Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2005, 0456
OLG München, Beschluss vom 12.07.2005 - Verg 8/05
1. Die Aufhebung einer Aufhebung, die nur zum Schein erfolgt ist, führt zur Fortsetzung des ursprünglichen Vergabeverfahrens ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Scheinaufhebung erfolgt ist.*)
2. Hat der Auftraggeber unmittelbar nach erfolgter Scheinaufhebung den Auftrag freihändig vergeben, obwohl ein Zuschlagsverbot bestand, liegt hierin eine Umgehung des Zuschlagsverbots. Der Zuschlag ist wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.*)
3. Auch bei einem Verhandlungsverfahren im Sektorenbereich muss ein Angebot bis zum Ende der Angebotsfrist vollständig sein.*)

VPRRS 2005, 0455

VK Hessen, Beschluss vom 01.06.2005 - 69d-VK-33/2005
1. Voraussetzung für eine Änderung der Ausschreibung ist – ebenso wie für die Aufhebung nach § 26 VOL/A – das Vorliegen einer der Tatbestände des § 26 Zif. 1. Eine Änderung allein aus „sachlichen Gründen“ ist dagegen nicht zulässig, denn Interessierte an einer Ausschreibung müssen sich grundsätzlich darauf verlassen könne, dass sei die Leistung wie zunächst gefordert auch anbieten können.*)
2. Ausgeschriebne Leistungsinhalte dürfen so beschaffen sein, dass einzelne Bieter Kostenvorteile genießen, sofern es für den Bieter vernünftige, etwa wirtschaftlichkeitsbezogene Gründe dafür gibt. Es gibt kein an den Auftraggeber gerichtetes Gebot, bestimmte Wettbewerbsvorteile bereits bei der Entscheidung über die Leistung, die ausgeschrieben werden soll, auszugleichen.*)

VPRRS 2005, 0444

OLG Schleswig, Beschluss vom 30.06.2005 - 6 Verg 5/05
1. Eine Zurückverweisung muss im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren auch wegen des damit verbundenen zusätzlichen Zeitbedarfs auf seltene Ausnahmefälle beschränkt bleiben.
2. Eine Leistungsbeschreibung darf gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A bestimmte Wettbewerbsteilnehmer weder direkt noch indirekt einseitig bevorzugen, was nicht nur in technischer Hinsicht in Betracht kommt, sondern auch in dem Sinne, dass der Bezug geforderter Produkte nicht zu vergleichbaren wirtschaftlichen Bedingungen möglich ist. Eine Verletzung dieser - bieterschützenden - Vorschrift kann zu einem Anspruch auf Wiederholung der Ausschreibung führen.
3. Ein Anspruch auf Aufhebung und Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens kommt als "ultima ratio" dann in Betracht, wenn das bisherige Verfahren mit derart gravierenden Mängeln behaftet ist, dass diese im Rahmen einer chancengleichen und wettbewerbsgerechten Eignungs- und Angebotsprüfung nicht mehr heilbar sind. Dies kann etwa der Fall sein bei unklaren Leistungsbeschreibungen, Preisermittlungsgrundlagen (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) oder Zuschlagskriterien (§ 9a VOL/A), auf die von vornherein kein sachgerechtes Angebot abgegeben werden kann, oder wenn eine unrichtige Vergabeart gewählt worden ist.
4. In einem solchen Fall kann nicht nur die Vergabekammer, sondern auch der Vergabesenat die "Verpflichtung zur Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrens" aussprechen.
5. Werden andere Gewährleistungsbedingungen angeboten, als gefordert sind, so weicht das Angebot von den Vorgaben der Ausschreibung ab und ist zwingend auszuschließen.
6. Ein Fall des § 26 Nr. 1 a VOL/A führt nicht zu einem subjektiven Anspruch eines Bieters nach § 97 Abs. 7 GWB.

VPRRS 2005, 0443

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.07.2005 - VK-SH 18/05
1. Ist für die Antragstellerin ein Schaden gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ausgeschlossen, ist ein Nachprüfungsantrag insoweit unzulässig.*)
2. Sind sämtliche fristgerecht eingegangenen Angebote hinsichtlich der geforderten Nachweise (mehr oder weniger) unvollständig, kann es unter Berücksichtigung der objektiven Dringlichkeit der Beschaffung gerechtfertigt sein, von dem dem Grunde nach angezeigten Ausschluss aller Angebote - mit der Folge einer Aufhebung der Ausschreibung - abzusehen, wenn dies - auch im Angesicht des Gleichbehandlungsgrundsatzes - unverhältnismäßig wäre.*)
3. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH (Beschluss vom 18.02.2003, X ZB 43/02) kann es nicht darauf ankommen, ob ein Nachweis "wichtiger" oder "unwichtiger" für die Eignungsprüfung ist; jegliches Fehlen von Nachweisen führt dem Grunde nach zum Ausschluss.*)
4. In einem Verfahren nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB sind die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags - jedenfalls vorrangig - nicht zu berücksichtigen.*)

VPRRS 2005, 0441

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2005 - 1 VK 05/05
1. Nach dem Wortlaut des § 107 Abs. 3 GWB ist die Vorschrift auf Verstöße in einem förmlichen Vergabeverfahren bezogen und beschränkt. Das schließt es aus, eine zur Präklusion führende Rügeobliegenheit anzunehmen, wenn der öffentliche Auftraggeber kein Vergabeverfahren nach den Bestimmungen des GWB durchführt, statt dessen Verhandlungen mit einem Vertragspartner aufnimmt, um den Auftrag in einem formlosen Verfahren zu vergeben.
2. Die Abgabe von Angeboten kann nicht verlangt werden, wenn es von vornherein an einer Vergleichbarkeit der Angebote fehlt, wie sie ein transparentes Vergabeverfahren nach den Vorschriften des europäischen und deutschen Vergaberechts gerade sicherstellen will. Es fehlt damit an einer Gleichbehandlung der Wettbewerber. Es kann von einem potentiellen Bieter nicht verlangt werden, dass er, um ein Interesse am Auftrag zu belegen, irgendein willkürlich ausgearbeitetes Angebot abgibt. In einem förmlichen Vergabeverfahren, hat der Auftraggeber die zu vergebenden Leistungen vorzugeben.
3. Nach § 97 Abs. 3 GWB sind mittelständische Interessen vornehmlich durch Teilung des Auftrags in Lose zu berücksichtigen sind. Auch aus § 5 VOL/A ergibt sich die grundsätzliche Pflicht zur Losbildung. Hierbei wird als selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Auftraggeber hierdurch entstehende Mehrkosten und einen Mehraufwand in Kauf zu nehmen hat. Von einer Losbildung kann ausnahmsweise nur dann abgesehen werden, wenn die Aufteilung zu unverhältnismäßigen Kostennachteilen oder sonstigen Nachteilen führt.
4. § 15 Abs. 2 AEG stellt eine im Verhältnis zum Kartellvergaberecht abschließende Regelung dar. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des AEG und des VgRÄG im Lichte der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. § 15 Abs. 2 AEG geht den §§ 97 ff GWB als die einen speziellen Sachverhalt regelnde Norm vor.
5. Ob eventuell europäisches Richtlinienrecht durch den deutschen Gesetzgeber unvollkommen umgesetzt wurde, ist die Vergabekammer nicht befugt zu prüfen.
6. Eine Dienstleistungskonzession zeichnet sich dadurch aus, dass die Gegenleistung für erbrachte Dienstleistungen nicht durch Zahlung eines Entgelts erfolgt, sondern durch die Einräumung des Rechts, die zu erbringende Dienstleistung wirtschaftlich zu verwerten. Hierbei trägt der Konzessionsinhaber ganz oder überwiegend das wirtschaftliche Nutzungsrisiko.
7. Die Vorschrift des § 3 a Nr. 2 Buchst. c VOL/A ist eng auszulegen. Ein Ausschließlichkeitsrecht kann nur angenommen werden, wenn der Auftraggeber beweisen kann, dass zwingend allein ein Anbieter die Leistung erbringen kann. Es besteht deshalb grundsätzlich eine Ausschreibungspflicht, auch wenn möglicherweise damit gerechnet werden muss, dass kein anderer Bieter als der schon von Anfang an ins Auge gefasste, letztlich den Zuschlag erhalten kann. Linienverkehrsgenehmigungen nach dem PBefG stellen dementsprechend keine Ausschließlichkeitsrechte dar.

