Urteil vom 02.03.2010 - 21 U 139/09
1. Eine formularmäßige Sicherungsabrede des Auftraggebers, wonach eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen ist, die erst "nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung" gegen eine geringere Gewährleistungsbürgschaft abgelöst werden kann (z. B. 33.6 und 109.2 ZVB/E-StB 95), benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist daher gemäß § 9 AGB-Gesetz unwirksam.
2. Sie kann nicht in eine wirksame Sicherungsabrede umgedeutet werden, so dass sie ersatzlos entfällt, was wiederum dazu führt, dass die Bürgschaften, die aufgrund der Sicherungsklausel gestellt wurden, nicht in Anspruch genommen werden können.

VPRRS 2010, 0138

OLG Naumburg, Beschluss vom 25.02.2010 - 1 Verg 14/09
1. Der Gegenstandswert eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 50 Abs. 2 GKG ist regelmäßig nach der Bruttoangebotssumme des Angebotes des jeweiligen Antragstellers zu bemessen.
Wenn aber eine solche Bruttoangebotssumme nicht festgestellt werden kann, weil der Bieter, der den Nachprüfungsantrag stellt, nie ein Angebot abgegeben hat, ist auf den objektiven Wert des ausgeschriebenen Auftrags abzustellen. Dies ist insbesondere bei einer behaupteten "de-facto-Vergabe" der Fall.*)
2. Bei Beschwerden gegen die von den Vergabekammern festgesetzten Gebühren hat der Senat bisher die Vorschriften der ZPO, insbesondere § 97 ZPO, analog angewandt.
Der Senat hält hieran jedenfalls in solchen Fällen, in denen sich die Beschwerde ausschließlich auf die Bemessung des Streitwertes erstreckt und weder die Kostengrundentscheidung angegriffen noch eine konkrete Gebührenfestsetzung begehrt wird, nicht länger fest. Für eine solche Streitwertbeschwerde gilt § 68 Abs. 3 GKG analog.*)

VPRRS 2010, 0137

VK Sachsen, Urteil vom 28.12.2009 - 1/SVK/060-09
1. Eine im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A fehlende Preisangabe liegt vor, wenn sich aus den von den Bietern in den Los- und Preisblättern vorgenommenen Eintragungen keine zweifelsfreien Preisangaben entnehmen lassen, mithin nicht eindeutig erkennbar ist, zu welchem Preis die ausgeschriebene Leistung tatsächlich angeboten wird.*)
2. Korrekturen von unbeachtlichen und eindeutigen Übertragungsfehlern führen nicht notwendigerweise zum Ausschluss des Angebots.*)
3. Fordern die Verdingungsunterlagen: "Im Angebot muss zweifelsfrei gekennzeichnet sein, welche Leistungsanteile von welchem Mitglied der Bietergemeinschaft erbracht werden.", so kann von einer fehlenden Angabe keine Rede sein, wenn die Antragstellerin erklärt, die Mitglieder der Bietergemeinschaft wollten alle Leistungsteile gemeinschaftlich erbringen.*)

VPRRS 2010, 0136

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.12.2009 - Verg 30/09
Ein Hauptangebot ist nicht wegen unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen auszuschließen, wenn ein Bieter die zwingend anzubietende Leistungsbestandteile sowie alternative Leistungspositionen erkennbar gesondert ausweist und die Inhalte insoweit eindeutig sind.
