Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
5457 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2016, 1686
Architekten und Ingenieure
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2016 - 1 O 385/14
1. Ein Schadensersatzanspruch wegen eines Beratungsfehlers setzt voraus, dass zwischen dem Auftraggeber und dem beratenden Unternehmen ein Beratungs- oder zumindest ein - ggf. sogar unentgeltlicher - Gefälligkeitsvertrag zustande gekommen ist.
2. Ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis setzt den Willen voraus, eine Rechtsbindung zu begründen. Dabei kann ein Rechtsbindungswille auch bei einem unentgeltlichen und fremdnützigen Handeln anzunehmen sein. Eine vertragliche Bindung liegt nahe, wenn der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.
3. Erbringt der Hersteller von Maschinen außerhalb seiner "Profession" zum Zwecke der Absatzförderung Beratungsleistungen, fehlt ihm der Rechtsbindungswille, sich mindestens Sekundärleistungsansprüchen zu unterwerfen.
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VPRRS 2016, 0240
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 02.05.2016 - 1/SVK/007-16
1. Hat ein Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung angekündigt, erst im Zuge der Angebotsprüfung bei den Bietern Angaben zu den angebotenen Fabrikaten und den technischen Daten abzufragen, ist in diesem Vorgehen eine Verlagerung des Zeitpunktes zur Konkretisierung des Angebotes von der Angebotsabgabe auf den Zeitpunkt "ab Verlangen der Vergabestelle" zu sehen.*)
2. Wird der Bieter aufgefordert, die von ihm vorgesehenen Fabrikate und Produkte innerhalb einer bestimmten Frist zu benennen, ist darin die Aufforderung zur Konkretisierung des Angebotes zu sehen. Damit schuldet der Bieter nicht mehr nur ein Produkt mittlerer Art und Güte gemäß § 243 BGB.*)
3. Ist ein Bieter zu einer solchen fristgebundenen Konkretisierung seines Angebotes aufgefordert worden, so stellt die Mehrfachnennung von verschiedenen Fabrikaten für eine LV-Position einen Vergaberechtsverstoß dar, da der Bieter sich so offen behält, welches Produkt er anbieten möchte.*)
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VPRRS 2016, 0239
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 03.05.2016 - 1/SVK/005-16
1. Nach § 7 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2012 bezweckt das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, die Vorstellungen des Auftraggebers von der gewünschten Leistung in Bezug auf technische Merkmale oder Funktionen, Menge und Qualität für den Bieter so deutlich werden zu lassen, dass dieser Gegenstand, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen kann.*)
2. Eine Leistungsbeschreibung ist dann nicht eindeutig und erschöpfendend, wenn unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, die den Bieter im Unklaren lassen, welche Leistungen von ihm in welcher Form und unter welchen Bedingungen angeboten werden sollen.*)
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IBRRS 2016, 1640
Bauvertrag
OLG Köln, Urteil vom 07.06.2016 - 22 U 45/12
1. Die ATV DIN 18299 ff. enthalten Vorschriften über die Abrechnung von Bauleistungen auch insoweit, als es um die für die Preisberechnung als Grundlage dienende ansatzfähigen Mengen und Massen geht.
2. Zur Beantwortung der Frage, ob ein (temporärer) Spundwandverbau nach ATV DIN 18303 oder nach ATV DIN 18304 abzurechnen ist.
3. Sind in einem der Ausschreibung beiliegenden Bodengutachten bestimmte Bodenverhältnisse beschrieben, werden diese regelmäßig zum Leistungsinhalt erhoben, wenn sie für die Leistung des Auftragnehmers und damit auch für die Kalkulation seines Preises erheblich sind.
4. Ordnet der Auftraggeber die Leistung für tatsächlich davon abweichende Bodenverhältnisse an, liegt darin eine Änderung des Bauentwurfs, die zu einem Anspruch auf veränderte Vergütung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B führen kann.
5. Zahlt der Auftraggeber eine fällige Abschlagszahlung des Auftragnehmers nicht und stellt dieser daraufhin seine Leistungen vorübergehend ein, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Verzögerungsschadens zu.
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VPRRS 2016, 0228
Planungsleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.04.2016 - VgK-08/2016
1. Der Auftraggeber verstößt gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot, wenn er der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht nur die finalen Angebote zur als Auftragsgegenstand festgelegten Variante zugrunde legt, sondern zu gleichen Teilen auch die indikativen Angebote zu den verworfenen Varianten.
2. Erhält ein Bieter einen Punktabzug, weil sein Konzept einen nach den Vergabeunterlagen möglichst zu vermeidenden Einsatz von Containern während der Bauphase vorsieht, ist es nicht gerechtfertigt, einem anderen Bieter die volle Punktzahl zu geben, nur weil dieser ohne nähere Erläuterung erklärt hat, dass auf den Einsatz von Containern verzichtet werden kann.
VPRRS 2016, 0229
Planungsleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.03.2016 - VgK-01/2016
1. Der bloße "Anschein" einer Doppelmandatschaft eines Bieters oder Bewerbers führt nicht bereits zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbots. Vielmehr bedarf es konkreter Umstände, die eine Parteilichkeit besorgen lassen.
