Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2012, 0147
EuG, Urteil vom 10.12.2009 - T-195/08
1. Bei Zwischenmaßnahmen, die der Vorbereitung der im Rahmen eines mehrstufigen internen Verfahrens zustande kommenden Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags unter Bewertung der abgegebenen Angebote dienen, können die Bewertungsberichte nicht selbst mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden. Eine Nichtigkeitsklage kann nur gegen die Maßnahme gerichtet werden, die den Standpunkt der Kommission am Ende dieses internen Verfahrens endgültig festlegt.*)
2. Eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person ist nur zulässig, wenn diese Person ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis auch einen Vorteil verschaffen kann.*)
3. Die Kommission verfügt über einen weiten Spielraum bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die beim Erlass einer Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Wege der Ausschreibung zu berücksichtigen sind. Sie verfügt auch über einen weiten Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung sowohl über den Inhalt als auch die Anwendung der Vorschriften, die für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Wege einer Ausschreibung gelten. Außerdem hat ein öffentlicher Auftraggeber zwar die Ausschreibungsbedingungen genau und klar abzufassen, doch ist er nicht verpflichtet, alle Fallgestaltungen, die sich, so selten sie auch sein mögen, in der Praxis ergeben können, in Betracht zu ziehen. Eine im Lastenheft vorgesehene Bedingung ist nach Maßgabe ihres Zwecks, ihrer Systematik und ihres Wortlauts auszulegen. Im Zweifelsfall kann der betroffene öffentliche Auftraggeber die Anwendbarkeit einer solchen Bedingung im Wege einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte beurteilen. In Anbetracht des weiten Beurteilungsspielraums der Kommission muss sich die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränken, ob die Verfahrens- und Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, der Sachverhalt zutrifft und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt. Im Rahmen einer solchen Kontrolle ist es Sache des Gemeinschaftsrichters, u. a. festzustellen, ob die Auslegung einer im Lastenheft vorgesehenen Bedingung durch die Kommission als öffentlicher Auftraggeber zutreffend ist.*)
4. Art. 148 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2342/2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung verleiht den Organen die Befugnis, aus eigener Initiative Kontakt mit dem Bewerber aufzunehmen, falls ein Angebot Klarstellungen erfordert oder sachliche Irrtümer im Wortlaut des Angebots zu berichtigen sind. Daraus folgt, dass diese Bestimmung nicht so ausgelegt werden kann, dass sie den Organen in den dort abschließend aufgezählten Ausnahmefällen eine Pflicht zur Kontaktaufnahme mit den Bewerbern auferlegt.
Anders könnte es nur sein, wenn sich diese Befugnis aufgrund der allgemeinen Rechtsgrundsätze zu einer Verpflichtung der Kommission verdichten konnte, Kontakt mit einem Bewerber aufzunehmen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Wortlaut eines Angebots mehrdeutig abgefasst ist und die der Kommission bekannten Fallumstände darauf hinweisen, dass die Mehrdeutigkeit sich wahrscheinlich einfach auflösen lässt und leicht beseitigt werden kann. Dann läuft es im Prinzip dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zuwider, wenn die Kommission das Angebot ablehnt, ohne von ihrer Befugnis Gebrauch zu machen, eine Klarstellung zu verlangen. Ihr unter solchen Umständen ein ungebundenes Ermessen zuzuerkennen, verstieße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Außerdem dürfen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen.
Im Interesse der Rechtssicherheit ist jedoch auch erforderlich, dass sich die Kommission des genauen Inhalts eines im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens abgegebenen Angebots und insbesondere der Übereinstimmung des Angebots mit den im Lastenheft vorgesehenen Bedingungen vergewissern kann. Wenn also ein Angebot mehrdeutig ist und die Kommission nicht die Möglichkeit hat, schnell und effizient festzustellen, was es tatsächlich bedeutet, hat sie keine andere Wahl, als es abzulehnen.
Letzten Endes kommt es dem Gemeinschaftsrichter zu, festzustellen, ob die Antworten eines Bewerbers auf ein Klarstellungsverlangen des öffentlichen Auftraggebers als Klarstellungen zum Inhalt des Angebots dieses Bewerbers angesehen werden können oder ob sie diesen Rahmen überschreiten und den Inhalt des Angebots im Hinblick auf die im Lastenheft vorgesehenen Bedingungen ändern.*)
5. Der sowohl in Art. 89 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften als auch in Art. 2 der Richtlinie 2004/18 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in Bezug genommene Transparenzgrundsatz ist in Einklang mit dem Schutz des öffentlichen Interesses, der legitimen Geschäftsinteressen öffentlicher oder privater Unternehmen und des lauteren Wettbewerbs zu bringen, der die in Art. 100 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung vorgesehene Möglichkeit rechtfertigt, von der Mitteilung bestimmter Informationen an einen abgelehnten Bewerber abzusehen, wenn dies erforderlich ist, um die Beachtung dieser Erfordernisse sicherzustellen.*)
6. Die Begründetheit einer Schadensersatzklage nach Art. 288 Abs. 2 EG hängt von der Erfüllung mehrerer Voraussetzungen ab, nämlich von der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens und dem Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem behaupteten Verhalten und dem geltend gemachten Schaden. Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, so ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen geprüft zu werden brauchten.*)

VPRRS 2012, 0146

OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2012 - 1 Verg 1/12
1. Eine vom Bieter auf Verlangen des Auftraggebers im Angebot eingetragene Produkt- oder Typenbezeichnung ist wörtlich zu nehmen, wenn sie eindeutig ist und sich im übrigen Angebotsinhalt keine Anknüpfungspunkte dafür finden, dass etwas anderes angeboten werden sollte.*)
2. Es gibt keinen - bei der Auslegung eines Angebots zu berücksichtigenden - Erfahrungssatz, dass Unternehmen immer genau das anbieten wollen, was der Auftraggeber über die Leistungsbeschreibung "bestellt" hat und Abweichungen im Angebot auf einem - vom Auftraggeber als solches erkennbarem - Versehen beruhen.*)
3. Eine Produkt- oder Typenbezeichnung ist keine isoliert wegen Irrtums anfechtbare Willenserklärung, sondern Bestandteil der Willenserklärung Angebot.*)
4. Nach Ablauf der Angebotsfrist ist eine Teilanfechtung des Angebots mit dem Ziel der Änderung einer Produkt- oder Typenbezeichnung nicht möglich.*)

