Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4957 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2011
VPRRS 2011, 0208
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.07.2010 - Verg 22/10
Dem Auftraggeber kommt bei der Festlegung des auf der vierten Stufe der Angebotswertung anzuwendenden Verfahrens ein prinzipiell weiter und nur eingeschränkt kontrollierbarer Gestaltungsspielraum zu. Die die Modalitäten betreffenden Festlegungen des Auftraggebers müssen nur transparent, diskriminierungsfrei und nach den Umständen vertretbar sein. Sie dürfen nicht außerhalb allgemein anerkannter Bewertungsgrundsätze und zwingender rechtlicher Vorgaben liegen.

VPRRS 2011, 0445

VK Bund, Beschluss vom 07.04.2011 - VK 3-25/11
Sind die Erfolgsaussichten bereits gut einzuschätzen, müssen sie Berücksichtigung bei der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag finden.

VPRRS 2011, 0444

VK Bund, Beschluss vom 26.04.2011 - VK 3-50/11
1. Für die Entscheidung, ob der Zuschlag trotz des noch laufenden Nachprüfungsverfahrens gestattet werden soll, sieht § 115 Abs. 2 GWB eine Interessenabwägung vor.
2. Die Erfolgsaussichten müssen nicht in jedem Fall berücksichtigt werden, insbesondere dann nicht, wenn sie noch nicht absehbar sind.
3. Wenn die Erfolgsaussichten jedoch bereits gut eingeschätzt werden können, so müssen sie auch in die eine oder andere Richtung bei der Gewichtung des Interesses des Antragstellers am Erhalt des Primärrechtsschutzes Berücksichtigung finden.

VPRRS 2011, 0205

OLG München, Beschluss vom 22.06.2011 - Verg 6/11
Zu den Voraussetzungen für eine Direktvergabe im öffentlichen Personennahverkehr nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 und zum Rechtsschutz davon betroffener Unternehmer.*)

VPRRS 2011, 0203

VK Lüneburg, Beschluss vom 10.05.2011 - VgK-11/2011
1. § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB ist eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Auftragsvergabe in Form der elektronischen Auktion.
2. Bei der elektronischen Auktion wird in einem mehrstufigen Verfahren auf den niedrigsten Preis und/oder die besten Konditionen geboten.
3. Die elektronische Auktion kann für offene und nicht offene Verfahren sowie für Verhandlungsverfahren eingesetzt werden.
4. Bei einer elektronischen Auktion ist der Auftraggeber an sämtliche Vorgaben des Art. 54 Richtlinie 2004/18/EG gebunden, die insoweit die Regelungen der VOL/A EG modifizieren.

VPRRS 2011, 0200

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.05.2010 - 1 VK LVwA 68/09
1. Die Kenntnis der rechtlich strittigen Erwägungen kann ausnahmsweise mit der Kenntnis ihrer vermeintlichen Rechtswidrigkeit gleichgesetzt werden. Persönliche Arbeitsbelastung entbindet nicht von der Verpflichtung zum unverzüglichen Handeln.*)
2. Bei der Rügefrist ist das Wochenende regelmäßig mit einzubeziehen.*)
3. Erkennt der Rügende den vermeintlichen Vergabeverstoß bzw. hat er sich dieser Erkenntnis schuldhaft verschlossen, so gilt auch bei Verstößen, die aus den Verdingungsunterlagen erkennbar sind, die allgemeine Verpflichtung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB zum unverzüglichen Handeln gegenüber der Auftraggeberseite, da der § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB nur eine Höchstfrist beschreibt.*)

VPRRS 2011, 0199

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.05.2011 - Verg 44/11
1. Zu der Frage, ob das Angebot des Bieters wegen mangelnder Eignung ausgeschlossen werden kann, wenn die Bekanntmachung hinsichtlich der Eignungskriterien nachträglich korrigiert wurde und nicht ganz stimmig war.
2. Ein Ausschluss wegen fehlender Eignung kommt in Betracht, wenn die erst in einer nachträglichen Berichtigungsbekanntmachung geforderten Eignungsnachweise im Wege der Auslegung hinreichend klar bestimmt werden können.
3. Eine Bekanntmachung ist so auszulegen, dass Verweise nicht ins Leere laufen.

VPRRS 2011, 0197

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.02.2010 - 1 VK LVwA 63/09
1. Aufgrund von bestimmten Informationen kann sich Rückschluss auf ein vergaberechtswidriges Verhalten aufdrängen.*)
2. Die Einbeziehung eines Rechtsbeistandes kann die gesetzliche Pflicht zur Rüge nicht hinauszögern.*)
3. Eine Verpflichtung zur Losaufteilung besteht dann ausnahmsweise nicht, wenn berechtigte Auftraggeberinteressen einer Aufteilung entgegenstehen.*)

VPRRS 2011, 0196

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.12.2009 - 1 VK LVwA 55/09
Der geschlossene Entsorgungsvertrag bleibt in seiner Wirksamkeit von der Veräußerung der Gesellschafteranteile unbeeinflusst, so dass der bereits erteilte Zuschlag ausweislich § 114 Abs. 2 Satz 1GWB fortwirkt. Eine erfolgreich im Wege eines Nachprüfungsverfahrens angreifbare de facto-Vergabe liegt nicht vor.*)

VPRRS 2011, 0194

VK Sachsen, Beschluss vom 15.02.2011 - 1/SVK/052-10
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf die Wertungsmatrix nicht erst nach Öffnung der Angebote festlegen.*)
2. Eine Konzernzugehörigkeit bzw. gesellschaftsrechtliche Verbundenheit eines Bieters mit dem Auftraggeber impliziert noch nicht zwangsläufig wettbewerbsverletzende Verhaltensweisen. Vielmehr ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bzw. des Diskriminierungsverbotes greifbar ist.*)
3. Die VOF kennt keine Norm, die dem § 8 Nr. 6 VOB/A a.F. oder dem § 7 Nr. 6 VOL/A a.F. ähnlich ist, die Gebietskörperschaften die Teilnahme am Vergabeverfahren verwehrt. Insoweit ist zu beachten, dass das europäische Vergaberecht vergaberechtliche Ausschlussgründe regelmäßig nicht an die staatliche Eigentümerstellung des Unternehmens knüpft, sondern daran, ob die Teilnahme des Bieters geeignet sein könnte, den Wettbewerb zu verzerren, was dann der Fall sein dürfte, wenn der Bieter staatliche Beihilfen erhält und somit faktisch kein Insolvenzrisiko trägt.*)
4. Die Beteiligung von Projektanten auf Bieterseite im Vergabeverfahren ist grundsätzlich geeignet, den ordnungsgemäßen Vergabewettbewerb zu gefährden. Allerdings sind öffentliche Auftraggeber wie Nachprüfungsbehörden gehalten, in jedem Einzelfall zu hinterfragen, ob die Beteiligung im Vorfeld den Vergabewettbewerb tatsächlich negativ beeinflussen konnte.*)
5. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachverstand verfügen. Nicht zulässig ist es allerdings, die Verantwortung für die Vergabe an diese vollständig zu übertragen. Der Auftraggeber muss eigenverantwortlich die wesentlichen Schritte des Vergabeverfahrens durchführen oder nachvollziehen. Das beinhaltet insbesondere, dass sich der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren an Vertragsverhandlungen beteiligt, mögliche Ausschlussgründe nachvollzieht und über den Zuschlag in Kenntnis der gesamten Aktenlage entscheidet und nicht die Mitwirkung an dem Vergabeverfahren auf ein bloßes "Abnicken" beschränkt.*)

