Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5425 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
VPRRS 2005, 0548
VK Bund, Beschluss vom 06.06.2005 - VK 3-43/05
1. Änderungen an den Verdingungsunterlagen sind gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A unzulässig. Eine solche Änderung liegt auch dann vor, wenn das Angebot eines Bieters nicht deckungsgleich mit der Nachfrage des öffentlichen Auftraggebers ist, zu welchen Bedingungen er einen Vertrag abschließen möchte; der ausgeschriebene Vertrag kann durch den Zuschlag dann nämlich nicht so wie von dem Auftraggeber nachgefragt zustande kommen.
2. Ein transparentes und auf Gleichbehandlung bedachtes Vergabeverfahren i.S.d. § 97 Abs. 1, 2 GWB, § 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2, § 8 Nr. 1 VOB/A ist nämlich nur zu erreichen, wenn ausschließlich solche Angebote gewertet werden, die in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbar sind. Dementsprechend muss ein Angebot nicht erst dann zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn es tatsächlich bzw. im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Vielmehr zwingt jede Abweichung von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen zum Ausschluss des betreffenden Angebots, ohne Rücksicht auf die wettbewerbliche Relevanz der in Rede stehenden Abweichung oder Änderung von den Verdingungsunterlagen.
3. Ein Angebot ist von der Wertung auszuschließen, wenn es die vom Auftraggeber erbetenen Preisangaben nicht enthält. In einem solchen Fall hat der Ausschluss des betreffenden Angebots zwingend und unabhängig davon zu erfolgen, ob der Bieter auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist, da anderenfalls ein transparenter und chancengleicher Bieterwettbewerb nicht möglich ist.
4. Ist das Angebot des Antragstellers zwingend auszuschließen, kann der Fortgang des Vergabeverfahrens seine Interessen nicht mehr berühren und er kann auch nicht durch eine etwaige Nichtbeachtung von Vorschriften der VOB/A durch den Auftraggeber in seinen Rechten nach § 107 Abs. 2, § 114 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 7 GWB verletzt werden Der ASt hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens - unabhängig davon, ob das Angebot des Beigeladenen nach vergabeverfahrensrechtlichen Grundsätzen ebenfalls hätte ausgeschlossen werden müssen oder sonstige Vergabefehler vorliegen.
5. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Beigeladenen aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO analog)wenn sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zu dem Beigeladenen gestellt hat, indem er sein Nachprüfungsbegehren darauf stützt, dass der Beigeladene ungeeignet und die Wertung dessen Angebots vergabefehlerhaft erfolgt sei und die erforderliche weitere Voraussetzung für die Erstattungspflicht der Auslagen des Beigeladenen nicht erfüllt ist, weil dieser sich nicht aktiv durch die Stellung von Anträgen - am Nachprüfungsverfahren beteiligt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
6. Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten ist erforderlich, um eine erforderliche "Waffengleichheit" gegenüber einem anwaltlich vertretenen Antragsteller herzustellen, insbesondere wenn nicht erkennbar ist, dass der Antragsgegner sich im Regelfall nicht mit Fragen der öffentlichen Beschaffung befasst und in seinem Justitiariat nicht über juristisch hinreichend geschultes Personal - und zwar auch in einem "Waffengleichheit" sichernden Maß - zur Bearbeitung der in diesem Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen verfügt.

VPRRS 2005, 0546

OLG Frankfurt, vom 16.11.2004 - 11 Verg 22/04; 11 Verg 23/04
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2005, 0545

OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.11.2004 - 11 Verg 16/04
1. Erfährt der Bieter von einem (vermeintlichen) Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erst während der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer, ist diese Rüge im Beschwerdeverfahren jedoch ausgeschlossen, weil sein Vorbringen gegen das im Nachprüfungsverfahren geltende Beschleunigungsgebot verstößt.
2. Das sukzessive Ausscheiden einzelner Verhandlungspartner gehört zum Wesen des Verhandlungsverfahrens und stellt noch keine Diskriminierung oder einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.

VPRRS 2005, 0544

VK Lüneburg, Beschluss vom 07.09.2005 - VgK-38/2005
1. Bei der Ermittlung und Definition des zu deckenden Bedarfs ist der öffentliche Auftraggeber vergaberechtlich weitgehend frei. Das Vergaberecht regelt grundsätzlich nicht das "Ob" oder "Was" einer Beschaffung, sondern lediglich das "Wie".
2. Sofern an die Beschaffenheit der Leistung im Sinne des § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOL/A keine ungewöhnlichen Anforderungen gestellt werden, ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber mit der bisherigen Bedarfsdeckung zufrieden ist und daher den nunmehr zu vergebenden neuen öffentlichen Auftrag unter Verwendung ähnlicher oder gleicher Bedingungen dem Wettbewerb unterstellt.
3. Die Verwendung des Ausschreibungsmusters "Gebäude- und Inhaltsversicherung für Kommunen" des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes ist nicht per se vergaberechtswidrig.
4. Die Mitwirkung eines Unternehmens an der Erstellung eines Leitfadens oder eines Ausschreibungsmusters ist keine Mitwirkung an Entscheidungen in einem Vergabeverfahren im Sinne des § 16 Abs. 1 VgV.
5. Der "böse Schein" eines Interessenskonflikts genügt nicht zum Ausschluss einer Person von einem Vergabeverfahren.
6. Eine erschöpfende Leistungsbeschreibung bei der Ausschreibung von Gebäudeschadensversicherungsleistungen erfordert zwingend die Angabe der Gebäudewerte. Dabei kann auch auf ältere Daten zurück gegriffen werden.
7. Die Forderung nach einer Terrorversicherung bürdet den sich an einer Ausschreibung beteiligenden Versicherungsunternehmen kein ungewöhnliches Wagnis auf.