2. Ist ein Interessenkonflikt nicht ausgeschlossen, kann die Vermutung der Voreingenommenheit nur durch den Nachweis widerlegt werden, dass sich die Tätigkeit für den Bieter oder Bewerber nicht auf die Entscheidungen im Vergabeverfahren ausgewirkt hat.
3. Berät oder unterstützt ein Bieter oder Bewerber den Auftraggeber vor Einleitung des Vergabeverfahrens, hat der Auftraggeber (hier: durch Überlassung einer geschwärzten Fassung eines bereits ausgehandelten Pachtvertrags) sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird.
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Bauvertrag
OLG Naumburg, Urteil vom 11.03.2013 - 12 U 138/12
(Ergebnis fraglich: nicht veröffentlichungswürdig)
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VPRRS 2016, 0232
Wasserbaumaßnahmen
VK Bund, Beschluss vom 04.03.2016 - VK 1-4/16
1. Mindestanforderungen an die technische Leistungsfähigkeit müssen bereits in der Bekanntmachung bekanntgegeben werden; in den Vergabeunterlagen sind allenfalls noch Konkretisierungen dieser Anforderungen zulässig.
2. Prüft der Auftraggeber das Angebot des erstplatzierten Bieters in seiner Gesamtheit und in Bezug auf auffällige Einzelpositionen, fordert er Erklärungen bzw. Unterlagen (insbesondere die Urkalkulation) an und wird es in einem Bietergespräch aufgeklärt, muss das Angebot selbst dann nicht von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn es preislich 37% vor dem Angebot des zweitplatzierten Bieters liegt.
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VPRRS 2016, 0234
Technische Ausrüstung
VK Bund, Beschluss vom 18.02.2016 - VK 1-2/16
1. Zu einem Vergleich der für die einzelnen Positionen eines Leistungsverzeichnisses angegebenen Einzelpreise untereinander ist der öffentliche Auftraggeber ebenso wenig verpflichtet wie zu einem Vergleich der Einzelpreise sämtlicher Bieter.
2. Es liegt im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seinen Preis kalkuliert und zu welchen Preisen er die ausgeschriebenen Leistungen anbietet. Deshalb sind nicht einmal Unterpreisangebote oder eine Mischkalkulation per se vergaberechtswidrig; dasselbe gilt für hohe Einzelpreise.
3. Einen eindeutigen Angebotsinhalt, der keinen Anlass zu Zweifeln gibt, muss der Auftraggeber nicht aufklären.
4. Eine eindeutige, aber wegen eines Kalkulationsfehlers des Bieters "falsche" Preisangabe kann nach der Submission nicht mehr korrigiert werden.
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VPRRS 2016, 0224
ÖPNV
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.05.2016 - 1 Verg 1/16
1. Der Vergabestelle steht im Sinne eines geordneten Vergabeverfahrens "als Herrin des Vergabeverfahrens" auch die Möglichkeit offen, klare Regeln für Bieterfragen vorzugeben.
2. Sind Rückfragen der Bieter bis zu einem bestimmten Termin an den Auftraggeber zu richten, liegt kein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht vor, wenn ein nach dem festgelegten Zeitpunkt geführtes Telefonat nicht dokumentiert wird.
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VPRRS 2016, 0225
Bau & Immobilien
LG Potsdam, Urteil vom 13.04.2016 - 2 O 23/15
1. Eine Schadenspauschalierung für den Fall einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung ist - auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - grundsätzlich zulässig. Eine solche Schadenspauschale darf aber den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen.
2. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, wonach der Auftragnehmer 15% der Auftragssumme zu zahlen hat, wenn er aus Anlass der Vergabe eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt, ist unwirksam.
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VPRRS 2016, 0221
IT
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2016 - Verg 52/15
1. Entspricht die elektronische Signatur nicht den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers, werden Zweifel begründet, ob das Angebot eindeutig und nachprüfbar dem Bieter zuzuordnen ist und, ob der Bieter den (gesamten) Angebotsinhalt rechtsverbindlich erklären wollte.
2. Zweifel an der Rechtsverbindlichkeit des Angebotsinhalts führen nicht zum zwingenden Angebotsausschluss. Das Angebot ist vielmehr auszulegen. Erst wenn die Zweifel nicht durch Auslegung ausgeräumt werden können, ist das Angebot auszuschließen.
3. Gibt der Auftraggeber zu erkennen, von seiner Entscheidung unter keinen Umständen abrücken zu wollen, kann die Rügeobliegenheit ausnahmsweise entfallen.
VPRRS 2016, 0504
Bau & Immobilien
LG München I, Urteil vom 04.03.2016 - 2 O 8641/14
1. Die Vorhaltung eines Berliner Verbaus ist nach Mietrecht zu behandeln.
2. Der Anspruch auf Vergütung der Vorhaltung eines Berliner Verbaus ist daher nicht mittels Bauhandwerkersicherheit sicherbar.
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VPRRS 2016, 0216
Bau & Immobilien
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.11.2015 - 15 A 1141/15
1. Die VOB/A enthält keine Vorschrift, die als Ermächtigungsgrundlage für den Ausschluss eines Bieters durch Verwaltungsakt herangezogen werden kann.
2. Ein Ausschluss von Vergabeverfahren beruht auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, der grundsätzlich auch für einen öffentlichen Auftraggeber gilt. Aus diesem Blickwinkel bedarf er keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung.
3. Dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, weil der streitbefangene Ausschluss vom Vergabeverfahren (formal) dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, aber keine öffentlich-rechtliche (Handlungs-)Rechtsgrundlage für einen solchen Ausschluss existiert, weil die Vergabesperre (materiell) privatrechtlicher Natur ist, ist nicht widersprüchlich.
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VPRRS 2016, 0210
Bau & Immobilien
OLG Brandenburg, Urteil vom 17.03.2016 - 12 U 76/15
Zur Feststellung der Unzumutbarkeit einer Auftragsdurchführung wegen eines Kalkulationsirrtums des Bieters bei der Erstellung eines Angebots und einem in diesem Fall durch die Auftragserteilung begründeten Verstoß des Auftraggebers gegen das Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs. 2 BGB (hier bejaht bei einer erheblichen Abweichung des Endpreises des Angebots des Bieters von den Endpreisen der übrigen Anbieter um 7,3% und einer erheblichen Unterschreitung des angesetzten Budgets).*)
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VPRRS 2016, 0206
Bau & Immobilien
OLG Dresden, Urteil vom 14.02.2014 - 16 U 1480/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)
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VPRRS 2016, 0200
Bau & Immobilien
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2016 - Verg 48/15
1. Die Angebote müssen die geforderten Preise enthalten. Diese Voraussetzung ist nicht nur dann nicht erfüllt, eine Preisangabe fehlt, sondern auch, wenn der angegebene Preis unzutreffend ist.
2. Eine Preisangabe ist unzutreffend, wenn auch nur für eine Position nicht der Betrag angegeben wird, der für die betreffende Leistung auf der Grundlage der Urkalkulation tatsächlich beansprucht wird.
3. Eine nachträgliche Klarstellung des Angebotsinhalts ist zulässig, eine nachträgliche Änderung des Angebots durch das Einfügen eines neuen Preises hingegen nicht.
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VPRRS 2016, 0199
Bau & Immobilien
VK Bund, Beschluss vom 11.04.2016 - VK 2-17/16
1. Der Auftraggeber kann verlangen, dass die Bieter bereits mit ihrem Angebot die Urkalkulation und eine Aufschlüsselung der Gemeinkosten der Baustelle vorlegen.
2. Erklärungen eines Bieters müssen eindeutig sein, anderenfalls ist das Angebot vom Auftraggeber zwingend von der Wertung auszuschließen. Das gilt auch im Anwendungsbereich der SektVO.
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VPRRS 2016, 0197
Planungsleistungen
OLG Bremen, Beschluss vom 29.01.2016 - 2 Verg 3/15
1. Ein VOF-Verhandlungsverfahren kann nicht unter den in § 17 VOB/A 2012, § 20 EG VOB/A 2012 oder in § 17 VOL/A 2009 genannten Voraussetzungen aufgehoben werden. Die VOF setzt nur die Möglichkeit eines Verzichts auf die Auftragserteilung voraus, ohne dessen Voraussetzungen zu regeln.
2. Die Aufhebung eines vom Auftraggeber trotz Kenntnis einer ungesicherten Finanzierung eingeleiteten Vergabeverfahrens ist nicht möglich, da der Auftragnehmer insoweit Vertrauensschutz genießt.
3. Da sich das VOF-Verhandlungsverfahren als dynamischer Prozess darstellt, in dem sich durch Verhandlungen Veränderungen ergeben können, sind Modifikationen solange vom Verfahren gedeckt, wie die Identität als solche gewahrt bleibt und kein "Aliud" entsteht.
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VPRRS 2016, 0187
Straßenbau und Infrastruktur
VK Brandenburg, Beschluss vom 04.02.2015 - VK 19/14
1. Macht der Bieter von der Möglichkeit der Verwendung einer selbst gefertigten Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses Gebrauch und fehlt eine Seite und damit die Angabe der Einheits- und Gesamtpreise für insgesamt 8 Einzelpositionen, ist das Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen (Anschluss an KG, IBR 2013, 482 = VPR 2013, 21).
2. Sind die Angebote schriftlich oder elektronisch (mit fortgeschrittener oder qualifizierter Signatur) einzureichen und entscheidet sich ein Bieter dafür, ein schriftliches Angebot abzugeben, müssen alle erforderlichen Angaben von der Schriftform gedeckt sein.
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VPRRS 2016, 0193
Bau & Immobilien
OLG Bremen, Urteil vom 23.03.2005 - 1 U 71/04 b
(Ohne amtlichen Leitsatz)
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VPRRS 2016, 0185
Brief- und Paketdienstleistungen
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.05.2015 - 1 VK 15/15
1. Die Forderung nach Benennung der Nachunternehmer und das Verlangen von Verpflichtungserklärungen bereits mit dem Angebot ist in der Regel unzumutbar und deshalb grundsätzlich unzulässig.
2. Ist es zwingend notwendig, dass die Nachunternehmer und deren Konzepte und Möglichkeiten dem Auftraggeber bekannt sind, um überhaupt eine Wertung durchführen zu können, stellt die Forderung, die Nachunternehmer mit der Angebotsabgabe zu benennen, ausnahmsweise keine unzumutbare Forderung dar.
