Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
5457 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
VPRRS 2015, 0416
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.09.2015 - 3 VK LSA 64/15
Sollen unterhalb der Schwellenwerte weitere Zuschlagkriterien als der Preis gelten, müssen diese Angaben aus den Vergabeunterlagen für die Bieter für ihre Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe ersichtlich sein. Auch die Gewichtung der Zuschlagkriterien ist aufzuführen.
Volltext
VPRRS 2015, 0414
Tief- und Ingenieurbau
VK Bund, Beschluss vom 15.05.2015 - VK 1-32/15
1. Soll ein Tiefenverdichtungsverfahren mittels Rütteldruckverdichtung erfolgen, darf der Auftraggeber bei der Wertung berücksichtigen, ob bereits Aufträge mittels Rütteldruckverfahren ausgeführt wurden.
2. Referenzmaßnahmen, die in einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit einem weiteren Unternehmen durchgeführt wurden, kann die Eignung eines Bieters, der sich nunmehr nicht in Bietergemeinschaft, sondern als Einzelbieter bewirbt, nur für die Leistungen belegen, die das jeweilige ARGE-Mitglied innerhalb der ARGE erbracht hat.
3. Nach Beendigung einer ARGE und der Beteiligung nur einzelner ihrer ehemaligen Mitglieder an einer anderen Ausschreibung kann die "Gesamtsumme der Eignung" der ARGE dem einzelnen Mitglied nicht vollumfänglich zugerechnet werden.
VPRRS 2015, 0409
Bau & Immobilien
OLG Hamm, Urteil vom 06.08.2015 - 17 U 130/12
1. Hat der Bieter - wie es insbesondere bei der funktionalen Leistungsbeschreibung der Fall ist - die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechte Lösung der Bauaufgabe zu erarbeiten, werden ihm umfangreiche Vorarbeiten abverlangt, bevor er die Preise berechnen kann. Diese Vorarbeiten, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Auftraggebers fallen, lösen eine Entschädigungspflicht aus.
2. Der Verpflichtung zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung kann sich der Auftraggeber nicht durch eine entsprechende Formulierung der Vergabebedingungen entziehen.
3. Die Höhe der festzusetzenden Entschädigung richtet sich nach den üblicherweise für die Angebotsbearbeitung als Teil der allgemeinen Geschäftskosten kalkulierten Aufwendungen, die für die überobligationsmäßig erbrachten Leistungen unter normalen Umständen anzusetzen sind. Hierzu sind der voraussichtliche durchschnittliche Zeitaufwand für die geforderte Ausarbeitung sowie die üblicherweise kalkulierten Personal- und Materialkosten zu ermitteln.
Volltext
VPRRS 2015, 0400
Straßenbau und Infrastruktur
VK Brandenburg, Beschluss vom 05.08.2015 - VK 11/15
Bei Verkehrssicherungsleistungen handelt es sich um einen den Begriff des "Fachloses" erfüllenden Teilbereich von mit dem Straßenbau einhergehenden Tätigkeiten, so dass sie losweise zu vergeben sind.
Volltext
VPRRS 2015, 0392
Planungsleistungen
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2015 - 1 VK 36/15
1. Auch im Rahmen eines Vergabeverfahrens nach der VOF ist das Angebot eines Bieters, das Änderungen an den vom Auftraggeber festgelegten Vertragsunterlagen enthält, von der Wertung auszuschließen.
2. Die Frage, ob ein Angebot Änderungen an den Vertragsunterlagen enthält, ist erforderlichenfalls durch eine Auslegung des Angebots zu beantworten. Dabei dürfen einzelne Textpassagen nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind im Zusammenhang mit der übrigen Darstellung zu lesen.
Volltext
VPRRS 2015, 0407
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.10.2015 - 3 VK LSA 70/15
Der Begriff der Erklärungen und Nachweise in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 ist weit auszulegen und betrifft sowohl bieterbezogene Erklärungen als auch leistungsbezogene Angaben zum technischen Inhalt der zu erbringenden Leistung, die der öffentliche Auftraggeber von den Bietern verlangt. Dies ist bei der Abfrage nach dem Ort einer Deponie gegeben, so dass diese fehlende Einzelangabe einer Nachforderung unterliegt.
Volltext
VPRRS 2015, 0393
Medizintechnik
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.09.2015 - 1 VK 33/15
Werden Tragarmsysteme mit einem pneumatischen Bremssystem angeboten, obwohl nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses Tragarmsysteme anzubieten waren, die über ein druckgasfreies Bremssystem verfügen, liegt eine Abweichung von den Vergabeunterlagen vor, die zu einem Ausschluss des Angebots führen.