VPRRS 2005, 0543

VK Arnsberg, Beschluss vom 16.08.2005 - VK 13/05
1. Hinsichtlich der nach Art. 24 der Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 geforderten Mindestanforderungen für Nebenangebote ist auf den Inhalt der gesamten Vergabeunterlagen abzustellen, da der rechtliche Charakter einer Mindestanforderung durch ihren objektiven Erklärungsgehalt und nicht durch die Bezeichnung oder die Fundstelle (z. B. Richtlinie) bestimmt wird.*)
2. Keine Mindestanforderungen ergeben sich aus dem nur für den Amtsvorschlag geltenden Text des Leistungsverzeichnisses.*)

VPRRS 2005, 0542

VK Arnsberg, Beschluss vom 16.08.2005 - VK 14/2005
1. Hinsichtlich der nach Art. 24 der Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 geforderten Mindestanforderungen für Nebenangebote ist auf den Inhalt der gesamten Vergabeunterlagen abzustellen, da der rechtliche Charakter einer Mindestanforderung durch ihren objektiven Erklärungsgehalt und nicht durch die Bezeichnung oder die Fundstelle (z. B. Richtlinie) bestimmt wird.*)
2. Keine Mindestanforderungen ergeben sich aus dem nur für den Amtsvorschlag geltenden Text des Leistungsverzeichnisses.*)

VPRRS 2005, 0541

VK Arnsberg, Beschluss vom 16.08.2005 - VK 13/2005
1. Hinsichtlich der nach Art. 24 der Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 geforderten Mindestanforderungen für Nebenangebote ist auf den Inhalt der gesamten Vergabeunterlagen abzustellen, da der rechtliche Charakter einer Mindestanforderung durch ihren objektiven Erklärungsgehalt und nicht durch die Bezeichnung oder die Fundstelle (z. B. Richtlinie) bestimmt wird.*)
2. Keine Mindestanforderungen ergeben sich aus dem nur für den Amtsvorschlag geltenden Text des Leistungsverzeichnisses.*)

VPRRS 2005, 0540

VK Thüringen, Beschluss vom 08.09.2005 - 360-4002.20-028/05-SLF
Fehlen bei einem Angebot ausdrücklich geforderte Nachweise und Erklärungen (Handelsregisterauszug, Eigenerklärungen zur Eignung, Fabrikats- und Typenangaben), ist das Angebot zwingend auszuschließen.

VPRRS 2005, 0539

VK Nordbayern, Beschluss vom 09.08.2005 - 320.VK-3194-27/05
1. Ein Angebot, das entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht sämtliche von der Vergabestellet geforderten Erklärungen enthält, ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend auszuschließen. Ein Angebot, das entgegen den klaren Anforderungen in den Verdingungsunterlagen nicht nachvollziehbar darstellt, in welchem Umfang Leistungen durch Nachunternehmer erbracht werden sollen, genügt nicht den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A.*)
2. Nachverhandlungen über die sich aus dem Angebot ergebenden Unklarheiten zum Nachunternehmereinsatz sind nicht statthaft (§ 24 Nr. 3 VOB/A), weil die Verschiebung der Leistungsanteile zwischen Haupt- und Nachunternehmer einen tiefgehenden Eingriff in die Angebotsgestaltung darstellt.*)

VPRRS 2005, 0538

VK Thüringen, Beschluss vom 09.09.2005 - 360-4002.20-009/05-SON
1. Enthält das Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, welches mit dem Angebot abzugeben ist, u.a. eine Spalte, in der für die jeweiligen Nachunternehmerleistungen der „vorgesehene Nachunternehmer“ einzutragen ist, bringt die Vergabestelle ihr Verlangen zum Ausdruck, dass der vorgesehene Nachunternehmer bereits mit dem Angebot anzugeben ist.
2. Verlangt der Auftraggeber mit dem Angebot ein Geräteverzeichnis, das die Eintragung der vom Auftragnehmer für die Leistungsausführung vorgesehenen Geräte nach Anzahl, Bezeichnung, Kenngröße verlangt und gibt der Bieter insoweit nur eine allgemeine Angabe ab, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
3. Verlangt der Auftraggeber mit dem Angebot eine Referenzliste und gibt der Bieter eine solche Liste nicht ab, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
4. Besteht eine Vermutung für das Vorliegen eines unangemessen niedrigen Einheitspreises und liefert der Bieter keine nachvollziehbaren, tatsächlich die niedrigen Einheitspreise rechtfertigenden Begründungen, ist das Angebot auszuschließen.
5. Im Fall von geänderten Mengenansätzen im Kurz-Leistungsverzeichnis sind diese als Teil des Leistungsverzeichnisses auf die Menge des Lang-Leistungsverzeichnisses zu korrigieren. Auch für den Fall des Widerspruches von Angaben im Leistungstext des Kurz-Leistungsverzeichnisses sind diese unerheblich. Dies setzt aber jeweils voraus, dass der Text des Lang-Leistungsverzechnisses als verbindlich erklärt wird.
6. Eine Veränderung der Verdingungsunterlagen in Verbindung mit der Abgabe eine Kurz-Leistungsverzeichnisses liegt nur dann vor, wenn der Bieter im Lang-Leistungsverzeichnis ausdrücklich Änderungen vornimmt oder in Ergänzung zum Kurz-Leistungsverzeichnis die ausdrücklich abgegebene Anerkennung des Langtextes durch zusätzliche Erklärungen einschränkt, abändert oder in Frage stellt.

VPRRS 2005, 0537

VK Hessen, Beschluss vom 28.06.2005 - 69d-VK-07/2005
1. Veränderungen in der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft in der Zeit von der Angebotsabgabe bis zur Zuschlagserteilung sind unstatthaft, es sei denn, dass durch die Veränderung in der Bietergemeinschaft deren rechtliche Identität erhalten bleibt. Dann muss die Vergabestelle allerdings prüfen, ob die Bietergemeinschaft weiterhin für den Auftrag geeignet ist.*)
2. Ein Bieter darf nicht nur von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden, wenn er vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf seine Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit abgegeben hat. Das Gleiche gilt auch, wenn er solche Angaben aufrechterhalten bzw. nicht korrigiert hat.*)
3. Ein Antragsteller, dessen Angebot von der Wertung ausgeschlossen wurde, kann dann nicht mit seinem Nachprüfungsantrag erfolgreich sein, wenn zwar bezüglich der anderen Angebote auch Ausschlussgründe vorliegen, aber jedenfalls ein Angebot in der Wertung verbleibt.*)