VPRRS 2005, 0440

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.04.2005 - 1 VK 11/05
1. Nach den §§ 97 Abs. 1 und 99 GWB findet das Kartellvergaberecht nur bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags durch einen öffentlichen Auftraggeber Anwendung. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Unterscheidung des bei der Vergabe von Aufträgen zu gewährenden Rechtsschutzes kann nicht dadurch aufgehoben werden, dass ein Auftraggeber, der nicht öffentlicher Auftraggeber im Sinne der genannten Bestimmungen ist, eine europaweite Ausschreibung durchführt und eine nicht zutreffende "Rechtsmittelbelehrung" vornimmt.
2. Nach § 107 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachten von Vergabevorschriften geltend macht. Die Regelung soll verhindern, dass ein Bieter, der auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren keine Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebots und auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. § 107 Abs. 2 GWB normiert insoweit für das Vergabenachprüfungsverfahren das bei sämtlichen Rechtsschutzverfahren geltende Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses.
3. Ein Angebot muss zwingend ausgeschlossen werden, wenn der Bieter keine Angaben zu der von ihm als Subunternehmerin eingesetzten Firma macht.
4. § 7 Nr. 2 Abs. 1 der VOL/A sieht vor, dass bei öffentlicher Ausschreibung die Unterlagen an alle Bewerber abzugeben sind, die sich gewerbsmäßig mit der Ausführung von Leistungen der ausgeschriebenen Art befassen. Diese Bestimmung gilt nach Auffassung der Kammer für sämtliche Ausschreibungsarten, auch das Verhandlungsverfahren. Nach bisheriger Ansicht fielen unter diesen Personenkreis auch Generalunternehmer, die Leistungsanteile an Nachunternehmer vergeben. Bisher sollten solche Bieter ausgeschlossen sein, die ausschließlich als Vermittler, sogenannte Generalübernehmer, Angebote abgeben wollten. Nunmehr ist es nicht mehr mit der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG vereinbar, Bewerber auszuschließen, die die Lieferung überwiegend oder ganz durch Dritte erbringen wollen. § 7 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ist deshalb richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift kein Verbot enthält, dass Aufträge weitgehend oder ausschließlich durch Subunternehmer erfüllt werden.
5. § 7 Nr. 6 VOL/A schließt, anders als § 8 Nr. 6 VOB/A, die Teilnahme öffentlicher Unternehmen an Vergabeverfahren gerade nicht aus. Für eine analoge Anwendung des § 8 Nr. 6 VOB/A besteht kein Raum, da eine ausfüllungsbedürftige Lücke nicht besteht. Dementsprechend werden, jedenfalls im Anwendungsbereich der VOL/A juristische Personen des Privatrechts zum Wettbewerb grundsätzlich zugelassen. Das entspricht europäischem Recht, das die Teilnahme von öffentlichen Unternehmen nicht als grundsätzlich wettbewerbswidrig ansieht, selbst wenn sie, anders als vorliegend, unmittelbar als Bieter auftreten. Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine Verzerrung des Wettbewerbs vorliegen.
6. Interessenkollisionen können bei Beschaffungsvorgängen dann auftreten, wenn Unternehmen dergestalt an Vergabeverfahren beteiligt waren, dass sie im Vorfeld Planungen übernommen oder an der Erstellung der Leistungsbeschreibung mitgewirkt haben und sich später als Bieter am Vergabeverfahren beteiligen. Allein die Mitwirkung solcher Bieter, also von Projektanten, im Rahmen der Vorbereitung des Verfahrens rechtfertigt nach allgemeiner Auffassung noch nicht deren Ausschluss. Vielmehr müssen für die Annahme einer Wettbewerbsverzerrung besondere Umstände hinzukommen, etwa dass bestimmte Formulierungen nur vom Projektanten richtig verstanden werden können oder die Leistungsbeschreibung auf dessen Interessen und besondere Fähigkeiten zugeschnitten wurden. Es müssen Umstände erkennbar sei, die einen Wissensvorsprung belegen. Um einen Projektanten ausschließen zu können, muss es Hinweise auf rechtswidrige Vorteile geben.
7. Der bloße Anschein mangelnder Neutralität begründet noch keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot, die Chancengleichheit und das Diskriminierungsverbot.
8. Aus dem Wortlaut des § 9 a VOL/A ergibt sich keine Verpflichtung, eine detaillierte Wertungsmatrix zur Verfügung zu stellen. Auch trifft den Auftraggeber keine Pflicht, die einzelnen Zuschlagskriterien in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen anzugeben. Sind zum Zeitpunkt der Bekanntmachung oder der Versendung der Verdingungsunterlagen aber die Gewichtung der Kriterien und die Bewirtungsmatrix bekannt, ist diese in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen anzugeben.

VPRRS 2005, 0437

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.04.2005 - 1 VK 07/05
1. Auf eine De-facto-Vergabe findet § 13 VgV dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn die Vergabe außerhalb eines "wettbewerblichen Verfahrens" stattfindet, sondern der öffentliche Auftraggeber nur mit einem einzigen Auftragnehmer verhandelt. In einem solchen Fall scheidet auch eine analoge Anwendung des § 13 VgV aus. Die Bestimmung ist nur dann entsprechend anzuwenden, wenn es im Anwendungsbereich der §§ 97 - 99 und 100 I GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben haben und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen trifft.
2. Eine Nichtigkeit des erteilten Auftrags kommt unter den Voraussetzungen des § 138 BGB in Betracht, d.h. dann, wenn der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts gehandelt und überdies kollusiv mit dem Auftragnehmer zusammengewirkt hat.