Volltext
VPRRS 2015, 0406
Bau & Immobilien
VK Südbayern, Beschluss vom 23.06.2015 - Z3-3-3194-1-24-06/15
1. Auch bei einem in EU-weiten Vergabeverfahren erfahrenen Bieter kann nicht erwartet werden, dass dieser die rechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit von Wahlpositionen kennt, da diese im kodifizierten Vergaberecht an keiner Stelle geregelt sind. Eine Rügeobligenheit entsprechender Verstöße nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB besteht daher regelmäßig nicht.*)
2. Eine vergaberechtswidrige verdeckte Produktvorgabe in einer Grundposition des Leistungsverzeichnisses kann nicht dadurch "geheilt" werden, dass eine produktneutrale Alternativposition ausgeschrieben wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Grundposition zwingend angeboten werden muss.*)
3. Hat der öffentliche Auftraggeber sein Leistungsbestimmungsrecht nicht dahingehend ausgeübt, dass nur eine technische Lösung in Frage kommt, besteht auch kein berechtigtes Bedürfnis des Auftraggebers ein Angebot über eine bestimmte technische Lösung zu erhalten.*)
4. Fehlt es an einem berechtigten Bedürfnis für die Ausschreibung von Grund- und Alternativpositionen, sind nicht automatisch die Grundpositionen zu werten, sondern das Vergabeverfahren ist in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen und die Vergabeunterlagen zu überarbeiten.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0405
Bau & Immobilien
EuGH, Urteil vom 06.10.2015 - Rs. C-203/14
1. Art. 1 Abs. 8 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass der Begriff "Wirtschaftsteilnehmer" in Unterabs. 2 dieser Bestimmung auch öffentliche Stellen erfasst, die sich somit an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen können, wenn und soweit sie berechtigt sind, auf einem Markt Leistungen gegen Entgelt anzubieten.*)
2. Art. 52 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er zwar bestimmte Erfordernisse hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für die Eintragung der Wirtschaftsteilnehmer in die nationalen amtlichen Verzeichnisse und für die Zertifizierung enthält, doch die Bedingungen für die Eintragung dieser Wirtschaftsteilnehmer in die nationalen amtlichen Verzeichnisse oder für ihre Zulassung zur Zertifizierung sowie die insoweit bestehenden Rechte und Pflichten der öffentlichen Einrichtungen nicht abschließend festlegt. Die Richtlinie 2004/18/EG ist jedenfalls dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der einerseits nationale öffentliche Stellen, die berechtigt sind, die in der betreffenden Auftragsbekanntmachung angegebenen Bauleistungen, Waren oder Dienstleistungen anzubieten, nicht in diese Verzeichnisse eingetragen oder nicht zertifiziert werden können, während andererseits das Recht, sich an der betreffenden Ausschreibung zu beteiligen, allein den in diese Verzeichnisse eingetragenen oder zertifizierten Wirtschaftsteilnehmern vorbehalten ist.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0398
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.10.2015 - 3 VK LSA 69/15
1. Die Tatsache, dass zwei Bieter über einen Alleingesellschafter gesellschaftsrechtlich miteinander verknüpft sind, bedeutet noch nicht, dass hieraus wettbewerbsbeschränkende Abreden folgen.
2. Sind Bieter gesellschaftsrechtlich miteinander verflochten, müssen sie die strukturellen Umstände darstellen, die einen Wettbewerbsverstoß bereits im Ansatz effektiv verhindern.
3. Den Auftraggeber trifft die Pflicht zur Prüfung des Sachverhalts, sobald er von der möglichen Verbundenheit mehrerer Bieter Kenntnis erlangt.
Volltext
VPRRS 2015, 0404
Bau & Immobilien
VK Brandenburg, Beschluss vom 01.10.2014 - VK 15/14
(ohne amtlichen Leitsatz)
Volltext
VPRRS 2015, 0396
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 29.10.2015 - 21.VK-3194-35/15
1. § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 fordert von der Vergabestelle bei Fehlen von geforderten Erklärungen und Nachweisen, dass diese nachverlangt werden. Diese Regelung verpflichtet den Auftraggeber darauf hinzuwirken, dass ein Bieter seinen ersten Fehler korrigiert und so den Ausschluss seines Angebots vermeidet. Die Nachforderung steht nicht in seinem Ermessen.*)
2. Bei der geforderten Urkalkulation handelt es sich um eine Erklärung im Sinne des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012. Es handelt sich um eine leistungsbezogene Erklärung des Bieters, die der Nachforderungspflicht unterliegt.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0380
Waren/Güter
VK Bund, Beschluss vom 21.10.2015 - VK 2-97/15
1. Auch wenn die SektVO – anders als VOL/A 2009 und VOB/A 2012 – keine explizite Regelung zum den Ausschluss von Angeboten, die von den Vergabeunterlagen abweichen oder widersprüchliche Angaben, enthält, ist ein Angebot, das von den Vergabeunterlagen abweicht oder dessen Inhalt nicht widerspruchsfrei ist, von der Wertung auszuschließen.
2. Ein von der Ausschreibung abweichendes Angebot kann nicht in ein Nebenangebot umgedeutet werden, wenn Nebenangebote nicht zugelassen sind.
Volltext
VPRRS 2015, 0377
Dienstleistungen
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16.09.2015 - 3-10 O 119/15
Begehrt ein Antragsteller mit seinem Haupt- und Hilfsantrag eine Unterlassung in einem Vergabeverfahren, sind die Zivilgerichte auch nicht zuständig, wenn der Antragsteller seinen Anspruch auf die § 33 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB stützt, denn insoweit handelt es sich um einen sonstigen primärrechtlichen Anspruch im Sinne von § 104 Abs. 2 GWB für den die Vergabekammern sachlich zuständig sind.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0376
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 18.09.2015 - 1/SVK/030-15
1. Unterhält ein Bieter zwei unterschiedliche Firmen, muss er bei der Anfertigung und Verwendung eines Firmenstempels für Firmenklarheit im handelsrechtlichen Sinne sorgen. Dazu gehört, dass im Firmenstempel ein eindeutiger Hinweis auf die entsprechende Gesellschaftsform geführt wird.*)
2. Zwischen dem Bieter, der das Angebot abgegeben hat und demjenigen, der den Zuschlag erhalten soll, muss eine unzweideutige Identität vorliegen, insbesondere, wenn zwei Firmen mit ähnlichen Namen auf dem Markt agieren.*)
3. Zweifel darüber, wer das Angebot unterbreitet hat und wer Vertragspartner werden soll, stellen einen Ausschlussgrund gemäß §§ 13, 16 EG VOB/A dar.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0370
Technische Ausrüstung
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.09.2014 - 1 VK 40/14
Wird ein Angebot in einem nicht verschlossenen Umschlag eingereicht, ist es von der Wertung auszuschließen. Das gilt auch dann, wenn es beim Transport durch Verschulden des Postdienstleisters so beschädigt wurde, dass es als offen zu betrachten ist. Denn das Versendungsrisiko trägt der Bieter.
