Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5426 Entscheidungen insgesamt
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VPRRS 2011, 0017
VK Nordbayern, Beschluss vom 13.12.2010 - 21.VK-3194-40/10
Die Kosten sind gem. § 128 Abs. 3 Satz 1 und Satz 5 nicht der ASt, sondern einem anderen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, soweit dieser im Verfahren unterliegt. Das ist der Fall, wenn sich die Rüge des Vergaberechtsverstoßes als erfolgreich erweist. Die am verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren orientierte Kostenregelung des § 128 GWB setzt insoweit eine behördliche Entscheidung voraus. Diese kann in der Abhilfeentscheidung der Ausgangsbehörde oder in der Entscheidung der Wider-spruchsbehörde liegen. Kommt daher die VSt dem Rechtsschutzbegehren der ASt nach, so war die Rüge des Vergaberechtsverstoßes i. S. v. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB im Verfahren erfolgreich.*)

VPRRS 2011, 0016

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2011 - Verg 46/10
1. Bei einer Änderung des Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers, die zu einer kalkulationserheblichen Reduzierung oder Erweiterung des ausgeschriebenen Leistungsumfangs führt, hat der Auftraggeber den Bietern in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zu geben, auf diese Korrektur zu reagieren. Sind die Angebote bereits eröffnet, müssen die Bieter entsprechende Änderungen ihres Angebots vornehmen können.
2. Die Bieter haben einen Anspruch auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens, nicht dagegen darauf, dass die Vergabestelle den ausgeschriebenen Leistungsumfang unter Effizienz- oder Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten abändert.
3. Ist die Reduzierung des Auftragsumfangs geringer als der Preisvorsprung des Bestbieters, kann die Kenntnis des Wegfalls dieser Positionen die Kalkulation in einer die Angebotsreihenfolge ändernden Weise nicht beeinflussen.

VPRRS 2011, 0013

OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011 - 13 Verg 15/10
1. Die Voraussetzungen für die Aufhebung eines Vergabeverfahrens (hier § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006) gelten auch im Verhandlungsverfahren.*)
2. Zu den Anforderungen an eine zulässige Rüge gemäß § 107 Abs. 2 GWB.*)
3. Auch im Vergabenachprüfungsverfahren können Gründe nachgeschoben werden, wobei der Dokumentationspflicht genügt ist, wenn dies in anwaltlichen Schriftsätzen erfolgt.*)

VPRRS 2011, 0008

BGH, Urteil vom 25.11.2010 - VII ZR 201/08
Ein Zuschlag in einem durch ein Planfeststellungsverfahren verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen erfolgt im Zweifel auch dann zu den ausgeschriebenen Fristen und Terminen, wenn diese nicht mehr eingehalten werden können und das Zuschlagsschreiben des Auftraggebers den Hinweis auf später "noch mitzuteilende exakte Fristen" enthält (Anschluss an BGH, IBR 2010, 549).*)

VPRRS 2011, 0007

VK Sachsen, Beschluss vom 19.10.2010 - 1/SVK/037-10
1. Wenn ein Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts fordert, dass "keine Person rechtskräftig wegen einer der in § 21 Abs. 1 SektVO genannten Straftaten verurteilt ist", so ist es ausreichend, die Eigenerklärung darauf zu beschränken, den Gesetzestext des § 21 Absatz 1 Satz 1 SektVO wortwörtlich abzuschreiben, da in § 21 Absatz 1 Satz 2 SektVO keine Straftaten genannt werden.*)
2. Fordert ein Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts, dass "kein Insolvenzverfahren oder vergleichbares Verfahren über das Vermögen des Bewerbers beantragt oder eröffnet ist oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wurde" (§ 21 Abs. 4 Nr. 1 SektVO), ist es ausreichend, wenn der Teilnehmer eine Eigenerklärung des Inhalts abgibt, dass er "sich nicht im Insolvenzverfahren oder in Liquidation befindet bzw. die Tätigkeit eingestellt hat und sich nicht aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahrens in einer entsprechenden Rechtslage befindet" (§ 11 Absatz 4 lit. a) VOF). Wenn der Auftraggeber eine formlose Eigenerklärung verlangt, dann muss der Bewerber auch die Möglichkeit haben, sinngemäß in eigenen Worten das zu erklären, was Ziel der Erklärungsabforderung des Auftraggebers ist, zumal die vorliegend der VOF entnommene Formulierung das Ziel hat, eine allumfassende Erklärung in insolvenzrechtlicher Hinsicht abzugeben.*)
3. Soweit die Vergabebekanntmachung Angaben aus den letzten 3 abgeschlossenen Kalenderjahren (2007, 2008, 2009) verlangt und ein Bewerber nur für die abgeschlossenen Jahre 2008 und 2009, sowie für das laufende Jahr 2010 diese Angaben vorlegt, nicht jedoch für das abgeschlossene Jahr 2007, fehlt eine geforderte Erklärung.*)
4. Dieses Fehlen einer geforderten Erklärung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer falsa demonstratio unschädlich, denn dafür ist es erforderlich, dass die eine Vertragspartei ihrer Erklärung einen von dem objektiven Erklärungsinhalt abweichenden Inhalt beimisst und die andere Vertragspartei dies erkennt und hinnimmt. Ein solcher Fall des übereinstimmenden, abweichenden Erklärungsinhaltes ist bei der dargelegten anderweitigen Jahresangabe nicht gegeben.*)

