Vergabepraxis & -recht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 26.06.2025 im Volltext bei vpr-online eingestellt
Online seit heute
VPRRS 2025, 0136
VK Westfalen, Beschluss vom 10.02.2025 - VK 2-2/25
1. Aus Verstößen gegen die Vorschriften des § 134 GWB erwächst keine Verletzung von Bieterrechten, sofern die Antragstellerin - wie hier - rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag eingereicht hat und damit ihrem Interesse an Primärrechtsschutz entsprochen wird.*)
2. Die Obliegenheit eine Rüge zu erheben wird nur dann ausgelöst, wenn die Antragstellerin eine feststellbare und im Streitfall vom öffentlichen Auftraggeber nachzuweisende positive Kenntnis von den einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umständen hat.*)
3. Zusätzlich muss bei der Antragstellerin die zumindest laienhafte rechtliche Wertung vorgenommen worden sein, dass der Antragsgegner mit seinem Vorgehen gegen Vergaberecht verstößt.*)
4. Die Vergabe solcher Bedarfspositionen bzw. Eventualpositionen ist nicht generell ausgeschlossen, unterliegt jedoch umfassenden Anforderungen, da diese dem Gebot der Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung aus § 121 Abs. 1 GWB entgegenstehen sowie die Transparenz des Vergabeverfahrens und der Vergabeentscheidung aus § 97 Abs. 1 GWB beeinträchtigen können.*)
5. Bedarfspositionen sind vergaberechtlich lediglich ausnahmsweise zugelassen und dann auch nur, wenn spezifische Anforderungen bei den Ausschreibungsbedingungen und bei der Angebotswertung beachtet werden.*)
6. Der öffentliche Auftraggeber muss unter Ausschöpfung ihm zumutbarer Erkenntnismöglichkeiten zuvor den Versuch einer eindeutigen Klärung der Leistungsbeschreibung unternehmen. Bedarfspositionen sind kein Hilfsmittel, die Unvollständigkeit einer Planung zu kompensieren.*)

Online seit 30. Juni
VPRRS 2025, 0133
VK Berlin, Beschluss vom 23.05.2025 - VK B 1-16/25
1. Die Bildung einer Bietergemeinschaft und die Abgabe eines gemeinsamen Angebots kann gegen Wettbewerbsrecht verstoßen, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Jedoch muss die Bietergemeinschaft nicht schon mit Angebotsabgabe, sondern erst auf eine entsprechende Aufforderung darlegen, dass ihre Bildung und Angebotsabgabe nicht gegen Wettbewerbsrecht verstößt.
2. Der Antragsteller muss zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Rahmen der Antragsbefugnis nur das behaupten, was er auf der Grundlage seines - oft nur beschränkten - Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder für möglich halten darf.
3. Dies entbindet ihn aber nicht davon, wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorzutragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen genügen nicht.

Online seit 26. Juni
VPRRS 2025, 0129
VK Berlin, Beschluss vom 28.10.2024 - VK B 1-7/24
1. Dem Auftraggeber kommt bei der Festlegung eines Festpreises ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Dieser findet seine Grenze in der Willkür. Die Rechtmäßigkeit eines Festpreises richtet sich indessen nicht danach, ob dieser angemessen ist.
2. Die Aufnahme einer Preisanpassungsklausel ist vergaberechtlich nur dann geboten, wenn dem Bieter ansonsten eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation unmöglich ist (hier verneint).
3. Vergaberechtlich gibt es keine Vorschriften über die Besetzung von Gremien, die die Wertungsentscheidung im Hinblick auf Teststellungen oder Konzepte treffen.
4. Aus den Grundsätzen der Transparenz und des Wettbewerbs ergibt sich keine Verpflichtung für den öffentlichen Auftraggeber, bei einem Bewertungssystem, das in drei Stufen (hier: "volle Akzeptanz", "teilweise Akzeptanz", "geringe Akzeptanz") erfolgen soll und in dem jedem Akzeptanzgrad ein Punktwert zugeordnet ist, weitere konkretisierende Angaben dazu zu machen, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für die Gerichte konkret abhängen soll.