Volltext
VPRRS 2015, 0366
Bau & Immobilien
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.07.2015 - 15 Verg 3/15
1. Bei der Prognoseentscheidung, ob ein Bieter geeignet ist, darf ein Auftraggeber auch eigene Erfahrungen, die er mit einem Bieter in der Vergangenheit gemacht hat, in die Betrachtung miteinbeziehen.
2. Grundlagen einer Prognoseentscheidung darüber, ob ein Bieter geeignet ist, müssen auf gesicherten Erkenntnissen beruhen, wobei der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, ein gerichtsähnliches Verfahren zur Ermittlung der Tatsachen durchzuführen.
3. Will ein Auftraggeber bei der Eignungsprüfung eigene Erfahrungen berücksichtigen, muss er den zugrunde liegenden Sachverhalt umfassend ermitteln und den Einwänden des Bieters mit angebrachter Sorgfalt nachgehen.
Volltext
VPRRS 2015, 0365
Bau & Immobilien
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2015 - 1 VK 3/15
1. Bei der Prognoseentscheidung, ob ein Bieter geeignet ist, darf ein Auftraggeber auch eigene Erfahrungen, die er mit einem Bieter in der Vergangenheit gemacht hat, in die Betrachtung miteinbeziehen.*)
2. Grundlagen einer Prognoseentscheidung darüber, ob ein Bieter geeignet ist, müssen auf gesicherten Erkenntnissen beruhen, wobei der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, ein gerichtsähnliches Verfahren zur Ermittlung der Tatsachen durchzuführen.*)
3. Will ein Auftraggeber bei der Eignungsprüfung eigene Erfahrungen berücksichtigen, muss er den zugrunde liegenden Sachverhalt umfassend ermitteln und den Einwänden des Bieters mit angebrachter Sorgfalt nachgehen.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0364
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 30.09.2015 - 21.VK-3194-33/15
1. Der Begriff der Hochschulgebäude ist extensiv auszulegen und umfasst daher auch Studentenwohnheime.*)
2. Bei den Kosten des Vorhabens sind die gesamten Projektkosten einzuberechnen. Es kommt hierbei zum einen nicht auf die nach dem Zuwendungsbescheid benannten "förderfähigen Kosten" an, zum anderen sind aus der Kostenschätzung der VSt nicht einzelne Positionen abzuziehen. Auf den Begriff des Auftragswertes i.S.d. § 3 VgV kommt es gerade nicht an. Der Begriff des Vorhabens in § 98 Nr. 5 GWB ist insoweit weiter zu fassen.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0369
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 19.10.2015 - 21.VK-3194-38/15
1. Bei im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben im Sinne § 98 Nr. 2 GWB handelt es sich um Aufgaben, die hoheitliche Befugnisse und damit Aufgaben betreffen, die der Staat aus Gründen des Allgemeininteresses selbst erfüllen oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss behalten möchte. Dies ist der Fall, wenn diese Aufgaben eng mit der öffentlichen Ordnung und dem institutionellen Funktionieren des Staates verknüpft sind und nach einer Versorgungsgarantie verlangen. Eine Aufgabe liegt im Allgemeininteresse, wenn originär staatliche Hoheitsaufgaben erfüllt werden oder die Vergabestelle im Bereich der Daseinsvorsorge handelt. Aufgaben im Allgemeininteresse liegen vor, wo grundlegende Staatsfunktionen betroffen sind.*)
2. Für die Beurteilung der überwiegenden Finanzierung müssen die staatlichen Zuwendungen für das konkrete Projekt außer Betracht bleiben.*)
3. Nicht jedes Gebäude, in dem gelegentlich Unterrichtseinheiten abgehalten werden, wird deshalb ein Schulhaus. Entsprechendes gilt für den Begriff des Hochschulgebäudes.*)
4. Der Begriff der Freizeiteinrichtung ist als Sammelbegriff für alle Orte zu verstehen, die von der überwiegenden Mehrzahl der Besucher während deren Freizeit aufgesucht werden.*)
5. Einer zu weiten Auslegung des § 98 Nr. 5 GWB setzt der Bestimmtheitsgrundsatz Grenzen. Zweck der Vorschrift ist die Erfassung sogenannter Drittvergaben, in denen der Dritte gleichsam als verlängerter Arm des öffentlichen Auftraggebers auftritt. Es muss sich um die Delegation von Aufgaben handeln, die klassischerweise im öffentlichen Interesse von öffentlichen Auftraggebern zu erfüllen sind.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0361
Dienstleistungen
OLG Dresden, Beschluss vom 07.07.2015 - Verg 3/15
Eine Vertragsanpassungsklausel ist nur dann eine hinreichende Grundlage für eine Auftragserweiterung ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens, wenn sie eindeutig erkennen lässt, unter welchen Umständen der Vertrag wann und wie geändert werden kann.