VPRRS 2011, 0006

VK Sachsen, Beschluss vom 23.09.2010 - 1/SVK/031-10
1. Nach der Vorschrift des § 98 Nr. 4 GWB gehören zu den Sektorentätigkeiten solche zur Nutzung eines geographisch abgegrenzten Gebietes zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im Luftverkehr mit Flughäfen durch Flughafenunternehmer, die einer Genehmigung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung bedürfen.*)
2. Soweit ein Auftraggeber einen lediglich "unterschriebenen" Teilnahmeantrag fordert, genügt dieser Anforderung jede Unterschrift eines Erklärenden, der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Vorlagefrist tatsächlich bevollmächtigt war. Den Nachweis über seine Vertretungsmacht kann er jederzeit, auch nachträglich, führen.*)
3. Wenn ein Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts fordert, dass "keine Person rechtskräftig wegen einer der in § 21 Abs. 1 SektVO genannten Straftaten verurteilt ist", so ist es ausreichend, die Eigenerklärung darauf zu beschränken, den Gesetzestext des § 21 Absatz 1 Satz 1 SektVO wortwörtlich abzuschreiben, da in § 21 Absatz 1 Satz 2 SektVO keine Straftaten genannt werden.*)
4. Fordert der Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts, dass "kein Insolvenzverfahren oder vergleichbares Verfahren über das Vermögen des Bewerbers beantragt oder eröffnet ist oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wurde" (§ 21 Abs. 4 Nr. 1 SektVO), ist es ausreichend, wenn der Teilnehmer eine Eigenerklärung des Inhalts abgibt, dass er "sich nicht im Insolvenzverfahren oder in Liquidation befindet bzw. die Tätigkeit eingestellt hat und sich nicht aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahrens in einer entsprechenden Rechtslage befindet" (§ 11 Absatz 4 lit. a VOF). Wenn der Auftraggeber eine formlose Eigenerklärung verlangt, dann muss der Bewerber auch die Möglichkeit haben, sinngemäß in eigenen Worten das zu erklären, was Ziel der Erklärungsabforderung ist, zumal die vorliegend der VOF entnommene Formulierung das Ziel hat, eine allumfassende Erklärung in insolvenzrechtlicher Hinsicht abzugeben.*)

VPRRS 2011, 0005

VK Sachsen, Beschluss vom 25.08.2010 - 1/SVK/027-10
1. Das Vergabenachprüfungsverfahren dient dem Individualrechtsschutz. Es dient jedoch nicht dazu, eine Ausschlussentscheidung zu Lasten eines Antragstellers auf neue Gründe zu stützen. Soweit die Mängel des Angebots des Antragstellers offenkundig sind und bereits durch den Auftraggeber in der Vergabeakte dokumentiert wurden, kann die Vergabekammer diese im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes aufgreifen, und diese Ausschlussgründe bei der Entscheidung berücksichtigen.*)
2. Die Bereichsausnahme des § 100 Abs. 2 d) bb) GWB ist nur einschlägig, wenn zusätzlich gerade durch die Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung staatlicher Sicherheitsinteressen droht.*)
3. Auch im Verhandlungsverfahren können Angebote nur dann in der weiteren Wertung berücksichtigt werden, wenn diese im Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Mindestanforderungen erfüllen. Eine Änderung an den Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1, Abs. 1 d) VOL/A führt damit zum Ausschluss. Dies gilt auch für ein optionales Leistungskriterium. Wird ein optionales Leistungskriterium angeboten, erfüllt dieses jedoch nicht die Vorgaben der Verdingungsunterlagen, so kann das Angebot nicht dahingehend interpretiert werden, dass das Leistungsmerkmal nicht angeboten sein soll und damit das Angebot in der Wertung verbleibt.*)

VPRRS 2011, 0004

OLG München, Beschluss vom 23.12.2010 - Verg 21/10
Ist die Aufhebung einer Ausschreibung in vergaberechtswidriger Weise erfolgt, kann ein drohender Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB für einen sich gegen die Aufhebung wendenden Bieter nur dann verneint werden, wenn bei unterstellter ver-gaberechtskonformer Handlungsweise des öffentlichen Auftraggebers ein Zuschlag auf dessen Angebot mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.*)

VPRRS 2011, 0003

OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2010 - 11 U 37/10
Bedingte Preisnachlässe sind im Vergabeverfahren nur dann berücksichtigungsfähig, wenn der Auftraggeber anlässlich der Vergabeentscheidung realistischerweise davon ausgehen kann, dass die Bedingung auch tatsächlich eintritt.

VPRRS 2011, 0002

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2010 - Verg 33/10
1. Die VOB/A zählt die Ausschlussgründe abschließend auf.
2. Eine Ausschreibung darf keine Anforderungen an die Preishöhe stellen. Es dürfen keine Mindestpreise verlangt werden. Ein Verbot negativer Einheitspreise ist unzulässig.
3. Ein Nachprüfungsantrag kann nur Erfolg haben, wenn ein vergaberechtswidriges Verhalten vorliegt und feststeht, dass der Antragsteller bei dessen Vermeidung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.