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VPRRS 2016, 0184
Waren/Güter
VK Bund, Beschluss vom 24.03.2016 - VK 2-15/16
1. Hat ein Bieter Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen, ist das betreffende Angebot zwingend auszuschließen. Dem Auftraggeber steht insoweit kein Ermessen zu.
2. Ob der Bieter nicht das angeboten hat, was der Auftraggeber nachgefragt hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.
3. Aufgrund der für den Bieter einschneidenden Konsequenzen kommt ein Ausschluss nur dann in Betracht, wenn die Vorgaben eindeutig und erschöpfend beschrieben worden sind, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen mussten und vergleichbare Angebote zu erwarten waren.
4. Im Rahmen der Rechenprüfung hat der Auftraggeber der Frage nachzugehen, ob der Rechenweg und das Rechenergebnis im jeweiligen Angebot korrekt sind. Im Anwendungsbereich der VOL/A 2009 gibt es allerdings keine Regelung, wie zu verfahren ist, wenn mathematische Fehler festgestellt werden. Ist die Ursache des Fehlers unklar, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wie das Angebot insoweit auszulegen ist.
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VPRRS 2016, 0183
Gesundheit
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.02.2016 - Verg 41/15
1. Bieter, die in Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung abgegeben haben, können von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden.
2. Die von öffentlichen Auftraggebern gestellten Anforderungen an die Eignung sind allerdings - ebenso wie die zum Beleg der Eignung geforderten Nachweise - bereits in der Bekanntmachung anzugeben.
3. Die Forderung des Auftraggebers, offen zu legen, ob und welches Schwesterunternehmen sich ebenfalls am Wettbewerb beteiligt, verstößt gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs.
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VPRRS 2016, 0180
Waren/Güter
VG Augsburg, Urteil vom 23.02.2016 - 3 K 15.1070
Eine unterbliebene Losbildung bei der Auftragsvergabe durch den Auftraggeber stellt einen schweren Vergaberechtsverstoß dar, der den Zuwendungsgeber zur Rückforderung einer gewährten staatlichen Zuwendung (hier: zur Ersetzung eines alten Feuerwehrfahrzeugs) berechtigt.
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VPRRS 2016, 0178
Bau & Immobilien
OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.02.2016 - 1 U 60/15
1. Das Fehlen in der Vergabeausschreibung geforderter rechnerischer Nachweise zu Wärmedämmeigenschaften von Fenster- und Türelementen stellt, sofern der Vertragsinhalt hierdurch nicht bestimmt wird, keine einer Abänderung der Vergabeunterlagen vergleichbare Auslassung (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012) dar; bei ihrem Fehlen ist die Vergabestelle gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 zu einer Nachforderung verpflichtet.*)
2. Wird der preisgünstigste Bieter zu Unrecht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, muss der Auftraggeber Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses zahlen.
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VPRRS 2016, 0175
Bau & Immobilien
BGH, Urteil vom 19.04.2016 - X ZR 77/14
Hat sich ein Architekt oder Ingenieur an einem nach der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen durchgeführten, dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabeverfahren beteiligt, in dem für über die Bearbeitung der Angebotsunterlagen hinausgehende Leistungen eine pauschale Vergütung als abschließende Zahlung vorgesehen ist, kann er die Bindung an diese Vergütung nur durch Rüge gegenüber dem Auftraggeber und Einleitung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens beseitigen. Unterlässt er dies, stehen ihm keine weitergehenden Honoraransprüche für die in Rede stehenden Leistungen zu. Das gilt unabhängig davon, ob eine Vergütung als zu gering und deshalb nicht angemessen im Sinne von § 13 Abs. 3 VOF 2009 beanstandet wird, oder ob der Auftraggeber nach Ansicht des Bieters im Vergabeverfahren als Angebot nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure mit einem höheren Betrag zu vergütende Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt hat.*)
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VPRRS 2016, 0168
Straßenbau und Infrastruktur
VK Westfalen, Beschluss vom 14.04.2016 - VK 1-9/16
1. Eine Zurückversetzung oder eine Teilaufhebung der Ausschreibung ist eine Maßnahme der Vergabestelle, die vergaberechtlich zulässig ist, soweit dies transparent und diskriminierungsfrei erfolgt.*)
2. Eine solche Teilaufhebung und eine sich unmittelbar daran anschließende Neuausschreibung kann innerhalb eines bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens auf gegebenenfalls neue Vergaberechtsverstöße durch die Vergabekammer überprüft werden.*)
3. Anforderungen an Fahrzeugrückhaltesysteme müssen sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben und können nicht unter Bezugnahme auf eine vom Auftraggeber selbst geführte Produktliste ersetzt werden.*)
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VPRRS 2016, 0167
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 15.03.2016 - 21.VK-3194-42/15
1. Bei der Frage, ob das Vergabeverfahren wegen einer beträchtlichen Abweichung des Angebots von einer vertretbaren Schätzung aufgehoben werden darf, kann auf die Grundsätze, ob ein den Ausschluss eines Angebotes rechtfertigendes Missverhältnis zwischen Leistung und Angebot vorliegt, zurückgegriffen werden.
2. Erst ab einem Abstand von 20% liegt ein Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung bzw. der Kostenschätzung und dem Angebot nahe.
