Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5448 Entscheidungen insgesamt
Online seit heute
VPRRS 2025, 0208
VK Bund, Beschluss vom 18.08.2025 - VK 2-63/25
1. Gerüstbauarbeiten stellen ein eigenständiges Fachlos dar.
2. Die Gesamtvergabe von Fassaden- und Gerüstbauarbeiten ist weder technisch noch wirtschaftlich dadurch gerechtfertigt, dass bei Ausführung der Fassadenarbeiten mehrfache Anpassungen bzw. Umrüstungen am Gerüst erforderlich sind.
3. Ein unwirtschaftliches Splitterlos ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistung nur einen geringfügigen Anteil an der Gesamtauftragswertschätzung hat.

Online seit 14. Oktober
VPRRS 2025, 0207
VK Bund, Beschluss vom 07.08.2025 - VK 2-59/25
1. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben im Sinne von § 99 Nr. 4 GWB "zu mehr als 50 Prozent subventioniert" wird, ist der Zeitpunkt der Bewilligung der Subvention.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Vorgabe von Leitfabrikaten verpflichtet, die Gründe zu dokumentieren, welche die Gleichwertigkeit von Produkten mit dem vorgegebenen Leitfabrikat begründen.
3. Liegt diese Dokumentation nicht vor, muss aufgrund der negativen Beweiskraft des Vergabevermerks davon ausgegangen werden, dass eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht stattgefunden hat.
4. Die Nachholung einer Dokumentation durch schriftsätzlichen Vortrag im Nachprüfungsverfahren ist vergaberechtlich nur insoweit zulässig, als fehlende Details einer bereits vorhandenen Dokumentation nachträglich präzisiert und ergänzt werden. Eine Nachholung ist indes nicht zulässig, wenn eine Dokumentation gänzlich fehlt.

Online seit 10. Oktober
VPRRS 2025, 0203
VK Bund, Beschluss vom 19.02.2025 - VK 1-2/25
1. Jedenfalls bei einem Abstand von mehr als 20% zwischen dem Angebotspreis des Bestbieters zum nächsten Angebot ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, die Angebotspreise zu überprüfen.
2. Mitbieter haben einen Anspruch darauf, dass diese Prüfung vergaberechtskonform erfolgt.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss seine für die abschließende Wertungsentscheidung maßgeblichen Erwägungen so dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, wie die Überprüfung der Angebotspreise und deren Kalkulation vorgenommen wurde (hier verneint).

Online seit 7. Oktober
VPRRS 2025, 0199
VK Thüringen, Beschluss vom 10.12.2024 - 5090-250-4003/396
1. Der öffentliche Auftraggeber muss Referenzen nur bei begründeten Zweifeln überprüfen.
2. Die Erweiterung oder Reduzierung von in der Auftragsbekanntmachung genannten Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen ist unzulässig.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss, wenn er keine Vorgaben zur Abgeschlossenheit der Leistungen macht, auch solche Referenzaufträge berücksichtigen, die nur zu einem untergeordneten Teil in den zugelassenen Zeitraum fallen oder noch nicht beendet sind.
4. Eine vergleichbare Referenz erfordert, dass die erbrachten Leistungen dem Auftragsgegenstand nach Art und Umfang - auch im finanziellen und personellen Umfang - ähneln und somit einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen.
5. Die Eignung der Bieter wird in offenen Verfahren bezogen auf den Zeitpunkt der Wertung bzw. des Zuschlags geprüft.
6. Die Ablehnung des Zuschlags wegen ungewöhnlich niedrigen Preises ist grundsätzlich geboten, wenn der - insoweit darlegungs- und beweisbelastete - Bieter verbleibende Ungewissheiten nicht ausräumen kann.

Online seit 2. Oktober
VPRRS 2025, 0197
AG Rostock, Urteil vom 21.08.2025 - 50 C 160/25
1. Fehlende Unterlagen sind nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber innerhalb einer angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist, die sechs Kalendertage nicht überschreiten soll, vom Bieter vorzulegen.
2. Bei Eilbedürftigkeit kann auch eine sehr kurze Frist von rund acht Stunden angemessen sein.

Online seit 1. Oktober
VPRRS 2025, 0195
VK Sachsen, Beschluss vom 01.08.2025 - 1/SVK/025-25
1. Der Zugang eines elektronischen Angebots ist nicht bereits dann bewirkt, wenn das Angebot auf der Vergabeplattform unter einer dafür nicht vorgesehenen Adresse eingereicht wird.
2. Hat der Auftraggeber für das konkrete Vergabeverfahren für die Abgabe der Angebote eine bestimmte Adresse vorgeschrieben und lädt der Bieter das Angebot auf der Vergabeplattform unter einer anderen Adresse hoch, ist mit der Kenntnisnahme des Auftraggebers unter normalen Umständen nicht zu rechnen. Eine verspätete Kenntnis des Auftraggebers geht zu Lasten des Bieters.

Online seit 24. September
VPRRS 2025, 0189
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.09.2025 - 15 Verg 12/25
1. Legt der Bieter Erklärungen und Nachweise, deren Vorlage sich der öffentliche Auftraggeber vorbehalten hat, nicht innerhalb einer vom Auftraggeber gesetzten Frist vor, führt dies zum Ausschluss. Wird die Frist nicht eingehalten, besteht kein Anspruch auf nochmalige Nachforderung.
2. Ein Mittel zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters ist die Existenz einer Haftpflichtversicherung. Diese kann entweder durch einen Versicherungsschein bzw. einen aktuellen Nachtrag oder durch eine Bestätigung des Versicherungsunternehmens nachgewiesen werden, aus der sich ergibt, welche Risiken abgesichert und welche Deckungssummen vereinbart sind (hier: aufforderungswidrig unterbliebe Angabe der Deckungssumme für Umweltschäden).