VPRRS 2011, 0001

VK Berlin, Beschluss vom 15.11.2010 - VK-B2-25/10
1. Ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft ist regelmäßig nicht antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da ihm das notwendige Interesse am Auftrag fehlt. *)
2. Die Bevollmächtigung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren erstreckt sich nicht auf die Vertetung im Nachprüfungsverfahren. *)
3. Das Fehlen einer Vollmacht macht einen Nachprüfungsantrag des Mitglieds einer Bietergemeinschaft, das für diese tätig werden will, offensichtlich unzulässig.*)

Online seit 2010
VPRRS 2010, 0438
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.11.2010 - Verg 28/10
1. Auch unterhalb der Schwelle der Aufhebungsgründe des § 26 VOB/A 2006 können Bieter aus Gründen der einem öffentlichen ebenso wie einem privaten Auftraggeber zuzuerkennenden Vertragsfreiheit keine Auftragsvergabe erzwingen, sondern darf der Auftraggeber das Vergabeverfahren aufheben. Dies kann nur anders zu beurteilen sein, sofern der Auftraggeber für die Aufhebung der Ausschreibung keinen sachlich gerechtfertigten Grund angegeben (hier bejaht) oder die Aufhebung nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren.
2. Liegt ein Begründungsfehler vor, ist allerdings im Vergabenachprüfungsverfahren nicht auszusprechen, dass das Vergabeverfahren fortzusetzen und mit Zuschlag zu beenden ist, denn die Vergabestelle hat die Möglichkeit, eine korrekte Aufhebung nachzuholen.

VPRRS 2010, 0437

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.10.2010 - VK-SH 14/10
Wählt der Auftraggeber als einziges Zuschlagskriterium den Preis und lässt er gleichzeitig die Abgabe von Nebenangeboten zu, liegt darin ein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG.*)

VPRRS 2010, 0436

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.10.2010 - VK-SH 16/10
1. Eine Auslegung des Angebots des Bieters gemäß §§ 133, 157 BGB kommt nicht in Betracht, wenn die Eintragung des Bieters in der maßgeblichen Position für sich genommen eindeutig ist und keinen Rechen- oder Schreibfehler erkennen lässt.*)
2. Die pauschale Anerkennung eines Langtextverzeichnisses ändert nichts daran, dass der Bieter nur das anbietet, was er auch bepreist hat. Wenn der Bieter in seinem selbst gefertigten Kurztextverzeichnis die ursprüngliche statt der korrigierten Menge bepreist, bietet er auch nur diese Menge an.*)

VPRRS 2010, 0434

LG Würzburg, Urteil vom 12.02.2009 - 12 O 558/08
1. Die Kündigung des Auftraggebers ist nicht ausgeschlossen, wenn das Insolvenzverfahren beantragt ist oder ein solches Verfahren eröffnet wird.
2. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalter nach der Insolvenzordnung besteht nur dann, wenn eine auf die vertragliche Bestimmung gestützte Kündigung nicht erklärt wurde.

VPRRS 2010, 0433

VK Lüneburg, Beschluss vom 20.08.2010 - VgK-33/2010
1. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden. Es ist nicht erforderlichen, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
2. Die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist jedenfalls unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtsachen C-406/08 und C-456/08) nicht mehr anwendbar.
3. Voraussetzung für die Präklusionswirkung der Bekanntgabe der Nichtabhilfe gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB ist, dass der Auftraggeber in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU auf diese Regelung hinwiesen hat. Dabei ist der Auftraggeber verpflichtet, genaue Angaben zu den von den Bietern zu beachtenden Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen zu machen oder eine Stelle zu benennen, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind. Die Frist zwischen Bekanntgabe der Nichtabhilfe und der Einreichung des Nachprüfungsantrags ist als echte Rechtsbehelfsfrist anzusehen.
4. Die Regelung des § 7 Nr. 6 VOL/A ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.
Private, erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen können daher auch dann nicht nach Nr. 6 ausgeschlossen werden, wenn sie öffentlich gefördert sind oder eine öffentliche Beteiligung an ihnen besteht.
5. § 16 VgV erfasst nur diejenigen Entscheidungen, die nach Veröffentlichung der Bekanntmachung und vor Erteilung des Zuschlags bzw. Aufhebung des Vergabeverfahrens liegen.
6. Dem Auftraggeber kommt bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters ein Ermessensspielraum zu. Dieser ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, insbesondere ob die Vergabestelle ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, ob der Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt worden ist oder ob die Entscheidung durch sachfremde Erwägungen bestimmt ist.
7. Zuverlässig ist ein Bieter, der seinen gesamten gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, so dass er, ggf. auch aufgrund der Erfüllung früherer Verträge, eine einwandfreie Ausführung des Auftrags einschl. der Erbringung der Gewährleistungen erwarten lässt.
8. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen.

VPRRS 2010, 0432

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.10.2010 - VgK-39/2010
1. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten der Auftraggeberin den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
2. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des EUGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtssachen C-406/08 und C-456/08) ist die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht mehr anwendbar.
3. Die Frist zwischen Bekanntgabe der Nichtabhilfe und der Einreichung des Nachprüfungsantrags ist als echte Rechtsbehelfsfrist anzusehen.
4. Die Rechtsfolge der Präklusion mit ihren erheblichen nachteiligen Wirkungen für jeden Anbieter sind an strenge, im Wesentlichen von der Vergabestelle zu schaffende Voraussetzungen geknüpft. Es besteht kein Bedürfnis, durch die Annahme einer Verwirkung in diese Abgrenzung einzugreifen.
5. Eine Prüfungspflicht der Auftraggeberin bzgl. eines Unterkostenangebots beginnt erst, wenn das niedrigste Angebot um mehr als 10 % vom zweitniedrigsten Angebot abweicht.
6. Dem Auftraggeber steht bei der Auswahl und Festsetzung der Bewertungskriterien ein von der Vergabekammer nicht überprüfbarer Wertungsspielraum zu.