Volltext
VPRRS 2015, 0354
Tief- und Ingenieurbau
VK Nordbayern, Beschluss vom 14.10.2015 - 21.VK-3194-23/15
1. Gemäß § 17 EG VOB/A 2012 kann der öffentliche Auftraggeber die Ausschreibung unter näher bestimmten Umständen aufheben. Es steht damit im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, ob er eine solche Maßnahme ergreift, wenn seiner Meinung nach ein Aufhebungsgrund vorliegt. Die Überprüfung dieser Ermessensentscheidung des öffentlichen Auftraggebers ist durch die Vergabekammer zwar grundsätzlich, aber nur begrenzt möglich. Der Bieter hat keinen einklagbaren Anspruch auf die Aufhebung der Aufhebung, sondern nur auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Verfahrensrechtlich ist davon auszugehen, dass ein öffentlicher Auftraggeber ein Vergabeverfahren abbrechen kann, wenn er nach Wertung der Angebote feststellt, dass alle Angebote seine Kostenschätzung übersteigen.*)
2. Teilleistungen, die sich auf reine Hilfsfunktionen und Zuliefererleistungen beschränken, stellen keine Nachunternehmerleistungen dar.
Volltext
VPRRS 2015, 0360
Strom, Wasser, Gas
OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2015 - 2 W 67/14
1. Für die gerichtliche Geltendmachung von vermeintlichen Verfahrensfehlern in einem wettbewerblichen Verfahren zur Vergabe einer Wegerechtskonzession zum Bau und zur Errichtung eines gemeindlichen Gasversorgungsnetzes nach § 46 Abs. 2 EnWG (hier: Primärrechtsschutz gegen die Erteilung des Zuschlags) ist der Zivilrechtsweg eröffnet.*)
2. Die Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht davon abhängig, dass die Antragstellerin zuvor im Konzessionsvergabeverfahren zeitnah eine Rüge gegenüber der ausschreibenden Gemeinde erhoben hat; § 107 Abs. 3 GWB ist nicht, auch nicht entsprechend anwendbar.*)
3. Zur Anwendbarkeit des § 46 Abs. 2 S. 4 EnWG auf ein Gasverteilungsnetz, welches die Altkonzessionärin ausschließlich zum Transport von Flüssiggas genutzt hat (offen gelassen mit der Tendenz, die Anwendbarkeit zu bejahen.).*)
4. Zu einem Fall der Unzumutbarkeit der Mitteilung von Netzstrukturdaten für die Kommune in einem Konzessionsvergabeverfahren nach § 46 Abs. 2 EnWG.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0359
Straßenbau und Infrastruktur
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015 - Verg 35/15
1. Der Begriff der Erklärungen oder Nachweise ist - gleichviel, ob er auftragsbezogene oder unternehmensbezogene Angaben, Willenserklärungen oder Wissensmitteilungen betrifft - nach dem Zweck der Norm denkbar weit zu verstehen.*)
2. § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 bezieht den Anwendungsbereich der Nachforderung ausschließlich auf solche Erklärungen oder Nachweise, die von Bietern bereits mit dem Angebot vorzulegen sind.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber darf Angebote, die bei Vorliegen formaler Mängel jedenfalls im Sinn von § 13 EG Abs. 1 Nr. 4, § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 wegen widersprüchlicher Angaben (Erklärungen oder Nachweise) an sich "ausschlusswürdig" sind, nicht ohne Weiteres von der Wertung ausnehmen, ohne das von einem Ausschluss bedrohte Bieterunternehmen zuvor zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufgefordert und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, den Tatbestand der Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0357
Dienstleistungen
VK Bund, Beschluss vom 06.10.2015 - VK 2-91/15
Weicht der Bieter von den Vorgaben des Auftraggebers ab, indem er dem Angebot bzw. der elektronisch übermittelten Angebotsdatei einen mit einer eigenen fortgeschrittenen Signatur versehenen Angebotsvordruck beigefügt, die nicht entsprechend den Vorgaben des Auftraggebers erzeugt wurde, ist dem Bieter zum Zwecke der Vermeidung des Ausschlusses aus formalen Gründen dazu Gelegenheit zu geben, einen fehlerfrei signierten Angebotsvordruck nachzureichen.
VPRRS 2015, 0346
IT
VK Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2015 - VgK-22/2015
Behält sich der Auftraggeber in der Aufforderung zum finalen Angebot vor, erst nach Submission zu entscheiden, welche Angebotsvarianten er bei der Wertung des Preises berücksichtigen wird, kann er Einfluss auf die Rangfolge der Angebote bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nehmen. Dadurch verstößt er sowohl gegen das Gebot der eindeutigen Leistungsbeschreibung als auch gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot.
Volltext
VPRRS 2015, 0347
Bau & Immobilien
OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.05.2015 - 1 U 1430/14
1. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht dazu verpflichtet, dem Angebot mit dem niedrigsten Preis in jedem Fall den Vorzug zu geben. Der Zuschlag ist vielmehr auf das unter Berücksichtigung aller technischen, wirtschaftlichen, gegebenenfalls auch gestalterischen und funktionsbedingten Gesichtspunkte annehmbarste Angebot zu erteilen. Nur bei inhaltlich und qualitativ gleichen Angeboten ist unter den in die engere Auswahl gekommenen Angeboten stets das Angebot mit dem niedrigsten Preis das annehmbarste.
2. Die Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich und im Unterschwellenbereich sind hinsichtlich der Anforderungen an den Ausschreibenden nicht gleichzusetzen. Der Auftraggeber muss deshalb bei der Unterschwellenvergabe keine Wertungskriterien angeben, wenn der Zuschlag nicht alleine nach dem niedrigsten Preis vergeben werden soll.