Online seit 19. September
VPRRS 2025, 0187
LG Osnabrück, Beschluss vom 11.09.2025 - 10 O 2216/25
1. Bereits die Bewerbung oder das Angebot einer unerlaubten Rechtsdienstleistung ist unzulässig, weil dadurch die Gefahr begründet wird, dass sich die Adressaten mit ihren Rechtsangelegenheiten an den Werbenden oder den Anbieter wenden werden. Auch die Aufforderung, Angebote über die Erbringung unerlaubter Rechtsdienstleistungen abzugeben, ist unzulässig.
2. Die Ausarbeitung und Zurverfügungstellung von Vertragsklauseln und damit erst recht von ganzen Verträgen durch Architekten ist eine unerlaubte Rechtsdienstleistung, da die Zurverfügungstellung von Vertragsklauseln zur Verwendung in Verträgen mit bauausführenden Unternehmen einer Prüfung im Einzelfall bedarf, ob die Regelung der Interessenlage der Beteiligten entspricht.

Online seit 15. September
VPRRS 2025, 0183
VK Nordbayern, Beschluss vom 28.07.2025 - RMF-SG21-3194-10-28
1. Erscheint aufgrund des Preisabstands zu den Konkurrenzangeboten, der Kostenschätzung oder den Erfahrungswerten des öffentlichen Auftraggebers ein Angebot ungewöhnlich niedrig, muss der Auftraggeber in eine Aufklärung über den Preis eintreten.
2. Eine Pflicht zur Preisaufklärung besteht nicht, wenn der Auftraggeber bei der - unterhalb der Aufgreifschwellen gebotenen - Prüfung seiner Kostenschätzung zum Ergebnis kommt, dass sie zu hoch angesetzt ist und die Angebote der ersten drei Bieter deshalb marktgerecht und auskömmlich sind.
3. Es obliegt dem Auftraggeber, durch gezielte positions- bzw. titelbezogene Anfragen dem Bieter die Gelegenheit zur Aufklärung dieser Positionen zu geben.
4. Eine lediglich pauschale Aufforderung, die Auskömmlichkeit der Kalkulation zu bestätigen, genügt nicht den Erfordernissen einer sachgerechten Aufklärung und rechtfertigt keinen Ausschluss vom Vergabeverfahren, wenn der Bieter eine solche Erklärung nicht abgibt.

Online seit 12. September
VPRRS 2025, 0182
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.02.2025 - RMF-SG21-3194-9-45
1. Für die rechtliche Wirksamkeit der Entscheidung über die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens (hier: Änderung des Leistungsverzeichnisses wegen produktspezifischer Vorgaben) ist es grundsätzlich unerheblich, ob diese Entscheidung sich auf einen Aufhebungsgrund stützen kann und deshalb rechtmäßig erfolgt ist.
2. Unwirksam mit der Folge einer Pflicht zur Verfahrensfortsetzung ist eine Aufhebung bzw. Zurückversetzung nur dann, wenn für diese Entscheidung kein sachlicher Grund besteht, die Entscheidung damit diskriminierend oder willkürlich ist bzw. bloß zum Schein erfolgt.
3. Über den Wortlaut der normierten Aufhebungsgründe hinaus ist es erforderlich, dass Aufhebungsgründe nicht auf den Auftraggeber zurückzuführen sind.

Online seit 11. September
VPRRS 2025, 0186
BayObLG, Beschluss vom 10.09.2025 - Verg 6/25
1. Hat ein öffentlicher Auftrag sowohl Bau- als auch Liefer- und Dienstleistungen zum Gegenstand, ist der Hauptgegenstand des Auftrags anhand der rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtumstände zu ermitteln. Die Wertanteile haben dabei nur eine Orientierungs- und Kontrollfunktion.
2. Ein Vorrang zu Gunsten einer Einordnung als öffentlicher Bauauftrag ergibt sich auch dann nicht, wenn der Wert der Bauleistungen über 40% des Auftragsvolumens ausmacht. Trotz eines hohen Anteils der Bauleistungen am Gesamtauftrag kann der Hauptgegenstand des Vertrags angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls dennoch auf den Liefer- und Dienstleistungen liegen.
3. Ist eine Fachlosbildung möglich, weil für die Leistungen ein eigener Markt besteht, kommt eine Gesamtvergabe nur ausnahmsweise in Betracht. Der Auftraggeber hat sich, wenn ihm eine Ausnahme vom Grundsatz der losweisen Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen. Er hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
4. Der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand sowie ein höherer Aufwand bei der Gewährleistung kann eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen.
5. Der Umstand, dass die Losaufteilung zu einer Verzögerung von mehreren Monaten führt, vermag eine Gesamtvergabe allein nicht zu begründen. Gleiches gilt für das mit einer die Losaufteilung verbundene Kostenrisiko.
6. Die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, sind im Vergabevermerk (umfassend) zu dokumentieren.

Online seit 10. September
VPRRS 2025, 0178
VK Saarland, Beschluss vom 30.01.2025 - 3 VK 5/24
1. Versieht der Bieter in seinem Teilnahmeantrag die anzugebende Referenzbausumme, die sich auf die Kostengruppen 200 bis 600 der DIN 276 zu erstrecken hat, mit dem Zusatz "nur TGA", handelt es sich um eine Änderung der Vergabeunterlagen, die zum Ausschluss des Teilnahmeantrags führt.
2. Referenzen zu einem Teilnahmeantrag, bei dem nicht lediglich unternehmensbezogen die Eignung geprüft wird, sondern die mit einer Bepunktung in die Wertung mit einfließen, indem anhand der Relation der referenzierten Aufträge im Vergleich zu den Gesamtbaukosten eine Auswahl der geeigneten Bieter erfolgen soll, sind wie auftragsbezogene Unterlagen zu bewerten. Demnach scheidet eine Nachforderung aus.
3. Eine Aufklärung, die grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers liegt, setzt voraus, dass Zweifel am Inhalt des Angebots bzw. des Teilnahmeantrags bestehen, die sich durch Auslegung nicht ausräumen lassen (hier verneint).