VPRRS 2012, 0145

BGH, Urteil vom 08.03.2012 - VII ZR 202/09
1. Ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B kann dem der Verlängerung der Bindefrist zustimmenden Auftragnehmer wegen einer verzögerten Vergabe grundsätzlich nur erwachsen, wenn diese eine Änderung der Leistungspflichten zur Folge hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47).*)
2. Maßgeblich für die in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu ermittelnde Höhe des Mehrvergütungsanspruchs, der auf einer durch eine verzögerte Vergabe verursachten Bauzeitverschiebung beruht, sind grundsätzlich nur diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, IBR 2009, 628 = BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771 = ZfBR 2010, 89).*)
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann einem Auftragnehmer ein Mehrvergütungsanspruch in Höhe des Betrages zustehen, der sich aus der Differenz zwischen den tatsächlich durch die Beauftragung eines Nachunternehmers entstandenen Kosten und denjenigen Kosten ergibt, die für ihn bei Einhaltung der ursprünglichen Bauzeit durch die Annahme des bindenden Angebots eines günstigeren Nachunternehmers entstanden wären.*)

VPRRS 2012, 0144

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 - Verg 67/11
1. Der Abschluss von Pharma-Rabattverträgen ist außerhalb des Vergaberechts nicht grundsätzlich unzulässig.
2. Zu den bestimmten Voraussetzungen, nach denen dies zulässig ist.

VPRRS 2012, 0143

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 - Verg 59/11
1. Der Abschluss von Pharma-Rabattverträgen ist außerhalb des Vergaberechts nicht grundsätzlich unzulässig.
2. Zu den bestimmten Voraussetzungen, nach denen dies zulässig ist.

VPRRS 2012, 0142

OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.03.2012 - Verg W 16/11
1. Eine Interimsvergabe stellt sich dann nicht als ein nach den §§ 115, 118 GWB verbotener Zuschlag dar, wenn die ausgeschriebene Leistung nur teilweise vergeben wird und die Interimsvergabe deshalb einen anderen Gegenstand hat als das durch den Nachprüfungsantrag angehaltene Vergabeverfahren.*)
2. Eine Interimsbeauftragung kann nur dann einer Nachprüfung unterzogen werden, wenn ihr Auftragswert den Schwellenwert übersteigt. Beschaffen eine Holdinggesellschaft und ihr angeschlossene Unternehmen Versicherungsleistungen gemeinsam, spricht alles dafür, die Auftragswerte zusammenzurechnen, auch wenn die Einzelunternehmen jeweils Einzelverträge abschließen.*)
3. Für einen Nachprüfungsantrag dürfte insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, als er die Feststellung der Unwirksamkeit von Verträgen zum Ziel hat, die nicht vom Gegner des Nachprüfungsantrages abgeschlossen worden sind, sondern von ihm angeschlossenen Unternehmen.*)
4. Ob eine Erweiterung des Nachprüfungsantrages auf weitere Auftraggeber im Beschwerdeverfahren nach abgeschlossenem Verfahren vor der Vergabekammer prozessual zulässig ist, ist zweifelhaft.*)
5. Wer sich darauf beruft, die von mehreren Unternehmen abgeschlossenen Verträge seien bei der Ermittlung des Auftragswertes zusammenzurechnen, kann nicht geltend machen, seine Unterrichtung durch nur eines der vertragsschließenden Unternehmen sei für die Ingangsetzung der kenntnisabhängigen Frist des § 101b GWB nicht ausreichend.*)

VPRRS 2012, 0141

OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.03.2012 - Verg W 15/11
1. Hat sich der Auftraggeber nicht vertraglich an einen Dienstleister gebunden, der für ihn Postdienstleistungen durchführen soll, entscheidet er vielmehr werktäglich neu über deren Vergabe, richtet sich die Schätzung des Auftragswertes gemäß § 3 Abs. 3 VgV auf der Grundlage des Gesamtwertes aufeinanderfolgender Aufträge aus dem vergangenen Haushaltsjahr bzw. des geschätzten Gesamtwertes aufeinanderfolgender Aufträge in den der ersten Lieferung folgenden zwölf Monaten oder in dem der ersten Lieferung folgenden Haushaltsjahr.*)
2. Hat der Auftraggeber vor der Neuschaffung des § 101b GWB die grundsätzliche Entscheidung getroffen, Postdienstleistungen bis auf weiteres einem Unternehmen zu übertragen, kann die Feststellung der Nichtigkeit eines darin etwa liegenden Vertrages nur festgestellt werden, wenn sich mehrere Bieter um den Auftrag beworben haben. Ist dies nicht der Fall, kann dem Auftraggeber nicht im Wege des Nachprüfungsverfahren aufgegeben werden, den bestehenden wirksamen Vertrag zu beenden, selbst wenn dieser möglicherweise zum maßgeblichen Zeitpunkt unter Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften zustande gekommen wäre.*)

VPRRS 2012, 0140

VK Sachsen, Beschluss vom 04.10.2011 - 1/SVK/037-11
1. Werden verlangte Muster nicht oder unvollständig vorgelegt, kann das ausschlussrelevant sein, denn Muster und Proben sind unter den Begriff der Erklärungen zu fassen, da diese dazu dienen, Inhalt, Substanz oder Leistungsumfang des zu liefernden Produktes beispielhaft zu beschreiben.*)
2. Widersprechen sich Muster und schriftliches Angebot, ergibt sich für den Auftraggeber das Risiko dass der Bieter im Falle einer Beauftragung unter Berufung auf sein Muster Leistungen erbringt, die von dem Leistungsverzeichnis des Auftraggebers abweichen.*)
3. Auch eine Bemusterung unterliegt der Dokumentationspflicht. Eine unzureichende Dokumentation kann im Vergabenachprüfungsverfahren nicht durch Zeugenbeweis ersetzt werden.*)

VPRRS 2012, 0139

VK Sachsen, Urteil vom 08.11.2011 - 1/SVK/041-11
Gemäß § 19 EG Abs. 3 d VOL/A 2009 sind Angebote, die Änderungen an den Vergabeunterlagen aufweisen, zwingend von der Wertung auszuschließen. Dies gilt unabhängig davon, ob im Ergebnis mit dem angebotenen Produkt ein gleichwertiges Leistungsergebnis erzielt werden kann, wie mit dem laut Leistungsverzeichnis verlangten Fabrikat.*)