Volltext
VPRRS 2015, 0355
IT
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015 - Verg 28/14
1. Die Präklusionsbestimmungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB sind gemäß ihrem Wortlaut streng auszulegen und anzuwenden, um den durch die Rechtsmittelrichtlinie der Union garantierten Primärrechtsschutz nicht einzuschränken.*)
2. Die Wahrung der Rügeobliegenheit durch den Antragsteller ist ein Zulässigkeitserfordernis des Nachprüfungsantrags, das nicht mit der Begründung dahingestellt bleiben kann, der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet.*)
3. Zum Vorliegen eines Verschlusssachenauftrags im Sinn des § 99 Abs. 9 GWB.*)
4. Zu den vom Transparenzgebot gestellten Anforderungen, sofern der öffentliche Auftraggeber in einer Phase des Verhandlungsverfahrens ohne erneute Verhandlungen mit Bietern einen Zuschlag erteilen will.*)
5. Eine Verhandlungsrunde ist begrifflich erst nach Durchführen von Verhandlungen des Auftraggebers mit den Bietern über die Angebote oder die Leistungen abgeschlossen. Nicht aber erfüllt das bloße Einreichen von Angeboten bereits den Begriff der Verhandlung.*)
6. Zu intransparenten Bewertungsmaßstäben beim Zuschlagskriterium der Qualität.*)
7. Zur Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien im Anschluss an EuGH, Urteil vom 26.03.2015 - Rs. C-601/13 (Ambisig).*)
8. Aus dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 VSVgV enthaltenen Verbot, das Instrument der Rahmenvereinbarung missbräuchlich oder wettbewerbseinschränkend einzusetzen, folgt, dass der Auftraggeber Bietern auch im Anwendungsbereich der VSVgV, um eine wettbewerbskonforme Auftragsvergabe zu gewährleisten, hinsichtlich des Auftragsumfangs diejenigen Angaben zu machen hat, die ihm, um einen Eingang wettbewerblich vergleichbarer Angebote zu sichern, liquide verfügbar oder die in zumutbarer Weise zu beschaffen sind und welche die Bieter für eine seriöse Kalkulation der Angebote benötigen, ohne auf mehr oder minder willkürliche Schätzungen angewiesen zu sein.*)
9. In Vergabeverfahren ist die Einreichung mehrerer Hauptangebote durch Bieter nicht generell, sondern nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass der Auftraggeber solches in den Vergabeunterlagen veranlasst oder sonst dazu aufgefordert hat.*)
10. Zu den Anforderungen an eine fortlaufende Dokumentation des Vergabeverfahrens und an eine Heilung von Mängeln.*)
11. Im weitesten Sinn: Zu "No-Spy"-Anforderungen (zur Datensicherheit) des öffentlichen Auftraggebers.*)
12. Diesbezügliche Forderungen des Auftraggebers sind keine rechtlich zulässigen Anforderungen an die Eignung der Bewerber oder Bieter, sondern nur als besondere Anforderungen an die Auftragsausführung im Sinn des § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB (Richtlinie 2009/81/EG Art. 20; Richtlinie 2004/18/EG Art. 26) zugelassen.*)
13. Dagegen mit Blick auf eine Diskriminierung von Unternehmen in EU-Mitgliedstaaten vorgebrachte Bedenken greifen im Ergebnis nicht durch, sofern der öffentliche Auftraggeber für die Forderung der Datensicherheit einen anerkennenswerten und durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigten sachlichen Grund, wie einen Schutz sensibler, für den Schutz des Staates relevanter Daten, namhaft machen kann und sämtliche auftragsinteressierten Unternehmen - gleichviel, ob sie der Europäischen Union, dem Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Drittstaat angehören - diskriminierungsfrei mit derselben Anforderung belegt werden.*)
VPRRS 2015, 0345
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.09.2015 - VgK-32/2015
1. Ein Bieter benennt nicht die von ihm geforderten Preise, wenn er in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für bestimmte Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen auf andere Leistungspositionen umlegt, von der Wertung auszuschließen.
2. Auch ein festgestelltes Unterkostenangebot darf erst dann ausgeschlossen werden, wenn eine Marktverdrängungsabsicht oder eine Gefährdung der Vertragsabwicklung durch ungenügende Leistungsfähigkeit hinzukommen. In einem aus einer Nische stark wachsenden Markt muss der marktüblich kalkulierende Anbieter damit rechnen, von einem Konkurrenten unterboten zu werden, der den Auftrag ausschließlich abwickelt, um Referenzen für weitere Aufträge zu erhalten.