VPRRS 2011, 0193

VK Sachsen, Beschluss vom 31.01.2011 - 1/SVK/051-10
1. Eine nachträgliche Festlegung und Gewichtung von Unterkriterien zu einem Wertungskriterium wie bspw. "Funktionalität" stellt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.*)
2. Durch die Angabe von technischen Mindestbedingungen bindet sich der Auftraggeber dahingehend selbst, dass er lediglich solche Produkte als ausschreibungskonform akzeptieren darf, die mindestens die vorgegebenen Parameter erfüllen oder besser als diese sind. Denn ein Auftraggeber hat kein Recht, den für alle Bieter gleichermaßen verbindlich vorgegebenen Vorgaben nachträglich einen von den Verdingungsunterlagen abweichenden Inhalt beizumessen. Die Vorschriften § 19 EG Abs. 3 d i.V.m. § 16 EG Abs. 4 VOL/A 2009 sollen sicherstellen, dass das Angebot den Verdingungsunterlagen entspricht und damit im Wettbewerb vergleichbar ist.*)

VPRRS 2011, 0192

VK Sachsen, Beschluss vom 26.10.2009 - 1/SVK/016-08
Die durch die Inanspruchnahme eines Anwaltes entstandenen Rechtsanwaltsgebühren können mangels Feststellungsinteresses nicht im Rahmen eines Fortsetzungsfeststellungsantrages erfolgreich als schadensersatzfähige Rechtsposition geltend gemacht werden.*)

VPRRS 2011, 0189

VK Sachsen, Beschluss vom 08.04.2011 - 1/SVK/002-11
1. Bei Streitigkeiten über die Vergabe von Integrationsfachdiensten finden die Vorschriften der §§ 97 ff. GWB Anwendung. Es handelt sich nicht um einen sozialrechtlichen Streit nach SGB IX, denn zwischen den Parteien besteht kein sozialrechtliches Verhältnis.
2. Die Frist des § 101b Abs. 2 Satz 2 GWB ist eine absolute Frist. Die Frist kann jedoch nur in Lauf gesetzt werden, wenn eine ordnungsgemäße Bekanntmachung erfolgt ist und die richtige Nachprüfstelle angegeben wurde.*)
3. 101a GWB ist entsprechend anzuwenden, wenn zwar ein förmliches Vergabeverfahren nicht stattgefunden hat, dem Auftraggeber aber -beispielsweise im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens bekannt geworden ist, dass der zu informierende Bieter sich für diesen Auftrag aller Voraussicht nach beworben hätte.*)
4. Die Informationspflicht gilt auch für den Fall, dass ein öffentlicher Auftraggeber ein regelkonformes Ausschreibungsverfahren durchführen will und nur für die Interimszeit einen Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne Beteiligung anderer dem Auftraggeber konkret bekannter Interessenten vergeben will.*)
5. Grundsätzlich kann eine Direktvergabe für einen Interimszeitraum an den bisherigen Leistungserbringer zulässig sein, um für einen Zeitraum, für den aus objektiv zwingenden Gründen die Leistung nicht ausgeschrieben werden kann, eine notwendige Übertragung von Dienstleistungen erfolgen zu lassen.*)
6. Aus der reinen Feststellung der Unwirksamkeit der Direktvergabe für einen Interimszeitraum folgt nicht notwendigerweise eine Rechtsverletzung der Antragstellerin. Insoweit ist zu prüfen, ob eine Aufhebung, die die Feststellung der Unwirksamkeit durch die Vergabekammer nach sich ziehen würde, verhältnismäßig wäre.*)

VPRRS 2011, 0188

VK Sachsen, Beschluss vom 11.03.2011 - 1/SVK/001-11
1. Im Anwendungsbereich der VOF existiert grundsätzlich keine dem § 16 Abs. 3 VOL/A vergleichbare Regelung, nach der Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten, ausgeschlossen werden müssen. Allerdings ergibt sich aus den übergeordneten Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass unvollständige Angebote vom weiteren Wettbewerb auszuschließen sind. Diese Grundsätze sind Ausdruck des Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG und des § 97 Abs. 1, Abs. 2 GWB. Diese Regelungen gehen als höherrangiges Recht den Vorschriften der VOF vor und beanspruchen damit unmittelbare Geltung auch im Anwendungsbereich der VOF.*)
2. § 11 Abs. 3 VOF räumt dem Auftraggeber die Möglichkeit ein, bei Verfahren im Anwendungsbereich der VOF fehlende Unterlagen und Erklärungen nachzureichen. Die Nachforderung von Unterlagen steht damit zunächst im Ermessen des Auftraggebers. Dieser entscheidet, ob von der Möglichkeit überhaupt Gebrauch gemacht werden soll. Hat allerdings der Auftraggeber mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe bereits sein Ermessen ausgeübt und in der Aufforderung zur Angebotsabgabe in eindeutiger Weise formuliert, dass eine Nachforderung von Unterlagen nach dem Ende der Angebotsfrist nicht vorgesehen ist und fehlende Unterlagen zum Ausschluss aus dem Verfahren führen werden, so muss er sich daran festhalten lassen. Eine Nachforderung fehlender Unterlagen ist unter diesen Umständen ausgeschlossen.*)

VPRRS 2011, 0184

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 42/11
1. Das Beschwerdegericht entscheidet unabhängig und selbstständig von der Vergabekammer darüber, ob ein vorzeitiger Zuschlag zu gestatten ist oder nicht. Über den Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlages kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
2. Soweit § 115 Abs. 2 S. 4 GWB der Vergabekammer die Möglichkeit einräumt, ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages über eine vorzeitige Gestattung des Zuschlages zu entscheiden, ist dies auf Fallkonstellationen begrenzt, bei denen einerseits eine Klärung der Erfolgsaussichten noch Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen der Auftraggeber besonders dringlich auf die Leistung angewiesen ist.
3. Bei der Vergabe von Pharma-Rabattverträgen ist zu berücksichtigen, dass einerseits der Aufschub mit erheblichen Zusatzausgaben der gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist und das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hohes Gewicht beigemessen hat und zum anderen die Auswirkungen für das nicht bezuschlagte Unternehmen erheblich sein können.
4. Weder Art. 42 Richtlinie 2004/18/EG noch §§ 13 EG, 16 EG VOL/A noch die Richtlinie 1999/93/EG noch das Signaturgesetz schließen eine Anforderung der Vergabestelle, dass Angebote als Ganzes oder auch nur bestimmte Unterlagen auf einer CD/ROM (oder DVD) als Datei abzuspeichern und - je nach Wahl der Vergabestelle - mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten Signatur zu versehen sind und der Datenträge so dann auf "klassischem" Wege zu übersenden ist, aus. Aus einer Zusammenschau der §§ 13 EG, 16 EG VOL/A, des Signaturgesetzes und der gesetzlichen Vorschriften über die Form (§ 36a SGB I, § 126a BGB) ergibt sich eindeutig, dass dies zulässig ist.
5. § 19 EG Abs. 2 VOL/A greift bei Erklärungen nicht nur dann ein, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind.