3. Liegen die Voraussetzungen des § 17 EG VOB/A 2012 nicht vor, ist eine dennoch erfolgte Aufhebung rechtswidrig, mit der Folge, dass der Auftraggeber schadensersatzpflichtig ist. Schadensersatzfrei ist eine Aufhebung für den Auftraggeber nur dann, wenn er den Aufhebungsgrund nicht zu verantworten hat.
4. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung anlassgebendes Fehlverhalten der Vergabestelle kann schon deshalb nicht als schwerwiegender Grund genügen, weil es die Vergabestelle andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen.
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VPRRS 2016, 0165
Bau & Immobilien
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.09.2015 - VK 1-12/15
1. Die Auslegung eines angebotenen Nachlasses hat bei Unklarheiten nach dem objektiven Empfängerhorizont eines fachkundigen und vernünftigen Bieters im Lichte der Vorgaben der VOB/A zu erfolgen.*)
2. Nicht jede mangelnde Eindeutigkeit in den Angebotsunterlagen berechtigt den Auftraggeber zur Korrektur, sondern dies kann einschränkend nur in Bezug auf erhebliche Fehler gelten. Soweit sich Widersprüchlichkeiten je nach Auslegungsergebnis auf die Bieterrangfolge auswirken, ist ohne weiteres von der Erheblichkeit des Fehlers auszugehen.*)
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VPRRS 2016, 0161
Bau & Immobilien
VK Südbayern, Beschluss vom 15.03.2016 - Z3-3-3194-1-03-01/16
1. Öffentliche Auftraggeber können nicht deshalb auf einen Aufhebungsgrund nach 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2012 berufen, weil sie geltend machen, dass sie den Beschaffungsbedarf nunmehr anders definieren und ausschreiben würden. Die Gründe, die eine Aufhebung nach 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2012 rechtfertigen sollen, dürfen nicht der Vergabestelle zurechenbar sein.*)
2. Bieter müssen die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A 2009) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb rechtmäßig ist. Vielmehr bleibt es der Vergabestelle aus sachlichen Gründen, insbesondere bei einem geänderten Beschaffungsbedarf, grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - X ZB 18/13, IBR 2014, 292).*)
3. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht hat der Auftraggeber darzulegen, inwieweit sich der Beschaffungsbedarf geändert hat. Die unkonkrete Behauptung, den Beschaffungsbedarf neu definieren zu wollen, reicht insbesondere dann nicht aus, wenn Indizien gegen eine Änderung des Beschaffungsbedarfs sprechen.*)
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VPRRS 2016, 0148
Bau & Immobilien
OLG München, Urteil vom 29.10.2015 - 1 U 2090/15
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf keine Beschränkten Ausschreibungen nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A 2012 durchführen, um vermutete Preisabsprachen zu bekämpfen und eine Abhängigkeit von ein bis zwei Unternehmen zu verhindern.
2. Im Bereich der nationalen Vergaben unterhalb des Schwellenwerts kann ein Bieter Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Verfügung suchen.
3. Der Anrufung des Gerichts steht das Nachprüfungsverfahren nach § 21 VOB/A 2012 nicht entgegen, weil ihm kein gesetzlicher Suspensiveffekt zukommt.
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VPRRS 2016, 0164
Bau & Immobilien
LG München I, Urteil vom 28.05.2015 - 2 O 1248/15
(ohne)
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VPRRS 2016, 0160
Bau & Immobilien
OLG Celle, Beschluss vom 14.04.2016 - 13 Verg 11/15
1. Das Vergabeverfahren beginnt mit der Ausschreibung. Insoweit ist ein formelles Verständnis zu Grunde zu legen (Anschluss an OLG Koblenz, Beschluss vom 05.09.2002 - 1 Verg 2/02, IBR 2002, 623; OLG Jena, Beschluss vom 08.04.2003 - 6 Verg 9/02, IBRRS 2003, 1124).*)
2. Ein sog. Projektant ist nicht automatisch vom Vergabeverfahren auszuschließen. Dem Auftraggeber obliegt vielmehr die Pflicht, im Rahmen des Zumutbaren aufzuklären, ob ein Sachverhalt vorliegt, der die Chancengleichheit aller Teilnehmer beeinträchtigen kann. Dabei muss dem Projektanten vor einem etwaigen Ausschluss Gelegenheit gegeben werden, zum Vorliegen einer Wettbewerbsverzerrung Stellung zu nehmen und ggf. zu beweisen, dass eine etwaige erworbene Kenntnis den Wettbewerb nicht verfälschen kann.*)
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IBRRS 2016, 0985
Bauvertrag
OLG Dresden, Urteil vom 30.05.2013 - 9 U 1943/12
1. Eine Lohngleitklausel in Form einer sog. "Pfennigklausel" bedarf keiner Genehmigung nach § 3 Währungsgesetz, wenn sich lediglich die effektiv entstehenden Lohnkostenveränderungen anteilig auf den Werklohn (Preis des Endprodukts) auswirken (im Anschluss an BGH, IBR 2006, 433).
2. Bei der Bestimmung des Lohnkostenanteils und des Änderungssatzes für eine Lohngleitklausel dürfen Lohnanteile aus Nachunternehmerleistungen nur berücksichtigt werden, wenn auch mit dem Nachunternehmer eine Lohngleitung vereinbart wurde (im Anschluss an OLG Dresden, IBR 2008, 1107 - nur online).