VPRRS 2005, 0534

OLG München, Beschluss vom 12.09.2005 - Verg 20/05
Nebenangebote, welche die Berechnung eines vom Auftraggeber geforderten Gesamtpreises nicht zulassen, sind einer vergleichenden Wertung nicht zugänglich und können deshalb nicht in die Wertung miteinbezogen werden.*)

VPRRS 2005, 0532

VK Nordbayern, Beschluss vom 11.08.2005 - 320.VK-3194-25/05
1. Hinsichtlich der Mindestbedingungen für Nebenangebote muss zumindest für alle Bieter ersichtlich sein, welche Anforderungen von der Vergabestelle an die Erstellung von Nebenangeboten vorgegeben werden.*)
2. Ein Nebenangebot, das die vorgegebenen Mindestbedingungen nicht erfüllt, darf nicht gewertet werden.*)

VPRRS 2005, 0530

VK Bund, Beschluss vom 13.07.2005 - VK 1-59/05
1. Für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller schlüssig darlegt, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurück zuführen ist. Nicht erforderlich ist, dass bereits festgestellt werden kann, dass der behauptete Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt, der Nachprüfungsantrag also in der Sache begründet ist.
2. Gemäß dem Wortlaut von § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A ("ausgeschlossen werden") hat der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, sondern ist gezwungen, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Der Ausschlusstatbestand ist daher auch nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden können.
3. Lässt man eine Modifizierung von wesentlichen Preisangaben eines Angebots in einer Nachverhandlung zu, so eröffnet man dem jeweiligen Bieter einen unkontrollierbaren Spielraum zur nachträglichen Manipulation von wertungsrelevanten Positionen. Dies ist nicht mehr von § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, der als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, gedeckt. Davon abgesehen steht es im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, ob er eine Zweifelsverhandlung gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A durchführen will oder nicht.

VPRRS 2005, 0526

OLG Celle, Urteil vom 23.06.2005 - 14 U 25/05
1. Ein Nebenangebot, mit dem ein Bieter statt der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Herstellung eine preiswertere, unter Verwendung von mehr Altmaterial, anbietet, kann unter der Bedingung stehen, dass das Altmaterial in dem vom Nebenangebot umfassten Umfang geeignet ist.
2. Hat ein Auftragnehmer sein Angebot von der Eignung vorhandenen Altasphalts zur Wiederverwertung abhängig gemacht und stellt sich dies als nicht zutreffend heraus, steht ihm eine Vergütung auf der Grundlage der Einheitspreise zu.
3. Wird in einem Nebenangebot, auf das der Zuschlag erteilt wird, statt der im Leistungsverzeichnis des Hauptangebots vorgesehenen Herstellung einer neuen Asphalttragschicht unter Mitverwendung von Asphaltgranulat bis max. 30 % eine Beimischung von 70 % angeboten, wobei das Asphaltgranulat ausschließlich aus den Trag und Bindeschichten der alten, aufzubrechenden Fahrbahn gewonnen werden sollte und den Vertragsparteien die Qualität des Altasphalts nicht bekannt war, und stellt sich später während der Bauausführung heraus, dass das Ausbaumaterial nur wie im Hauptangebot vorgesehen zu verwenden ist, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Zahlung der Mehrkosten zu, die sich aus dem Leistungsverzeichnis zum Hauptangebot ergeben. Denn in diesem Fall durfte der Auftraggeber das Angebot nur so verstehen, dass der Auftragnehmer das Asphaltgranulat der alten Fahrbahn (lediglich) so weit wie tatsächlich möglich wiederverwenden wollte, um so den im Leistungsverzeichnis des Hauptangebots angebotenen Einheitspreis zu reduzieren.*)

VPRRS 2005, 0525

LG Mannheim, Urteil vom 01.04.2005 - 7 O 404/04
1. Eine Wettbewerbshandlung liegt in jeder Handlung, die mit dem Ziel vorgenommen wird, zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern.
2. Bei der Beurteilung des Nachfrageverhaltens der öffentlichen Hand ist zu unterscheiden zwischen erwerbswirtschaftlicher Betätigung, bei der ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs bejaht wird, und reinen Nachfragetätigkeiten, die nur dazu dienen, den Bedarf zu decken, der die öffentliche Hand in die Lage versetzt, die ihr übertragenen öffentlichen Aufgaben zu erfüllen.
3. Bei der Vergabe von Bauaufträgen für öffentliche Einrichtungen fehlt es in der Regel an einer Wettbewerbshandlung, denn die Kommunen verfolgen hierbei nicht das Ziel, fremden Wettbewerb zu fördern.
4. Eine Wettbewerbshandlung liegt jedoch vor, wenn die Absicht besteht, einen bestimmten Anbieter aus unsachlichen Gründen zu bevorzugen oder zu benachteiligen.

VPRRS 2005, 0524

VK Nordbayern, Beschluss vom 26.07.2005 - 320.VK-3194-26/05
1. Nach DIN 276 dient die Kostenschätzung lediglich einer überschlägigen Ermittlung der Kosten. An die Schätzung dürfen keine übertriebene Anforderungen gestellt werden (§ 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 4 VgV, §§ 3 u. 1 VgV). Eine Abschätzung nach dem Kostenrichtwert der Bayerischen Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben ist dafür untauglich. Kostenrichtwerte für Abwasseranlagen dienen der Ermittlung einer Kostenpauschale bei Fördermaßnahmen im Bereich der Wasserwirtschaft und geben lediglich einen Anhaltspunkt über die durchschnittlich zu erwartenden Kosten von Kläranlagen in Bayern. Im Kostenrichtwert ist lediglich die Größe einer Kläranlage (Einwohnerwerte ) berücksichtigt. Konkret projektbezogene Kostenfaktoren - wie z.B. ortsübliche Preise, konjunkturelle Einflüsse, Erreichbarkeit der Baustelle, Verwirklichungszeitraum, etc. - werden von Kostenrichtwerten nicht erfasst.*)
2. Der zu schätzende Gesamtauftragswert errechnet sich bei Bauaufträgen aus der Summe der Auftragswerte aller für die Erstellung der baulichen Anlage erforderlichen Bauleistungen. Von der Bauleistung getrennt zu vergebende Planungskosten sind bei der Berechnung des Bauauftragwertes nicht zu berücksichtigen.*)