VPRRS 2011, 0183

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 41/11
1. Das Beschwerdegericht entscheidet unabhängig und selbstständig von der Vergabekammer darüber, ob ein vorzeitiger Zuschlag zu gestatten ist oder nicht. Über den Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlages kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
2. Soweit § 115 Abs. 2 S. 4 GWB der Vergabekammer die Möglichkeit einräumt, ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages über eine vorzeitige Gestattung des Zuschlages zu entscheiden, ist dies auf Fallkonstellationen begrenzt, bei denen einerseits eine Klärung der Erfolgsaussichten noch Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen der Auftraggeber besonders dringlich auf die Leistung angewiesen ist.
3. Bei der Vergabe von Pharma-Rabattverträgen ist zu berücksichtigen, dass einerseits der Aufschub mit erheblichen Zusatzausgaben der gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist und das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hohes Gewicht beigemessen hat und zum anderen die Auswirkungen für das nicht bezuschlagte Unternehmen erheblich sein können.
4. Weder Art. 42 Richtlinie 2004/18/EG noch §§ 13 EG, 16 EG VOL/A noch die Richtlinie 1999/93/EG noch das Signaturgesetz schließen eine Anforderung der Vergabestelle, dass Angebote als Ganzes oder auch nur bestimmte Unterlagen auf einer CD/ROM (oder DVD) als Datei abzuspeichern und - je nach Wahl der Vergabestelle - mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten Signatur zu versehen sind und der Datenträge so dann auf "klassischem" Wege zu übersenden ist, aus. Aus einer Zusammenschau der §§ 13 EG, 16 EG VOL/A, des Signaturgesetzes und der gesetzlichen Vorschriften über die Form (§ 36a SGB I, § 126a BGB) ergibt sich eindeutig, dass dies zulässig ist.
5. § 19 EG Abs. 2 VOL/A greift bei Erklärungen nicht nur dann ein, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind.

VPRRS 2011, 0182

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 40/11
1. Das Beschwerdegericht entscheidet unabhängig und selbstständig von der Vergabekammer darüber, ob ein vorzeitiger Zuschlag zu gestatten ist oder nicht. Über den Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlages kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
2. Soweit § 115 Abs. 2 S. 4 GWB der Vergabekammer die Möglichkeit einräumt, ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages über eine vorzeitige Gestattung des Zuschlages zu entscheiden, ist dies auf Fallkonstellationen begrenzt, bei denen einerseits eine Klärung der Erfolgsaussichten noch Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen der Auftraggeber besonders dringlich auf die Leistung angewiesen ist.
3. Bei der Vergabe von Pharma-Rabattverträgen ist zu berücksichtigen, dass einerseits der Aufschub mit erheblichen Zusatzausgaben der gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist und das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hohes Gewicht beigemessen hat und zum anderen die Auswirkungen für das nicht bezuschlagte Unternehmen erheblich sein können.
4. Weder Art. 42 Richtlinie 2004/18/EG noch §§ 13 EG, 16 EG VOL/A noch die Richtlinie 1999/93/EG noch das Signaturgesetz schließen eine Anforderung der Vergabestelle, dass Angebote als Ganzes oder auch nur bestimmte Unterlagen auf einer CD/ROM (oder DVD) als Datei abzuspeichern und - je nach Wahl der Vergabestelle - mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten Signatur zu versehen sind und der Datenträge so dann auf "klassischem" Wege zu übersenden ist, aus. Aus einer Zusammenschau der §§ 13 EG, 16 EG VOL/A, des Signaturgesetzes und der gesetzlichen Vorschriften über die Form (§ 36a SGB I, § 126a BGB) ergibt sich eindeutig, dass dies zulässig ist.
5. § 19 EG Abs. 2 VOL/A greift bei Erklärungen nicht nur dann ein, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind.

VPRRS 2011, 0180

VK Düsseldorf, Beschluss vom 16.05.2011 - VK-12/2011-L
Zu der Frage, ob eine Gemeinde im Rahmen einer Konzessionsvergabe die Abfallbeseitigung an einen Dritten in der vermeintlichen Absicht vergeben darf, die Richtlinie 2004/18/EG nicht zu Anwendung zu bringen.

VPRRS 2011, 0177

BGH, Urteil vom 23.03.2011 - X ZR 92/09
1. Die ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Hauptangebots deckt regelmäßig auch mit eingereichte Nebenangebote, wenn die vom Auftraggeber festgelegten und von der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung hierfür vorgesehenen Anforderungen eingehalten sind.*)
2. Die Beurteilung des Nachweises der Gleichwertigkeit einer angebotenen Variante durch die Vergabestelle ist im Schadensersatzprozess nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie sich in Anbetracht der auf eine transparente Vergabe im Wettbewerb gerichteten Zielsetzung des Gesetzes und der Vergabe- und Vertragsordnungen als vertretbar erweist.*)

VPRRS 2011, 0175

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2011 - Verg 10/11
1. Die Erledigung eines Antrags kann unabhängig davon eintreten, ob der Antrag ursprünglich zulässig und begründet war.
2. Eine Rüge kann zeitlich mit einem Nachprüfungsantrag verbunden werden.
3. Da in diesem Fall der Vergabestelle eine Abhilfe nicht mehr möglich ist, kann es billig sein, dem Antragsteller nach § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB die Kosten aufzuerlegen, insbesondere wenn der Antragsteller unnötigerweise verfrüht - wenn auch prozessual zulässig - einen Nachprüfungsantrag eingereicht hat.

VPRRS 2011, 0174

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.01.2011 - 1 VK 69/10
1. Die Zuschlagskriterien sind vom Auftraggeber bei der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten anzugeben.
2. Es handelt sich bei der Bewertung "schnellere Umsetzung" um kein zusätzliches Unterkriterium, sondern um einen Ausfluss der Fortschreibung des Unterkriteriums "Kosten und Termine".
3. Die unverzügliche Rüge als Zugangsvoraussetzung für ein Nachprüfungsverfahren ist auch mit Europarecht vereinbar.
4. Es verstößt nicht gegen das Vergaberecht, wenn die Umrechnungsformel nicht schon mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gemacht wird.
5. Es ist als zulässig anzusehen, im VOF-Bereich Eignungskriterien auf der zweiten Stufe erneut zu aktivieren und beispielsweise Referenzen, etwa im Rahmen von Verhandlungen einer vertiefenden Bewertung zu unterziehen.
6. Es ist unzulässig, die Ortsansässigkeit als Vergabekriterium zu verwenden. Ist hingegen die Anwesenheit des Ausführenden vor Ort für die Ausführung des Auftrags erforderlich, kann die örtliche Präsenz gefordert werden.