VPRRS 2012, 0138

VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 - 1/SVK/001-12
1. Die "Verlängerung" beschleunigter Vergabeverfahren aus Dringlichkeitsgründen wegen der aktuellen Wirtschaftslage bis Ende 2011 im Sinne der Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 19.12.2008 (IP/08/2040) ergibt sich aus der "NOTE TO THE MEMBERS OF THE ADVISORY COMMITTEE ON PUBLIC CONTRACTS" der Kommission vom 09.12.2010. Dieses Dokument hat nicht den Charakter einer "Ermächtigungsgrundlage" und hat damit weder einen normsetzenden bzw. normersetzenden Charakter.*)
2. Die Verkürzung der Bekanntmachungsfrist nach § 7 Abs. 2 VOF ist nur in eng zu fassenden Ausnahmefällen zulässig, weil dadurch der europaweite Wettbewerb faktisch zugunsten der beschleunigten Durchführung des Verfahrens begrenzt wird. Die Dringlichkeit setzt die nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende Eilbedürftigkeit der beabsichtigten Beschaffung voraus.*)
3. Die Berücksichtigung des bloßen Nachunternehmereinsatzes als Kriterium im Teilnahmewettbewerb ist vergaberechtswidrig. Die Aussage, dass ein Teilnehmer Nachunternehmer einsetzt, lässt nicht ohne weitere Kenntnis der tatsächlichen Eignung den Rückschluss zu, dass der Bieter weniger geeignet ist als ein Bieter, der die Leistung als Eigenleistung erbringt. Für einen entsprechenden allgemeinen Erfahrungssatz fehlen sachgerechte Erwägungen. Ein "Kern" an eigener Leistungsfähigkeit darf nicht gefordert werden.*)
4. Auch unter Berücksichtigung der Interessen des Mittelstandes ist im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs eine Eingrenzung des Teilnehmerkreises zulässig. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber die Anforderungen so gestaltet, dass eine Abschichtung erfolgt, die eine Eingrenzung auf die zur Teilnahme am Angebotsverfahren vorgesehene Teilnehmerzahl ermöglicht und ein Losverfahren überflüssig macht.*)

VPRRS 2012, 0137

OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2012 - Verg W 13/11
1. Ob das Begehren eines Bieters, den Auftrag statt im offenen Verfahren nach VOL/A im Verhandlungsverfahren nach VOF erneut auszuschreiben, einen ihm drohenden Schaden verhindern kann, ist zweifelhaft, weil durch eine solche Maßnahme eine Verbesserung seiner Zuschlagschancen ausgeschlossen erscheint.*)
2. Die Erfassung und Kartierung von Biotopen und FFH-Lebensraumtypen stellen freiberufliche Dienstleistungen dar, die eine Aufgabe zum Gegenstand haben, deren Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist. Dass der Auftragnehmer dabei im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit geistig-schöpferisch tätig wird, steht dem nicht entgegen.*)
3. Ist offen, welchen Arbeitsanfall eine dem Inhalt nach hinreichend bestimmte Leistung verursachen wird, und fordert der Auftraggeber die Angabe eines Gesamtpreises, genügt die Leistungsbeschreibung nicht den Anforderungen an eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung. Denn bei nicht hinreichend verlässlich abzuschätzendem Leistungsumfang ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation eines Gesamtpreises unmöglich, so dass keine miteinander vergleichbaren Angebote in preislicher Hinsicht zu erwarten sind.*)
4. Ist die vorherige Festlegung eines Gesamtpreises objektiv unmöglich, kommt nur ein Verhandlungsverfahren nach der VOL/A in Betracht.*)

VPRRS 2012, 0136

VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2011 - 1/SVK/042-11
1. Trägt ein Antragsteller in einem VOL/A Verfahren vor, dass er aus seiner Marktkenntnis heraus Zweifel an der Eignung des Beigeladenen habe, benennt er damit einen ausreichend konkreten Anhaltspunkt für den behaupteten Vergaberechtsverstoß. Da ein Bieter regelmäßig keinen Einblick in das Angebot eines Mitbewerbers hat, kann ein tiefgreifender Vortrag nicht verlangt werden. Dasselbe gilt, soweit ein Antragsteller geltend macht, der Beigeladene habe unauskömmlich kalkuliert, da es angesichts der eigenen Kalkulation unmöglich erscheine, dass ein anderer Bieter günstiger angeboten haben könne.*)
2. § 19 Abs. 6 EG VOL/A hat zumindest in dem Fall bieterschützende Wirkung, wenn durch den Auftraggeber überhaupt keine Auskömmlichkeitsprüfung vorgenommen worden ist. *)
3. Erklärt ein Bieter mit Angebotsabgabe, dass er für einen Teil der ausgeschriebenen Leistung die geforderten Referenzen nicht vorlegen könne, so ist es dem Auftraggeber verwehrt, die entsprechenden Referenzen nachzufordern. Das Angebot des jeweiligen Bieters ist dann zwingend wegen fehlender Eignung auszuschließen.*)
4. Eine Verlängerung einer nach § 19 Abs. 2 Satz 1 EG VOL/A gesetzten Frist zur Nachforderung von bereits mit Abgabe des Angebotes vorzulegenden Erklärungen und Nachweisen ist nicht möglich.*)

VPRRS 2012, 0135

VK Sachsen, Beschluss vom 10.02.2012 - 1/SVK/050-11
1. Bereits aus der Veröffentlichung einer Vorinformation kann eine Rechtsverletzung resultieren. Auch wenn die Absendung der Vorinformation noch keinen Beginn des Vergabeverfahrens darstellt, so kann sich in der Vorinformation der Wille der Vergabestelle manifestieren, ein bestimmtes, nunmehr bekanntgegebenes Vergabeprozedere durchführen zu wollen. Zudem ist der Bieter gehalten, jedweden Verfahrensverstoß unverzüglich nach Kenntnisnahme "frühestmöglich" zu monieren.*)
2. Der Begriff des Fachloses knüpft nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung an die bei der Auftragsausführung anfallenden Gewerke an, sofern diese sachlich abgrenzbar sind. Eine solche Abgrenzbarkeit lässt sich für Lärmschutzwandarbeiten im Zusammenhang mit Straßenbauarbeiten unproblematisch annehmen.*)
3. Das Gebot der Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose als Regelfall ließe bei einer abstrakten Betrachtungsweise zunächst den Schluss zu, dass jede größere Baumaßnahme in einzelne Arbeitsschritte und Bauetappen oder auch Liefer- und Transportleistungen zu zerlegen ist, die in kleinteiligen Fachlosen zu vergeben wären. Deshalb sind die Argumente des Auftraggebers, die diesen zum Absehen von einer Fachlosvergabe bewogen haben zu bewerten, wobei der mit einer Fachlos- oder gewerkeweisen Vergabe allgemein verbundene Mehraufwand bei der Abwägung grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Die Entscheidung des Auftraggebers hierüber ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Ermessensfehlbetätigung, namentlich auf Willkür, beruht.*)
4. Erst im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens vorgetragene Überlegungen der Vergabestelle müssen nicht notwendigerweise unter dem Gesichtspunkt fehlender Dokumentation unberücksichtigt bleiben, denn es erscheint geradezu lebensfremd, zu verlangen, dass ein öffentlicher Auftraggeber alle denkbaren Varianten eines alternativen Bauablaufs höchst vorsorglich durchdeklinieren und zur Vergabeakte nehmen muss um so der ihm obliegenden Dokumentationspflicht zu genügen.*)

VPRRS 2012, 0134

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012 - Verg 78/11
1. Die Alttextilentsorgung stellt eine Dienstleistungskonzession dar, wenn die Vergabestelle nicht an den Verwertungserlösen beteiligt wird.
2. Alttextilien werden dem Auftragnehmer durch Bürger überlassen, so dass der Auftragnehmer keinen geldwerten Vorteil von der Vergabestelle erlangt.
3. Rechtlicher Rahmen der Vereinbarung zwischen Auftragnehmer und Vergabestelle ist eine gewerbliche Sammlung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG.