VPRRS 2005, 0520

VK Arnsberg, Beschluss vom 07.03.2005 - VK 2/2005
Auch im Rahmen eines PPP-Verfahrens sind alle Teile eines Vertrages inhaltlich und rechnerisch bei der Ermittlung des Schwellenwertes bzw. der geschätzten Auftragssumme einzubeziehen, so auch Finanzierungsleistungen und Optionen für Wartungsangebote. *)

VPRRS 2005, 0514

VK Südbayern, Beschluss vom 01.09.2004 - 56-08/04
Gemäß § 107 Abs. 3 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Antrag ist außerdem unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.*)

VPRRS 2005, 0512

OLG München, Beschluss vom 11.08.2005 - Verg 12/05
Unter technischen Spezifikationen sind technische Regelwerke, Normen, gegebenenfalls auch allgemeine Eigenschafts- und Funktionsbeschreibungen zu verstehen, nicht jedoch individuelle, auf das konkrete Bauvorhaben bezogene technische Vorgaben wie beispielsweise die Festlegung einer bestimmten technischen Haltekonstruktion in der Leistungsbeschreibung. Hiervon abweichende technische Lösungen können allenfalls als Nebenangebot, nicht als Hauptangebot gewertet werden.*)

VPRRS 2005, 0511

OLG München, Beschluss vom 09.08.2005 - Verg 11/05
Ein Bieter, der ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgibt, ohne dass sich aus dem Angebot Anhaltspunkte für Vorbehalte, Unklarheiten oder Widersprüche ergeben, ändert den Inhalt seines Angebots nicht dadurch ab, dass er innerhalb der Bindefrist zu einer Position des Leistungsverzeichnisses, zu der der Auftraggeber bei Angebotsabgabe ein bestimmtes Fabrikat nicht abgefragt hat, ein Produkt vorschlägt, das nicht der Leistungsbeschreibung entspricht.*)

VPRRS 2005, 0509

OLG Dresden, Beschluss vom 01.07.2005 - WVerg 7/05
1. Der Ausschluss eines Angebots gem. den §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 l), 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A wegen unzulässiger Mischkalkulation setzt die Feststellung voraus, dass der betroffene Bieter in seinem Angebot Preisverlagerungen, d.h. in einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses Abpreisungen und an anderer Stelle kompensatorische Aufpreisungen mit dem Ergebnis vorgenommen hat, dass die in den jeweiligen Positionen angegebenen Preise von den ohne Berücksichtigung der Preisverschiebung tatsächlich geforderten Preisen abweichen.*)
2. Zur Darlegungs- und Beweislast, wenn die Vergabestelle dem durch die Angebotsgestaltung ausgelösten Verdacht einer unzulässigen Mischkalkulation durch Nachfrage bei dem betroffenen Bieter nachgeht.*)

VPRRS 2005, 0508

VK Sachsen, Beschluss vom 12.07.2005 - 1/SVK/073-05
1. Grundsätzlich liegt es - auch nach der Entscheidung des BGH vom 18.05.2004 (X ZB 7/04) - im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet.*)
2. Reine "Unterkostenangebote" in einzelnen Preispositionen allein berechtigen den Auftraggeber nicht zum Vorbehalt einer vergaberechtlich verbotenen Preisverlagerung (Mischkalkulation) mit Ausschlussrelevanz nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A. Unterkostenangebote sind nach allgemeiner Auffassung per se nicht unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BGH ist lediglich die Verschiebung eines in einer LV-Position kalkulierten Aufwands in eine andere LV-Position, also Abpreisungen verbunden mit kompensatorischen Aufpreisungen an anderer Stelle, untersagt. Gibt es aber keine derartigen tatsächlich auch überpreisten Positionen , verbietet sich eine darauf aufbauende Annahme einer kompensatorischen Preisverlagerung, die überhaupt erst den vom BGH angedachten Ausschlussgrund begründen kann (wie OLG Dresden, B. v. 01.07.2005, WVerg 7/05 und OLG Koblenz, B. v. 10.05.2005, 1 Verg 3/05).*)
3. Ein Prüfung, wonach einzig und allein eine auffällige Niedrigpreisposition (ohne Aufpreisungen an anderer Stelle) solange einem immer weiter und tiefer gehenden Rechtfertigungszenario zugeführt wird, bis schlussendlich sogar entgegen den Ausführungen einer erstbeurteilenden (unteren) Vergabestelle ein Rechtfertigungsmanko auf der Grundlage allein des ARS Nr. 25/2004 konstatiert wird, ist vergaberechtswidrig. In einer solchen Konstellation erweist sich ein Ausschluss durch eine (übergeordnete) Behörde, der einzig und allein auf eine nicht gesetzlich oder obergerichtlich gestützte Rechtsgrundlage gestützt wird (die in praxi überzogenen Ermächtigungen des ARS Nr. 25/2004) wie auch das Allgemeine Rundschreiben selber als vergaberechtswidrig.*)

VPRRS 2005, 0507

VK Bund, Beschluss vom 29.06.2005 - VK 3-52/05
1. Die eine Bedarfsdeckung herbeiführende Vertragsübernahme stellt sich als eine Form der Erteilung eines öffentlichen Auftrages dar.
2. Die Erteilung öffentlicher Aufträge unterliegt grundsätzlich dem Vergaberecht, und zwar unabhängig davon, in welcher juristischen Form die Auftragserteilung im konkreten Einzelfall vollzogen wird.