VPRRS 2011, 0167

VK Lüneburg, Beschluss vom 24.03.2011 - VgK-04/2011
1. Bei dem Begriff "schwere Verfehlung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Auslegung der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zukommt.
2. Unter "schwerer Verfehlung" werden erhebliche Rechtsverstöße verstanden, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Unternehmens grundlegend in Frage zu stellen. Hierzu zählen u. a. Verstöße gegen das GWB, z. B. unzulässige Preisabsprachen. "Schwer" ist eine Verfehlung dann, wenn sie schuldhaft begangen wurde und erhebliche Auswirkungen hat. Erhebliche Auswirkungen können dann angenommen werden, wenn besonders schützenswerte Rechtsgüter verletzt wurden und ein erheblicher Schaden entstanden ist oder zu entstehen drohte. Denkbar ist dies u. a. bei Betrug, speziell Submissionsbetrug.
3. Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit für den zu vergebenden Auftrag handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei der die ausschreibende Stelle zu berücksichtigen hat, ob der Bieter selbst glaubwürdige und Erfolg versprechende Maßnahmen ergriffen hat, um die in der Vergangenheit vorgekommenen Rechtsverletzungen für die Zukunft auszuschließen.
4. Analog zu den zur Auftragssperre entwickelten Grundsätzen ist für die von der Vergabestelle zu treffende Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, ob die Zuverlässigkeit des betroffenen Auftragnehmers wieder hergestellt wird. Dies kann ein Unternehmen insbesondere durch innerbetriebliche, personelle Maßnahmen und Sicherstellung, dass sich entsprechende Verfehlungen nicht wiederholen, erreichen. Ebenso wichtige Aspekte sind die Wiedergutmachung des durch die Verfehlung entstandenen Schadens und die aktive Unterstützung der Ermittlungsbehörden.
5. Bei der Ermessensentscheidung über den Ausschluss können auch solche Taten berücksichtigt werden, die die Geschäftsführer für andere Firmen der Firmengruppe begangen haben.

VPRRS 2011, 0162

VK Lüneburg, Beschluss vom 17.03.2011 - VgK-65/2010
1. Die Beschreibung technischer Merkmale und damit auch die Wahl eines bestimmten technischen Verfahrens oder einer bestimmten Technologie darf grundsätzlich nicht die Wirkung haben, dass bestimmte Unternehmen oder Produkte bevorzugt (begünstigt) oder ausgeschlossen werden, es sei denn, die gewählte Beschreibung ist durch die Art der zu vergebenden Leistung bzw. durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
2. Eine Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand liegt vor, wenn auftrags- und sachbezogene Gründe zu der bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse bevorzugenden Leistungsbestimmung führen. Derartige Gründe könnten sich zum Beispiel aus der besonderen Aufgabenstellung, aus technischen oder gestalterischen Anforderungen oder auch aus der Nutzung der Sache ergeben.
3. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nur solche Anforderungen gemäß § 97 Abs. 4 S. 2 GWB berücksichtigungsfähig sein, die sich auf die Ausführung des konkreten Auftrags beziehen. Dies muss auch für die Festlegung von Zuschlagskriterien gelten.

VPRRS 2011, 0161

VK Lüneburg, Beschluss vom 27.09.2010 - VgK-37/2010
1. Die Unternehmen, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, für die der Ausschreibende die Einhaltung der Regeln der VOB/A bzw. VOL/A zugesagt hat, können zu Recht die Erwartung hegen, dass der Ausschreibende sich im Hinblick darauf bereits im Vorfeld der Ausschreibung entsprechend verhalten hat.
2. Die Bieter dürfen davon ausgehen, dass nur Leistungen ausgeschrieben sind, von denen der Ausschreibende bei pflichtgemäßer Ermittlung ihrer voraussichtlichen Kosten annehmen kann, sie mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln auch bezahlen zu können.
3. Bei dem gebotenen strengen Maßstab, der insoweit anzulegen ist, ist demgemäß eine Aufhebung der Ausschreibung regelmäßig dann nicht nach § 26 Nr. 1 c VOB/A gerechtfertigt, wenn die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung dem Ausschreibenden hätte bekannt sein müssen.

VPRRS 2011, 0160

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.11.2010 - VgK-54/2010
1. Gemäß § 32 Abs. 1 SektVO sind Auftraggeber verpflichtet, sachdienliche Unterlagen über jede Auftragsvergabe zeitnah zu erstellen und die Entscheidungen über die Auswahl der Unternehmen und der Auftragsvergabe, die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung und die Nichtanwendung der Vergabevorschriften nachvollziehbar zu dokumentieren. Die Pflicht zur zeitnahen Erstellung sachdienlicher Unterlagen über jede Auftragsvergabe entspricht dem Grundsatz der Transparenz des § 97 Abs. 1 GWB, der für den Nicht-Sektorenbereich in den Dokumentationspflichten des § 20 VOL/A 2009 geregelt ist.
2. Ein Verstoß gegen diese Transparenzanforderungen resultiert daher stets auch in einem Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB.
3. Die Dokumentation dient der Überprüfbarkeit der Entscheidung durch Nachprüfungsinstanzen.
4. Alle Entscheidungsschritte sind grundsätzlich zu dokumentieren und dürfen nicht erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens vorliegen. Der Anwendungsbereich des § 32 SektVO erstreckt sich dabei ebenso wie im Falle des § 20 VOL/A 2009 sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Die Dokumentation muss gemäß § 32 SektVO ausdrücklich zeitnah erstellt und darum laufend fortgeschrieben werden. Die einzelnen Maßnahmen, Entscheidungen und deren Gründe sind jeweils zeitnah zu dokumentieren. Nicht ausreichend ist es daher, wenn der Vermerk z. B. erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar erst anlässlich eines Nachprüfungsantrags angefertigt wird.
5. Preisnachlässe mit Bedingungen können nur als (kaufmännisches) Nebenangebot angeboten werden. Voraussetzung für die Berücksichtigungsfähigkeit derartiger kaufmännischer Nebenangebote in Form von unter Bedingung angebotenen Nachlässen ist jedoch, dass der Auftraggeber überhaupt Nebenangebote zugelassen hat.

VPRRS 2011, 0159

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011 - Verg 58/10
1. Eine Rüge ins Blaue hinein liegt nicht vor, wenn der Bieter unter Hinweis auf seine Branchen- und Marktkenntnis und damit unter Bezugnahme auf konkrete Umstände das Wertungsergebnis anzweifelt.
2. Die engen Voraussetzungen, nach denen Wahl- bzw. Alternativpositionen in vergaberechtlich zulässiger Weise ausgeschrieben werden können, sind Spezialwissen, das bei einem Bieter nicht vorausgesetzt werden kann, so dass ein entsprechender Vergabeverstoß nicht erkennbar im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist.
3. Wahlpositionen sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Sie kommen in Betracht, wenn und soweit ein berechtigtes Bedürfnis des Auftraggebers besteht, die zu beauftragende Leistung in den betreffenden Punkten einstweilig offenzuhalten. Zur Gewährleistung eines transparenten Vergabeverfahrens muss dem Bieterkreis vorab aber bekannt sein, welche Kriterien für die Inanspruchnahme der ausgeschriebenen Wahlposition maßgebend sein sollen.