VPRRS 2012, 0454

VK Arnsberg, Beschluss vom 24.02.2012 - VK 2/12
Der zulässig geforderte Nachweis einer dreijährigen Markttätigkeit durch die Angabe der Umsatzzahlen der letzten drei Jahre und anderer Angaben nach § 6 Abs. 3 VOB/A kann auch für ein (nach Insolvenz) neu gegründetes Unternehmen seitens des Bieters nicht durch Verweis auf Referenzen ersetzt werden. Eine Nachforderung nach § 16 Abs. 3 VOB/A entfällt wegen offensichtlicher Unmöglichkeit der Erbringung des Nachweises. Der Auftraggeber ist auch nicht nach § 6 Abs. 7 Nr. 2 VOB/A verpflichtet oder berechtigt, von den wirksam geforderten Nachweisen Abstand zu nehmen.*)

VPRRS 2012, 0133

OLG München, Beschluss vom 05.04.2012 - Verg 3/12
1. Ein Baukonzessionär, der für das ihm übertragene Bauvorhaben an Dritte isolierte Planungsaufträge vergibt, ist öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 6 GWB.*)
2. Bei der Vergabe solcher Planungsleistungen hat der Baukonzessionär die allgemeinen und grundlegenden Regeln des Vergaberechts zu beachten.*)

VPRRS 2012, 0132

OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.12.2011 - Verg W 2/11
1. Wird die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer zurückgenommen, können nicht nur die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten, sondern auch die im Verfahren vor der Vergabekammer angefallenen Kosten nach dem für das Beschwerdeverfahren geltenden Streitwert vom Rechtspfleger des Beschwerdegerichts festgesetzt werden, auch wenn der Vergabesenat weder eine Streitwertfestsetzung für das Vergabekammerverfahren vorgenommen noch eine Kostenentscheidung für dieses Verfahren getroffen hat.*)
2. Im Verfahren der Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss bestimmt sich die Beschwer nicht nach einzelnen Positionen, sondern nach der Differenz zwischen dem festgesetzten und dem zur Festsetzung angemeldeten Betrag. Verwandte Gebühren können ausgetauscht werden. Es ist deshalb zulässig, im Beschwerdeverfahren die in der Kostenfestsetzung unberücksichtigt gebliebene Geschäftsgebühr in vollem Umfang festzusetzen und die festgesetzte Verfahrensgebühr, auf die die Geschäftsgebühr anzurechnen ist, zu kürzen.*)

VPRRS 2012, 0131

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.06.2010 - VK 1 -17/10
Die Geltendmachung einer Vergaberechtsverletzung, deren Korrektur lediglich die Rechtsposition eines Dritten verbessert und dem Antragsteller allenfalls die immaterielle Befriedigung verschafft, dass auch der von der Vergabestelle vorgesehene Zuschlagsaspirant nicht zum Zuge kommt, stellt eine Form unzulässiger Rechtsausübung
- auf der Ebene des materiellen Vergaberechts - dar, die einem Bieter nach dem die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Wertungsgedanken des § 242 BGB versagt ist.

VPRRS 2012, 0130

VK Sachsen, Urteil vom 05.03.2012 - 1/SVK/003-12
1. Ein Vergabenachprüfungsverfahren hat sich in der Sache erst dann erledigt, wenn der Auftraggeber den gerügten Punkten inhaltlich abgeholfen hat. Führt der Auftraggeber lediglich eine Neuwertung durch, bei der nicht alle behaupteten Vergaberechtsverstöße beseitigt werden, kann der Antragsteller diese in dem Vergabenachprüfungsverfahren weiter verfolgen.*)
2. Eine Prüfung der Auskömmlichkeit eines Angebotes nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SektVO ist nicht bereits dann veranlasst, wenn ein Bieter nicht vor Ort ansässig ist.*)
3. Eine Beschränkung der Zulassung von Nebenangeboten auf bestimmte Positionen des Leistungsverzeichnisses ist im Anwendungsbereich der Sektorenverordnung zulässig. Nebenangebote, die sich auf andere Positionen des Leistungsverzeichnisses beziehen, sind dann zwingend von der weiteren Wertung auszuschließen und dürfen nicht mehr berücksichtigt werden. Dies ergibt sich im Anwendungsbereich der SektVO aus den übergeordneten Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz.*)

VPRRS 2012, 0129

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2012 - Verg 103/11
1. Eine gesetzliche Substitutionsverpflichtung nach § 129 Abs. 1 SGB V stellt keine notwendige Bedingung für die "Zusammenfassung" verschiedener Präparate in einem Fachlos dar. Es reicht vielmehr aus, dass die Präparate in nicht unerheblichem Umfang als austauschbar angesehen werden.
2. Ob verschiedene "Varianten" von Arzneimitteln miteinander vergleichbar und austauschbar sind, entscheidet sich - wie bei der Marktabgrenzung üblich - nach der Auffassung der Nachfrageentscheider, hier der Ärzte oder der Apotheker.
3. Die Letztverantwortung des Arztes (und gegebenenfalls des Apothekers) für eine ordnungsgemäße Versorgung des Patienten und damit auch die therapeutisch begründete Auswahl eines bestimmten Präparats muss auch das Vergaberecht anerkennen.