Volltext
IBRRS 2015, 2902
Bauvertrag
LG Leipzig, Urteil vom 30.01.2015 - 07 O 4530/09
(ohne amtlichen Leitsatz)
Volltext
VPRRS 2015, 0350
Tief- und Ingenieurbau
OLG München, Beschluss vom 22.10.2015 - Verg 5/15
1. Die Unzulässigkeit der Ausschreibung einer Alternativ- oder Wahlposition zählt nicht von vorneherein zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise (hier: Ausschreibung einer Autobahnbrücke, die Bieterin ist ein Bauunternehmen).*)
2. Es verbleibt dabei, dass Alternativpositionen nur dann, wenn ein berechtigtes Interesse hieran besteht, ausgeschrieben werden dürfen.*)
3. Die Absicht, den Markt zu erkunden, ist kein solches berechtigtes Interesse.*)
4. Ist ein berechtigtes Interesse der Vergabestelle in keiner Weise zu erkennen, kommt es nicht mehr im Einzelnen darauf an, ob und wie weit das Transparenzprinzip gefährdet ist.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0344
Planungsleistungen
VK Sachsen, Beschluss vom 10.09.2015 - 1/SVK/022-15
1. Dem VOF-Verfahren ist der Begriff des Zuschlags fremd, denn ein solches Vergabeverfahren wird gemäß § 11 Abs. 7 VOF allein durch Vertragsschluss (oder Verzicht) beendet, dessen Zustandekommen nach allgemeinem Zivilrecht zu beurteilen ist. Demgemäß kommt es darauf an, ob die interne Auswahlentscheidung auch tatsächlich vollzogen, d.h. durch Abschluss des zivilrechtlichen Vertrages durch die dazu befugten Organe des Auftraggebers umgesetzt ist.*)
2. Für ein Verhandlungsverfahren nach der VOF ergibt sich aus den übergeordneten Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass Angebote, die Angebotsbedingungen nicht einhalten, vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen sind.*)
3. Die Verpflichtung des Auslobers zur Übertragung weiterer Planungsleistungen gegenüber den Preisträgern entfällt, wenn dieser ein wichtiger Grund entgegensteht. Der "sonstige wichtige Grund" im Sinne des § 17 Abs. 1 VOF muss dabei nicht den Anforderungen genügen, die an einen wichtigen Grund als Voraussetzung für die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses zu stellen sind. Es muss vielmehr ausreichen, dass ein Auslober hinreichende sachliche Gründe hat, die es angesichts der beschränkten Bindung durch seine Zusage im Architektenwettbewerb unzumutbar erscheinen lassen, ihn an dieser Verpflichtungserklärung festzuhalten. Es muss sich um einen außerordentlichen, erst nach der Auslobung aufgetretenen oder bekannt gewordenen Umstand handeln, damit der Auslober den durch den Wettbewerb und das Preisgericht begründeten Status der Preisträger nicht umgehen bzw. beseitigen kann.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0348
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 30.09.2015 - VgK-30/2015
1. Der Begriff der Gebietskörperschaft ist europarechtlich einheitlich zu interpretieren. Vergibt eine private Gesellschaft im Besitz eines EU-Staats Aufträge auf dem Gebiet der Energieversorgung, so ist sie mit diesem Auftrag öffentliche Auftraggeberin, weil eine Gebietskörperschaft auf sie einen beherrschenden Einfluss nehmen kann.*)
2. Nach Auffassung der Vergabekammer Niedersachsen nimmt der Betreiber eines Übertragungsnetzes für Strom, dessen Recht zu keinem Zeitpunkt jemals dem öffentlichen und transparenten Wettbewerb ausgesetzt gewesen ist, ein besonderes oder ausschließliches Recht in Anspruch. Er ist daher öffentlicher Sektorenauftraggeber. Die dauerhaft lenkende und fördernde Duldung eines bestehenden Oligopols steht der staatlichen Gewährung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift inhaltlich gleich.*)
3. Das Energiewirtschaftsgesetz 1998 hat den Netzbetrieb rechtlich für Wettbewerbsteilnehmer geöffnet. Diese rechtliche Öffnung des Netzbetriebs hat langfristig nicht zu einer tatsächlichen Marktöffnung geführt. Der Markt ist daher trotz der rechtlichen Öffnung und der Entflechtungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 26.11.2008 verschlossen geblieben.*)
4. Dieses Oligopol ist nicht gemäß Art. 4 Abs. 3 der bereits in Vorwirkung anzuwendenden RL 2014/25/EU durch einen transparenten Erwerbsvorgang dem Wettbewerb unterstellt worden. Ein Oligopol stellt kein zur Anwendung des Sektorenrechts führendes Wettbewerbshindernis mehr dar, wenn es durch einen öffentlich bekannt gegebenen und inhaltlich transparenten Erwerbsvorgang dem Wettbewerb unterstellt worden ist. Die Antragsgegnerin hat zwar die Entflechtungsentscheidung der EU-Kommission umgesetzt, die Voraussetzungen eines öffentlich bekannt gegebenen und transparenten Erwerbsvorgangs aber nicht darlegen können.*)
5. Die Antragsgegnerin ist für dieses Projekt, das der Ableitung von EEG-Strom dient, nicht durch eine Bereichsausnahme von der Anwendung des Sektorenrechts befreit. Nach Art. 30 der RL 2004/17/EG, künftig Art. 34f der RL 2014/25/EU fallen Aufträge, die die Ausübung einer Tätigkeit im Sinne der Sektorentätigkeit ermöglichen sollen, nicht unter diese Richtlinie, wenn die Tätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgeübt wird, auf Märkten mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist. Die Kommission hat mit Durchführungsbeschluss vom 24.04.2012 (C2012 2426) entschieden (Rdnr. 42 ff.), dass die Voraussetzungen für freien Marktzugang nur bei der Erzeugung konventionellen Stroms gegeben sind. Die in Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegte Bedingung, dass eine Tätigkeit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist, ist hinsichtlich der Auftraggeber für die Erzeugung und den Erstabsatz EEG-Stroms in Deutschland nicht erfüllt.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0342
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 28.08.2015 - 1/SVK/020-15
1. Die Forderung von Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen, welche nicht bereits in der Bekanntmachung benannt sind, ist für einen durchschnittlichen Bieter in einem Verfahren nach der VOB/A EG nicht als Verstoß gegen Vergabevorschriften erkennbar. Dazu ist die Kenntnis der einschlägigen, ausdifferenzierten Rechtsprechung erforderlich. Eine Rügeverpflichtung nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis zur Frist zur Angebotsabgabe besteht insoweit nicht.*)
2. Ist mit Angebotsabgabe ein Verzeichnis der Nachunternehmer vorzulegen, sind mit Angebotsabgabe auch die Sub-Sub-Unternehmer aufzuführen. Dafür ist nicht erforderlich, dass der Auftraggeber explizit eine "ausführliche Übersicht der Nachunternehmer" verlangt.*)
3. Es stellt einen schwerwiegenden Mangel des Vergabeverfahrens dar, wenn keine Eignungsanforderungen aufgestellt und keine Eignungsnachweise wirksam gefordert werden. Denn dadurch wird der gesetzlich geregelten Pflicht zur Eignungsprüfung faktisch die Grundlage entzogen, was zur Unmöglichkeit der Angebotswertung in der zweiten Wertungsstufe führt und zur Unmöglichkeit der Einhaltung der Vergabegrundsätze gemäß § 2 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2012.*)
VPRRS 2015, 0343
Bau & Immobilien
VK Bund, Beschluss vom 23.09.2015 - VK 2-89/15
Der Ausschluss eines Angebots kommt trotz einer Abweichung von den Vorgaben der Ausschreibung nicht in Betracht, wenn die es Leistungsbeschreibung nicht eindeutig und widersprüchlich sind.