VPRRS 2005, 0435

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.01.2005 - 1 VK 87/04
1. Aufträge sind gem. § 97 Abs. 4 GWB i. V. m. § 2 Nr. 3 VOL/A i. V. m. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nur an Bieter zu vergeben, die die erforderliche Eignung, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Zuverlässig ist ein Bieter, wenn er seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt und aufgrund der Erfüllung früherer Verträge eine einwandfreie Ausführung erwarten lässt. Unzuverlässigkeit liegt u.a. vor, wenn der Bieter gem. § 7 Nr. 5 lit. c) VOL/A nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die die Zuverlässigkeit in Frage stellt. Zur Beurteilung der Zuverlässigkeit muss die Vergabestelle eine Prognoseentscheidung treffen. Hierzu kann sie gem. § 7 Nr. 4 VOL/A entsprechende Angaben und Nachweise von den Bietern verlangen. In der Art und Weise, wie sich die Vergabestelle Informationen beschafft, ist sie grundsätzlich frei und keinen formalen Beschränkungen unterworfen Bei der Bewertung der Eignung der Bieter ist die Berücksichtigung von Umständen ausgeschlossen, die nicht auf einer gesicherten Erkenntnis des Ausschreibenden beruht. Ungeprüfte Gerüchte können eine negative Vergabeentscheidung nicht rechtfertigen. Für das Vorliegen von Ausschlussgründen ist der Auftraggeber darlegungs- und beweispflichtig. Im Falle einer schweren Verfehlung müssen zumindest konkrete Anhaltspunkte gegeben sein; reine Verdachtspunkte reichen nicht aus. Verwertbar sind Informationen aus seriösen Quellen, die eine gewisse Erhärtung des Verdachts begründen. Insoweit hat der öffentliche Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt justiziabel ist. Eine Verletzung des Beurteilungsspielraums liegt nur dann vor, wenn die von der Vergabestelle getroffenen Sachverhaltsermittlungen und -feststellungen oder die Anwendung vergaberechtlicher Rechtsbegriffe auf willkürlichen und sachwidrigen Erwägungen beruhen. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, seine Entscheidung auf einer möglichst breiten Tatsachengrundlage zu treffen. Dazu kann er auch seine Erfahrungen aus vorangegangenen Ausschreibungen verwerten.
2. Wenn ein Mitarbeiter des Antragstellers gegen Geld Unterlagen aus dem Betrieb des Antragstellers an Dritte übergeben haben und mittlerweile bei einem Mitbieter beschäftigt sein soll, so ist dies durchaus geeignet, einen Anfangsverdacht zu begründen, der sich auf unlauteres Verhalten im Wettbewerb i. S. d. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A richtet, worunter auch unlautere Konkurrenzmittel und sonstige unlautere Handlungsweisen i. S. d. § 1 UWG fallen. Es kann Anlass zu einer Prüfung nach § 17 i. V. m. § 20 UWG bestehen.

VPRRS 2005, 0430

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2005 - Verg 5/05
1. Die Ermächtigungsnorm des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB hat zur Voraussetzung, dass ein zulässiger Nachprüfungsantrag vorliegt und der Antragsteller in eigenen Rechten verletzt ist.
2. Eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle eines Vergabeverfahrens findet über § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB nicht statt.

VPRRS 2005, 0425

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.05.2005 - VK 20/05
1. Die Förderung junger Technologieunternehmen stellt eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nichtgewerblicher Art dar.
2. Das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB umfasst nicht nur die vergaberechtlichen Vorgaben bezüglich der Bekanntmachungspflichten der öffentlichen Auftraggeber hinsichtlich ihrer Vorhaben, Bedingungen und den nachfolgenden Leistungen, sondern auch die vergaberechtlichen Vorschriften, die in erster Linie der Ex-Post-Transparenz dienen, wie z.B. § 18 VOF, § 30 VOB/A oder § 30 VOL/A.
3. Der Regelinhalt des Vergabevermerks nach § 18 VOF ist umfassend angelegt. Im Vergabevermerk muss das gesamte Verfahren auch in den Einzelheiten dokumentiert sein, so dass der Vergabevermerk einen erheblichen Detaillierungsgrad aufzuweisen hat.

VPRRS 2005, 0423

VK Bund, Beschluss vom 04.05.2005 - VK 3-22/05
1. Die Antragsbefugnis für einen Nachprüfungsantrag fehlt, wenn das Angebot des Antragstellers auf einem wirtschaftlich aussichtslosen Rang liegt und hinsichtlch der übrigen Angebote kein Ausschlussgrund vorliegt. Es erscheint insoweit ausgeschlossen, dass der preisliche Nachteil des Angebots des Antragstellers im Vergleich zu den anderen Angeboten durch die Bewertung des Angebots nach weiteren Zuschlagskriterien (z.B. Qualität und Zuschlagfrist) kompensiert werden kann.
2. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A ist - bis auf Ausnahmefälle - keine bieterschützende Vorschrift im Sinn von § 97 Abs. 7 GWB.
3. Ein Ausschluss wegen wettbewerbsbeschränkendem Verhalten setzt voraus, dass konkrete Hinweise für eine wettbewerbsbeschränkende Absprache in Hinblick auf das konkrete Vergabeverfahren zwischen den Unternehmen vorliegen.
4. Der Rechtsprechung des EuGH zu Nebenangeboten wird dadurch Rechnung getragen, dass es sich bei den Nebenangeboten um technische Nebenangebote handeln muss.

VPRRS 2005, 0421

VK Bund, Beschluss vom 17.05.2005 - VK 1-26/05
1. Die Vergabestelle verfügt bei Anhaltspunkten für einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis über keinerlei Ermessen dahingehend, ob sie eine Überprüfung durchführt oder davon absieht.
2. Bei der Prüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises spielt es keine Rolle, ob die Kalkulationsmethode des Bieters branchenüblich ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr ihre Nachvollziehbarkeit aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht.

VPRRS 2005, 0420

VK Bund, Beschluss vom 09.05.2005 - VK 1-20/05
1. Die Vergabestelle verfügt bei Anhaltspunkten für einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis über keinerlei Ermessen dahingehend, ob sie eine Überprüfung durchführt oder davon absieht.
2. Bei der Prüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises spielt es keine Rolle, ob die Kalkulationsmethode des Bieters branchenüblich ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr ihre Nachvollziehbarkeit aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht.

VPRRS 2005, 0419

VK Bund, Beschluss vom 24.06.2004 - VK 2-70/04
1. Die Aufhebung einer Ausschreibung kann in einem Nachprüfungsverfahren überprüft werden.
2. Die Aufhebung der Aufhebungsentscheidung des Auftraggebers durch die Vergabekammer kommt bei fortbestehender Vergabeabsicht in Betracht.
3. Als Entscheidung der Vergabekammer kommt auch die Aufhebung der Aufhebungsentscheidung des Auftraggebers und die Verpflichtung des Auftraggebers zur Wiederholung der Eignungsprüfung in Betracht.
4. Die mangelnde Eignung aller Bieter ist ein schwerwiegender Grund, der zur Aufhebung einer Ausschreibung berechtigt.