Online seit 9. September
VPRRS 2025, 0180
VK Saarland, Beschluss vom 05.02.2024 - 2 VK 2/23
1. Zur Konkretisierung der Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung können auch mit einem Internetlink in der Auftragsbekanntmachung unmittelbar in Bezug genommene Unterlagen herangezogen werden. Ein nur pauschaler Verweis auf die Vergabeunterlagen genügt nicht.
2. Angebote, die nicht die (nach-)geforderten Unterlagen enthalten, werden von der Wertung ausgeschlossen, wenn die Unterlagen wirksam gefordert wurden und die Nachforderung zulässigerweise ausgeschlossen war. Dies muss sich eindeutig aus der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen ergeben.
3. Der Rügepräklusion steht nicht entgegen, dass eine explizite Belehrung zum verspäteten Vorbringen für aus den Vergabeunterlagen erkennbare Verstöße in der Auftragsbekanntmachung unterblieben ist.

Online seit 8. September
VPRRS 2025, 0177
VK Bund, Beschluss vom 25.04.2025 - VK 1-26/25
1. Allgemeine Fragen und Hinweise, Kritik oder Unverständnis stellen genauso wenig eine ausreichende Rüge dar, wie die Ankündigung, man werde etwas "nicht hinnehmen". Vielmehr muss deutlich werden, dass der Bieter nicht nur eine Anregung zur Optimierung des Vergabeverfahrens geben will, sondern ein vom Bieter konkret zu bezeichnender und vom Auftraggeber zu beseitigender Rechtsfehler geltend gemacht wird.
2. Die Gebührenregelungen der Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauprüfVO) stellen keine verbindlich zu beachtenden Vorschriften zur Preisgestaltung dar, wenn ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist (hier: keine öffentliche Leistung im hoheitlichen Bereich).

Online seit 4. September
VPRRS 2025, 0176
LG Aachen, Urteil vom 22.04.2025 - 12 O 348/24
1. Die bloße Offenlegung eines Kalkulationsirrtums durch den Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber rechtfertigt keinen Ausschluss des Angebots wegen Fehlens der geforderten Preise.
2. Wenn die vom Kalkulationsirrtum betroffene Position wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung ist, sind Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Bieters nicht veranlasst.

Online seit 1. September
VPRRS 2025, 0171
VK Saarland, Beschluss vom 21.07.2025 - 1 VK 2/25
1. Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Vergabe eines Bauauftrags nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll.
2. Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, dass ein Bewertungsverfahren zum Zuschlagskriterium der Qualität (hier: die Bewertung der vorzulegenden Erläuterungen zum Bauablauf und der Vorgehensweise) angewendet wird, bei dem die Prüfer anhand von Bewertungsbögen die Angebote der Bieter bewerten und die Punktzahl zur Qualität der Angebote aus dem arithmetischen Mittel der Benotungen gebildet und dies nicht konkret vorab in den Vergabeunterlagen beschrieben wird.
3. Die Begründungsanforderungen an eine fehlerfreie Bewertung setzen voraus, dass sich das Bewertungsgremium einheitlich und diskriminierungsfrei mit den Konzepten der Bieter auseinandergesetzt hat, die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind.
4. Eine Rügepräklusion ist nur bei offensichtlichen Verstößen möglich, die einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung des Angebots bzw. der Bewertung auffallen müssen (hier bejaht hinsichtlich des Fehlens bezifferter Anteile der Unterkriterien an der Gesamtbewertung und der fehlenden Vergleichbarkeit von Einheitspreis- und Pauschalpreisangeboten).

Online seit 19. August
VPRRS 2025, 0164
VK Bund, Beschluss vom 28.04.2025 - VK 2-27/25
1. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Fachlose liegen vor, wenn für die einzelnen Leistungen ein eigener Markt besteht. Das ist bei Erd- und Spezialtiefbauarbeiten und dem Abbruch/der Demontage einer Brücke der Fall.
2. Der Grundsatz der Fachlosvergabe gilt nicht schrankenlos. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
3. Technische Gründe sind solche, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen. Sie liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen.
4. Ist der öffentliche Auftraggeber der Auffassung, dass eine Ausnahme von dem Grundsatz der Losaufteilung in Betracht kommt, hat er eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen. Es genügt nicht, wenn die für eine Gesamtvergabe sprechenden Gründe anerkennenswert sind, sondern sie müssen überwiegen.

Online seit 18. August
VPRRS 2025, 0163
VK Südbayern, Beschluss vom 03.06.2025 - 3194.Z3-3_01-25-23
1. Der Ausschluss eines vorbefassten Bieters nach § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB ist immer nur letztes Mittel und kommt nur dann in Betracht, wenn die Chancengleichheit aller Bieter nicht auch auf andere Weise sichergestellt werden kann.*)
2. Auch wenn bei der Vergabe von Bauaufträgen die Namen der Bieter und die Endbeträge der Angebote nach § 14 EU Abs. 6 VOB/A 2019 bekanntgegeben werden, handelt es sich bei den Angaben zur Kalkulation in den Formblättern 221 bis 223 des Vergabehandbuchs um vertrauliche Angebotsinhalte i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 VgV, die der öffentliche Auftraggeber vertraulich zu behandeln hat.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber darf solche Angebotsinhalte nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VgV auch nicht an für ihn tätige Planungsbüros herausgeben, wenn ihm durch Rüge bekannt wird, dass diese mit konkurrierenden Bauunternehmen personell und gesellschaftsrechtlich eng verflochten sind.*)
4. Der Ausschlussgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 9b GWB kann erfüllt sein, wenn ein Unternehmen die entgegen § 5 Abs. 1 und 2 VgV erlangte Kenntnis vertraulicher Angebotsinhalte von direkten Konkurrenten aus anderen Vergabeverfahren bei der Erstellung des eigenen Angebots nutzt.*)

Online seit 6. August
VPRRS 2025, 0154
LG Gießen, Beschluss vom 21.03.2025 - 3 O 95/25
Die Betreuung eines Vergabeverfahrens stellt eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 3 RDG dar. Die öffentliche Ausschreibung der Leistungen zur Betreuung eines Vergabeverfahrens ist daher unzulässig, wenn sich diese auch an Personen richtet, die über keine Zulassung als Rechtsanwalt verfügen.