VPRRS 2010, 0431

OLG Bamberg, Urteil vom 03.03.2010 - 3 U 230/08
1. Sind in einem Vertrag über Straßenbauarbeiten die ZTV-SA 97 wirksam einbezogen und ist auf sie in der Baubeschreibung nochmals hingewiesen, handelt es sich bei den dort beschriebenen Fahrten zur Kontrolle der Baustelle um Nebenleistungen.
2. Die hierfür anfallenden Kosten sind in die Einheitspreise einzurechnen. Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch besteht nicht.

VPRRS 2010, 0430

OLG Naumburg, Urteil vom 30.09.2010 - 1 U 50/10
1. Eine Verpflichtung von Bietern, Eignungsnachweise für Nachunternehmer schon mit dem Angebot vorzulegen, ist nicht regelmäßig unzumutbar und daher unzulässig. Ob diese Verpflichtung besteht, ergibt vielmehr in jedem Einzelfall eine Auslegung der Angebotsunterlagen.*)
2. Allein aus der Präqualifikation eines Bieters kann nicht ohne Weiteres auf die Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer geschlossen werden, jedenfalls wenn deren Präqualifikationsnummer nicht mit angegeben wird.*)

VPRRS 2010, 0429

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.12.2010 - Verg W 16/10
1. Gelangt der Auftraggeber bei seiner Schätzung des Auftragswertes gemäß § 3 VgV zu einem Auftragswert oberhalb der Schwellenwerte, können die am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter die Nachprüfungsinstanzen anrufen, auch wenn ihre Angebote - wie dasjenige der Antragstellerin - unterhalb der Schwellenwerte liegen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Auftraggeber eine realistische und nachvollziehbare dokumentierte Schätzung vorgenommen hat.
2. Da die Frage, ob Nebenangebote zulässig sind, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist, von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird (bejahend: OLG Koblenz, Beschluss vom 26.07.2010 - 1 Verg 6/10; OLG Celle, Beschluss vom 03.06.2010 - 13 Verg 6/10; OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010 - 13 Verg 16/09; verneinend: OLG Düsseldorf, IBR 2011, 38), muss bei einer derartigen Sachlage erwogen werden, ob wegen dieser Divergenz in der Rechtsprechung der Vergabesenate die Sache entweder dem Bundesgerichtshof zugänglich gemacht oder der EuGH um Entscheidung zur Auslegung der beiden EU-Richtlinien und zur Entscheidung darüber, ob das deutsche Vergaberecht hiermit vereinbar ist, angerufen werden muss.

VPRRS 2010, 0426

OLG Naumburg, Urteil vom 12.11.2010 - 6 U 69/10
1. Der bei öffentlichen Aufträgen häufig verwendete Index GP-Nummer 2710024402 für Spundwandstahl bildet die Preisentwicklung seit August 2008 nicht in geeigneter Weise ab.
2. Stellt sich der durch den Auftraggeber gewählte Index für die Stoffpreisgleitklausel als ungeeignet dar, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Abrechnung auf Grundlage des tatsächlich gezahlten Preises erfolgen.
3. Die Stoffpreisgleitklausel ist eine Preisbestimmung und keine Preisnebenabrede; sie unterfällt daher nicht den Regelungen der §§ 305 ff BGB.

VPRRS 2010, 0464

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.07.2010 - L 21 SF 152/10 Verg
Der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen, die Therapiefreiheit der Vertragsärzte und die Wahlfreiheit der Versicherten entfalten keinen Bieterschutz i. S. des § 97 Abs. 7 GWB.

VPRRS 2010, 0425

OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.11.2010 - 4 U 548/09
Hebt die Vergabestellte, fehlerhaft beraten durch ein mitwirkendes Ingenieurbüro, eine öffentliche Ausschreibung rechtswidrig auf und wird sie deshalb zu Schadensersatz an einen zu Unrecht nicht berücksichtigten Bieter verurteilt, mindert sich ihr Schadensersatzanspruch gegen das beratende Ingenieurbüro im Wege der Vorteilsausgleichung um die Kostenersparnis einer günstigeren Zweitvergabe.*)

VPRRS 2010, 0422

LG Oldenburg, Urteil vom 06.05.2010 - 1 O 717/10
1. Für die Entscheidung über die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte des § 100 GWB, § 2 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) lässt sich trotz des Fehlens besonderer Verfahrensregeln nach den §§ 97 GWB ff. ein quasi rechtsfreier Raum bis zur Zuschlagserteilung nicht rechtfertigen.
2. Wenn die öffentliche Hand für einen Grundstücksverkauf freiwillig den Weg einer öffentlichen Ausschreibung wählt, liegt eine vergleichbare Interessenlage vor. Durch die Ausschreibung entsteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zu den Bietern, innerhalb dessen der Ausschreibende an Recht und Gesetz gebunden ist. Der Bieter muss die Möglichkeit haben, auch im Wege des Primärrechtsschutzes etwaige Verletzungen seiner Rechte überprüfen zu lassen.