VPRRS 2005, 0413

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.11.2004 - 1 VK LVwA 62/04
1. Aufgrund des im Vergaberecht geltenden und im § 107 Abs. 3 GWB manifestierten Beschleunigungsgrundsatzes muss die Rüge auf dem schnellstmöglichen Weg, gegebenenfalls per Fax oder Telefon erfolgen.
2. Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die Erkenntnis der vermeintlichen Rechtswidrigkeit zuzüglich der für die Formulierung benötigten Zeit annähernd mit dem Auslaufen der Frist des § 13 S. 5 VgV zusammenfallen würde.

VPRRS 2005, 0410

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.01.2004 - VK Hal 26/03
1. Aus § 101 Abs. 5 S. 1 GWB und § 3 a Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A folgt der Vorrang des Offenen Verfahrens vor dem Nichtoffenen Verfahren. Danach muss ein Offenes Verfahren stattfinden, falls nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen. Nur wenn die engen Ausnahmetatbestände für eine Ausschreibung im Nichtoffenen Verfahren (§§ 3 a Nr. 1 Abs. 1 i. V. m. 3 Nr. 3 VOL/A) vorliegen, darf überhaupt auf die gewählte Verfahrensart zurückgegriffen werden. Die Beweislast für das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen für das Abweichen vom Offenen Verfahren liegt dabei beim Auftraggeber.
2. Aufgrund seines Ausnahmecharakters ist § 3 Nr. 3 a VOL/A eng auszulegen.
3. Ein unverhältnismäßiger Aufwand i. S. d. § 3 Nr. 3 b VOL/A kann ein Nichtoffenes Verfahren rechtfertigen. Der Auftraggeber muss im Rahmen des § 3 Nr. 3 b VOL/A eine Prognose anstellen, welchen konkreten Aufwand ein Offenes Verfahren bei ihm, aber auch bei der noch unbekannten Anzahl potenzieller Bieter voraussichtlich verursachen würde. Dabei hat er auf Grundlage benötigter Verdingungsunterlagen, den Kalkulationsaufwand eines durchschnittlichen Bieters für die Erstellung und Übersendung der Angebote und dessen sonstige Kosten (Einholung von Auskünften bei Zulieferern etc.) zu schätzen. Zum Teil kann der Auftraggeber auch auf Erfahrungswerte parallel gelagerter Ausschreibungen zurückgreifen oder auf eigene Schätzungen in Fällen der möglichen Überschreitung der EU-Schwellenwerte. Diese ermittelten Schätzkosten sind danach in ein Verhältnis zu dem beim Auftraggeber durch das Offene Verfahren erreichbaren Vorteil oder den Wert der Leistung zu.

VPRRS 2005, 0409

VK Halle, Beschluss vom 10.11.2003 - VK Hal 20/03
1. Ein drohender Schaden liegt nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde. Dann kann dahinstehen, ob seitens des Antragstellers ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung seiner Rechte vorliegt, da es hier an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt.
2. Der Auftraggeber kann von der in der Verdingungsordnung verankerten Ermächtigung (vgl. § 7 Nr. 4 VOL/A), Nachweise von den Bietern zur Beurteilung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu verlangen, Gebrauch machen, in dem er mit der europaweiten Vergabebekanntmachung bestimmte Eignungsnachweise fordert. Der Auftraggeber kann Referenzen fordern. Unter dem Begriff der Referenz ist bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Empfehlung eines Dritten zu verstehen. Eine ledigliche Benennung von Vertragspartnern ermöglicht es zwar dem Auftraggeber mit diesen Kontakt aufzunehmen und sich entsprechende Referenzen ausstellen zu lassen, der Pflicht zur Vorlage von Referenzen wird jedoch damit nicht genügt. Das Erfordernis der Vorlage geforderter Nachweise mit dem Angebot folgt auch schon aus den Regelungen des § 21 VOL/A und der Ermächtigung aus § 7 a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A in Verbindung mit §§ 17 Nr. 1 Abs. 2 m) und 17 a VOL/A.

VPRRS 2005, 0403

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.03.2004 - 1 VK LVwA 06/04
1. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angebote die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten müssen.*)
2. § 10 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A legt als Grundsatz zwingend fest, dass in den Verdingungsunterlagen eine Aussage darüber enthalten sein muss, welche Bedingungen Vertragsbestandteil werden. Beabsichtigt der Bieter entsprechend der Bewerbungsbedingungen, Teile der Leistung von Nachunternehmern ausführen zu lassen, muss der Bieter in seinem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und auf Verlangen die vorgesehenen Nachunternehmer benennen. Vergibt er gesamten Leistungsumfang an NAN ist auf Verlangen die Kopie der Handwerkskarte vorzulegen.*)
3. Kopie der Bewerbererklärung genügt nicht den Anforderungen.*)

VPRRS 2005, 0399

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.04.2005 - VK 08/05
Ein "offenbares Missverhältnis" zwischen Preis und Leistung im Sinn von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ist dann gegeben, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt.

VPRRS 2005, 0398

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.04.2005 - VK 8/05
Ein "offenbares Missverhältnis" zwischen Preis und Leistung im Sinn von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ist dann gegeben, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt.

VPRRS 2005, 0396

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.02.2005 - VK 1/05
1. Der Anwendungsbereich des GWB ist abhängig von objektiven Zulässigkeitsvoraussetzungen, die nicht zur Disposition der Verfahrenbeteiligten stehen.
2. Der Anhang I der BKR entfaltet hinsichtlich seiner Verbindlichkeit nur eine Indizwirkung für die öffentliche Auftraggebereigenschaft. Es bedarf stets einer Einzelfallprüfung, ob die Begriffsmerkmale gegeben sind.
3. Die bloße Rechtsaufsicht ist keine Aufsicht im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB.
4. Ein Gemeinde-Unfallversicherungsträger, bei dem es sich um einen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand handelt, der primär für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes zuständig ist, ist ein öffentlicher Auftraggeber.

VPRRS 2005, 0387

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.11.2004 - 1 Verg 6/04
1. Eine staatsferne Körperschaft des Privatrechts unterfällt auch dann nicht dem Anwendungsbereich des § 7 Nr. 6 VOL/A, wenn ihre wirtschaftliche Betätigung ganz oder teilweise (§§ 64 f. AO) steuerlich privilegiert ist.*)
2. Im Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB kann sich die Vergabestelle grundsätzlich nicht mit Erfolg auf eine besondere Eilbedürftigkeit der Auftragsvergabe berufen, wenn sie es ohne Not versäumt hat, die Möglichkeit eines 2-stufigen Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen.*)
3. Wird ein nicht beigeladener Bieter durch die Entscheidung der Vergabekammer erstmalig beschwert oder besteht die Möglichkeit, daß er durch die Beschwerdeentscheidung materiell beschwert wird, so muß ihm in einem förmlichen Verfahren rechtliches Gehör gewährt werden. Dies geht nur durch Beiladung im Beschwerdeverfahren.*)

VPRRS 2005, 0385

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.09.2004 - W (Kart) 24/04
Der Geheimwettbewerb ist grundsätzlich nicht gewahrt, wenn sich ein Bieter sowohl mit einem eigenen Angebot als auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft um den ausgeschriebenen Auftrag bemüht. Die Vergabestelle trifft keine Verpflichtung, dem Bieter bei Abgabe eines Parallelangebots vor seinem Ausschluss eine Gelegenheit einzuräumen nachzuweisen, dass der Geheimwettbewerb ausnahmsweise gewährleistet ist.