Online seit Juni
VPRRS 2025, 0124
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20.09.2024 - 2 VK 2/24
1. Fachlos- und Gesamtvergabe stehen in einem Regel-/Ausnahmeverhältnis.
2. Eine Zusammenfassung von Fachlosen setzt voraus, dass die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe nach umfassender Abwägung überwiegen.

VPRRS 2025, 0128

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.06.2024 - 2 VK LSA 12/24
1. Eine Annahme mit Änderungen ist nur dann nicht als neues Angebot zu werten, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er nur unverbindliche Änderungswünsche äußert und der Vertrag unabhängig von deren Erfüllung zustande kommen soll.
2. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. Ein etwaiger Verstoß dagegen berührt die Zuschlagsaussichten der Antragstellerin nicht.
3. Vergleichbar ist eine Leistung dann, wenn sie der ausgeschriebenen Leistung nahekommt und entsprechend ähnelt. Die Referenzen müssen quantitativ und qualitativ vergleichbare Leistungen betreffen und den Schluss zulassen, der Bieter werde in der Lage sein, die ausgeschriebene Leistung vertragsgemäß durchzuführen.

VPRRS 2025, 0116

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.06.2024 - 2 VK LSA 10/24
1. Eine Annahme mit Änderungen ist nur dann nicht als neues Angebot zu werten, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, dass er nur unverbindliche Änderungswünsche äußert und der Vertrag unabhängig von deren Erfüllung zustande kommen soll.
2. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. Ein etwaiger Verstoß dagegen berührt die Zuschlagsaussichten der Antragstellerin nicht.
3. Vergleichbar ist eine Leistung dann, wenn sie der ausgeschriebenen Leistung nahekommt und entsprechend ähnelt. Die Referenzen müssen quantitativ und qualitativ vergleichbare Leistungen betreffen und den Schluss zulassen, der Bieter werde in der Lage sein, die ausgeschriebene Leistung vertragsgemäß durchzuführen.

VPRRS 2025, 0115

VG Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2025 - 6 K 4798/21
1. Ein Zuwendungsgeber ist zum Widerruf der gewährten Zuwendung berechtigt, wenn ein schwerer Verstoß gegen Vergaberecht vorliegt. Ein derartiger Verstoß liegt bei fehlender eindeutiger und erschöpfender Leistungsbeschreibung vor (wie Runderlass des Finanzministeriums vom 18.12.2003 - I 1-0044-3/8).*)
2. Zur Abgrenzung zwischen konstruktiver Leistungsbeschreibung (= Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis) und (teil-)funktionaler Leistungsbeschreibung (Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm).*)
3. Eine Leistungsbeschreibung ist eindeutig, wenn aus Sicht eines durchschnittlichen und mit der Art der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Bieters klar ersichtlich ist, welche Leistung der Auftragnehmer zu welcher Zeit, in welchem Umfang und in welcher Qualität zu erbringen hat und welche Anforderungen und Bedingungen an die vom Auftraggeber geforderte Leistung gestellt werden.*)

Online seit Mai
VPRRS 2025, 0107
VG Schwerin, Urteil vom 10.04.2025 - 3 A 1671/20
1. Einzelfall von Verstößen gegen Auflagen der Ausschreibung eines öffentlich-rechtlichen Trägers; hier insbesondere gegen Auflagen nicht produktbezogen auszuschreiben.*)
2. Das Entschließungsermessen im Rahmen des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG-MV ist aufgrund des Unionsrechts (hier aufgrund des Art. 35 Abs. 2 b der Verordnung (EU) Nr. 640/2014) intendiert.*)
3. Das Auswahlermessen der Behörde wird durch die COCOF-Leitlinien der EU-Kommission intendiert.*)

VPRRS 2025, 0088

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.04.2025 - Verg 35/24
Eine Wertungsmethode, die einen individuell von jedem Bieter selbst zu bestimmenden sog. Bietungsfaktor enthält, ist wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vergaberechtswidrig.

Online seit April
VPRRS 2025, 0085
VK Saarland, Beschluss vom 18.11.2024 - 3 VK 3/24
1. Eine Änderung der Vergabeunterlagen ist dann anzunehmen, wenn der Bieter etwas Anderes anbietet, als der Auftraggeber im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts verlangt und das Angebot dem vom Auftraggeber nachgefragten Gegenstand nicht entspricht.*)
2. Schreibt ein Auftraggeber eine Stahl-Modulbauweise aus, stellt ein angebotenes Bausystem aus Stahlbetonfertigteilen aufgrund des Verbunds der Werkstoffe von Beton und Stahl auch bei einer integrierten Stahlkonstruktion keine Stahl-Modulbauweise dar, sondern ist als ein Aliud zu klassifizieren.*)

VPRRS 2025, 0084

VK Nordbayern, Beschluss vom 03.02.2025 - RMF-SG21-3194-9-37
1. Wenn sich der öffentliche Auftraggeber eines aus dem Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt, muss er seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.
2. Sowohl im Hinblick auf eine Vergleichbarkeit der Angebote als auch eine Zumutbarkeit der Angebotskalkulation ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der öffentliche Auftraggeber sich bestimmte HOAI-Honorarparameter (z. B. Honorarzone, getrennte Honorarberechnung wegen Vorliegens mehrerer Objekte oder zeitlicher Trennung der Ausführung) frei anbieten lässt. Das gilt auch dann, wenn damit eine Abweichung von den objektiven Honorarparametern der HOAI verbunden ist.

VPRRS 2025, 0083

VK Nordbayern, Beschluss vom 20.02.2025 - RMF-SG21-3194-9-31
1. Bei Kündigung eines Altauftrags und neuer Vergabe von noch nicht fertig gestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen.
2. Restleistungen nach Kündigung eines (Alt-)Auftrags sind in einem neuen Vergabeverfahren auszuschreiben, da die Ersetzung des Auftragnehmers eine wesentliche Auftragsänderung darstellt.
3. Eine zügige Weiterführung von Arbeiten nach einer Kündigung sowie eine sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung genügen nicht, um eine Dringlichkeitsvergabe zu rechtfertigen.