VPRRS 2005, 0505

VK Bremen, Beschluss vom 06.01.2005 - VK 4/04
1. Das Transparenzgebot gebietet die Durchführung offener und nicht hinsichtlich des Bieterkreises beschränkter Verfahren sowie die möglichst weitgehende Streuung von Vergabeankündigungen und Verdingungsunterlagen. Das Transparenzgebot stellt zudem sicher, dass ein öffentlicher Auftraggeber von den aufgestellten Vergabekriterien nach ihrer Bekanntmachung bei der späteren Angebotsprüfung nicht abweicht.
2. Gemäß § 16 Abs. 3 VOF ist nur im Zusammenhang mit der Auftragserteilung - dem Zuschlag -vorgesehen, dass der Auftragsgeber alle Auftragskriterien möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung angibt. § 13 Abs. 1 VOF nennt die Kriterien, die "insbesondere" die fachliche Eignung von Bewerbern verdeutlichen können, ohne den Auftraggeber aufzufordern, die zugrunde gelegten Kriterien in der Reihenfolge ihrer Gewichtigkeit anzugeben. Etwas anderes kann gelten, wenn die Antragsgegnerin vor der Vergabebekanntmachung eine Reihenfolge oder Punktebewertung festgelegt, ohne diese mit zu veröffentlichen.
3. Wichtiger als die in § 16 Abs. 2 VOF genannten Auftragskriterien sind für die Prognoseentscheidung die für die Bewerberauswahl vorgesehenen Auswahlkriterien der Fachkunde, Eignung, Erfahrung, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Der Auftraggeber wird regelmäßig nicht nur gemäß § 10 Abs. 1 VOF diejenigen Bewerber, die nach den Maßstäben der §§ 12 und 13 VOF am geeignetsten erscheinen, zur Verhandlung auffordern. Er wird häufig auch letztlich demjenigen Bewerber den Auftrag erteilen, der nach seinem Ermessen und seiner Überzeugung auf der Grundlage eines transparenten, detaillierten Auswahlverfahrens am geeignetsten ist. §§ 10 und 16 VOF gewähren dem Auftraggeber bei seiner Prognoseentscheidung - sowohl bei der Eignungsprüfung als auch bei der Frage nach dem Zuschlag - den notwendigen, relativ weiten Ermessensspielraum. Dieses Auswahlermessen findet seine Grenzen letztlich im Diskriminierungs- und im Willkürverbot. Bei der Teilnehmerauswahl ist es letztlich Sache der Vergabestelle, anhand einer pflichtgemäßen Ermessensausübung zu prüfen, welcher der für grundsätzlich geeignet befundenen Bewerber die Teilnahmekriterien am ehesten erfüllt. Ein Anspruch auf Teilnahme am Verhandlungsverfahren besteht nicht. Maßstab für die Frage, ob die Vergabestelle die Reduzierung des Teilnehmerkreises vergaberechtmäßig vorgenommen hat, ist letztlich das Diskriminierungs- und Willkürverbot. Die Vergabestelle muss anhand sachbezogener Kriterien und insbesondere nicht diskriminierend oder willkürlich auswählen. Ein Abstellen auf die Zahl der Referenzen, verbunden mit der Anfertigung von Notenskalen, ist nicht willkürlich.
4. Selbst wenn in zeitlicher Hinsicht ein (Gesamt-)Vergabevermerk erst nach der endgültigen Vergabeentscheidung fertig gestellt werden kann, ist es zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich, dass der Auftraggeber wesentliche Zwischenentscheidungen bereits vor der Zuschlagsentscheidung nachvollziehbar und zeitnah dokumentiert.
5. Ein im Rahmen eines behördeninternen Postdienste eingeschaltete Eigenbetrieb eine ähnliche Funktion wie ein Empfangsbote. Dessen Einschaltung ist für Außenstehende nicht erkennbar. Bei Willenserklärungen, die einem Empfangsboten gegenüber abgegeben werden, erfolgt der Zugang in dem Zeitpunkt, in dem regelmäßig mit der Weitergabe an den Empfänger gerechnet werden kann Bei Tagespost darf ein Außenstehender erwarten, dass diese noch am selben Tag an den vorgesehenen Empfänger weitergegeben wird. Die verspätete Weitergabe geht zu Lasten des Empfängers.

VPRRS 2005, 0502

VK Hessen, Beschluss vom 24.09.2004 - 69d-VK-60/2004
1. Ob das Angebot eines Antragstellers und übriger Beteiligter zwingend auszuschließen ist und bei der Angebotswertung nicht berücksichtigt werden kann, berührt nicht die Zulässigkeit, sondern ist eine Frage der Begründetheit. Stellt ein Bieter die Zuschlagsfähigkeit seines Angebots zur Überprüfung, so kann ihm der Zugang zum Nachprüfungsverfahren nicht mit der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als den von ihm zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen.
2. Der Wortlaut von § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A Abschnitt 2 ("ausgeschlossen werden") weist aus, dass der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer großzügigen Handhabung hat, sondern gezwungen ist, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Im Falle des Fehlens geforderter Erklärungen ändert daran auch der Umstand nichts, dass § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 VOB/A Abschnitt 2 nur als Sollvorschrift formuliert ist. Der Ausschlusstatbestand des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ist daher auch nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Dies erfordert, dass hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet, aber ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen.
3. Für die Beurteilung eines Sachverhalts ist auf den "objektiven Empfängerhorizont" abzustellen, d.h. maßgebend ist, wie ein verständiger, sach- und fachkundiger und mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Betrachter in der Lage der Vergabestelle die Angaben verstehen musste oder durfte.
4. Es gehört zu den originären Pflichten des Bieters, sein Angebot so eindeutig zu gestalten, dass es möglichst keine Fragen offen lässt: § 21 Nr. 1 VOB/A betrifft den Inhalt des Angebots. § 21 Abs. 1 Satz 1 enthält den Grundsatz, dass das Vertragsangebot klar, vollständig und in jeder Hinsicht zweifelsfrei sein muss. Ergibt sich dennoch Anlass zur Aufklärung, so ist es in erster Linie Sache des Bieters, sich um eine umfassende Information des Auftraggebers zu kümmern. Es ist nicht die Aufgabe oder gar Pflicht des Auftraggebers, sich seinerseits so lange um Klärung zu bemühen, bis alle seine Zweifel oder Unklarheiten ausgeräumt sind. Die Vergabestelle kann unklare Angebotsinhalte aufklären, aber sie muss nicht, denn § 24 Nr. 1 VOB/A vermittelt keinen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber mit dem Bieter über den Angebotsinhalt verhandelt.
5. Etwaige Dokumentationsmängel führen nicht "per se" zu einer Verletzung subjektiver Bieterrechte, sondern nur wenn dieser Mangel sich ursächlich auf die Rechtsstellung des Bieters ausgewirkt hat.
6. Dem Auftraggeber ist es unbenommen, zu seiner Absicherung auch andere Erkenntnisquellen als die Information durch den Bieter zu nutzen. Warum dies nur bei der Eignungsprüfung der Falle sein soll, wo es unbestritten ist, dass der Auftraggeber eigene Erfahrungen und bei Dritten durch Nachfrage gewonnene Informationen verwenden darf, ist nicht ersichtlich.