VPRRS 2005, 0384

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.01.2005 - 1 VK LVwA 71/04
1. Für die Kenntnis des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist das Wissen um einen Sachverhalt ausreichend, der aus subjektiver Sicht des Bieters den Schluss auf einen Vergabeverstoß erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheint, das Vergabeverfahren zu beanstanden. Dieser Zeitpunkt kann mit der Kenntnis vom Inhalt des Informationsschreibens nach § 13 VgV gegeben sein.
2. Wenn ein Bieter sich rechtlichen Rat einholt, muss er auch dafür Sorge tragen, dass es zu einer unverzüglichen und vollständigen Information des den Bieter vertretenden Anwaltes kommt.

VPRRS 2005, 0383

OLG München, Beschluss vom 07.06.2005 - Verg 04/05
1. Eine Stiftung des öffentlichen Rechts, die neben im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben der Kranken- und Altenpflege auch gewerbliche Tätigkeiten zum Zwecke der Erhaltung des Stiftungsvermögens ausführt, ist öffentliche Auftraggeberin.*)
2. Schreibt die Stiftung einen den Schwellenwert übersteigenden Dienstleistungsauftrag nicht förmlich aus, sondern schließt nach Verhandlungen mit zwei Unternehmen unter Ausschluss des bisherigen Vertragspartners mit einem der beiden Unternehmen einen Vertrag, ist dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen § 13 Satz 6 VgV unwirksam.*)
3. Das übergangene Unternehmen hat einen Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber den unter Verstoß gegen das Vergaberecht ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens geschlossenen Vertrag nur in einem förmlichen Verfahren vergibt.*)
4. Zur Zulässigkeit einer Änderung einer Stiftungssatzung bei einer Stiftung des öffentlichen Rechts.*)

VPRRS 2005, 0382

OLG München, Beschluss vom 07.06.2005 - Verg 004/05
1. Eine Stiftung des öffentlichen Rechts, die neben im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben der Kranken- und Altenpflege auch gewerbliche Tätigkeiten zum Zwecke der Erhaltung des Stiftungsvermögens ausführt, ist öffentliche Auftraggeberin.*)
2. Schreibt die Stiftung einen den Schwellenwert übersteigenden Dienstleistungsauftrag nicht förmlich aus, sondern schließt nach Verhandlungen mit zwei Unternehmen unter Ausschluss des bisherigen Vertragspartners mit einem der beiden Unternehmen einen Vertrag, ist dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen § 13 Satz 6 VgV unwirksam.*)
3. Das übergangene Unternehmen hat einen Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber den unter Verstoß gegen das Vergaberecht ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens geschlossenen Vertrag nur in einem förmlichen Verfahren vergibt.*)
4. Zur Zulässigkeit einer Änderung einer Stiftungssatzung bei einer Stiftung des öffentlichen Rechts.*)

VPRRS 2005, 0381

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.05.2005 - Verg 19/05
1. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt vor, wenn der Bieter die zu erbringende Leistung abändert und eine andere als ausgeschriebene Leistung anbietet.
2. Die Feststellung der Abweichung eines Bieterangebots von den in den Verdingungsunterlagen gemachten Vorgaben setzt voraus, dass der Gegenstand und Inhalt der Leistung eindeutig beschrieben sind und die am Auftrag interessierten Unternehmen daran klar erkennen können, wann jeweils die Grenze zu einer inhaltlichen Änderung der Leistungsanforderungen des Auftraggebers überschritten ist.

VPRRS 2005, 0380

OLG München, Beschluss vom 07.06.2005 - Verg 4/05
1. Eine Stiftung des öffentlichen Rechts, die neben im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben der Kranken- und Altenpflege auch gewerbliche Tätigkeiten zum Zwecke der Erhaltung des Stiftungsvermögens ausführt, ist öffentliche Auftraggeberin.*)
2. Schreibt die Stiftung einen den Schwellenwert übersteigenden Dienstleistungsauftrag nicht förmlich aus, sondern schließt nach Verhandlungen mit zwei Unternehmen unter Ausschluss des bisherigen Vertragspartners mit einem der beiden Unternehmen einen Vertrag, ist dieser Vertrag wegen Verstoßes gegen § 13 Satz 6 VgV unwirksam.*)
3. Das übergangene Unternehmen hat einen Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber den unter Verstoß gegen das Vergaberecht ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens geschlossenen Vertrag nur in einem förmlichen Verfahren vergibt.*)
4. Zur Zulässigkeit einer Änderung einer Stiftungssatzung bei einer Stiftung des öffentlichen Rechts.*)

VPRRS 2005, 0375

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.04.2004 - 1 VK LVwA 13/04
Nach § 25 Nr. 1 Abs.2 a) VOL/A können Angebote ausgeschlossen werden, die nicht die geforderten Erklärungen enthalten (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A). Die Entscheidung über den Ausschluss steht im pflichtgemäßen Ermessen des Auftragsgebers. Das auszuübende Ermessen ist auf Null reduziert, wenn der Auftraggeber konkret den Zeitpunkt zur Vorlage der Bewerbererklärung festlegt und bestimmt, dass unvollständige Angebote nicht berücksichtigt werden.

VPRRS 2005, 0373

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.04.2005 - 1 VK LVwA 17/05
Die Bewerbererklärung ist eine Erklärung, die der Auftraggeber im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A mit Abgabe der Angebotsunterlagen forderte. Fehlt bei der Angebotseröffnung diese kalkulationserhebliche Bewerbererklärung, welche bestimmte Verpflichtungen enthält, muss das Angebot ausgeschlossen werden.*)

VPRRS 2005, 0365

VK Halle, Beschluss vom 23.06.2003 - VK Hal 06/03
1. Die rechtliche Bewertung von Tatsachen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 b)i.V.m. § 7 Nr. 5 VOL/A ist nicht mit dem Begriff der Tatsachenkenntnis gleichzusetzen.
2. Ein Rückgriff auf das Nichtvorliegen von Eignungskriterien ist auch im Verhandlungsverfahren möglich, wenn der Auftraggeber hinsichtlich der Feststellung der Ungeeignetheit kein Ermessen zukommt.
3. § 107 GONW kommt keine drittschützende Wirkung im Wettbewerb zu. Die Verletzung einer Marktzutrittsregelung ist nicht mit einem unlauteren Verhalten am Markt gleichzusetzen.
4. Wettbewerbsbeeinflussung ist ungleich Wettbewerbsbeeinträchtigung.