VPRRS 2025, 0077

VK Niedersachsen, Beschluss vom 30.09.2024 - VgK-22/2024
1. Grundsätzlich ist das Vergaberecht auf einen reinen Veräußerungsvorgang wie den Verkauf eines kommunalen Grundstücks nicht anwendbar, weil keine Beschaffung der öffentlichen Hand vorliegt.
2. Ein Bauauftrag kann aber bei einer dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung durch Dritte vorliegen. Ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des öffentlichen Auftraggebers liegt vor, wenn er sich finanziell an der Erstellung des Bauwerks beteiligt; ein nur mittelbares fiskalisches Eigeninteresse der Gemeinde genügt nicht.
3. Das Vorliegen eines Bauauftrags erfordert ferner die Eingehung einer einklagbaren Bau- oder Realisierungsverpflichtung.

VPRRS 2025, 0079

VK Niedersachsen, Beschluss vom 29.11.2024 - VgK-29/2024
1. Die Errichtung von Lärmschutzwänden stellt bei Straßen- und Brückenbauarbeiten ein marktübliches, abgrenzbares Gewerk und somit ein Fachlos dar.
2. Das gesetzliche Regel- und Ausnahmeverhältnis zwischen Los- und Gesamtvergabe bedeutet nicht, dass eine Gesamtvergabe überhaupt nur bei Vorliegen eines objektiv zwingenden Grundes erfolgen darf. Erforderlich ist jedoch, dass nach einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und/oder wirtschaftlichen Gründe überwiegen.
3. Ein Abwägungs- und Dokumentationsmangel ist anzunehmen, wenn weder Vergabevermerk noch die Dokumentation im Übrigen erkennen lassen, dass eine Abwägung mit den für eine Fachlosbildung sprechenden Gründen stattgefunden hat (sog. Abwägungsausfall).
4. Eine nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln ist nur dann möglich, wenn die Vergabestelle ihre Erwägungen im Laufe des Nachprüfungsverfahrens lediglich ergänzt und präzisiert.
5. Die besonderen technischen Anforderungen bei der Errichtung von Lärmschutzwänden bei einem Brückenbauwerk rechtfertigen regelmäßig keine Gesamtvergabe.

Online seit März
VPRRS 2025, 0064
LG Stralsund, Urteil vom 08.01.2025 - 7 O 332/23
1. Ein dem Abschluss eines Pachtvertrags vorgelagerter Ideenwettbewerb ist kein Vergabeverfahren. Denn bei einem Ideenwettbewerb gibt es keinen Zuschlag, weil er nicht der Lösungsfindung dient, sondern der Aufgabenfindung.
2. Beteiligt sich ein Unternehmen an einem Ideenwettbewerb der öffentlichen Hand, entsteht zwischen den Beteiligten ein zivilrechtliches Schuldverhältnis, das die öffentliche Hand zur Beachtung der grundgesetzlich geschützten Grundsätze der Gleichbehandlung verpflichtet.
3. Die grundgesetzlich geschützten Grundsätze der Gleichbehandlung sind verletzt, wenn ein an dem Ideenwetttbewerb beteiligtes Unternehmen willkürlich benachteiligt wird.
4. Willkür setzt voraus, dass eine Entscheidung der öffentlichen Hand nicht nur fehlerhaft, sondern unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und es sich daher aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Die Darlegungs- und Beweislast trägt nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen das Unternehmen.

VPRRS 2025, 0060

VK Thüringen, Beschluss vom 28.02.2025 - 5090-250-4003/498
1. Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, vergaberechtliche Vorschriften zu umgehen. Die manipulative Aufteilung des Auftrags bezieht sich auf die Fälle, in denen der Auftrag künstlich aufgespalten wird. Das kann dadurch geschehen, indem ein einheitlicher Auftrag ohne objektive Notwendigkeit in verschiedene Aufträge mit Auftragswerten unterhalb der Schwellenwerte aufgeteilt wird.
2. Interimsaufträge, die selbstständig neben dem Hauptvertrag stehen, sind im Hinblick auf das im Rahmen der Schätzung des Auftragswerts zu beachtende Umgehungsverbot zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-) Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird, sei es durch mehrere Interimsaufträge, sei es durch eine Kombination aus Vertragsverlängerungen und (neuen) Interimsaufträgen.
3. Voraussetzung der Eignungsprüfung ist zunächst, dass die streitgegenständlichen Eignungskriterien wirksam bekannt gemacht wurden. Die Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung aufzuführen. An der Einhaltung dieser Erfordernisse mangelt es vorliegend.
4. Es ist unzulässig, wenn der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der vorzulegenden Eignungsunterlagen lediglich auf die Vergabeunterlagen verweist. Ebenso wenig genügt ein Link auf die Vergabeunterlagen als Ganzes.
5. Antworten auf Bieterfragen sind allen anderen Bietern bekannt zu machen.

VPRRS 2025, 0057

VK Bund, Beschluss vom 05.02.2025 - VK 2-119/24
1. Auch wenn sich der Auftraggeber auf die Forderung vergleichbarer Referenzen beschränkt und darüber hinaus keine weiteren Spezifikationen zum Vergleichbarkeitsmaßstab vorgibt, ist der Umfang des Referenzauftrags stets ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung zu berücksichtigen ist.
2. Es genügt nicht, dass ein Bieter Erfahrungen in der Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen hat; hinzu kommen muss vielmehr, dass der Bieter über die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Kapazitäten in personeller und sachlicher Hinsicht verfügt.
3. Die Regelung, wonach Bieter keine Nachweise vorlegen müssen, wenn der Auftraggebers bereits im Besitz dieser Nachweise ist, bietet keine Rechtsgrundlage dafür, bieterseitig nicht benannte Referenzen durch eigene Kenntnis des Auftraggebers hiervon zu ersetzen.
4. Die selbstständige Ausführung eines Teils des in der Leistungsbeschreibung festgelegten Leistungsumfangs ist das Differenzierungskriterium, welches die Unterauftragnehmerschaft abgrenzt von der bloßen Zurverfügungstellung von Gerät.