VPRRS 2005, 0501

VK Lüneburg, Beschluss vom 19.04.2005 - VgK-11/2005
1. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
2. Eine transparente und den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes genügende Wertung technischer Nebenangebote wird bereits dadurch gewährleistet, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen gem. § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben und gem. § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A alle für eine einwandfreie Preisermittlung relevanten Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben hat.
3. Wird mit einem Nebenangebot eine andere als die in den Ausschreibungsunterlagen verlangte Bauweise angeboten, so setzt die Zulässigkeit des Nebenangebots in aller Regel nicht voraus, dass der Auftraggeber diese Bauweise ausdrücklich als zugelassen oder erwünscht bezeichnet hat. Denn die Nebenangebote sollen dem Auftraggeber gerade die Kenntnis von alternativen, von ihm möglicherweise gar nicht bedachten Ausführungsmöglichkeiten vermitteln.
4. Der nachträgliche Nachweis der Gleichwertigkeit ist nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A zulässig, wenn es sich dabei nicht um eine inhaltliche Änderung der Angebots handelte.
5. Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO. Dort ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geregelt, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift zugunsten eines obsiegenden Beigeladenen ist im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer geboten. Die für eine analoge Anwendung von Vorschriften erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 lediglich geregelt wird: "Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen. § 80 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend." Eine daraus folgende Ungleichbehandlung eines Beigeladenen gegenüber den anderen Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens wäre jedoch nicht sachgerecht, zumal der Beigeladene schließlich gem. § 109 GWB deshalb den Beteiligten-Status erhält, weil "dessen Interessen durch die Entscheidung schwerwiegend berührt werden".

IBRRS 2005, 2542

OLG Bremen, Urteil vom 09.07.2004 - 4 U 64/03
1. Eine Leistung ist nicht vertragsgerecht, wenn dem Werk eine Beschaffenheit fehlt, die für den gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch erforderlich ist. Dabei ist es irrelevant, ob bei der Erbringung der Leistung alle anerkannten Regeln der Technik eingesetzt wurden.
2. Dafür, dass die Vertragswidrigkeit einer Bauleistung aus dem Verantwortungsbereich des Unternehmers herrührt, kann der Beweis des ersten Anscheins eingreifen, wenn Schadensursachen durch Vor- oder Nachgewerke ausscheiden.

VPRRS 2005, 0493

KG, Urteil vom 15.07.2004 - 27 U 300/03
1. Ein von einem Bieter nicht kalkulierter Mehraufwand stellt weder eine Ausführungsänderung nach § 2 Nr. 5 VOB/B noch eine zusätzliche Leistung im Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B dar.
2. Wenn Daten in Ausschreibungsunterlagen vorbehaltlich einer weiteren Prüfung angegeben sind, obliegt es dem Ermessen eines Bieters, die in den Ausschreibungsunterlagen angegebenen Daten zu prüfen. Ein aus dem Unterlassen einer Prüfung entstehender Mehraufwand geht zu Lasten des Bieters.

VPRRS 2005, 0492

VK Hessen, Beschluss vom 05.10.2004 - 69d-VK-56/2004
1. Wenn ein Bieter als Generalübernehmer auftritt, also weniger als ein Drittel der Bauleistung selbst erbringt, stellt dies keinen Ausschlussgrund vom Vergabeverfahren dar.*)
2. Fehlende oder unklare Angaben in den Verdingungsunterlagen zu einem beabsichtigten Nachunternehmereinsatz dürfen nicht durch Nachverhandlungen gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A bereinigt werden.*)
3. Ein Bieter, der nicht selbst über die zur Ausführung eines Bauauftrags erforderlichen technischen Mittel verfügt oder diese einsetzen will, muss in seinem Angebot ohne besondere Aufforderung des Auftraggebers darlegen und nachweisen, welcher Nachunternehmen er sich bei der Ausführung des Auftrags bedient und dass er tatsächlich über die den Nachunternehmen zustehenden Mittel, die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt.*)

IBRRS 2005, 2537

OLG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2005 - 1 U 97/04
Der typische Fertighausvertrag mit Errichtungsverpflichtung ist ein Werkvertrag. Gehört zum Leistungsumfang eines solchen Vertrages auch die Genehmigungsplanung für das Fertighaus und den Keller sowie die Anfertigung eines Planes für den "Typenkeller" im Maßstab 1 : 50, ist die Planungsleistung mangelhaft, wenn sie nicht die nach den örtlichen Verhältnissen des zu bebauenden Grundstücks notwendigen Maßnahmen zum Feuchtigkeitsschutz einbezieht.*)

VPRRS 2005, 0491

VK Arnsberg, Beschluss vom 27.07.2005 - VK 10/05
Eingrenzungserklärungen im Anschreiben, die geeignet sind, den Leistungsumfang zu beschränken, können zum Ausschluss führen.*)

VPRRS 2005, 0490

VK Hessen, Beschluss vom 20.10.2004 - 69d-VK-61/2004
1. Ein Nachprüfungsantrag ist auch zulässig, wenn das Angebot des Bieters möglicherweise zu Recht wegen eines zwingenden Ausschlussgrundes nicht bei der Angebotswertung berücksichtigt wurde. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt sein sollen und dass er ohne diese Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte.*)
2. Ein Angebot ist bei Einbringung eigener Vertragsbedingungen im Angebotsschreiben des Bieters zwingend auszuschließen. Dabei ist auch die Bezeichnung als „Präzisierung“ als Benennung eigener, von den Verdingungsunterlagen abweichender Vertragsbedingungen anzusehen, da damit die Regelungen in den Verdingungsunterlagen nicht ohne Einschränkung angenommen werden.*)