3. Die Anrechnung einer Selbstbeteiligung (hier: Lohnmehrkosten in Höhe von 0,5% des Gesamtwerklohns) führt zu einer währungsrechtlichen Zulässigkeit der vereinbarten Änderungssätze (im Anschluss an OLG Schleswig, IBR 2009, 1047 - nur online; entgegen OLG Dresden, a.a.O.).
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VPRRS 2016, 0159
Dienstleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 28.01.2016 - VgK-50/2015
1. Angebote, bei denen Änderungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen wurden, sind zwingend von der Angebotswertung auszuschließen.
2. Hat ein Bieter Zweifel an der rechtlichen oder auch fachlichen oder rechnerischen Richtigkeit der Vergabeunterlagen, hat er diese vor Ablauf der Angebotsfrist dem Auftraggeber - beispielsweise im Wege einer Bieteranfrage - anzuzeigen.
3. Relativiert und modifiziert der Bieter den in den Vergabeunterlagen angegebenen Leistungs- und Erfüllungsort, liegt eine zum zwingenden Ausschluss führende Änderungen an den Vertragsunterlagen vor.
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VPRRS 2016, 0157
Waren/Güter
VK Bund, Beschluss vom 01.02.2016 - VK 1-122/15
1. Die zu vergebende Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen.
2. Maßgeblich für die Frage, ob die Vergabeunterlagen und insbesondere die Leistungsbeschreibung eindeutig und klar oder unklar bzw. missverständlich sind, ist der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter. Dabei ist auf einen verständigen und sachkundigen, mit den Beschaffungsleistungen vertrauten Bieter abzustellen.
3. Kann es sich bei einer Aussage des Auftraggebers zum Beschaffungsgegenstand sowohl um eine Konkretisierung als auch um eine Änderung der bereits zuvor geänderten Leistungsbeschreibung handeln, ist die zu vergebende Leistung unklar bzw. missverständlich beschrieben.
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VPRRS 2016, 0156
Wasserbaumaßnahmen
VK Bund, Beschluss vom 09.02.2016 - VK 1-130/15
1. Bei der Beschaffungsentscheidung für eine bestimmte Leistung ist der öffentliche Auftraggeber im rechtlichen Ansatz ungebunden; die Auswahl des Beschaffungsgegenstands unterliegt seiner Bestimmungsfreiheit und ist dem eigentlichen Vergabeverfahren vorgelagert.
2. Vergaberechtliche Grenzen der Bestimmungsfreiheit ergeben sich aber aus § 7 EG Abs. 8 Satz 1 VOB/A 2012, wonach technische Anforderungen an den Auftragsgegenstand grundsätzlich nicht so ausgestaltet werden dürfen, dass dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden; dies ist nur (ausnahmsweise) zulässig, soweit es durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist.
3. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit sind eingehalten, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen wurde, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
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VPRRS 2016, 0154
Dienstleistungen
EuGH, Urteil vom 07.04.2016 - Rs. C-324/14
1. Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG sind in Verbindung mit Art. 44 Abs. 2 Richtlinie 2004/18/EG dahin auszulegen, dass
- damit jedem Wirtschaftsteilnehmer das Recht eingeräumt wird, sich für einen bestimmten Auftrag auf die Kapazitäten anderer Unternehmen ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen zu stützen, sofern dem öffentlichen Auftraggeber gegenüber nachgewiesen wird, dass dem Bewerber oder Bieter die für die Ausführung dieses Auftrags erforderlichen Mittel der betreffenden Unternehmen tatsächlich zur Verfügung stehen;
- es nicht ausgeschlossen ist, dass die Ausübung dieses Rechts bei Vorliegen besonderer Umstände in Anbetracht des Gegenstands und der Ziele des betreffenden Auftrags eingeschränkt werden kann. Dies ist namentlich der Fall, wenn sich die Kapazitäten, über die ein Drittunternehmen verfügt und die für die Ausführung des Auftrags erforderlich sind, nicht auf den Bewerber oder Bieter übertragen lassen, so dass dieser sich nur dann auf die genannten Kapazitäten berufen kann, wenn sich das betreffende Drittunternehmen unmittelbar und persönlich an der Ausführung des Auftrags beteiligt.*)
2. Art. 48 Abs. 2 und 3 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf den Gegenstand und die Ziele eines bestimmten Auftrags unter besonderen Umständen im Interesse der ordnungsgemäßen Ausführung dieses Auftrags die Möglichkeit hat, in der Auftragsbekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen ausdrücklich genaue Regeln anzugeben, nach denen sich ein Wirtschaftsteilnehmer auf die Kapazitäten anderer Unternehmen stützen kann, sofern diese Regeln mit dem Gegenstand und den Zielen des betreffenden Auftrags zusammenhängen und diesen angemessen sind.*)
3. Der in Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG aufgestellte Grundsatz der gleichen und nicht diskriminierenden Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer ist dahin auszulegen, dass er es unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einem öffentlichen Auftraggeber untersagt, nach der Öffnung der Angebote, die im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags eingereicht worden sind, dem Ersuchen eines Wirtschaftsteilnehmers, der ein Angebot für den gesamten in Rede stehenden Auftrag abgegeben hat, stattzugeben, sein Angebot nur für die Zuteilung bestimmter Teile dieses Auftrags zu berücksichtigen.*)