IBRRS 2010, 4637

KG, Urteil vom 05.08.2009 - 11 U 64/08
1. Zur Abgrenzung von werk- und mietvertraglichen Pflichten beim Gerüstbauvertrag: Ab Freimeldung ist Werkvertragsrecht anzuwenden.
2. Bei Vereinbarung der VOB/B gilt beim werkvertraglichen Teil des Gerüstbauvertrags die Haftungsverteilung des § 4 Nr. 5 VOB/B. Kommt ein Bauaufzug beim Abbau des Gerüstes zum Einsatz, ist dieser vom Auftraggeber im Sinne von § 4 Nr. 5 VOB/B "zur Ausführung übergeben".
3. Ziffer 5.11.2 der DIN 18451, wonach die Gebrauchsüberlassung "frühestens drei Werktage nach Zugang der Mitteilung über die Freigabe" endet, ist eine reine Abrechnungsvorschrift und bestimmt nicht die Leistungspflichten.

VPRRS 2010, 0421

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.07.2009 - 4 U 161/08
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2010, 0419

OLG Celle, Beschluss vom 02.12.2010 - 13 Verg 12/10
1. Wird das Angebot des Antragstellers und Beschwerdeführers vom Antragsgegner erstmals im Laufe des anhängigen Beschwerdeverfahrens von der Wertung ausgeschlossen, ist auf die diesbezügliche Rüge des Antragstellers die Berechtigung dieses Ausschlusses im Beschwerdeverfahren zu prüfen.*)
2. Zu den Voraussetzungen an das Vorliegen einer "wettbewerbsbeschränkenden Abrede".*)

VPRRS 2010, 0418

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2010 - 15 Verg 6/10
1. Bei Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ist von der Vergabestelle festzustellen und zu dokumentieren, ob andere Hersteller die Fähigkeit erwerben können, die zu beschaffende Leistung künftig zu erbringen.
2. Bei Festlegung des Beschaffungsziels ist zu dokumentieren, wodurch sich die an die Leistung gestellten Anforderungen begründen. Dabei ist darzulegen, warum die Produkte einzelner Hersteller die Anforderungen nicht erfüllen.
3. Die sachliche Rechtfertigung der konkreten Anforderungen muss umfassend im Vergabevermerk dokumentiert werden.

VPRRS 2010, 0413

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2010 - Verg 29/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2010, 0409

VK Bund, Beschluss vom 15.01.2010 - VK 1-224/09
1. Maßgeblich für die Frage, welche Eignungsnachweise von den Bietern vorzulegen sind, ist die Bekanntmachung, und für die Frage, wann diese Nachweise beizubringen sind, die Angebotsaufforderung samt den dazugehörigen Verdingungsunterlagen.
2. Von den Vorgaben in der Bekanntmachung darf ein öffentlicher Auftraggeber später nicht mehr abrücken, er darf weder auf in der Bekanntmachung genannte Nachweise im Nachhinein verzichten noch darf er weitere Unterlagen fordern, die er in der Bekanntmachung nicht genannt hat; allenfalls nachträgliche Konkretisierungen sind dem öffentlichen Auftraggeber erlaubt
3. Der öffentliche Auftraggeber muss den Zeitpunkt, zu dem Eignungsnachweise vorzulegen sind, nicht bereits in der Bekanntmachung angeben, vielmehr reicht es aus, wenn er diesen in der Angebotsaufforderung festlegt

VPRRS 2010, 0408

OLG München, Beschluss vom 12.11.2010 - Verg 21/10
1. Ein Vergabeverfahren beginnt dann, wenn die Vergabestelle nach außen erkennbar den ersten Schritt zur Durchführung desjenigen Verfahrens in die Wege leitet, welches zu einem konkreten Vertragsabschluss führen soll. Bei europaweiten Vergaben ist dies grundsätzlich die Absendung der Vergabebekanntmachung an das EU-Amtsblatt.*)
2. Ist in der Bekanntmachung keine Äußerung dazu enthalten, ob Nebenangebote zugelassen sind oder nicht, sind diese nicht zugelassen.*)
3. Verlangt der öffentliche Auftraggeber die Benennung eines Fabrikats, kann das Angebot eines Bieters, welcher einen Hersteller, aber keine Typenangabe benennt, nicht ohne Weiteres wegen fehlender Angaben ausgeschlossen werden.*)

VPRRS 2010, 0406

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2010 - Verg 13/10
1. Drittunternehmen im Sinne der Art. 25, 45 ff Richtlinie 2004/18/EG, § 7a Nr. 3 Abs. 6, § 10 VOL/A sind auch konzernangehörige Unternehmen.
2. Zu der Frage, was ein Nachunternehmer ist.
3. Werden nur für eine bestimmte Gruppe von Drittunternehmen bestimmte Nachweise gefordert, kann ein Bieter davon ausgehen, dass er für sonstige Drittunternehmen diese Nachweise nicht vorlegen muss.
4. Will sich der bisherige Auftragnehmer bei der Neuausschreibung auf diese bisherige Tätigkeit als Referenz berufen, so muss er auf diese Tätigkeit explizit auch hinweisen. Ohne einen solchen Hinweis kann die Vergabestelle nicht erkennen, ob sich der Bieter überhaupt auf diesen früheren Auftrag berufen will.