VPRRS 2012, 0128

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 - Verg 58/11
1. Eine Konzern-Klausel des Inhalts, dass einem Konzernunternehmen Vertretungsmacht für sämtliche Konzernunternehmen zugebilligt wird, verstößt gegen den Grundsatz, dass unter bestimmten Umständen ein Konzernunternehmen auch ohne andere Konzernunternehmen, ja sogar im Wettbewerb mit anderen Konzernunternehmen, sich an einem Vergabeverfahren beteiligen darf.
2. Die unbefristete (wenn auch mit einem Kündigungsrecht versehene) Laufzeit eines Rabattvertrages mit pharmazeutischen Unternehmern ist mit § 130a Abs. 8 S. 6 SGB V (soll für eine Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen werden) und § 4 Abs. 7 EG-VOL/A (= Art. 32 Abs. 2 UA 4 Richtlinie 2004/18/EG: darf - von Ausnahmefällen abgesehen - vier Jahre nicht überschreiten) nicht vereinbar.
3. Mit § 19 Abs. 3 lit. e) EG VOL/A ist nicht zu vereinbaren, wenn auch verspätete Angebote angenommen werden können.
4. Ein "offenes" Verfahren, das die Möglichkeit vorsieht, dass die Bieter unter bestimmten Umständen Vorschläge für Abänderungen machen können, die zu Verhandlungen führen, stellt eine nicht zulässige Verfahrensart dar.

VPRRS 2012, 0127

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.05.2010 - VK 2-15/10
Der Ausschluss des Angebots vom Vergabeverfahren ist begründet, wenn entgegen der in den Vergabeunterlagen geforderten Angaben, ein anderes Prüfinstitut zur Erstellung eines ausführlichen Prüfungsberichtes beauftragt wurde.

VPRRS 2012, 0126

BGH, Beschluss vom 25.01.2012 - X ZB 3/11
a) Die Regelungen in § 128 Abs. 3 Satz 4 und 5 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (BGBl. I 2009 S. 779) erhaltenen Fassung sind dahin auszulegen, dass Gebühr und Auslagen der Vergabekammer bei anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsverfahrens auch einem anderen Beteiligten als dem Antragsteller auferlegt werden können, wenn dies der Billigkeit entspricht, dass in Fällen der Antragsrücknahme oder anderweitigen Erledigung des Nachprüfungsverfahrens aber stets nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten ist.*)
b) Wird das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer übereinstimmend für erledigt erklärt, kann eine Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten weiterhin nicht angeordnet werden.*)

VPRRS 2012, 0125

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2011 - U (Kart) 12/11
1. Personalvorhaltekosten des Auftragnehmers wegen verzögerter Zuschlagserteilung sind vom Auftraggeber nur dann zu ersetzen, wenn sich die Verzögerung als Verletzung einer Verhaltenspflicht darstellt. Das setzt voraus, dass der Auftragnehmer auf eine unmittelbar zu erwartende Beauftragung vertrauen darf.
2. Die Mitteilung der Absicht, das Angebot des Auftragnehmers annehmen zu wollen, begründet im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung keinen Vertrauenstatbestand. Der Auftragnehmer muss vielmehr damit rechnen, dass sich die Zuschlagserteilung aufgrund eines Nachprüfungsantrags verzögern kann.
3. Das Risiko, dass infolge einer Verzögerung des Vergabeverfahrens Material und Fremdleistungen zu höheren Preisen eingekauft werden müssen, trägt der Bieter.
4. Macht der Auftragnehmer Mehrkosten aus einer Vergabeverzögerung und aus Bauzeitverschiebungen aufgrund von Bauentwurfsänderungen geltend, ist eine gestaffelte Mehrkostenermittlung vorzunehmen.

VPRRS 2012, 0124

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2012 - Verg 102/11
1. Eine gesetzliche Substitutionsverpflichtung nach § 129 Abs. 1 SGB V stellt keine notwendige Bedingung für die "Zusammenfassung" verschiedener Präparate in einem Fachlos dar.
2. Ob verschiedene "Varianten" von Arzneimitteln miteinander vergleichbar und austauschbar sind, entscheidet sich - wie bei der Marktabgrenzung üblich - nach der Auffassung der Nachfrageentscheider. Dies sind die Ärzte (gegebenenfalls auch die Apotheker).
3. Die Letztverantwortung des Arztes (und gegebenenfalls des Apothekers) für eine ordnungsgemäße Versorgung des Patienten und damit auch die therapeutisch begründete Auswahl eines bestimmten Präparats muss auch das Vergaberecht anerkennen.

VPRRS 2012, 0123

OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2012 - 1 Verg 2/11
1. Bei Gebäudereinigungsleistungen ist die Glasreinigung ein eigenständiges Fachlos, das grundsätzlich gesondert vergeben werden muss.*)
2. Eine Teillosvergabe macht eine mögliche Fachlosvergabe nicht entbehrlich.*)
3. Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von einer Losvergabe nicht rechtfertigen.*)
4. Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sind, muss der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich hinnehmen.*)
5. Ist es wegen zahlreicher Unwägbarkeiten (nahezu) unmöglich, eine tatsachengestützte, halbwegs plausible Prognose über mögliche Zusatzkosten einer Losvergabe zu erstellen, gilt der gesetzliche Regelfall.*)

VPRRS 2012, 0122

EuGH, Urteil vom 29.03.2012 - Rs. C-599/10
1. Art. 55 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er gebietet, dass die nationale Regelung eine Bestimmung enthält, die im Wesentlichen vorsieht, dass, wenn ein Bewerber einen ungewöhnlich niedrigen Preis ansetzt, der öffentliche Auftraggeber ihn schriftlich auffordert, diesen zu erläutern. Es ist allein Sache des nationalen Richters, anhand des gesamten Akteninhalts zu überprüfen, ob die betreffenden Bewerber aufgrund der Aufforderung zur Erläuterung ihres Angebots dessen Zusammensetzung ausreichend darlegen konnten.*)
2. Art. 55 Richtlinie 2004/18/EG steht dem Standpunkt eines öffentlichen Auftraggebers entgegen, der meint, er sei nicht verpflichtet, vom Bewerber eine Erläuterung eines ungewöhnlich niedrigen Preises zu verlangen.*)
3. Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG steht nicht einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegen, die im Wesentlichen vorsieht, dass der öffentliche Auftraggeber die Bewerber schriftlich dazu auffordern kann, ihr Angebot zu erläutern, ohne allerdings irgendeine Änderung des Angebots zu verlangen oder zu akzeptieren. Bei der Ausübung des Ermessens, über das der öffentliche Auftraggeber somit verfügt, hat er die verschiedenen Bewerber gleich und fair zu behandeln, so dass am Ende des Verfahrens zur Auswahl der Angebote und im Hinblick auf das Ergebnis dieses Verfahrens nicht der Eindruck entstehen kann, dass die Aufforderung zur Erläuterung den oder die Bewerber, an den bzw. die sie gerichtet war, ungerechtfertigt begünstigt oder benachteiligt hätte.*)

VPRRS 2012, 0121

OLG München, Beschluss vom 19.03.2012 - Verg 14/11
1. Sinn der Anhörungsrüge ist es, die Korrektur unanfechtbarer Entscheidungen durch das erkennende Gericht zu ermöglichen, wenn die Entscheidung auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs eines Verfahrensbeteiligten beruht. Der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verlangt aber nicht, dass das erkennende Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Einwendungen eingeht; es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht auch ohne ausdrückliche Erwähnung jeder Einzelheit das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat.
2. Noch weniger gibt der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs ein Recht darauf, dass das erkennende Gericht dem Vortrag und den Ansichten eines Verfahrensbeteiligten folgt und entsprechend entscheidet.