VPRRS 2005, 0489

VK Hessen, Beschluss vom 20.10.2004 - 69d-VK-62/2004
1. Die Antragsbefugnis umfasst auch die Frage der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses des Angebots. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt sein sollen und dass er ohne diese Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte.*)
2. Eine erst im Nachprüfungsantrag erbrachten Rüge, dem Bieter sei die vollständige Erstellung des Hauptangebotes aufgrund eines Fehlers der Vergabestelle bei Übersendung der Verdingungsunterlagen nicht möglich gewesen, ist nicht mehr „unverzüglich“ i. S. d. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)

VPRRS 2005, 0488

BGH, Urteil vom 24.05.2005 - X ZR 243/02
a) Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird. Ein Angebot, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist regelmäßig von der Wertung auszuschließen.*)
b) Der Umstand, daß das Auftragsvolumen den bisherigen Jahresumsatz des Bieters übersteigt, rechtfertigt für sich genommen grundsätzlich nicht den Schluß auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters.*)
VPRRS 2005, 0487

VK Hessen, Beschluss vom 23.08.2004 - 69d-VK-38/2004
1. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter (§ 97 Abs. 2 GWB) ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Angebote, die an demselben Mangel leiden, vergaberechtlich gleich zu behandeln, d. h. an den betreffenden übereinstimmenden Mangel vergaberechtlich dieselben Konsequenzen zu knüpfen. Hieraus folgt, dass aus der Wertung auch das Angebot des Bieters, der den Zuschlag erhalten soll, ausgeschlossen werden muss, falls es an demselben Mangel leidet wie dasjenige des Antragstellers.*)
2. Verbleibt danach kein zuschlagsfähiges Angebot mehr, muss die Entscheidung der Vergabestelle und die Ausschreibung insgesamt aufgehoben werden.*)

VPRRS 2005, 0486

VK Arnsberg, Beschluss vom 23.06.2005 - VK 05/05
Da bei Doppelangeboten der Wille des Anbieters nicht mehr eindeutig für die Vergabestelle ermittelbar ist, sind diese Angebote zwingend auszuschliessen.*)

VPRRS 2005, 0485

VK Arnsberg, Beschluss vom 22.04.2005 - VK 03/05
Eine Veränderung in einer Bietergemeinschaft im Rahmen einer Rechtsnachfolge, die das Angebot inhaltlich unberührt läßt, führt nicht zu einem zwingenden Ausschluss, sondern zu einer (nachprüfbaren) Ermessensentscheidung des Auftraggeber zur Eignung der Bietergemeinschaft.*)

VPRRS 2005, 0483

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.07.2005 - VK-SH 14/05
1. Es ist nicht nur zulässig, Bedarfspositionen zu werten, sondern deren Wertung ist aus Gründen der Transparenz und der Wettbewerbsgerechtigkeit zwingend geboten. Der Auftraggeber hat allerdings sorgfältig darauf zu achten, eine transparente Vergabeentscheidung zu ermitteln und den Gefahren von Manipulationen entgegenzutreten.*)
2. Bei widersprüchlichen Angaben hinsichtlich der Wertungskriterien in Vergabebekanntmachung und Verdingungsunterlagen gelten die Wertungskriterien der Vergabebekanntmachung.*)

VPRRS 2005, 0482

LG Köln, Urteil vom 23.02.2005 - 28 O (Kart) 561/04
Weicht der Gesamtbetrag einer Position vom Ergebnis der Multiplikation von Mengenansatz und Einheitspreis ab, ist der angebotene Einheitspreis zu werten. Dies gilt auch bei offensichtlich unrichtigen Einheitspreisen (hier: 816 Euro statt richtig 8,16 Euro). Ausnahmen sind nicht zugelassen.

VPRRS 2005, 0481

VK Lüneburg, Beschluss vom 26.07.2005 - VgK-31/2005
1. Verlangt ein Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen vom Bieter zulässigerweise produktidentifizierende Angaben (Hersteller- und Typenbezeichnung), so führt ein Fehlen dieser Angaben zu einem Fehlen der Vergleichbarkeit mit konkurrierenden Angeboten, welche diese Angaben enthalten. Ein derart unklares, weil unvollständiges Angebot ist von der Wertung auszuschließen.
2. Grundsätzlich hat ein Bieter, der ein unklares Angebot vorgelegt hat, keinen Anspruch auf Nachverhandlung.
3. Die ungenügende Beschreibung eines von den Leitfabrikaten abweichenden Produkts kann nicht mit einer Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 24 VOB/A nachgebessert werden.
4. Die Eintragung des Vermerks "LV" bei geforderten Hersteller- und Typenbezeichnungen sowie Vorgabe eines Leitfabrikats ist ausreichend.

VPRRS 2005, 0480

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.07.2005 - VgK-26/2005
1. Die Tatsache, dass einzelne Positionen sehr niedrig angeboten werden, lässt nicht automatisch auf eine vergaberechtswidrige Mischkalkulation schließen.
2. Insbesondere bei einer Häufung von 1-Cent-Positionen wird eine vergaberechtswidrige Mischkalkulation regelmäßig vermutet. Der Bieter trägt in diesen Fällen die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Mischkalkulation.
3. Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten keine Zweifel bestehen.
4. Zu Sinn und Zweck sowie dem notwendigen Inhalt eines Vergabevermerks.
5. Der Auftraggeber muss dokumentieren, welche Referenzen er in welcher Art und Weise überprüft hat.

VPRRS 2005, 0479

VK Lüneburg, Beschluss vom 27.06.2005 - VgK-23/2005
1. Bei Angaben zur Gewichtung der Preisfaktoren für eine Preisgleitklausel handelt es sich nicht um Preisangaben im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A.
2. Angaben zur Gewichtung der Preisfaktoren für eine Preisgleitklausel sind preis- und kalkulationsrelevante und damit auch wertungsrelevante Angaben, deren Fehlen der Auftraggeber im Rahmen des fakultativen Angebotsausschlusses gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A berücksichtigen muss.
3. Bei zusätzlichen Auskünften im Sinne des § 17 Abs. 1 VOL/A handelt es sich um Mitteilungen, die nur für den anfragenden Bewerber wichtig sind, weil er z. B. die Verdingungsunterlagen oder das Anschreiben vollständig oder in einzelnen Punkten missverstanden oder nicht genau gelesen hat. Erst wenn derartige Missverständnisse nicht subjektiv, sondern objektiv bedingt sind, weil sie sich als Folge von Unzulänglichkeiten der Leistungsbeschreibung darstellen, liegt eine wichtige Auskunft im Sinne des § 17 Abs. 2 VOL/A vor.