Volltext
VPRRS 2015, 0341
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.06.2015 - 3 VK LSA 24/15
1. Kann ein in bestimmten Leistungsbereichen präqualifizierter Bieter für anfallende Steinmetzarbeiten keine Eintragung in die Handwerksrolle vorweisen und setzt die Betreibung des Gewerks dringend eine Meisterbefähigung oder vergleichbare Qualifikation voraus, muss der Bieter für den Nachweis der notwendigen Fachkunde und Leistungsfähigkeit für die Leistung Steinmetzarbeiten bereits bei Abgabe des Angebots einen Nachunternehmer benennen.
2. Im Angebot fehlende, zwingende Angaben zu Nachunternehmerleistungen können nicht nachgeholt werden.
Volltext
VPRRS 2015, 0338
Tief- und Ingenieurbau
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.07.2015 - 1 VK LSA 8/15
Der Angebotsausschluss ist zwingend, wenn trotz zulässiger Nachforderung bis zu einem festgelegten Termin ein geforderter Nachweis (hier: bezüglich des Bauplanungsrechts) nicht vorliegt.
Volltext
VPRRS 2015, 0337
Waren/Güter
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.09.2015 - 2 VK LSA 7/15
Der Berechnungsmodus zur Bestimmung des Preises ist spätestens in den Vergabeunterlagen bekanntzugeben. Es soll sichergestellt werden, dass bei der Wertung der Angebote Manipulationen ausgeschlossen werden und dem Gleichbehandlungsgrundsatz Genüge getan wird.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0339
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 02.04.2015 - 1/SVK/006-15
Nach § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b) VOB/A 2012 muss ein Angebot zweifelsfrei sein und zudem genau der in den Unterlagen zum Ausdruck kommenden Nachfrage des öffentlichen Auftraggebers entsprechen. Gibt der Bieter bei einem zwingend einzutragenden Erzeugnis mehr als einen Hersteller oder ein Produkt an, behält er sich offen, was er letztlich anbieten will. Die Angabe mehrerer Hersteller für eine Position stellt einen ausschlussrelevanten Vergabeverstoß dar.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0333
Bau & Immobilien
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.06.2015 - 3 VK LSA 43/15
Liegt eine geforderte Erklärung (hier: zur Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation) körperlich vor, wurde sie jedoch nicht vollständig ausgefüllt (hier: Kreuz nicht gesetzt), ist eine Nachforderung nicht zulässig und das Angebot von der Wertung auszuschließen.
Volltext
VPRRS 2015, 0335
Bau & Immobilien
OLG Rostock, Beschluss vom 02.10.2015 - 2 W 10/14
Zum Ausschluss von Bietern im Vergabeverfahren im Falle rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplanes und Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 258 Abs. 1 InsO.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0334
Medizintechnik
VK Nordbayern, Beschluss vom 03.09.2015 - 21.VK-3194-26/15
1. Auf ein Angebot, welches den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden, denn es fehlt an den für einen Vertragsschluss erforderlichen sich deckenden und sich entsprechenden Willenserklärungen. Ob dieser zwingende Ausschlussgrund unter den Ausschlussgrund des § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b i.V.m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012 in Form der unzulässigen Änderung an den Vergabeunterlagen oder unter einen nicht ausdrücklich in der VOB/A erwähnten zwingenden Ausschlussgrund subsumiert wird, ist zwar in der Rechtsprechung umstritten, kann im Falle eines offenen Abweichens vom Leistungsverzeichnis aber dahinstehen, da die Rechtsfolge in beiden Fällen gleich ist.*)
2. Ist der Wortlaut eines Leistungsverzeichnisses nicht eindeutig, ist im Rahmen der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont eines potenziellen Bieters (BGB §§ 133, 157) eine Auslegung des Ausschreibungstextes durchzuführen.*)
3. Ein Ausschlussgrund liegt nur dann vor, wenn die Bieter eindeutig erkennen können, auf welche Eigenschaften es der Vergabestelle ankommt. Im Zweifel gehen Ungenauigkeiten im Leistungsverzeichnis nicht zu Lasten des Bieters und können nicht zu einem Ausschluss eines Angebots führen.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0332
Nachprüfungsverfahren
VK Köln, Beschluss vom 24.09.2015 - VK VOB 10/2015
1. Auch für Vergabeverstöße, die erst während eines Nachprüfungsverfahrens erkannt werden, besteht grundsätzlich eine Rügeobliegenheit.
2. Eine solche Rüge muss nicht gegenüber der Vergabestelle erfolgen; sie ist aber unmittelbar und unverzüglich in das Nachprüfungsverfahren einzubringen.
3. Einem Rügeschreiben muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein sowie die Mitteilung, welchen Sachverhalt der Rügende für vergaberechtswidrig hält und, dass die Beseitigung eines Vergaberechtsfehlers verlangt wird.