VPRRS 2011, 0158

VK Berlin, Beschluss vom 15.04.2011 - VK-B2-12/11
1. Für eine von der Antragsgegnerin begehrte Rubrumsberichtigung besteht kein Anlass, wenn sie mit der Wettbewerbsbekanntmachung einen verbindlichen, zurechenbaren Rechtsschein gesetzt hat, indem sie sich selbst als Auftraggeber bezeichnet hat.*)
2. Die Auswahl der Teilnehmer aus dem Kreis der Bewerber gemäß RPW 2008 ist Sache des Auslobers.*)
3. Ist aus der Wettbewerbsbekanntmachung erkennbar, dass die Teilnehmer nicht der Auslober, sondern ein mit Dritten besetztes Gremium auswählt, ist dies bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe der Anträge auf Teilnahme zu rügen.*)

VPRRS 2011, 0155

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2011 - Verg 63/10
1. Zu den Voraussetzungen an eine Gesamtvergabe.
2. Unter Umständen können die für eine bestimmte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen bzw. deren Dokumentation auch noch im Verlaufe des Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden.
3. In einem solchen Fall können nicht nur die Kosten der Vergabekammer selbst, sondern auch die notwendigen Aufwendungen des Antragstellers der Vergabestelle auferlegt werden.

VPRRS 2011, 0151

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011 - Verg 4/11
1. Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede ist nicht auf gesetzeswidriges Verhalten beschränkt, sondern umfasst auch alle sonstigen Absprachen und Verhaltensweise eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot Unvereinbar sind.
2. Das Zustandekommen einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache erfordert nicht eine ausdrückliche Verständigung zwischen zwei Unternehmen darüber, wer welche Leistung zu welchem Preis anbietet. Sie ist vielmehr in aller Regel schon dann verwirklicht, wenn ein Angebot in Kenntnis der Bedingungen des Konkurrenzangebots erstellt wird.
3. Dem Vertraulichkeitsgrundsatz kommt wegen seiner Wettbewerbsbezogenheit auch eine dritt- und damit bieterschützende Funktion und Wirkung zu.
4. Die bloße Feststellung der Verbundenheit zweier oder mehrerer sich um den Auftrag bewerbender Unternehmen berechtigt und verpflichtet die Vergabestelle noch nicht dazu, diese Unternehmen von dem Vergabeverfahren auszuschließen. Vielmehr hat die Vergabestelle, nachdem sie Kenntnis von der Verbundenheit erlangt hat, zu prüfen und zu würdigen, ob der Inhalt der von den verbundenen Unternehmen abgegebenen Angebote durch die sich aus der Verbundenheit ergebenden Verflechtungen und Abhängigkeiten beeinflusst worden ist, wobei die Feststellung eines wie auch immer gearteten Einflusses für den Ausschluss dieser Unternehmen genügt.
5. Für die Beteiligung verbundener Unternehmen an Rabattausschreibungen mit "Mehr-Partner-Modell" gelten keine anderen Maßstäbe.
6. Beteiligen sich mehrere konzernverbundene Unternehmen mit eigenen Angeboten an einem Vergabeverfahren, besteht grundsätzlich eine - widerlegbare Vermutung dafür, dass der Geheimwettbewerb zwischen ihnen nicht gewahrt ist.
7. Eine Obliegenheit, bereits mit dem Angebot diejenigen besonderen Umstände und Vorkehrungen bei der Angebotserstellung aufzuzeigen, kann verbundene Unternehmen nur dann treffen, wenn ihnen der den Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen den Geheimwettbewerb auslösende tatsächliche Umstand. Angebotsabgabe auch durch verbundenes Unternehmen - bewusst und bekannt war. Das ist aber gerade dann nicht der Fall, wenn die Unternehmen effektive Vorkehrungen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit und Vertraulichkeit der Angebotserstellung getroffen haben.
8. Erkennt der Auftraggeber somit bei der Sichtung der Angebote oder durch entsprechende Rüge eines Bieters, dass sich verbundene Unternehmen mit Angeboten an der Ausschreibung beteiligt haben, so kann ein Ausschluss der Angebote nicht allein darauf gestützt werden, dass in den Angeboten Darlegungen zu den Umständen und Maßnahmen, die die Einhaltung des Geheimwettbewerbs sicherstellen sollen, fehlen.
9. Zur Widerlegung des Vermutungstatbestands reicht es nicht, dass die verbundenen Unternehmen versichern, sich im Rahmen der konkreten Ausschreibung wettbewerbskonform verhalten zu haben. Vielmehr obliegt ihnen die Darstellung derjenigen strukturellen Umstände, die einen Wettbewerbsverstoß bereits im Ansatz effektiv verhindern.

VPRRS 2011, 0150

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2011 - 1 VK 4/11
1. Eine unverzügliche Rüge ist Zugangsvoraussetzung für ein darauf gestütztes Nachprüfungsverfahren.
2. Die Rüge eines Vergabefehlers hat "unverzüglich" nach Kenntniserlangung vom Vergabefehler zu erfolgen. Das heißt, in Anlehnung an § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, ohne schuldhaftes Zögern. Welche Zeitspanne konkret als "unverzüglich" anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. "Ohne schuldhaftes Zögern" heißt, dass ein Bieter den von ihm erkannten Vergaberechtsverstoß unter Berücksichtigung der für eine etwaige weitere Prüfung und für das
Begründen der Rüge benötigten Zeit so bald gegenüber dem Auftraggeber rügt, wie es ihm nach den konkreten Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist. Bei dieser Bewertung ist dem Bieter grundsätzlich auch eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen, ob er überhaupt angriffsweise gegen den Auftraggeber vorgehen will.
3. Im Allgemeinen beträgt die Obergrenze innerhalb der eine Rüge zu erfolgen hat, maximal zwei Wochen. Eine solche kann jedoch nur zugestanden werden, wenn die Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und Rechtslage erschwert wird bzw. die Inanspruchnahme fachkundiger Unterstützung erforderlich wird. In einfach gelagerten Fällen wird überwiegend vertreten, dass eine Rüge binnen ein bis drei Tagen zu erfolgen habe.
4. Der Anwendung der Präklusionsregelung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB steht das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 28.1.2010 (Rs C-406- Uniplex) nicht entgegen.