VPRRS 2010, 0402

OLG München, Beschluss vom 10.11.2010 - Verg 19/10
1. Zum Begriff des öffentlichen Auftraggebers nach § 98 Nr. 5 GWB.*)
2. Eine unzutreffende Preisangabe, welche zum Ausschluss des Angebots führt, liegt dann vor, wenn ohne entsprechende Vorgabe im Leistungsverzeichnis Kosten für Bauleiter in die Position Baustelleneinrichtung eingerechnet werden.*)

VPRRS 2010, 0401

OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.08.2010 - 2 W 37/10
1. Auch im Unterschwellenbereich kann im Wege des Primärrechtsschutzes durch einstweilige Verfügung nur die Untersagung des Zuschlags an einen Mitbewerber begehrt werden.
2. Für die Ermittlung des Streitwerts im unterschwelligen Zivilrechtsschutz ist § 50 Abs. 2 GKG entsprechend anwendbar. Der Streitwert ist daher mit 5% des Bruttoauftragswerts anzusetzen.

VPRRS 2010, 0400

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2010 - Verg 39/10
1. Nebenangebote sind trotz Aufforderung zur Angebotsabgabe unzulässig, wenn der Preis einziges Zuschlagskriterium ist. Art. 36 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG lässt in einer derartigen Situation Varianten (in der deutschen Terminologie: Nebenangebote) nicht zu.
2. Mit einer entsprechenden Rüge ist ein Antragsteller bis zum Bekanntwerden der Beschlüsse des OLG Düsseldorf vom 07.01.2010 und 23.03.2010 - Verg 61/09 nicht ausgeschlossen.
3. Ist der Preis als einziges Zuschlagskriterium genannt, kann die Vergabestelle die Nebenangebote ausschließen und das Vergabeverfahren fortsetzen. Sie kann die Situation aber auch zum Anlass nehmen, das laufende Vergabeverfahren aufzuheben oder zumindest in den Stand vor Versendung der Verdingungsunterlagen zurückzuversetzen. In diesem Fall hat die Vergabestelle die Möglichkeit, es bei den gegenwärtigen Verdingungsunterlagen zu belassen, sie kann aber auch die Leistungsbeschreibung oder die Zuschlagskriterien ändern. In jedem Fall kann die Antragstellerin dann neue Angebote einreichen.

VPRRS 2010, 0399

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 15.09.2010 - 1 Verg 3/10
Auf der Grundlage der VOB/A 2006 muss die Vergabestelle in den Grenzen des - hier nicht gegebenen - Rechtsmissbrauchs ein Angebot auch dann wegen Unvollständigkeit zwingend von der Wertung ausschließen, wenn die fehlende Angabe bedeutungslos erscheint (im Fall: Herstellerangabe enes Telefaxgerätes) und überdies eine Position betrifft, die für die Wertung der Angebote unwesentlich ist (im Fall: 0,02 % der Angebotssumme).*)

VPRRS 2010, 0397

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.05.2010 - VgK-12/2010
1. Die Wirkung einer Festlegung des rechtlichen Rahmens durch den Auftraggeber für die Nachprüfung hat (§§ 102 ff. GWB) besteht in einer Selbstbindung des Auftraggebers, dass er das streitgegenständliche Los nicht dem 20 %-Kontingent nach § 2 Abs. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre.
2. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Es ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergaberechtskonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
3. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme erfolgen.
4. Das Verbot der Änderung der Vorgaben in den Verdingungsunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt.Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Der durch eine Ausschreibung eröffnete Wettbewerb kann nur gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil anderenfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet. Angebote, die gegen § 21 Nr. 1 Abs.3 VOB/A verstoßen, müssen deshalb von der Wertung ausgeschlossen werden. Die Bieter müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung auch so angeboten haben will, wie er sie in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat. Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Verdingungsunterlagen anbieten, so steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie vom Auftraggeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen, im Rahmen seines Angebotes von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A.

VPRRS 2010, 0396

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2010 - Verg 44/10
1. Werden geforderte Genehmigungen zur Unterbringung von Baggergut nicht vorgelegt, ist Angebot eines Bieters ungeeignet.
2. Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Öffentliche Bekanntmachung ist - trotz unterschiedlichen Wortlauts der jeweils einschlägigen Paragraphen - sowohl nach der VOB/A 2006 als auch nach der VOB/A 2009 unter den gleichen Voraussetzungen gestattet, nämlich dass kein Angebot die Wertungsstufen eins bis drei unbeanstandet passiert hat und vom Auftraggeber bezuschlagt werden könnte.

VPRRS 2010, 0392

VK Arnsberg, Beschluss vom 20.07.2010 - VK 09/10
1. Die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, den wirtschaftlichsten Preis durch eine vergaberechtsgerechte Ausschreibung für Abschleppleistungen zu ermitteln, kann nicht durch die Übernahme verbandinterner ermittelter Preislisten ersetzt werden.*)
2. Die funktionale Leistungsbeschreibung lässt die Bestimmung einer Leistung mit dem geschuldete Ziel Abschleppen / Bergen von Fahrzeugen unterschiedlichen Gewichts verbunden mit der Forderung einer Pauschalpreisangabe zu.*)