4. Eine bloße Bitte um nähere Information kann unter keinem Gesichtspunkt als Vergaberechtsrüge gewertet werden.
Volltext
IBRRS 2015, 2611
Bauvertrag
OLG Dresden, Urteil vom 05.02.2013 - 5 U 773/12
Verstehen die Parteien eines Bauvertrags eine Position des Leistungsverzeichnisses (hier: hinsichtlich der Interimsentsorgung des Mischwassers während Regenperioden) in demselben Sinn, geht der sich aus dem gemeinsamen Verständnis ergebende wirkliche Wille sowohl dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses als auch einer anderweitigen Interpretation (durch das Gericht) vor.
Volltext
VPRRS 2015, 0321
Bau & Immobilien
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.09.2015 - VK 1-19/15
1. Die Regelung in § 16 EG Abs.1 Nr. 3 VOB/A 2012, wonach fehlende Erklärungen nachzufordern sind, ist nur auf Nachweise und Erklärungen anwendbar, die innerhalb der Angebotsfrist vorzulegen sind.
2. Nachweise und Erklärungen, die erst auf gesondertes Verlangen der Vergabestelle einzureichen sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich.
Volltext
VPRRS 2015, 0323
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 24.08.2015 - VgK-28/2015
1. Hersteller- und Typenbezeichnungen sind Kernbestandteil des Angebots und dürfen daher nicht nachgefordert werden.
2. Die Abgabe mehrerer Hauptangebote ist grundsätzlich zulässig, wenn diese sich in technischer Hinsicht unterscheiden.
3. Wenn ein Bieter mehrere technisch identische Hauptangebote eingereicht hat, scheidet eine Nachforderung fehlender Erklärungen und Nachweise aufgrund der ansonsten möglichen Wettbewerbsbeeinflussung aus.
Volltext
IBRRS 2015, 2692
Werkvertragsrecht
OLG Frankfurt, Urteil vom 01.08.2014 - 2 U 17/14
1. Bei einem sog. selbständigen Gerüstvertrag, bei dem der Aufbau und die Montage des Gerüsts nicht im Rahmen einer (ohnehin) geschuldeten Werkleistung erfolgt und nur eine Nebenleistung dazu darstellt, sondern ein Gerüsterrichtungs-, -überlassungs- und demontagevertrag mit einem selbstständigen Gerüstbauer geschlossen wird, handelt es sich um einen typengemischten Vertrag mit werkvertraglichen und mietvertraglichen Elementen.
2. Kommen Gerüstteile abhanden, nachdem der Gerüstbauer das Gerüst vollständig aufgebaut und dem Auftraggeber zur Nutzung überlassen hat, ist die werkvertragliche Phase des Vertrags abgeschlossen und auf die Verpflichtung zur Rückgabe des Baugerüsts findet Mietvertragsrecht Anwendung.
3. Hat der Auftraggeber die Baustelle und damit das Gerüst durch einen ca. 2 Meter hohen Bauzaun, der in Betonsockeln steckt und mit Schellen verbunden ist, gesichert, trifft ihn an einem Diebstahl des Gerüsts bzw. von Teilen davon kein Verschulden.
Volltext
VPRRS 2015, 0318
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 23.07.2015 - VgK-15/2015
1. Ein Bieter kann die Aufhebung der Aufhebungsentscheidung und anschließende Fortsetzung des Verfahrens nicht allein deshalb beanspruchen, weil ein sachlicher Grund für die Aufhebung fehlt.
2. Die Aufhebung der Aufhebung kommt nur dann in Betracht, wenn die Aufhebung einen Fall einer rechtsmissbräuchlichen Verfahrenslenkung darstellt oder ein Verstoß gegen die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit vorliegt, dessen Intensität mit dem Fall einer rechtsmissbräuchlichen Verfahrenslenkung vergleichbar ist.
Volltext
VPRRS 2015, 0310
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 07.07.2015 - 21.VK-3194-21/15
Werden zu verlesende Angaben nicht oder unrichtig verlesen, so stellt dies zwar einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 VOB/A 2012 dar; dies führt jedoch nicht zu einem Ausschluss der Prüf- und Wertungsfähigkeit, da es sich bei § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 VOB/A 2012 lediglich um eine Formvorschrift handelt.*)
Volltext
VPRRS 2015, 0305
Bau & Immobilien
KG, Beschluss vom 07.08.2015 - Verg 1/15
1. § 5 EG Abs. 1 VOB/A 2012, wonach Bauleistungen so vergeben werden, dass eine einheitliche Ausführung und zweifelsfreie umfassende Haftung für Mängelansprüche erreicht wird, so dass sie in der Regel mit den zur Leistung gehörenden Lieferungen vergeben werden sollen, ist keine bieterschützende Vorschrift im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB.*)
2. Die nach pflichtgemäßem Ermessen auszuübende Befugnis des Auftraggebers nach § 15 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2012 von einem Bieter Aufklärung zu verlangen, um sich unter anderem über seine Eignung und das Angebot selbst zu unterrichten, kann sich zu einer Aufklärungspflicht verdichten, wenn dem Bieter in einer formularmäßigen Erklärung offensichtlich ein Eintragungsfehler unterlaufen ist (hier: offensichtlich unrichtig ausgefüllte formularmäßige Frauenfördererklärung nach der Anlage zu § 1 Abs. 2 der Frauenförderverordnung Berlin - FFV). Ein Ausschluss wegen derartiger offensichtlicher Eintragungsfehler (hier: nach § 5 Abs. 1 FFV) ist erst dann zulässig, wenn der Bieter den Fehler nach einem ordnungsgemäßen, insbesondere unmissverständlichen Hinweis in einer angemessenen Nachfrist nicht ausräumt. *)