VPRRS 2005, 0477

OLG Rostock, Beschluss vom 10.06.2005 - 17 Verg 9/05
1. Die eingetretene Insolvenz eines Mitglieds der Bietergemeinschaft hindert nicht die Annahme einer Rechtsbeeinträchtigung der Bietergemeinschaft selbst. Sie ist also auch in diesem Falle antragsbefugt.
2. Ein Angebot enthält eine Mischkalkulation, wenn eine niedrige Bepreisung für anfallende Arbeiten durch entsprechende Erhöhungen bei anderen Positionen abgedeckt wird. Eine derartige Kostenverlagerung entspricht nicht § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A; das eine Mischkalkulation enthaltende Angebot ist gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A grundsätzlich von der Wertung auszuschließen.
3. Erbittet die Vergabestelle in ihrer Leistungsbeschreibung ein Preisangebot für die Position „Bestandsunterlagen“, so ist das Gebot eines Bieters auszuschließen, welches in dieser Position lediglich die Plotterkosten anbietet, die Kosten für die den Bestandsunterlagen zu Grunde liegenden Vermessungen aber in den Gemeinkosten unterbringt.

VPRRS 2005, 0475

LG Stralsund, Urteil vom 12.04.2005 - 3 O 73/03
Es ist Sache des öffentlichen Auftraggebers, vor der Ausschreibung die Frage einer Schadstoffbelastung aufzuklären oder bei überraschendem Auftreten von Schadstoffen den Auftrag entsprechend zu erweitern.

VPRRS 2005, 0474

BGH, Urteil vom 07.06.2005 - X ZR 19/02
a) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines durch die Ausschreibung begründeten vorvertraglichen schutzwürdigen Vertrauensverhältnisses kommen nicht in Betracht, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen war.*)
b) Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach den Formblättern EFB-Preis 1a, 1b und 2 gefordert, dann sollen diese Erklärungen für die Vergabeentscheidung relevant sein, so daß die Nichtabgabe dieser Erklärungen mit dem Angebot zwingend zum Ausschluß von der Wertung nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A führt.*)

VPRRS 2005, 0473

OLG Celle, Urteil vom 14.07.2005 - 14 U 217/04
1. Ergibt sich aus dem Leistungsverzeichnis, dass der Stahlüberbau einer Brücke unter Verwendung zweier verschiedener Stahlsorten "entsprechend statischen und konstruktiven Erfordernissen nach Zeichnung" herzustellen ist, so ist dasjenige Verhältnis der beiden Stahlsorten geschuldet, das konstruktionstechnisch zum Bau der Brücke erforderlich ist.*)
2. a) Enthält die Ausschreibung Unklarheiten, die keine sichere Kalkulation ermöglichen, hat der Auftragnehmer diese durch vorherige Einsichtnahmen in Planunterlagen, Ortsbesichtigungen oder Rückfragen zu klären.*)
b) Unterlässt der Auftragnehmer die gebotenen Aufklärungshandlungen, stehen ihm gegen den Auftraggeber weder Mehrvergütungsansprüche aus § 2 VOB/B noch Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss zu.*)

VPRRS 2005, 0472

VK Nordbayern, Beschluss vom 28.06.2005 - 320.VK-3194-21/05
1. Die ausschreibende Stelle hat in den Verdingungsunterlagen konkret festzulegen, welche Erklärungen sie für die Angebotswertung fordert. Eine Mehrdeutigkeit in den geforderten Belegen kann nicht zum Nachteil eines Bieters ausschlagen. Um Bieter im Vergabeverfahren mit Erklärungspflichten zu belasten, muss der Auftraggeber die Erklärungen „fordern“, das heißt, für das konkrete Vergabeverfahren ausdrücklich verlangen und eindeutig bestimmen, dass und zu welchem Zeitpunkt sie beizubringen sind. Unterlässt er dies, erwächst den Bietern im Vergabeverfahren keine Erklärungspflicht.*)
2. Die Vergabekammer ist bei ihrer Entscheidung an den von der Antragstellerin geltend gemachten Verstoß nicht gebunden. Vielmehr kann sie auch andere Verstöße zugrunde legen, durch welche vergaberechtliche Schutzvorschriften verletzt worden sind (§§ 110 Abs. 1, 114 Abs. 1 Satz 2 GWB). Dies gilt zumindest dann, wenn keine Präklusion mangels unverzüglicher Rüge eingetreten ist.*)

VPRRS 2005, 0469

VK Lüneburg, Beschluss vom 07.07.2005 - VgK-27/2005
1. Bei offensichtlichen, schwerwiegenden Vergaberechtsverstößen ist die Vergabekammer auch dann nicht gehindert, diese im Rahmen ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, wenn die Verstöße nicht - oder verspätet - gerügt wurden.
2. Weicht ein Auftraggeber von der europaweit bekannt gemachten Verfahrensart ab, kann dies von der vergabekammer von Amts wegen berücksichtigt werden.
3. Im gerichtsähnlich ausgebildeten Nachprüfungsverfahren ist die Hinzuziehung enes Rechtsanwalts für den Bieter regelmäßig notwendig.

VPRRS 2005, 0468

VK Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2005 - VgK-29/2005
1. Die Vergabekammer kann nur dann eine Aufhebung der Aufhebung anordnen, wenn der Vergabewille der Vergabestelle fortbesteht.
2. Grundsätzlich hat ein Bieter, der ein unklares Angebot vorgelegt hat, keinen Anspruch auf Nachverhandlung.
3. Die Nachbesserung der ungenügenden Beschreibung eines Nebenangebotes im Wege des § 24 VOL/A ist nicht zulässig.