VPRRS 2012, 0120

KG, Beschluss vom 29.02.2012 - Verg 8/11
1. Zur Hauptsacheerledigung eines Vergabenachprüfungsverfahrens sowie zur Erledigung eines in diesem Verfahren gestellten Akteneinsichtsantrages.*)
2. Das Akteneinsichtsrecht besteht gemäß § 111 GWB u.a. dann nicht, wenn der Vergabenachprüfungsantrag unzulässig ist und die zur Einsicht in Betracht kommenden Aktenbestandteile für die Beurteilung der Zulässigkeit des Vergabenachprüfungsantrags unerheblich sind.*)
3. Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) ist Auftragsgeberin im Sinne des § 98 Nr. 2 2. Alt. GWB.*)
4. "Zur Beseitigung verpflichtet" i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Krw-/AbfG ist nur derjenige, dem das Krw-/AbfG Abfallbeseitigungspflichten auferlegt.*)
5. Ein "Recht" auf Abfallüberlassung im Sinne des § 100 Abs. 2 Buchstabe g) GWB a.F. bzw. § 100a Abs. 3 GWB n.F. hat jemand, dem gegenüber ein anderer gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 Krw-/AbfG verpflichtet ist, den Abfall zu überlassen.*)
6. Ein Vergabenachprüfungsantrag ist gemäß § 108 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GWB unzulässig, wenn er gegen eine De-facto-Vergabe gerichtet ist, die vom Antragsteller ohne konkret-aktuellen Tatsachenvortrag, d.h. ins Blaue hinein behauptet wird.*)
7. "Abfallüberlassung" i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 Krw-/AbfG erfordert, dass der Abfallbesitzer den Abfall zusammenträgt und so zur Verfügung stellt, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ohne weiteren Aufwand den Abfall einsammeln kann. Bei einem größeren Unternehmen mit mehreren räumlich getrennten Betriebsstätten ist Voraussetzung für das "Zusammentragen" des Abfalls nicht, diesen an einen einzigen zentralen Ort zu verbringen.*)
8. Eine interimsweise De-facto-Vergabe - bis zum Abschluss eines Vergabeverfahrens - ist vergaberechtsgemäß, wenn andernfalls dringende Allgemeinwohlinteressen in der Zwischenzeit nicht befriedigt würden. Diese Voraussetzung ist im Falle der Sicherung der Abfallbeseitigung erfüllt.*)

VPRRS 2012, 0119

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.03.2012 - 1 VK 5/12
1. Zur Bestimmung des Erreichens oder Übersteigens des EU-Schwellenwerts muss der Auftraggeber den Auftragswert sorgfältig und nach objektiven Kriterien schätzen, wofür er auf die Vergütung der Leistung abzustellen hat, die am Markt zu erhalten ist.
2. Dem öffentlichen Auftraggeber kommt für die Schätzung des Auftragswerts ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die Nachprüfungsinstanzen haben die Kostenschätzung eines Auftraggebers schon dann hinzunehmen, wenn sie auf Grund vorliegender und erkennbarer Daten als vertretbar erscheint.
3. Die fehlerhafte Dokumentation der Bestimmung des Auftragswerts allein kann in den Fällen, in denen keine EU-weite Ausschreibung erfolgt ist und die Überschreitung des Schwellenwertes zur Diskussion steht, einem Nachprüfungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr führt eine mangelhafte Dokumentation dazu, dass die Nachprüfungsinstanz anderweitig nachhaken und sich die Fakten verschaffen muss, um eine eigenständige Wertermittlung vornehmen und erkennen zu können, ob eine Überschreitung des Schwellenwertes vorliegt.
4. Bei der Beschaffung von Postdienstleistungen erscheint der Vergabekammer eine Vertragslaufzeit von 24 Monaten für die Auftragswertprognose jedenfalls nicht als marktunüblich.
5. Bei der Beschaffung von Postdienstleistungen ist der öffentliche Auftraggeber nicht dazu gezwungen, seiner Kostenprognose die Preise der Deutschen Post AG zu Grunde zu legen, weil diese nach wie vor den Postdienstleistungsmarkt beherrscht. Er hat insoweit einen Beurteilungsspielraum und darf sich an bestehenden Erfahrungswerten orientieren.
6. Der öffentliche Auftraggeber ist weder gehalten, seiner Schätzung des Auftragswerts aus Sicherheitsgründen das zu erwartende teuerste Angebot zu Grunde zu legen, noch muss er sich an einem "mittleren" Angebot oder an einem Durchschnitt der zu erwartenden Angebotspreise orientieren.

VPRRS 2012, 0118

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.02.2012 - 12 A 1217/11
Werden Bauleistungen für ein gefördertes Projekt ohne zureichenden Grund statt im vorrangigen Offenen Verfahrens im Nichtoffene Verfahren vergeben, liegt darin ein schwerer Verstoß gegen die Vorschriften der VOB/A, der zu einer Rückforderung der Fördermittel führt.

VPRRS 2012, 0117

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2012 - Verg 107/11
Die Antragsbefugnis eines Antragstellers bei der sofortigen Beschwerde gem. § 107 Abs. 2 GWB ist nur dann gegeben, wenn er eine objektiv realistische Chance auf Erteilung eines Zuschlags hat.

VPRRS 2012, 0116

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2012 - Verg 2/12
Bei der Ausgestaltung des Auskunfts- und Prüfungsrecht des § 59 GWB hat die Vergabekammer einen weiten, nur auf die Einhaltung seiner Grenzen kontrollierbaren Ermessensspielraum, in den das Beschwerdegericht nicht in der Weise eingreifen kann, dass es der Vergabekammer die Durchführung bestimmter Ermittlungen vorgibt oder untersagt. Zur Annahme der Erforderlichkeit eines Auskunftverlangens genügt, wenn ein vertretbares Ermittlungskonzept vorliegt. Dies liegt vor, wenn von den Ergebnissen des Auskunftverlangens die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags abhängt.