VPRRS 2005, 0363

VK Halle, Beschluss vom 28.07.2003 - VK Hal 12/03
1. Es kann dahinstehen, ob seitens des Antragstellers ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung seiner Rechte vorliegt, wenn es an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde.
2. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A müssen die Angebote neben den Preisen auch die sonstigen Angaben und Erklärungen enthalten. Fehlen diese, so führt das nicht automatisch zum Ausschluss des jeweiligen Angebotes nach § 25 VOL/A. Die Entscheidung über den Ausschluss liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers. Entscheidendes Kriterium für die Ermessensausübung ist dabei, ob das Ergänzen der fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändert. Darüber hinaus kann sich der Auftraggeber bereits vorab in der Ausübung des Ermessens gebunden haben, wenn diese Festlegungen zur Behandlung betreffender Angebote bereits in den Verdingungsunterlagen bekannt gemacht hat.
3. § 24 VOL/A räumt lediglich die Möglichkeit ein, Zweifel hinsichtlich der Eindeutigkeit der Angebote oder die Bieter zu beheben.

VPRRS 2005, 0362

OLG München, Beschluss vom 08.06.2005 - Verg 3/05
Setzt die Vergabestelle anstelle eines Rechtsanwalts einen ihrer Beamten ein, um im Verfahren vor der Vergabekammer Schriftsätze zu erstellen oder Besprechungen durchzuführen, so können für dessen Arbeitszeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens keine anteiligen oder fiktiven Personalkosten geltend gemacht werden, auch wenn es sich um einen Beamten mit der Befähigung zum Richteramt handelt.*)

VPRRS 2005, 0355

VK Lüneburg, Beschluss vom 03.05.2005 - VgK-14/2005
1. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOB/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten.
2. Mit der EU-weiten Ausschreibung eines Loses einer Bauleistung bindet der Auftraggeber sich dahin, dass er dieses Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet ist.
3. Für die Wertung der Angebote hat sich der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium „wirtschaftlichstes Angebot“ den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium „niedrigster Preis“ zu geben.
4. Nur in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat oder ausdrücklich nur das Kriterium „Preis“ benannt hat, kann und darf ausschließlich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zugrunde gelegt werden.
5. Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nicht ableiten, dass die Definition und Bekanntmachung von technischen Mindestanforderungen zwingende Voraussetzung für die Wertbarkeit von Nebenangeboten ist.
6. Wird bei Vorgabe eines Leitfabrikats dieses Leitfabrikat oder ein gleichwertiges Fabrikat angeboten, kann die fehlende Festlegung durch eine Angebotsaufklärung nachgeholt werden.

VPRRS 2005, 0354

VK Lüneburg, Beschluss vom 12.05.2005 - VgK-15/2005
1. Die Antragsbefugnis liegt auch ohne Abgabe eines Angebots vor, wenn der Antragsteller vorträgt, dass er sich aufgrund einer markenspezifischen Ausschreibung nicht mit eigenen, von ihm selbst hergestellten Produkten am Vergabeverfahren beteiligen kann.
2. Zum Sinn und Zweck des Gebots zur produktneutralen Ausschreibung.
3. Eine produktspezifische Ausschreibung ist dann gerechtfertigt, wenn sie durch die Eigenart und die Beschaffenheit der zu vergebenden Leistung gerechtfertigt ist.
4. Nicht jegliche nie völlig auszuschließende Gefahr von Kompatibilitätsproblemen berechtigt den öffentlichen Auftraggeber ohne weiteres, vom vergaberechtlichen Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung abzuweichen. Dies würde vielmehr dazu führen, dass die absolute Ausnahmeregelung des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A zumindest für den gesamten EDV- und IuK-Bereich zur Regel würde.

VPRRS 2005, 0353

VK Lüneburg, Beschluss vom 17.05.2005 - VgK-16/2005
1. Eine anonyme Rüge erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB.
2. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieter allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
3. Sind zwischen der Möglichkeit der Geltendmachung der Rechts eines Bieters auf Durchsetzung eventueller vergaberechtlicher Ansprüche und seinem Nachprüfungsantrag mehr als 10 Monate verstrichen, hat der Bieter die Antragsbefugnis verwirkt.

VPRRS 2005, 0352

OLG München, Beschluss vom 08.06.2005 - Verg 003/05
Setzt die Vergabestelle anstelle eines Rechtsanwalts einen ihrer Beamten ein, um im Verfahren vor der Vergabekammer Schriftsätze zu erstellen oder Besprechungen durchzuführen, so können für dessen Arbeitszeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens keine anteiligen oder fiktiven Personalkosten geltend gemacht werden, auch wenn es sich um einen Beamten mit der Befähigung zum Richteramt handelt.*)

VPRRS 2005, 0351

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2005 - VK 2-LVwA LSA 6/05
1. Die Rüge muss aufgrund der kurzen Fristen, die im Vergabeverfahren gelten, im Regelfall höchstens innerhalb von ein bis drei Tagen erfolgen.
2. Bei einem Teilnahmewettbewerb erfolgt die Auswahl nur unter solchen Bewerbern, die die geforderten Unterlagen mit dem Teilnahmeantrag vorlegen. Anträge, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, sind zwingend nicht weiter zu berücksichtigen. Insoweit steht der Vergabestelle kein Beurteilungsspielraum zu.
3. Die Aufhebung eines Verhandlungsverfahrens erfolgt nach den Grundsätzen über die Aufhebung einer Ausschreibung.
4. Gehen bei einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb bereits im Auswahlverfahren keine Teilnahmeanträge ein, die den zwingend vom Auftraggeber vorgegebenen Bewerbungsbedingungen entsprechen, kann die Vergabestelle keinen Zuschlag erteilen. Das Verhandlungsverfahren ist aufzuheben.

VPRRS 2005, 0350

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.03.2005 - 1 VK LVwA 04/05
Der Gesetzgeber lässt die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB damit beginnen, dass dem Bieter diejenigen Tatsachen bekannt werden, aus denen für diesen ein tatsächlicher oder vermeintlicher Vergabefehler folgt. Für die Annahme der Kenntnis vom vermeintlichen Vergabeverstoß ist eine zumindest laienhafte rechtliche Wertung des Bieters ausreichend. Eine bloße Erkennbarkeit i. S. d. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB kann aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts des hier einschlägigen § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB zwar nicht als ausreichend erachtet werden, dennoch besteht die Rügeobliegenheit nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem der Bieter Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt. Ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der aus subjektiver Sicht des Bieters den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß erlaubt, und der es bei vernünftiger Betrachtung als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.