VPRRS 2010, 0390

VK Südbayern, Beschluss vom 25.06.2010 - Z3-3-3194-1-28-05/10
1. Bei der Vergabe von Labordienstleistungen handelt es sich um eine Dienstleistung des Anhangs IB, Kategorie 27 der VOL/A, nicht aber um eine Leistung der Kategorie 12 des Anhangs II zur Vergabekoordinierungsrichtlinie.*)
2. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 VOL/A sind Öffentliche Ausschreibungen durch Tageszeitungen, amtliche Veröffentlichungsblätter, Fachzeitschriften oder Internetportale bekannt zu machen. Das Internetportal als Bekanntmachungsmedium genügt nach dem Regelungszweck des § 17 VOB/A und § 17 VOL/A aber nur dann den Anforderungen der Transparenz, wenn dem durchschnittlichen Nutzer des Internets auch der entsprechende Internetauftritt des Auftraggebers bekannt ist, oder sich Bekanntmachungen im Internet nicht nur zufällig oder mit großem Aufwand finden lassen.*)
3. Grundsätzlich hat der Auftraggeber bis zum Eröffnungstermin die Möglichkeit, etwaige Fehler im Leistungsverzeichnis zu korrigieren, das heißt, er kann Teile des Leistungsverzeichnisses zurückziehen oder Änderungen am Leistungsverzeichnis vornehmen. Liegen dennoch inhaltlich unterschiedliche Angebote vor, die auf Änderungen zurückzuführen sind und liegt dies nicht im Verantwortungsbereich der Bieter, macht eine solche Situation es unumgänglich, das Vergabeverfahren in den Stand nach der erfolgten Bekanntmachung der Vergabeabsicht durch die Vergabestelle zurückzuversetzen. Hierbei sollte er sich auch dahingehend absichern, dass ihm alle Bewerber den Empfang der Mitteilung bestätigen.*)
4. Eine Loslimitierung kann vergaberechtlich nur dann zulässig sein, wenn damit bezogen auf den Bieterkreis und den Auftragsgegenstand keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Bei der Entscheidung über die Losaufteilung kommt es im Rahmen der Dokumentationspflicht vor allem darauf an, dass ersichtlich wird, dass die Vergabestelle das Interesse an einem breiteren Wettbewerb um den zu vergebenden Auftrag berücksichtigt und gegen wirtschaftliche und technische Belange abgewogen hat. *)

VPRRS 2010, 0389

VK Südbayern, Beschluss vom 24.06.2010 - Z3-3-3194-1-23-04/10
1. Der Antragsgegner darf den Zuschlag auf keines der Angebote erteilen, wenn die Verdingungsunterlagen nicht geeignet waren, vergleichbare Angebote in Bezug auf eventuell zu zahlende Umsatzsteuer zu erhalten. *)
2. Bei einer mathematischen Formel zur Preisanpassung sind auch die dazugehörigen Einheiten zu berücksichtigen. *)
3. Eine Formel zur Preisanpassung darf nicht dazu führen, dass bei bestimmten Angebotspreisen es zu Ergebnissen kommt, die dem Sinn der Preisanpassung zuwiderlaufen. *)
4. Erfasst die vom Auftragsgegner vorgegebene Alternative nicht nur einzelne Positionen der Leistungsbeschreibung , sondern die Gesamtleistung und wirkt sich auch auf die Angebotspreise aus, ist die Leistung nach § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A nicht eindeutig.*)

VPRRS 2010, 0387

VK Niedersachsen, Beschluss vom 05.05.2010 - VgK-12/2010
1. Die Wirkung einer Festlegung des rechtlichen Rahmens durch den Auftraggeber für die Nachprüfung hat (§§ 102 ff. GWB) besteht in einer Selbstbindung des Auftraggebers, dass er das streitgegenständliche Los nicht dem 20 %-Kontingent nach § 2 Abs. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre.
2. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen ein durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Es ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller auch schlüssig darlegt, dass er bei vergaberechtskonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
3. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme erfolgen.
4. Das Verbot der Änderung der Vorgaben in den Verdingungsunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt.Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Der durch eine Ausschreibung eröffnete Wettbewerb kann nur gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil anderenfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet. Angebote, die gegen § 21 Nr. 1 Abs.3 VOB/A verstoßen, müssen deshalb von der Wertung ausgeschlossen werden. Die Bieter müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung auch so angeboten haben will, wie er sie in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat. Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Verdingungsunterlagen anbieten, so steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie vom Auftraggeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen, im Rahmen seines Angebotes von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A.