VPRRS 2012, 0115

OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.10.2011 - 27 W 1/11
1. In einem Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte können den Bietern bei einer Verletzung von Vergaberegeln, denen der Auftraggeber unterworfen ist, Ansprüche auf Unterlassung eines Vertragsabschlusses zustehen.
2. Dieser Unterlassungsanspruch ist nicht auf willkürliche Handlungsweisen des Auftraggebers beschränkt und kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden.

VPRRS 2012, 0114

VK Hamburg, Beschluss vom 30.08.2005 - VgK 2/05
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2012, 0113

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.02.2012 - 11 B 1187/11
1. Eine Rechtsstreitigkeit betreffend das Vergabeverfahren zum Abschluss eines Konzessionsvertrages nach § 46 EnWG zur Nutzung kommunalen Wegeeigentums ist nicht von den Verwaltungsgerichten, sondern von den Zivilgerichten zu entscheiden.*)
2. Zu einem Einzelfall betreffend den vorläufigen Rechtsschutz im Vergabeverfahren nach § 46 EnWG.*)

VPRRS 2012, 0112

OLG München, Urteil vom 15.03.2012 - Verg 2/12
1. Zur Frage, unter welchen Umständen sich eine Vergabestelle nicht auf den Zugang einer Absage - Email berufen kann.*)
2. Gibt ein Einzelunternehmen ein Angebot ab, ist es nicht ohne weiteres zulässig, sich für einen geforderten Mindestumsatz in den letzten drei Geschäftsjahren auf Umsätze dritter Unternehmen zu berufen.*)
3. Eine Abänderung einmal eingereichter Eignungsnachweise ist in der Regel nicht zulässig.*)

VPRRS 2012, 0111

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012 - Verg 82/11
Zu den Anforderungen an ein transparentes und verständliches Leistungsverzeichnis.

VPRRS 2012, 0110

OLG Naumburg, Beschluss vom 13.02.2012 - 2 Verg 14/11
1. Die Rücknahme der sofortigen Beschwerde nach § 116 GWB ist ohne Einwilligung des Verfahrensgegners wirksam.*)
2. Durch die Rücknahme der sofortigen Beschwerde verliert die Anschlussbeschwerde ihre Wirkung (§ 524 Abs. 4 ZPO analog).*)
3. Ist Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ein Verfahren, das auf den Abschluss eines Abfallentsorgungsvertrages mit zehnjähriger Laufzeit gerichtet ist, dann wird das für die Ermittlung des Kostenwertes des Beschwerdeverfahrens maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Verfahrensbeteiligten durch diese Laufzeit des Vertrages geprägt. Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 Nr. 2 Alt. 2 VgV steht der Festsetzung eines Kostenwerts auf der Grundlage der zu erwartenden Gesamtvergütung während der Vertragslaufzeit nicht entgegen.*)

VPRRS 2012, 0109

EuGH, Urteil vom 15.03.2012 - Rs. C-574/10
Wird die Sanierung eines Gebäudes in drei einzelne Verträge aufgeteilt, so ist der Gesamtwert dieser Verträge maßgelich für die Frage, ob die Sanierung öffentlich ausgeschrieben werden muss.

VPRRS 2012, 0108

KG, Urteil vom 08.12.2011 - 2 U 11/11
1. Für eine Vergabesperre bedarf es keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung.
2. Ein Auftraggeber kann ein konkretes Angebot jedenfalls dann beurteilungsfehlerfrei ausschließen, wenn der Bieter schwerwiegende Rechtsverstöße begangen hat und der Auftraggeber ihn deshalb zu Recht als unzuverlässig ansieht.
3. Insbesondere Rechtsverstöße von einigem Gewicht, die sich unmittelbar auf die Auftragsdurchführung beziehen, können die Grundlage für eine Vergabesperre sein. Für eine Vergabesperre außerhalb eines konkreten Vergabeverfahrens müssen die Umstände, auf die die Sperre gestützt wird, allerdings geeignet sein, den Ausschluss generell zu rechtfertigen. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass sich die Unzuverlässigkeit aus besonders schweren Verfehlungen ergibt.

VPRRS 2012, 0107

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.04.2011 - 1 VK LSA 57/10
1. Es ist von einer unzureichenden Information im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB zwecks Eingreifens einer Rechtsbehelfsfrist auszugehen, wenn der AG ausschließlich auf § 107 GWB mit den Abdruck der Absätze 1 und 2 hinweist.*)
2. Eine Beeinträchtigung drittschützender vergaberechtlicher Bestimmungen zu Lasten eines Bieters liegt vor, wenn er gezwungen wird mit Bietern zu konkurrieren, die einem anderen Anforderungsprofil unterworfen wurden. Bei schweren Verstößen ist trotz Präklusion eine Aufhebung des Vergabeverfahrens ausnahmsweise durch die Kammer möglich.*)

VPRRS 2012, 0106

VK Nordbayern, Beschluss vom 09.02.2012 - 21.VK-3194-43/11
1. Das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. §§ 8 EG Abs. 1, 19 EG Abs. 8 VOL/A verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, die Kriterien so klar zu definieren, dass alle Bieter gleichermaßen erkennen, worauf es bei der Wertung der Angebote entscheidend ankommen wird. Die vorzulegenden Nachweise müssen nach Inhalt, Art und Zeitpunkt der Vorlage eindeutig gefordert worden sein. Die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers sind ggf. aus der objektiven Sicht eines verständigen, fachkundigen und mit der Ausschreibung vertrauten Bieters auszulegen.*)
2. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzufordern. Dem steht der klare Wortlaut des § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A entgegen. Es liegt vielmehr im Ermessen des Auftraggebers, ob er fehlende Erklärungen oder Nachweise nachfordert. Es ist anerkannt, dass der Begriff "kann" im Vergaberecht dem Auftraggeber ein Ermessen einräumt. Eine Nachforderungspflicht ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die entsprechende Regelung im Bereich der Bauaufträge ( § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ) zwingend ist.*)
3. Bei der inhaltlichen Eignungsprüfung, zu der auch die Prüfung der Zuverlässigkeit des Bieters gehört, hat der Auftraggeber eine Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob von dem betreffenden Bieter unter allen heranzuziehenden Gesichtspunkten eine einwandfreie und vertragsgemäße Auftragsdurchführung zu erwarten ist. Hierbei hat die VSt einen Beurteilungsspielraum, der im Vergabenachprüfungsverfahren nur beschränkt nachprüfbar ist. Unter anderem ist zu prüfen, ob der der Eignungsprüfung zugrunde gelegte Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und bei der Eignungsbewertung berücksichtigt worden ist, ob allgemeine Bewertungsmaßstäbe eingehalten worden sind und ob sachwidrige Erwägungen dabei eine Rolle gespielt haben. *)