VPRRS 2005, 0348

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2005 - 1 VK LVwA 01/05
1. Die Neubewertung der Teilnahmeanträge ist unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen §§ 18, 11 e) 2. Alt., 12 c), 10 VOF i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB unausweichlich.*)
2. Ein bloßer Beschluss der Verbandsversammlung, bestimmte Bewerber in die eigentlichen Vertragsverhandlungen einzubeziehen, kann nicht als Vergabevermerk im Sinne des § 18 VOF oder auch nicht nur als Bestandteil eines solchen angesehen werden.*)
3. Nicht ordnungsgemäß ausermittelt und damit ermessensfehlerbehaftet sind weiterhin die Ausführungen der Antragsgegnerseite zur mangelnden Vollständigkeit der Bewerberunterlagen der Antragstellerin nach §§ 11 e) 2. Alt., 12 c) VOF.*)

VPRRS 2005, 0347

KG, Beschluss vom 13.01.2005 - 2 Verg 26/04
Bei Vergabe von entgeltregulierten Dienstleistungen müssen die öffentlichen Auftraggeber durch die Ausgestaltung der Vergabe- und Vertragsbedingungen sicherstellen, dass Unzuträglichkeiten - hier die nicht rechtzeitige Genehmigung der kalkulierten Entgeltpreise durch die Regulierungsbehörde - vermieden werden und damit auch den Vorgaben des PostG im Vergabewettbewerb Rechnung getragen wird. Um den Vergabewettbewerb nicht über Gebühr zu beeinträchtigen, reicht es aus, wenn die Genehmigung nach Ablauf der Angebotsfrist erteilt wird.

VPRRS 2005, 0346

VK Sachsen, Beschluss vom 29.12.2004 - 1/SVK/123-04
1. Ein Antragsteller genügt nicht der Darlegungsverpflichtung hinsichtlich eines drohenden Schadens im Rahmen der Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB, wenn er im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.07.2004 (2 BvR 22489/03) noch nicht einmal vorträgt, dass der gerügte Vergabeverstoß geeignet ist, eine Chancenbeeinträchtigung hinsichtlich des Zuschlags zu begründen.*)
2. Ein Ausschluss eines Angebotes nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit e) VOL/A ist auch im Verhandlungsverfahren vorzunehmen, wenn das ausdrücklich binnen gesetzter Frist vorzulegende Originalangebot aufgrund eines Zustellversehens der Deutschen Post AG erst nach Fristablauf beim Auftraggeber zugeht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bieter das Angebot binnen einen zweiten vorgelagerten Frist dem Auftraggeber schon einmal zugefaxt hatte, dieser aber ausdrücklich auch noch die fristgerechte Einreichung des Originalangebotes binnen Frist gefordert hatte.*)
3. Das Gebot des fairen Preis- und Leistungswettbewerbs als auch der Grundsatz der Gleichbehandlung nach § 97 GWB gebieten es, dass die Bieter in dem Zeitpunkt, in dem der Auftraggeber die Verhandlungen im Verhandlungsverfahren beendet und zur abschließenden Angebotswertung schreitet, an ihre Angebote gebunden sind und eine nachträgliche Änderung oder Ergänzung der von ihnen unterbreiteten Offerten ausgeschlossen ist. In gleicher Weise wie bei einem Offenen Verfahren muss auch im Verhandlungsverfahren jeder Bieter darauf vertrauen können, dass nur diejenigen Angebote in die Wertung eingestellt werden, die zum Schluss der letzten Verhandlungsrunde des Auftraggebers vorlagen. Auch hier ist es ein Gebot der Chancengleichheit und des fairen Wettbewerbs um den ausgeschriebenen Auftrag, dass kein Bieter sein Angebot im Nachhinein, d. h. nach Ablauf der vom Auftraggeber festgelegten Einreichungsfrist, ändern kann (wie OLG Düsseldorf, B. v. 25.07.2002, Verg 33/02).*)

VPRRS 2005, 0345

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.03.2005 - 1 VK LVwA 02/05
1. Ein pauschalierter Schadenersatz ist zwar möglich, dem Verpflichteten muss jedoch stets die Möglichkeit offen bleiben, den Nachweis eines tatsächlich geringeren Schadens zu führen.*)
2. Der durch den Auftraggeber als Grenze der Preisanpassung vorgesehene Selbstkostenerstattungspreis steht als nicht im Wettbewerb ermittelter Preis im Widerspruch zur Grundregel des Vergaberechts, die auch im Rahmen der Preisanpassung ihre uneingeschränkte Geltung behalten muss.*)
3. Der Wettbewerbspreis wird als fester Preis über den Zeitraum von drei Jahren vereinbart und muss insoweit die zu erwartende Preisentwicklung in diesem Zeitraum widerspiegeln. Diese Regelung ist für die Bieter zumutbar und daher bedarf daher im Rahmen einer gesunden Interessenabwägung zwischen den Beteiligten eines Vergabeverfahrens keiner Beanstandung.*)
4. Die Verpflichtung zur Rüge entsteht ab dem Zeitpunkt des tatsächlichen Erkennens bzw. ab dem Moment, wo der Bieter sich einer sich aufdrängenden Erkenntnis verschließt.*)
5. Wenn aus den Vergabeunterlagen hinsichtlich einzelner Paragrafen des Dienstleistungsvertrages keine Anhaltspunkte erkennbar sind, die einen Rückschluss auf den Zeitpunkt des aufkommenden Zweifels zulassen, kann durch die Kammer eine frühere Kenntnis gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB von vermeintlichen Vergabeverstößen nicht unterstellt werden.*)

VPRRS 2005, 0344

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.02.2005 - 1 VK LVwA 03/05
1. Wollte man es dem Auftraggeber in die Hand geben, ein Rügeerfordernis durch wohl dosierte Informationsfreigabe zum selben Sachthema immer wieder neu aufleben zu lassen, so würde man den Sinn und Zweck einer Rüge aus den Augen verlieren und dem Auftraggeber ein Instrument in die Hände geben, dem potentiellen Antragsteller ohne Rechtfertigung im Rahmen eines allgemeinen Interessenausgleiches unnötige prozessuale Stolpersteine in den Weg zu legen.*)
2. Es gehört zum Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der öffentliche Auftraggeber alle wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in den Vergabeakten dokumentiert.*)
3. Hinsichtlich der Fachkunde und Leistungsfähigkeit (vgl. §§ 12 und 13 VOF) kommt es auf die der Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehende Kapazität an, hinsichtlich der Zuverlässigkeit (vgl. § 11 VOF) müssen die geforderten Voraussetzungen hingegen bei jedem Mitglied der Bietergemeinschaft vorliegen.*)

VPRRS 2005, 0343

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.05.2005 - 7 B 10356/05
§ 17a GVG ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend anwendbar (Änderung der bisherigen Rechtsprechung im Beschluss vom 01. September 1992 – 7 E 11459/92.OVG -, DVBl. 1993, 260)*)
Für die gerichtliche Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge, auf die gemäß § 100 GWB die §§ 97 ff GWB nicht anwendbar sind, ist der Verwaltungsrechtsweg im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO gegeben.*)