VPRRS 2025, 0052

OVG Sachsen, Urteil vom 25.09.2024 - 6 A 118/20
1. Wird der Zuwendungsempfänger dazu verpflichtet, eine bestimmte Verdingungsordnung anzuwenden oder andere Vergabebestimmungen einzuhalten, hat er die Einhaltung dieser Zuwendungsvoraussetzung der Bewilligungsbehörde durch die Vorlage der Vergabedokumentation nachzuweisen.
2. Der Zuwendungsgeber darf den Zuwendungsbescheid (teilweise) widerrufen, wenn der Zuwendungsempfänger eine mit dem Zuwendungsbescheid verbundene Auflage nicht erfüllt hat.
3. Die Unterlassung einer EU-weiten Ausschreibung trotz Überschreiten des Schwellenwerts ist ein schwerer Vergaberechtsverstoß. Gleiches gilt für die Durchführung einer freihändigen Vergabe oder einer beschränkten Ausschreibung ohne Vorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen.

VPRRS 2025, 0051

OLG Naumburg, Beschluss vom 11.10.2024 - 6 Verg 2/24
1. Vergaberechtsschutz wird grundsätzlich nur in einem bereits begonnenen und noch laufenden Vergabeverfahren gewährt. Ein wirksam erteilter Zuschlag kann von der Nachprüfungsinstanz nicht aufgehoben werden. Die Bieter können jedoch die Unwirksamkeit eines öffentlichen Auftrags feststellen lassen.
2. Ein Zuschlagsschreiben, dem als Anlage eine (hier: Rahmen-)Vertragsvereinbarung mit Änderungen gegenüber dem Entwurf beigefügt ist, führt nicht zum Vertragsschluss. Ein solches Schreiben ist als Ablehnung des Angebots verbunden mit der Unterbreitung eines neuen Angebots zu verstehen (sog. modifizierter Zuschlag), das wiederum vom Bieter anzunehmen ist.
3. Die Erteilung eines modifizierten Zuschlags ist vergaberechtswidrig, weil Verhandlungen über den Inhalt der abzuschließenden Vereinbarung nach der Vorlage des endgültigen Angebots nicht mehr zulässig sind. Dieser Vergabeverstoß führt aber nicht zur Unwirksamkeit des Vertragsschlusses.

Online seit Februar
VPRRS 2025, 0045
VK Bund, Beschluss vom 03.07.2024 - VK 2-51/24
1. Nach den Grundsätzen über die Aufhebung von Vergabeverfahren ist im Ausgangspunkt zu klären, ob der öffentliche Auftraggeber einen fortbestehenden Beschaffungsbedarf hat oder nicht.
2. Besteht die Beschaffungsabsicht grundsätzlich fort, ist die Wirksamkeit der Aufhebung anhand des Vorliegens eines sachlichen Grundes zu prüfen (hier verneint für Verzögerungen bei einem anderen Los und bloße Zweifel am Vorhandensein von Haushaltsmitteln).
3. Die Fortführung des Vergabeverfahrens begründet keine Pflicht zur Zuschlagserteilung, sondern führt (hier) nur dazu, dass das Vergabeverfahren zwecks Wahrung der Zuschlagschance des Bieters sowie zwecks Vermeidung von Schadensersatzforderungen aufrecht zu erhalten ist. Bei den Bietern ist nachzufragen, ob Einverständnis mit einer Bindefristverlängerung besteht.

VPRRS 2025, 0042

VK Bund, Beschluss vom 26.08.2024 - VK 2-67/24
1. Die Prüfung der Vergleichbarkeit von Referenzen ist zu dokumentieren. Ein Vergabevermerk, der lediglich wenige allgemein gehaltene, ein Ergebnis festhaltende Sätze enthält, wonach die Vergleichbarkeit der vorgelegten Referenzen bejaht wird, genügt nicht.
2. Bei der Vergleichbarkeitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, dass sich aus dem Umfang bzw. der Größenordnung der von den Bietern referenzierten Projekte zweifelsfrei erschließen lassen muss, ob ein Unternehmen auch in der Lage ist, Projekte in einer der ausgeschriebenen Größenordnung leisten und den technisch-künstlerischen Anforderungen gerecht werden zu können.
3. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sind solche Tatsachen zu verstehen, die nach dem Willen des Trägers geheim gehalten werden sollen und nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind, hinsichtlich derer der Geheimnisträger ein sachlich berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, weil deren Aufdeckung geeignet ist, ihm wirtschaftlichen Schaden zuzufügen (hier bejaht für Referenzen).

VPRRS 2025, 0041

VK Bund, Beschluss vom 18.12.2024 - VK 2-95/24
1. Bei der materiellen Eignungsprüfung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der umso weiter ist, je mehr es um optische und weniger um tragende Elemente eines Gebäudes geht (hier: Klempner- und Kupfertreibarbeiten).
2. Maßgeblich für den Vergleich der referenzierten mit den ausgeschriebenen Leistungen sind die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Vorgaben.
3. Ein öffentlicher Auftraggeber kann die Vergleichbarkeit auch in Bezug auf den Auftragswert bzw. den Leistungsumfang von Referenzen nicht in vergaberechtskonformer Weise gänzlich ausschließen, denn wenn ein Referenzprojekt einen minimalen Umfang hat, wird es grundsätzlich nicht geeignet sein können zur Ableitung der Fähigkeiten eines Bieters.