4. Der in Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG aufgestellte Grundsatz der gleichen und nicht diskriminierenden Behandlung der Wirtschaftsteilnehmer ist dahin auszulegen, dass er die Ungültigerklärung und die Wiederholung einer elektronischen Auktion, bei der ein Wirtschaftsteilnehmer, der ein zulässiges Angebot eingereicht hat, keine Aufforderung zur Teilnahme erhalten hat, auch dann verlangt, wenn nicht festgestellt werden kann, ob die Teilnahme des nicht berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmers das Ergebnis der Auktion geändert hätte.*)
5. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens können die Vorschriften von Art. 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG nicht im Licht der Bestimmungen von Art. 63 Abs. 1 Richtlinie 2014/24/EU ausgelegt werden.*)
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VPRRS 2016, 0151
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 16.02.2016 - 21.VK-3194-01/16
1. Bei einer Umwandlung durch Verschmelzung eines anderen Unternehmers auf den Bieter handelt es sich nicht um eine Änderung des Angebotes. Hierzu hat der Bieter im Angebot nur eine verbindliche Erklärung des Unternehmens beizubringen, das auf den Bieter verschmolzen wird. Dieses muss erklären, dass dem Bieter im Fall eines Zuschlags die personellen und sachlichen Mittel für die Auftragsausführung zur Verfügung stehen. In diesem Fall der Verschmelzung erlischt der bisherige Rechtsträger gerade nicht, sondern wird weiter geführt.*)
2. Eine Änderung des Firmennamens kann für sich noch keinen Ausschluss eines Angebots rechtfertigen. Hier handelt es sich nicht per se um einen Bieterwechsel bzw. um eine Änderung des Angebots nach Ablauf der Angebotsfrist. Die reine Umfirmierung eines Bieters unter Beibehaltung der Struktur und der Identität stellt keine Änderung in der Person des Anbieters dar.*)
3. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung, wem ein Angebot zuzurechnen ist, ist das zum Eröffnungstermin vorliegende Angebot. Dieses legt die Identität des Bieters fest. Besteht Streit, wer als Bieter eines bestimmten Angebots anzusehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat. Dabei ist auf den "objektiven Empfängerhorizont" abzustellen.*)
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IBRRS 2016, 0909
Bauvertrag
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 10.12.2015 - Fall 1743
Soll der Auftragnehmer Reaktionsharzmörtel für Kratzspachtelung liefern und wird das Nettogewicht der Gebinde in der Lieferform abgerechnet, sind unter der betreffenden Position des Leistungsverzeichnisses auch die für den Reaktionsharzmörtel zugehörigen Mengen des Mineralstoffs abzurechnen.
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VPRRS 2016, 0150
Technische Ausrüstung
VK Nordbayern, Beschluss vom 10.03.2016 - 21.VK-3194-03/16
Auf ein Angebot, welches den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden, denn es fehlt an den für einen Vertragsschluss erforderlichen sich deckenden und sich entsprechenden Willenserklärungen. Ob dieser zwingende Ausschlussgrund unter den Ausschlussgrund des § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b i.V.m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012 in Form der unzulässigen Änderung an den Vergabeunterlagen oder unter einen nicht ausdrücklich in der VOB/A erwähnten zwingenden Ausschlussgrund subsumiert wird, ist zwar in der Rechtsprechung umstritten, kann im Falle eines offenen Abweichens vom Leistungsverzeichnis aber dahinstehen, da die Rechtsfolge in beiden Fällen gleich ist.*)
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IBRRS 2016, 0720
Bauvertrag
OLG Naumburg, Urteil vom 18.02.2016 - 2 U 17/13
1. Enthält die Baubeschreibung keine Leistungspositionen für eine vorübergehende Baustellenberäumung und -wiedereinrichtung, darf der Bieter und spätere Auftragnehmer davon ausgehen, dass ein vorübergehendes Beräumen der Baustelle vor Abschluss der Bauarbeiten nicht erforderlich ist. Das gilt auch dann, wenn die vorübergehende Einstellung der Arbeiten im Hinblick auf extreme Witterungsverhältnisse in die Einheitspreise einzukalkulieren ist.
2. Wird in der Baubeschreibung festgelegt, dass den Weisungen der für den Wasserstraßenverkehr zuständigen Behörde unbedingt Folge zu leisten ist, stellt deren Aufforderung, die Baustelle vorübergehend zu beräumen, eine "andere Anordnung" des Auftraggebers im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B dar.
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VPRRS 2016, 0137
Abfallbeförderung/-entsorgung
VK Lüneburg, Beschluss vom 01.02.2016 - VgK-51/2015
1. Ein geringer Fehlbetrag in der Bilanz spricht nicht gegen die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Bieters.
2. Technisch leistungsfähig ist ein Anbieter, dessen Referenzen die Erwartung rechtfertigen, dass er die zu vergebende Leistung genauso gut wie die Referenzleistungen erbringen wird. Je einfacher die zu vergebende Leistung ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Vergleichbarkeit.