VPRRS 2010, 0386

VK Südbayern, Beschluss vom 25.06.2010 - Z3-3-3194-1-30-05/10
1. Gemäß § 17 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A 2006 sind Öffentliche Ausschreibungen durch Tageszeitungen, amtliche Veröffentlichungsblätter, Fachzeitschriften oder Internetportale bekannt zu machen. Das Internetportal als Bekanntmachungsmedium genügt nach dem Regelungszweck des § 17 VOB/A 2006 und § 17 VOL/A 2006 aber nur dann den Anforderungen der Transparenz, wenn dem durchschnittlichen Nutzer des Internets auch der entsprechende Internetauftritt des Auftraggebers bekannt ist, oder sich Bekanntmachungen im Internet nicht nur zufällig oder mit großem Aufwand finden lassen.*)
2. Grundsätzlich hat der Auftraggeber bis zum Eröffnungstermin die Möglichkeit, etwaige Fehler im Leistungsverzeichnis zu korrigieren, das heißt, er kann Teile des Leistungsverzeichnisses zurückziehen oder Änderungen am Leistungsverzeichnis vornehmen. Liegen dennoch inhaltlich unterschiedliche Angebote vor, die auf Änderungen zurückzuführen sind und liegt dies nicht im Verantwortungsbereich der Bieter, macht eine solche Situation es unumgänglich, das Vergabeverfahren in den Stand nach der erfolgten Bekanntmachung der Vergabeabsicht durch die Vergabestelle zurückzuversetzen. Hierbei sollte er sich auch dahingehend absichern, dass ihm alle Bewerber den Empfang der Mitteilung bestätigen.*)
3. Eine Loslimitierung kann vergaberechtlich nur dann zulässig sein, wenn damit bezogen auf den Bieterkreis und den Auftragsgegenstand keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung vorliegt. Bei der Entscheidung über die Losaufteilung kommt es im Rahmen der Dokumentationspflicht vor allem darauf an, dass ersichtlich wird, dass die Vergabestelle das Interesse an einem breiteren Wettbewerb um den zu vergebenden Auftrag berücksichtigt und gegen wirtschaftliche und technische Belange abgewogen hat.*)

VPRRS 2010, 0385

VK Südbayern, Beschluss vom 30.07.2010 - Z3-3-3194-1-38-06/10
1. Eine Aufhebung nach § 26 Nr. 1 a) VOB/A muss rückgängig gemacht werden, wenn dem Antragsgegner kein normierter Aufhebungsgrund zur Seite steht. *)
2. Bei der Wertung nach § 25 VOB/A werden die Angebote nach ihrer Gesamtheit betrachtet und miteinander hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Preise verglichen. Die Wertung der Angebote erfolgt in vier Stufen. Die strikte Einhaltung einer Reihenfolge der vier Stufen ist nicht zwingend vorgegeben. *)
3. Bei der Eignungsprüfung handelt es sich um eine eigene Wertungsstufe im Rahmen der Prüfung und Wertung von Angeboten, die mit der Feststellung der Eignung oder Nichteignung der Bieter endet. In die engere Wahl kommen nur Bieter, deren generelle Eignung bejaht wird. Wurde vom Antragsgegner der Antragstellerin die Eignung nicht ausdrücklich abgesprochen, ist sie als geeignet anzusehen. *)
4. In einem Verhandlungsverfahren nach § 3 a Nr. 1 lit. d) VOB/A wendet sich der Auftraggeber nur an Unternehmer, deren Eignung er aufgrund vorangegangener aktueller Ausschreibungen oder sonstiger Kenntnis verlässlich beurteilen kann. Ist ihm dies nicht möglich, hat er die Unternehmer zunächst aufzufordern, ihre Eignung nachzuweisen, was der Antragsgegner nicht getan hat. *)
5. Der Antrag auf Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin ist abzuweisen, wenn eine dokumentierte Eignungsprüfung für die Antragstellerin nicht stattgefunden hat. *)

VPRRS 2010, 0383

VK Südbayern, Beschluss vom 30.07.2010 - Z3-3-3194-1-15-05/10
1. Gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB hat der Antragsteller die Hälfte der Gebühr zu entrichten, wenn sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig, wie es hier durch die Aufhebung der Ausschreibung der Fall ist, erledigt hat, weil er das Nachprüfungsverfahren in Gang gesetzt hat. Nach § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat nach billigem Ermessen. *)
2. Hat der Auftraggeber seine Entscheidung nicht dokumentiert und ist diese daneben auch noch offensichtlich fehlerhaft, hat er nach billigem Ermessen die Kosten des Verfahrens zu tragen. *)

VPRRS 2010, 0382

VK Südbayern, Beschluss vom 30.07.2010 - Z3-3-3194-1-42-06/10
Ist die Aufhebung der Ausschreibung durch Beschluss der Vergabekammer aufgehoben worden, ist die Fortführung des offenen Verfahrens im Rahmen eines neu ausgeschriebenen Verhandlungsverfahrens nach § 3 a Nr. 1 lit. d) VOB/A nicht möglich. Der Auftraggeber ist dann zu verpflichten, das ausgeschriebene Verhandlungsverfahren aufzuheben. *)

VPRRS 2010, 0380

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.10.2010 - Verg 46/10
Reduziert der Auftraggeber während des laufenden Vergabeverfahrens den ausgeschriebenen Leistungsumfang - etwa indem er schon vor Zuschlag Teile dieser Leistung ausführen lässt - , muss er allen Bietern Gelegenheit geben, auf diese Veränderung durch Änderung oder Anpassung ihrer Angebote zu reagieren. Andernfalls verstößt er gegen das in § 9 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Abs. 1 VOB/A 2006 geregelte Gebot, den Bietern eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, und verletzt damit die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung.

VPRRS 2010, 0379

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.06.2008 - Verg 21/08
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2010, 0378

VK Brandenburg, Beschluss vom 08.11.2010 - VK 51/10
Nebenangebote dürfen gemäß Art. 24 Richtlinie 2004/18/EG nicht gewertet werden, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist.

VPRRS 2010, 0377

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.10.2010 - 1 VK 50/10
Erlangt der Bieter bei einer für den Montag geplanten Zuschlagserteilung an einem Freitag Kenntnis von einem Vergabeverstoß, muss dieser vor Einreichung des Vergabenachprüfungsantrags gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.