VPRRS 2025, 0040

VK Rheinland, Beschluss vom 29.01.2025 - VK 58/24
1. Auch in den Fällen, in denen das Verfahren nicht erst nach Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens aufgehoben worden ist, ist ein hilfsweise gestellter Feststellungsantrag nach § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB zulässig, wenn der damit verbundene Hauptantrag darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Aufhebung des Vergabeverfahrens zu erreichen.*)
2. Eine weitere (ungeschriebene) Zulässigkeitsvoraussetzung eines Antrags auf Feststellung der Rechtsverletzung durch Zurückversetzung des Verfahrens bzw. [Teil-]Aufhebung des Verfahrens ist nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Lehre, dass ein besonderes Feststellungsinteresse des Antragstellers bestehe. Ein Feststellungsinteresse kann u.a. gegeben sein, wenn der Antrag der Vorbereitung einer Schadensersatzforderung dient. Eine beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen begründet ein Feststellungsinteresse nur dann nicht, wenn ein Schadensersatzverlangen erkennbar aussichtslos ist.*)
3. Die Zurückversetzung des Verfahrens in die Phase vor Angebotsabgabe, verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe eines neuen Angebots, ist rechtsdogmatisch als [Teil-]Aufhebung des Vergabeverfahrens anzusehen.*)
4. Ein öffentlicher Auftraggeber kann grundsätzlich jederzeit auf die Vergabe des Auftrags verzichten, unabhängig davon, ob ein gesetzlich normierter Aufhebungsgrund i.S.v. § 17 EU Abs. 1 VOB/A 2019 vorliegt oder nicht. Zwar ist das Vorliegen eines Aufhebungsgrundes i.S.v. § 17 EU Abs. 1 VOB/A 2019 für die Rechtmäßigkeit einer (Teil-)Aufhebung relevant, nicht dagegen für die Rechtswirksamkeit der Aufhebung. Auch selbstverschuldete Aufhebungsgründe hindern den öffentlichen Auftraggeber nicht daran, ein Vergabeverfahren abzubrechen. Die Rechtswirksamkeit der Aufhebung setzt lediglich voraus, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt.*)
5. Der sachliche Grund für die Aufhebungsentscheidung ist in dem Widerspruch zwischen den Ausführungen zu den Anforderungen an die Feldleit- und Schutzgeräte im Leistungsverzeichnis und denjenigen in der Antwort auf die Bieterfrage 6 und der damit einhergehenden Intransparenz der Vergabeunterlagen zu sehen.*)
6. Die Frage, welcher Erklärungswert den maßgeblichen Teilen der Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen, d. h. analog §§ 133, 157 BGB zu entscheiden.*)
7. Es ist unbeachtlich und von den Bietern nicht zu bewerten, welche Leistung der Auftraggeber beschafft, selbst wenn die Leistung bzw. die sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Anforderungen an die Leistung aus Sicht der Bieter als fachlich falsch, unzweckmäßig oder technisch nicht sinnvoll angesehen werden.*)
8. Grundlegende Voraussetzung für das Greifen von Aufhebungsgründen [i.S.v. § 17 EU Abs. 1 VOB/A 2019] ist, dass die Aufhebungsgründe erst nach Beginn der Ausschreibung eingetreten sind oder dem Auftraggeber vorher nicht bekannt sein konnten bzw. von ihm nicht schuldhaft herbeigeführt worden sind. Eine rechtswidrige Aufhebung liegt auch dann vor, wenn zwar objektiv ein Aufhebungsgrund i.S.v. § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 - 3 VOB/A 2019 gegeben ist, dieser aber dem öffentlichen Auftraggeber zurechenbar bzw. von ihm verschuldet ist.*)
9. Hat ein Antragsteller mit seinem Hauptantrag beantragt, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben und mit seinem Hilfsantrag beantragt, eine Verletzung seiner Rechte durch die Verfahrensaufhebung festzustellen und hat nur der Hilfsantrag Erfolg, so ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO eine hälftige Kostenteilung zwischen Antragsteller und Antragsgegner angebracht.*)

VPRRS 2025, 0039

VK Rheinland, Beschluss vom 29.01.2025 - VK 56/24
1. In den Fällen, in denen das Verfahren nicht erst nach Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens aufgehoben worden ist, ist ein hilfsweise gestellter Feststellungsantrag nach § 168 Abs. 2 S. 2 GWB nur zulässig, wenn der damit verbundene Hauptantrag darauf gerichtet ist, die Aufhebung der Aufhebung des Vergabeverfahrens zu erreichen.*)
2. Die Zurückversetzung des Verfahrens ist rechtsdogmatisch als (Teil-)Aufhebung des Vergabeverfahrens anzusehen.*)
3. Ein öffentlicher Auftraggeber kann grundsätzlich jederzeit rechtswirksam auf die Vergabe des Auftrags verzichten, unabhängig davon, ob ein gesetzlich normierter Aufhebungsgrund i.S.v. § 17 EU Abs. 1 VOB/A vorliegt oder nicht. Auch selbstverschuldete Aufhebungsgründe hindern den öffentlichen Auftraggeber nicht daran, ein Vergabeverfahren abzubrechen. Die Rechtswirksamkeit der Aufhebung setzt lediglich voraus, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt.*)
4. Wie und in welchem Umfang ein öffentlicher Auftraggeber einen erkannten Fehler in seiner Ausschreibung behebt, unterliegt seiner Gestaltungsfreiheit, die allerdings an die vergaberechtlichen Gebote der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung gebunden ist.*)
5. Aus Gründen des fairen Wettbewerbs und des Gebots der Gleichbehandlung muss der öffentliche Auftraggeber, bevor er eine nur auf bestimmte Preispositionen beschränkte, zweite Angebotsrunde eröffnet, prüfen, ob die auf bestimmte Preise bezogene Preisänderung Einfluss auf das Preisgefüge im Übrigen haben kann. Schon wenn dies nur zu befürchten steht, ist der Auftraggeber an einer solchen Fehlerkorrektur gehindert und muss vollständig neue Angebote einholen. An die Prüfungstiefe öffentlicher Auftraggeber dürfen dabei nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden.*)