3. Erfahrungen mit gleichartigen Tätigkeiten dürfen nur dann gefordert werden, wenn die zu vergebende Tätigkeit hohe Anforderungen an die Erfahrung stellt.
4. Eine aufs Geradewohl oder "ins Blaue hinein" erhobene Rüge ist unzulässig und damit unbeachtlich. Die Vergabekammer ist in einem solchen Fall von der Notwendigkeit einer vollständigen Sachaufklärung von Amts wegen entbunden.
5. Erkennbare Vergaberechtsverstöße sind innerhalb einer Frist von 10 Tagen zu rügen.
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VPRRS 2016, 0128
Bau & Immobilien
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2015 - VgK-41/2015
1. Das Formblatt 236 VHB Bund ist zu verwenden, wenn der Bieter persönlich die Eignungsvoraussetzungen für die Erfüllung des Auftrags, z.B. die technische Fachkunde oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht erfüllt, sich aber im Wege der sogenannten Eignungsleihe eines insoweit besser qualifizierten Nachunternehmers bedient.
2. Im Fall einer Eignungsleihe ist es erforderlich, dass der Bieter bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe den Namen des Nachunternehmers benennt und eine Verpflichtungserklärung dieses Nachunternehmers beibringt.
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VPRRS 2016, 0138
Tief- und Ingenieurbau
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.11.2015 - VgK-42/2015
1. Die verspätete Kennzeichnung der Angebote nach dem Eröffnungstermin stellt einen Vergabeverstoß dar. Das gilt erst recht für die dauerhaft unterlassene Kennzeichnung der Angebote.
2. Die Verpflichtung zur Kennzeichnung der Angebote schützt nicht nur die Wettbewerber untereinander vor Fälschungen, sondern gleichermaßen auch den Auftraggeber davor, von einem der Wettbewerber übervorteilt zu werden.
3. Die unterlassene Kennzeichnung der Angebote durch das mit der Submission und der Wertung der Angebote beauftragte Ingenieurbüro berechtigt den öffentlichen Auftraggeber dazu, die Ausschreibung aus wichtigem Grund aufzuheben.
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VPRRS 2016, 0132
Dienstleistungen
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.12.2015 - VgK-45/2015
1. Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Nachforschungen darüber anzustellen, ob ein Bieter eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Zuverlässigkeit und damit seine Eignung als Bewerber in Frage stellt.
2. Liegen dem Auftraggeber allerdings Anhaltspunkte dafür vor, dass der Geschäftsführer eines Bieterunternehmens rechtskräftig wegen Bestechung verurteilt ist, muss er sich Gewissheit verschaffen und Hinweisen nachgehen.
3. Verschließt sich der Auftraggeber bewusst vorliegenden Informationen und kommt er einer im Einzelfall bestehenden Aufklärungspflicht nicht nach, genügt bereits das "Kennen müssen" für einen Verstoß gegen § 6 EG Abs. 4 VOL/A 2009.
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VPRRS 2016, 0135
Bau & Immobilien
EuGH, Urteil vom 14.01.2016 - Rs. C-234/14
Die Art. 47 Abs. 2 und 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass es ihnen zuwiderläuft, wenn ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen der Verdingungsunterlagen zu einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags einen Bieter, der sich auf die Kapazitäten anderer Unternehmen stützt, dazu verpflichten kann, vor der Erteilung des Zuschlags mit diesen Unternehmen einen Kooperationsvertrag abzuschließen oder eine Personengesellschaft zu gründen.*)
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VPRRS 2016, 0126
Bau & Immobilien
VK Bund, Beschluss vom 22.02.2016 - VK 2-135/15
1. Eine Mindestanforderung an die Eignung ist ordnungsgemäß bekannt gemacht, wenn in der Bekanntmachung durch einen Link auf die Internetseite der Vergabestelle verwiesen wird und die interessierten Unternehmen durch bloßes Anklicken zum entsprechenden Formblatt gelangen können.
2. Mit der Formulierung, dass der Bieter "im Auftragsfalle Gewähr für die zur Verrichtung der vorgesehenen Tätigkeit notwendige Qualifikation und Eignung der Leiharbeitnehmer" zu leisten hat, wird ausdrücklich auf den Auftragsfall abgestellt. Damit unvereinbar ist eine Forderung, wonach der Bieter schon bei Angebotsabgabe geeignetes Personal in ausreichender Zahl verfügbar haben muss.
3. Auch bei einer Ausschreibung nach dem 1. Abschnitt der VOL/A 2009 ist bei unverändertem Sachverhalt ein Wiedereintritt in die Eignungsprüfung zulässig.
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VPRRS 2016, 0125
Waren/Güter
LG Bonn, Urteil vom 30.10.2015 - 1 O 161/15
1. Der Abbruch von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund kann im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses als schadensersatzbegründende Pflichtverletzung einzustufen sein, wenn die die Verhandlungen abbrechende Partei zuvor bei der Gegenseite in zurechenbarer Weise ein Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags geweckt hat.
2. Erklärt der Bieter, dass die von ihm angebotene Leistung nicht mehr lieferbar ist und er sich aus diesem Grunde nicht mehr an sein Angebot gebunden sieht, liegt ein für den Abbruch der Vertragsverhandlungen triftiger Grund vor, der einen Schadensersatzanspruch des Auftraggebers ausschließt.
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