VPRRS 2011, 0149

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.02.2011 - 1 VK 2/11
1. Ein begründeter Ausnahmefall von Grundsatz der Losaufteilung liegt nur dann vor, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe ein Abweichen von der Losaufteilung erfordern und dies nachvollziehbar aktenkundig begründet wird. Es genügt nicht, dass es unter Umständen zweckmäßig für die Vergabestelle ist, Leistungen als Gesamtpaket zu vergeben und damit gewisse Synergieeffekte zu erzielen sind.
2. Die Dokumentation muss zeitnah erfolgen und laufend fortgeschrieben werden. Tatsachen und Überlegungen, die die in Aussicht genommene Zuschlagsentscheidung tragen, müssen vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden. Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und die in ihm mitgeteilten Gründe für getroffene Entscheidungen müssen so detailliert sein, dass sie von einem mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind.
3. Eine schon anfänglich fehlerhafte Dokumentation des Vergabeverfahrens kann nicht im Nachhinein geheilt werden.

VPRRS 2011, 0148

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.10.2007 - 1 VK 39/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0147

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.08.2007 - 1 VK 24/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0146

VK Südbayern, Beschluss vom 08.02.2011 - Z3-3-3194-1-01-01/11
Eine Aufklärung seitens des Zuschlaggebers bei einem offenkundigen Versehen eines Bieters würde dem auch im Verhandlungsverfahren geltenden Wettbewerbsgrundsatz zuwider laufen. Es wäre mit den Zielen eines Verhandlungsverfahrens nicht vereinbar, wenn es dem Konkurrenten durch einen Hinweis des Zuschlaggebers ermöglicht würde, sein Angebot in einem Bereich zu optimieren.

IBRRS 2011, 1432

OLG Koblenz, Urteil vom 14.03.2011 - 12 U 1528/09
1. Ein Vertrag, der die Gestellung eines Autokrans mit der Angabe "Hakengewicht 3 t bei 16 m Ausladung" mit Fahrer zum Gegenstand hat, ist eine Kombination aus einem auf den Kran bezogenen Mietvertrag und einem auf die Arbeitsleistung des Fahrers bezogenen Dienstverschaffungsvertrag.
2. Bei einem von einem unerfahrenen Fahrer verursachten Kranunfall haftet dieser gemäß §§ 823 ff BGB, das Kranunternehmen aus § 280 Abs. 1 BGB.
3. Zur Frage des Mitverschuldens des Auftraggebers, der eine falsche Ausladung des Krans angibt und eine Unfallverhütungsvorschrift nicht einhält.

VPRRS 2011, 0144

VK Lüneburg, Beschluss vom 25.02.2011 - VgK-72/2010
1. Art. 24 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2004/18/EG schreibt dem öffentlichen Auftraggeber, der Nebenangebote - ausdrücklich - zulassen und den Auftrag nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben will, vor, in den Verdingungsunterlagen die inhaltlichen Mindestanforderungen zu erläutern, die diese Nebenangebote erfüllen müssen.
2. Die Mindestanforderungen können grundsätzlich nicht auf die Beschreibung rein formaler Kriterien beschränkt werden, sondern müssen leistungsbezogene, sachlich-technische Vorgaben enthalten, wobei allerdings die Bezugnahme auf Regelwerke als ausreichende Angabe sachlich-technischer Mindestbedingungen anzusehen ist, wenn diese einen für jeden vergleichbaren Auftrag geltenden Qualitätsstandard darstellen.
3. Werden sachlich-technische Mindestanforderungen formuliert, ist z. B. auch eine rein negative Abgrenzung jedenfalls dann ausreichend, wenn dadurch inhaltliche Anforderungen gestellt worden sind.
4. Der Auftraggeber muß aber Nebenangebote ausschließen, wenn er keine Mindestanforderungen formuliert hat.

VPRRS 2011, 0142

VK Lüneburg, Beschluss vom 07.03.2011 - VgK-73/2010
1. Die Leistungsbeschreibung bildet das Kernstück der Vergabeunterlagen. Die Leistungsbeschreibung darf daher im Interesse vergleichbarer Ergebnisse keinen Bieter im Unklaren lassen, welche Leistung er in welcher Form und zu welchen Bedingungen anbieten soll. Sie soll auch den Vergabegegenstand umfassend beschreiben, ohne dass Restbereiche verbleiben, für die die Leistungspflichten nicht klar definiert sind. Wenn die Vergabestelle diese allgemeinen Anforderungen bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung nicht beachtet, kann nicht von einer VOL/A-gemäßen Leistungsbeschreibung als Grundlage des Vergabeverfahrens gesprochen werden. Das Vergabeverfahren leidet in diesem Fall schon von Beginn an unter einem erheblichen Mangel.
2. Der Grundsatz, dass der Auftraggeber die Verdingungsunterlagen so eindeutig und erschöpfend zu gestalten haben, dass sie eine einwandfreie Preisermittlung ermöglichen bzw. die Bieter die Preise exakt ermitteln können, findet seine Grenze im Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Pflicht des Auftraggebers, alle kalkulationsrelevanten Parameter zu ermitteln und zusammenzustellen und damit über den genauen Leistungsgegenstand und -umfang vor Erstellung der Leistungsbeschreibung aufzuklären, unterliegt daher der Grenze des Mach- und Zumutbaren. Er ist daher einerseits verpflichtet, zumutbaren finanziellen Aufwand zu betreiben, um die kalkulationsrelevanten Grundlagen der Leistungsbeschreibung zu ermitteln. Diese Pflicht des Auftraggeber endet erst dort, wo eine in allen Punkten eindeutige Leistungsbeschreibung nur mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand möglich wäre. Eine eindeutige Leistungsbeschreibung setzt voraus, dass Art und Umfang der geforderten Leistung mit allen dafür maßgebenden Bedingungen und etwa notwendige Regelungen zur Ermittlung des Leistungsumfangs zweifelsfrei erkennbar und keine Widersprüche in sich oder zu anderen vertraglichen Regelungen enthalten sind.
3. Auch aus der Neufassung des § 97 Abs. 3 GWB gibt es keinen Anspruch eines mittelständischen Auftragnehmers auf eine zwingende Losaufteilung, sondern ihm steht lediglich ein subjektives Recht auf angemessene Berücksichtigung seiner mittelständischen Interessen bzw. auf Beachtung des Grundsatzes der Losvergabe zu.

VPRRS 2011, 0141

VK Lüneburg, Beschluss vom 25.02.2011 - VgK-70/2010
1. Art. 24 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2004/18/EG schreibt dem öffentlichen Auftraggeber, der Nebenangebote - ausdrücklich - zulassen und den Auftrag nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben will, vor, in den Verdingungsunterlagen die inhaltlichen Mindestanforderungen zu erläutern, die diese Nebenangebote erfüllen müssen.
2. Die Mindestanforderungen können grundsätzlich nicht auf die Beschreibung rein formaler Kriterien beschränkt werden, sondern müssen leistungsbezogene, sachlich-technische Vorgaben enthalten, wobei allerdings die Bezugnahme auf Regelwerke als ausreichende Angabe sachlich-technischer Mindestbedingungen anzusehen ist, wenn diese einen für jeden vergleichbaren Auftrag geltenden Qualitätsstandard darstellen.
3. Werden sachlich-technische Mindestanforderungen formuliert, ist z. B. auch eine rein negative Abgrenzung jedenfalls dann ausreichend, wenn dadurch inhaltliche Anforderungen gestellt worden sind.
4. Der Auftraggeber muß aber Nebenangebote ausschließen, wenn er keine Mindestanforderungen formuliert hat.