VPRRS 2005, 0342

VK Sachsen, Beschluss vom 27.04.2005 - 1/SVK/032-05
1. Im Rahmen der Überprüfung auffälliger Cent-Positionen - auch nach § 24 VOB/A - kommt es bei der vergaberechtlichen Nachprüfung durch die Vergabekammer einzig und allein darauf an, was der betroffene Bieter aufgrund einer fristgebundenen Vorlageverpflichtung des Auftraggebers in concreto zu deren Rechtfertigung vorlegen sollte - und auch vorgelegt hat -, nicht aber darauf, was etwa ein Allgemeinen Rundschreiben (hier das ARS 25/2004) abstrakt fordert oder welche Nachweise danach tauglich oder weniger tauglich erscheinen.*)
2. Würde man dies anders sehen wollen, hätte es die Vergabestelle in der Hand, eine an der Oberfläche bleibende Abfrage beim betroffenen Bieter vorzunehmen, um dessen Angebot dann - ohne konkrete Nachfrage oder Bietergespräch - nur deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A auszuschließen, weil dieser seiner (nur) aus dem Allgemeinen Rundschreiben abgeleiteten Nachweispflicht nicht tiefgründig genug nachgekommen ist. Bei einer derart sanktionierten Vorgehensweise wäre der Manipulation, insbesondere in mehrzügigen Entscheidungsprozessen mit unterschiedlichen Behörden, Tür und Tor geöffnet.*)
3. Hat somit ein Bieter - ohne dass überhaupt Anhaltspunkte für eine vom Bundesgerichtshof missbilligte Mischkalkulation vorliegen - zum einen die zum Nachweis der Kalkulationsansätze beizubringenden Preisermittlungsgrundlagen (Kalkulationsblätter, Ausschnitt aus der Urkalkulation) - wie einzig abgefordert - beigebracht und stimmen die dortigen Preisansätze mit den Einheitspreisen des Angebots-LV´s überein, so kann ein ggf. vorliegendes "non liquet" - ohne (nochmalige) vertiefte Prüfung samt erhöhtem Anforderungsniveau beim Bieter - nicht zum Ausschluss des Bieterangebots führen, da der Bieter dann das nach § 24 VOB/A Notwenige (zunächst) getan hat.*)
4. Im Übrigen liegt es nach allgemeiner Rechtsauffassung - so auch im Beschluss des BGH vom 18.05.2004 (X ZB 7/04) - im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet. Die vergaberechtlichen Vorschriften enthalten keine Regelungen, nach denen die Vergabestelle gehalten wäre, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten.*)
5. Die Vergabekammer Sachsen sieht sich dabei in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (B. v. 08.02.2005, Verg 100/04 (zur VOL/A)) und des Oberlandesgerichts Rostock (B. v. 15.09.2004, 17 Verg 4/04), wonach es ausreicht, dass ein Bieter auf Nachfrage eine plausible Erklärung für seiner Preisangabe abgibt und diese ersichtlich ernst gemeint abgegeben ist. Zudem hält es die Vergabekammer Sachsen im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 27.11.2001 in den verbundenen Rechtssachen Rs. C-285/99 und C-286/99) für unerlässlich, dem betroffenen Bieter rechtliches Gehör zu dem geplanten Ausschluss samt Begründung zu gewähren, zumal bei der Überprüfung auffälliger (Einzel-)Preispositionen im Gegensatz zur Sachlage bei einem insgesamt unangemessen erscheinenden Gesamtangebot keine neutrale Kostenschätzung des Auftraggebers vorliegt.*)

VPRRS 2005, 0338

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2005 - Verg 93/04
1. Rechtsprechung und Literatur haben sich bislang überwiegend dafür ausgesprochen, einen Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB, der zugleich Auftraggeber gemäß der Nr. 2 von § 98 GWB ist, aus Gründen der Spezialität von § 98 Nr. 2 GWB einheitlich nach den für Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 2 GWB geltenden Anforderungen zu behandeln.
2. Macht ein Antragsteller mit dem Nachprüfungsantrag geltend, der Auftragswert sei in kollusivem Zusammenwirken des Auftraggebers mit einem Bieter willkürlich herabgesetzt worden, ist für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags dieses Vorbringen als wahr zu unterstellen, da anderenfalls dem Antragsteller die nach dem Zweck der §§ 102 ff. GWB einzuräumende Möglichkeit verwehrt wird, die streitige Vergabe im Rechtsweg auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu lassen.
3. Der Primärrechtsschutz scheidet auch dann aus, wenn ein Vertrag auf der Basis einer "de-facto-Vergabe" geschlossen wurde und kein Nichtigkeitsgrund eingreift.
4. Die Entscheidung, welcher Gegenstand oder welche Leistung mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften im Vergabeweg beschafft werden soll, obliegt dem (öffentlichen) Auftraggeber.
5. Die Festlegung besonderer Leistungsmerkmale durch den Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung muss sachlich vertretbar sein.

VPRRS 2005, 0337

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2005 - Verg 23/05
1. Nebenangebote sind nur wertbar, wenn der öffentliche Auftraggeber für sie Mindestanforderungen festgelegt hat.
2. Ist das Angebot des Antragstellers auszuschließen, so kann der Fortgang des Vergabeverfahrens grundsätzlich weder dessen Interessen berühren, noch kann der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Bestimmungen in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.
3. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur für den Fall, in welchem der öffentliche Auftraggeber bei gebührender Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des Antragstellers, sondern gleichermaßen auch das allein in der Wertung verbliebene Angebot des Beigeladenen oder sämtliche tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote hätte ausschließen und (zum Beispiel) ein neues Vergabeverfahren hätte durchführen müssen.

VPRRS 2005, 0336

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2005 - Verg 10/05
1. Eine bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer gegenüber einem Beteiligten des Vergabekammerverfahrens hindert den Vergabesenat aus prozessualen Gründen daran, die Entscheidung der Vergabekammer in diesem Punkt wiederaufzugreifen.
2. Die Entscheidung, einem bestimmten Bieter den Auftrag zu erteilen, kann von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur ausnahmsweise getroffen werden, nämlich dann, wenn unter Beachtung aller bestehenden Wertungsspielräume der Vergabestelle die Erteilung des Zuschlags an einen bestimmten Bieter die einzig rechtmäßige Entscheidung ist.

VPRRS 2005, 0335

OLG München, Beschluss vom 15.03.2005 - Verg 2/05
1. Zur Überprüfung der Eignung darf der Auftraggeber unter anderem nach § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A von den Bewerbern Bescheinigungen oder (Eigen-)Erklärungen zu dem in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A enthaltenen Katalog verlangen, der in Buchst. a) bis f) Gesichtspunkte enthält, die der Eignung entgegenstehen.
2. In § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A ist eine Mitwirkungspflicht der Bewerber normiert. Deren Nichtbeachtung kann nicht dazu führen, dass dem Auftraggeber eigene Recherchen obliegen, die gerade durch die Mitwirkungspflicht der Bewerber vermieden werden sollen.
3. Erwägt der Auftraggeber den Ausschluss eines Unternehmers vom Wettbewerb nach einem in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A genannten Grund, so muss er diesem zuvor rechtliches Gehör gewähren. Dies ist aber nicht geboten, wenn ein Bewerber die ausdrücklich geforderten Nachweise nicht mit seinem Teilnahmeantrag vorlegt.
4. Der Umstand, dass andere Bewerber gegebenenfalls zu Unrecht berücksichtigt wurden, bedeutet nicht, dass auch der Antragsteller zu Unrecht zu berücksichtigen gewesen wäre.