VPRRS 2012, 0105

OLG Naumburg, Beschluss vom 23.02.2012 - 2 Verg 15/11
1. Verlangt der Auftraggeber, dass bei der Abgabe zugelassener technischer Nebenangebote die sich aus den Abweichungen zum Leistungsverzeichnis ergebenden Änderungen der Baustoffmengen nachvollziehbar erläutert werden, zählen diese zum Nebenangebot geforderten Angaben zu den Erklärungen i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A.*)
2. Ein Nebenangebot darf wegen des Fehlens dieser Angaben nicht ausgeschlossen werden, ohne dass der Auftraggeber dem Bieter nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zuvor Gelegenheit zur nachträglichen Vorlage der Erklärungen binnen sechs Kalendertagen gegeben hat.*)
3. Die Pflicht des Auftraggebers zur Nachforderung fehlender Erklärungen ist auch im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm bei bloßen Erläuterungen zur Mengenkalkulation des seinem Inhalt nach feststehenden Nebenangebots nicht ausgeschlossen.*)

VPRRS 2012, 0104

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2011 - 1 VK 43/11
1. Eine Rüge auf der Grundlage einer bloßen Vermutung kann nicht verlangt werden.
2. Angebote, die die geforderten Preise nicht enthalten, sind grundsätzlich auszuschließen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c VOB/A). Insbesondere fehlt es an der Angabe der geforderten Preise, wenn das Angebot auf einer Mischkalkulation beruht.

VPRRS 2012, 0102

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.11.2011 - 1 VK LSA 31/11
Das Erfordernis zur Mengennennung in Nebenangeboten ist als eine Erklärung im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A mit der Folge einzustufen, dass vor einer Herausnahme des Nebenangebotes aus der Wertung wegen Nichtangabe abgeforderter Mengenangaben eine erfolglose Nachfristsetzung gegenüber dem säumigen Anbieter auftraggeberseitig erfolgen muss.*)

VPRRS 2012, 0101

OLG Oldenburg, Beschluss vom 06.03.2012 - 2 W 4/12
Eine Rechtsgrundlage für das Verlangen des den JadeWeserPort errichtenden öffentlichen Unternehmens, auf Abschluss von entgeltlichen Konzessionsverträgen für die Erbringung von Dienstleistungen für Seefahrzeuge (Schlepp- und Bugsierdienste), in Verbindung mit der vertraglichen Verpflichtung für die Reedereien, sich nur konzessionierter Unternehmen zu bedienen, ist nicht ersichtlich.*)

VPRRS 2012, 0451

EuGH, Urteil vom 16.02.2012 - Rs. C-77/10
1. Die Art. 43 EG und 49 EG sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat, der unionsrechtswidrig eine Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern von der Vergabe von Konzessionen für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeschlossen hat und diesen Verstoß durch Ausschreibung einer großen Zahl von neuen Konzessionen beheben will, verbieten, die von den bestehenden Betreibern erworbenen Geschäftspositionen u. a. durch das Vorschreiben von Mindestabständen zwischen den Einrichtungen der neuen Konzessionäre und denen der bestehenden Betreiber zu schützen. - Costa/Cifone.*)
2. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie Sanktionen wegen Sammelns von Wetten ohne Konzession oder polizeiliche Genehmigung gegen Personen, die an einen Wirtschaftsteilnehmer gebunden sind, der von einer Ausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war, auch nach der Neuausschreibung zur Behebung dieses Unionsrechtsverstoßes entgegenstehen, soweit diese Ausschreibung und die daraus folgende Vergabe neuer Konzessionen den rechtswidrigen Ausschluss des Wirtschaftsteilnehmers von der früheren Ausschreibung nicht wirksam behoben haben.*)
3. Aus den Art. 43 EG und 49 EG, dem Grundsatz der Gleichbehandlung, dem Transparenzgebot und dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt, dass die Bedingungen und Modalitäten eines Vergabeverfahrens wie des in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden und insbesondere Bestimmungen, die wie Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 des Mustervertrags zwischen der Amministrazione Autonoma dei Monopoli di Stato und dem Zuschlagsempfänger über die Konzession betreffend Glücksspiele in Bezug auf andere Ereignisse als Pferderennen den Entzug von nach einer solchen Ausschreibung vergebenen Konzessionen vorsehen, klar, genau und eindeutig formuliert sein müssen; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.*)

VPRRS 2012, 0450

EuGH, Urteil vom 16.02.2012 - Rs. C-72/10
1. Die Art. 43 EG und 49 EG sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat, der unionsrechtswidrig eine Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern von der Vergabe von Konzessionen für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeschlossen hat und diesen Verstoß durch Ausschreibung einer großen Zahl von neuen Konzessionen beheben will, verbieten, die von den bestehenden Betreibern erworbenen Geschäftspositionen u. a. durch das Vorschreiben von Mindestabständen zwischen den Einrichtungen der neuen Konzessionäre und denen der bestehenden Betreiber zu schützen. – Costa/Cifone.*)
2. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie Sanktionen wegen Sammelns von Wetten ohne Konzession oder polizeiliche Genehmigung gegen Personen, die an einen Wirtschaftsteilnehmer gebunden sind, der von einer Ausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war, auch nach der Neuausschreibung zur Behebung dieses Unionsrechtsverstoßes entgegenstehen, soweit diese Ausschreibung und die daraus folgende Vergabe neuer Konzessionen den rechtswidrigen Ausschluss des Wirtschaftsteilnehmers von der früheren Ausschreibung nicht wirksam behoben haben.*)
3. Aus den Art. 43 EG und 49 EG, dem Grundsatz der Gleichbehandlung, dem Transparenzgebot und dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt, dass die Bedingungen und Modalitäten eines Vergabeverfahrens wie des in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden und insbesondere Bestimmungen, die wie Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 des Mustervertrags zwischen der Amministrazione Autonoma dei Monopoli di Stato und dem Zuschlagsempfänger über die Konzession betreffend Glücksspiele in Bezug auf andere Ereignisse als Pferderennen den Entzug von nach einer solchen Ausschreibung vergebenen Konzessionen vorsehen, klar, genau und eindeutig formuliert sein müssen; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.*)

VPRRS 2012, 0100

VK Nordbayern, Beschluss vom 04.01.2012 - 21.VK-3194-40/11
Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller einen Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB steht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28.01.2010 (IBR 2010, 159) nicht entgegen; jedenfalls dann nicht, wenn die Rüge nicht verspätet, sondern gar nicht erhoben wurde.*)