VPRRS 2011, 0140

VK Lüneburg, Beschluss vom 14.01.2011 - VgK-63/2010
1. Das Verbot der Änderung der Vorgaben in den Vergabeunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt. Der Regelungszweck des § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A besteht daher zunächst darin, das Zustandekommen eines wirksamen Vertrags mit übereinstimmenden Willenserklärungen zu gewährleisten. Zudem soll durch diese Bestimmung die Transparenz des Vergabeverfahrens und die Gleichbehandlung aller Bieter sichergestellt werden: Jeder Bieter darf nur anbieten, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat und sich nicht durch eine Abweichung von den Vergabeunterlagen einen Vorteil verschaffen.
2. Der durch eine Ausschreibung eröffnete Wettbewerb kann nur dann gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil andernfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet. Angebote, die gegen § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A verstoßen, müssen deshalb von der Wertung ausgeschlossen werden.
3. Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Verdingungsunterlagen anbieten, so steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie vom Auftraggeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen im Rahmen seines Angebotes von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A. Diesem Regelungs- und Schutzzweck entspricht dabei ein weites Verständnis des Begriffs der "Änderung". Eine solche liegt immer vor, wenn das Angebot von den Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn Angebot und Nachfrage sich nicht decken.
4. Zur Entscheidung der Frage, ob ein Bieter im Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abgewichen ist, sind die Vergabeunterlagen ggf. aus der objektiven Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, auszulegen.

VPRRS 2011, 0139

VK Lüneburg, Beschluss vom 18.01.2011 - VgK-61/2010
1. Ein Fall des "Contracting" ist jedenfalls dann gegeben, wenn eine nach VOL/A-EG zu bewertende Lieferung das Preis- und Mengenverbrauchsrisiko deutlich den wertmäßigen Anteil der Bauleistungen überwiegt.
2. Eine etwaige Befugnis zur Änderung des Angebots nur einzelner Bieter nach Ablauf der Angebotsabgabefrist verletzt den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber anderen Bietern.
3. Um das Risiko der Manipulation zu reduzieren, soll die Aufklärung nach § 18 VOL/A-EG passiv erfolgen, also ohne Hinweis auf mögliche Lösungen oder gar Änderungen. Weder ist es Ziel der Regelung, einem nicht annahmefähigen Angebot zu Annahmefähigkeit zu verhelfen, noch soll dem Bieter gestattet werden, von seinem Angebot abzuweichen. § 18 VOL/A-EG verbietet daher jenseits der in § 19 Abs 2 VOL/A-EG eingeräumten Befugnisse Verhandlungen nach Ablauf der Angebotsabgabefrist.
4. Die in § 19 Abs 6 VOL/A-EG verlangte Aufklärung ungewöhnlich niedriger Angebote findet auf der dritten Wertungsstufe statt, also eher spät in der Wertungsphase. Sie dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers vor Risiken, die mit der Vergabe auf Unterkostenangebote verbunden sind. Die Vorschrift entfaltet darüber hinaus jedenfalls für den Bieter Schutz, der infolge der Aufklärung darzustellen vermag, dass sein Angebot nicht unauskömmlich ist. Die Aufklärung ist nicht nur auf rechnerische Unklarheiten begrenzt, sondern erstreckt sich auf alle inhaltlichen Aspekte des Angebots, die eine direkte Auswirkung auf den Preis haben. Im Einzelfall können auch andere zuschlagsrelevante Angebotsinhalte betroffen sein. Um die Manipulationsgefahr zu reduzieren, soll die in § 19 Abs. 6 VOL/A-EG verlangte Aufklärung wie die allgemeine Aufklärung kein bestimmtes Ergebnis vorgeben, sondern auf einen ungewöhnlich niedrigen Preis hinweisen und um dessen Erläuterung bitten. Die Nachbesserung des Angebots ist ausgeschlossen.
5. Die Transparenz ist grundsätzlich ex ante herzustellen. Nur wenn die interessierten Unternehmen ausreichende Kenntnis nicht nur über den Auftragsgegenstand, sondern auch über die Zuschlagskriterien einschließlich der jeweiligen Gewichtungsregeln und Unterkriterien haben, ist die Transparenz gewährleistet.

VPRRS 2011, 0138

VK Lüneburg, Beschluss vom 01.02.2011 - VgK-75/2010
1. Die Vorschrift § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB ist nicht nur auf Fälle beschränkt, in denen überhaupt kein Vergabeverfahren stattgefunden hat, sondern auch bei Unterlassung einer gebotenen europaweiten Ausschreibung anwendbar.
2. Eine rechtswidrige freihändige Vergabe im Sinne der novellierten Rechtsmittelrichtlinie liegt auch dann vor, wenn Wirtschaftsteilnehmern dadurch rechtswidrig Wettbewerbsmöglichkeiten vorenthalten werden, dass der Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag lediglich national, trotz vorliegender Voraussetzungen aber nicht EU-weit ausgeschrieben hat.
3. Das Interesse am Auftrag ist nicht nur bei Unternehmen gegeben, die sich mit einem Angebot am Vergabeverfahren beteiligt haben, sondern umfasst auch die Fälle, in denen der Antragsteller kein Angebot abgegeben hat, weil von der Durchführung eines Vergabeverfahrens in rechtswidriger Weise abgesehen worden ist.
4. Die Bekanntmachung der Vergabeabsicht ist kein Selbstzweck. Sie stellt vielmehr die Publizität sicher und gewährleistet, dass potentielle Auftragnehmer von der bevorstehenden Vertragsvergabe erfahren und ihr Interesse bekunden können. Außerdem soll sichergestellt werden, dass alle Interessenten die gleichen Informationen erhalten.
5. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung verletzt nicht ohne weiteres die Rechte eines Bieters, der durch eine andere Form der Veröffentlichung über die Vergabeabsicht informiert und deshalb in die Lage versetzt wird, durch Anforderung der Verdingungsunterlagen sein Interesse an der Aufgabe zu bekunden.

VPRRS 2011, 0136

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.04.2011 - 15 Verg 3/11
Zur Berücksichtigung mittelständischer Interessen durch Losaufteilung bei Unterhaltsreinigungen.*)

VPRRS 2011, 0135

VK Lüneburg, Beschluss vom 27.08.2010 - VgK-38/2010
1. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des EUGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtssachen C-406/08 und C-456/08) ist die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht mehr anwendbar.
2. Der Auftraggeber bestimmt mit den Vergabeunterlagen den Inhalt der zu erbringenden Dienstleistung. Er hat hierbei einen erheblichen Gestaltungsspielraum, der sich auch auf die der Festlegung der für die Leistung zu verwendenden Geräte bezieht. In den Grenzen sachlich und objektiv nachvollziehbarer Erwägungen kann er entweder genaue Festlegungen treffen, oder den Bietern die Mittel zur Erfüllung eines definierten Zieles freistellen. Er darf aber nicht während des laufenden Vergabeverfahrens von diesen Festlegungen abweichen. Inhaltliche Klarstellungen hat er unverzüglich allen Bietern zur Verfügung zu stellen.
3. Die Leistungsfähigkeitsprüfung umfasst die Prüfung der technischen Ausrüstung des Bieters, um den erstrebten Auftrag ordnungsgemäß ausführen zu können.
4. Ein Städtevergleich mit 5 von der Größe vergleichbaren Städten aus vergleichbaren Ausschreibungen kann als Erfahrungswert bei der wettbewerblichen Preisbildung ergänzend verwendet werden. Diese Erfahrungswerte sind mit erhöhter Genauigkeit nachvollziehbar zu dokumentieren.

VPRRS 2011, 0132

VK Lüneburg, Beschluss vom 31.08.2010 - VgK-34/2010
1. Der Auftraggeber ist bei der Angebotswertung an die von ihm festzulegenden und bekannt zu machenden Zuschlagskriterien und ihrer ebenfalls festzulegenden und bekannt zu machenden Gewichtung gemäß § 9a Nr. 1 c VOL/A 2006 i.V.m. § 25a Nr. 1 VOL/A 2006 gebunden.
2. Aus § 9a Nr. 1 c und § 25a Nr. 1 VOL/A 2006 folgt nicht nur, dass der Auftraggeber keine Kriterien, Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden darf, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat, die Bekanntgabepflicht erstreckt sich darüber hinaus auch auf die für die Zuschlagskriterien vom Auftraggeber in der Angebotswertung verwendeten Umrechnungsformeln und Bewertungsregeln.
3. Dabei muss ein Auftraggeber für die Angebotswertung kein bis in die letzten Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen. Zu beachten ist, dass der Auftraggeber auf der letzten Ebene der Angebotswertung einen Wertungsspielraum hat. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sich der Auftraggeber auf der letzten Stufe der Angebotswertung in einem Restbereich eine freie Wertung vorbehält. Die fehlende Bekanntgabe von Bewertungsregeln ist dann unschädlich, wenn dem betroffenen Unterkriterium nur ein sehr geringes Gewicht zukommt, das Verschiebungen bei der Angebotsreihenfolge nur im eingeschränkten Umfang erwarten lässt.

VPRRS 2011, 0131

VK Lüneburg, Beschluss vom 29.09.2010 - VgK-45/2010
1. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A entfaltet nicht lediglich einen Bieterschutz zu Gunsten desjenigen Bieters, dessen Angebot ohne Überprüfung ausgeschlossen worden ist. Auch für die konkurrierenden Bieter entfaltet diese Vorschrift Bieterschutz, wenn und soweit der Antragsteller substantiiert geltend macht, dass das Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen der Bieter im Sinne des § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zu bekämpfen, vom Auftraggeber den Ausschluss des betreffenden Angebotes fordert. Dazu zählen zum einen Angebote mit einem unverhältnismäßig niedrigen Preis, die in der zielgerichteten Absicht einer Marktverdrängung abgegeben worden sind oder zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden.
2. Das deutsche Recht schließt nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebotes im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr regelmäßig zwar nicht das allein entscheidende, aber das wichtigste Zuschlagskriterium.
3. Der Bieter bleibt mangels verbindlicher Kalkulationsregeln grundsätzlich in seiner Preisgestaltung frei. Für die Prüfung der Angemessenheit des Angebotes ist nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes, abzustellen. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote anzunehmen. Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen.

VPRRS 2011, 0130

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.08.2009 - 1 VK LVwA 35/09
1. Durch die Bieter ist eine auftraggeberseitige Nachweisforderung aus der Bekanntmachung spätestens nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB bis zum Ablauf des Angebotsabgabetermins zu rügen.*)
2.Eine Aufhebung der Ausschreibung ist unzulässig, wenn zuschlagsfähige Angebote weiterer konkurrierender Wettbewerber vorliegen.*)
3. Aufgrund des Anforderungsprofils handelt es sich um einen ungültigen Nachweis, wenn dieser nur zeitlich begrenzt ist bzw. der Termin vor dem Angebotseinreichungstermin abläuft.*)
4. Wenn der Aussteller eines Nachweises festlegt, dass dieser nur im Original Gültigkeit besitzt, ist die Vorlage einer Kopie als Nachweis nicht wertbar*)

VPRRS 2011, 0129

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.08.2010 - 1 VK LSA 10/10
Zum zwingenden Ausschluss aus dem Verfahren wegen Änderungen der Verdingungsunterlagen.

VPRRS 2011, 0128

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.06.2010 - 1 VK LVwA 69/09
Eine de-facto Vergabe liegt trotz der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens vor, wenn der Vertragsinhalt von den wesentlichen Parametern des Verhandlungsverfahrens abweicht, wie z.B. der Leistungszeitraum.

VPRRS 2011, 0124

VK Bund, Beschluss vom 11.10.2010 - VK 3 - 96/10
1. In der Regel liegt ein zum Ausschluss eines Angebots führender Verstoß gegen den Geheimwettbewerb vor, wenn ein Bieter für die ausgeschriebene Leistung nicht nur ein eigenes Angebot abgibt, sondern sich daneben auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft für dieselbe Leistung bewirbt. Grund hierfür ist, dass solche Angebote im Regelfall in Kenntnis des jeweils anderen abgegeben werden.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Bieter im Vergabeverfahren rechtlich zu beraten. Wenn er dennoch Auskünfte erteilt, so müssen diese Auskünfte in der Sache richtig sein. Der öffentliche Auftraggeber ist zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Bieters verpflichtet. Auf der vergaberechtlichen Ebene führt eine fehlerhafte Rechtsauskunft zur Intransparenz des Verfahrens und damit zu einem Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB.
3. Eine Auskunft eines öffentlichen Auftraggebers, die - für den Auftraggeber erkennbar - dazu führt, dass ein Bieter sich im Vertrauen auf diese Auskunft vergaberechtswidrig verhält mit der Folge, dass dessen Angebot ausgeschlossen werden muss, ist ein schwerwiegender Grund im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. d) EG VOL/A.

VPRRS 2011, 0123

OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.03.2011 - Verg W 18/10
1. Die Angemessenheit des Angebotspreises ist durch eine Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses innerhalb des vom Ausschluss bedrohten Angebots zu ermitteln, d. h. dass der Gesamtpreis des Angebots in eine Relation zum Wert der angebotenen Leistung zu stellen ist.
2. Ein Angebot darf nur dann ausgeschlossen werden, wenn der Gesamtpreis im Verhältnis zur angebotenen Gesamtleistung unangemessen niedrig ist, § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A, und der Bieter die Seriosität und Auskömmlichkeit seines Preises nicht stichhaltig begründen kann.