VPRRS 2025, 0038

OLG Naumburg, Beschluss vom 01.11.2024 - 6 Verg 3/24
1. Im nationalen deutschen Recht sehen weder das allgemeine Zivilrecht noch das Vergaberecht eine Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers vor, ein von ihm eingeleitetes Vergabeverfahren mit einem Zuschlag abzuschließen. Auch der fiskalisch handelnde öffentliche Auftraggeber kann sich auf die zivilrechtliche Privatautonomie berufen.*)
2. Bei der Entscheidung über eine Aufhebung der Ausschreibung - sei es vollständig oder teilweise, sei es in Form einer zeitlichen Zurückversetzung in ein früheres Stadium des Verfahrens oder in Form eines endgültigen Verzichts - sind die in § 97 GWB normierten Grundsätze des Vergabeverfahrens zu beachten, d. h. insbesondere der Wettbewerbsgrundsatz (Abs. 1 Satz 1), der Gleichbehandlungsgrundsatz (Abs. 2) sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1 Satz 2).*)
3. Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der Entscheidung über die Beendigung des Vergabeverfahrens ohne Zuschlag stets verpflichtet, das Für und Wider einer Fortsetzung bzw. einer Beendigung des Verfahrens gegeneinander sorgsam abzuwägen und insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen. Aus der fortlaufenden Vergabedokumentation müssen eine sachgemäße Entscheidungsfindung plausibel und substanziell nachvollziehbar hervorgehen sowie durch sie Willkür und Manipulationsgefahr ausgeschlossen sein. Gleichwohl sind die von der Vergabestelle im Nachprüfungsverfahren vorgebrachten Umstände und Gesichtspunkte, mit denen eine angefochtene Entscheidung nachträglich verteidigt werden soll, von der Nachprüfungsinstanz auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen.*)

VPRRS 2025, 0036

VK Nordbayern, Beschluss vom 23.10.2024 - RMF-SG21-3194-09-28
1. Der öffentliche Auftraggeber kann einen Bieter ausschließen, wenn er eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.
2. Hierfür genügt es schon nach dem Wortlaut nicht, dass der Auftraggeber gekündigt, einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht oder eine Maßnahme ergriffen hat, die eine vergleichbare Rechtsfolge nach sich zieht. Die Konsequenzen müssen auch zu Recht gezogen worden sein.
3. Auftraggeber müssen eine entsprechende Rechtsprüfung (eingehend) dokumentieren, wozu neben der rechtlichen Würdigung auch der zu Grunde gelegte Sachverhalt gehört.
4. Vor einer Ausschlussentscheidung bedarf es einer vorherigen Anhörung des betroffenen Bieters. Es stellt einen Verstoß gegen das Anhörungsgebot dar, wenn sich die Anhörung ausschließlich darauf bezieht, ob der Bieter bereits Selbstreinigungsmaßnahmen getroffen habe, ohne dass sich der Bieter zu den Tatbestandsvoraussetzungen und zur Verhältnismäßigkeit des Ausschlusses äußern kann.
5. Eine nachträgliche Rechtfertigung der Ausschlussentscheidung mit Argumenten, die bei der Entscheidung über den Ausschluss noch gar nicht bekannt waren, ist nicht möglich.

VPRRS 2025, 0030

OLG Rostock, Beschluss vom 10.01.2025 - 17 Verg 4/24
1. Allein die Erklärung eines Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren, er werde im Falle eines Unterliegens sein Beschaffungsvorhaben aufgeben, lässt die Antragsbefugnis nicht entfallen, solange nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen feststeht, dass eine Beschaffung ausgeschlossen ist.*)
2. Zu den Anforderungen an die Begründung einer Gesamtvergabe von Planung und Bauleistung (Festhaltung Senat, Beschluss vom 18.07.2024 – 17 Verg 1/24, IBR 2024, 532).*)
3. Zur Abgrenzung zwischen Leistungsbestimmungsrecht und Entscheidung über die Losvergabe.*)

Online seit Januar
VPRRS 2025, 0026
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2024 - 11 Verg 5/24
Sofern in einem Nachprüfungsverfahren in erster Linie eine unzureichende Preisprüfung des Angebots des Bestbieters durch die Vergabestelle (hier: ein Landesbetrieb für Bau und Immobilien, der eine eigene Zentrale Vergabestelle betreibt) bemängelt wird und sich aus der Zurückweisung der vorangegangenen Rüge entnehmen lässt, dass sich die Vergabestelle bereits ausführlich mit dem rechtlich gebotenen Prüfungsumfang, der Preisprüfung und dem Vorwurf der Bezuschlagung eines unangemessenen niedrigen Preisangebots auseinandergesetzt hat, spricht dies dafür, dass der öffentliche Auftraggeber selbst die notwendige Sach- und Fachkenntnis hatte, um sich gegen den Nachprüfungsantrag zu verteidigen, und dass daher die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten für den Antragsgegner im Verfahren vor der Vergabekammer nicht notwendig gewesen ist.*)

VPRRS 2025, 0027

EuGH, Urteil vom 16.01.2025 - Rs. C-424/23
1. Art. 42 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU (...) ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung enthaltene Aufzählung der Methoden der Formulierung technischer Spezifikationen abschließend ist - unbeschadet mit dem Unionsrecht vereinbarer zwingender nationaler technischer Vorschriften im Sinne dieser Bestimmung und unbeschadet von Art. 42 Abs. 4 dieser Richtlinie.*)
2. Art. 42 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass die öffentlichen Auftraggeber in den technischen Spezifikationen eines öffentlichen Bauauftrags ohne Hinzufügen des Zusatzes "oder gleichwertig" nicht angeben können, aus welchen Materialien die von den Bietern angebotenen Waren bestehen müssen, es sei denn, die Verwendung eines bestimmten Materials ergibt sich zwangsläufig aus dem Auftragsgegenstand, da keine auf einer anderen technischen Lösung beruhende Alternative in Betracht kommt.*)
3. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung enthaltene Verpflichtung, Wirtschaftsteilnehmern den gleichen Zugang zu den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu gewähren, und das ebenfalls darin enthaltene Verbot, die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb in ungerechtfertigter Weise zu behindern, zwangsläufig verletzt werden, wenn ein öffentlicher Auftraggeber durch eine technische Spezifikation, die nicht mit den Regeln in Art. 42 Abs. 3 und 4 dieser Richtlinie vereinbar ist, bestimmte Unternehmen oder bestimmte Waren ausschließt.*)

VPRRS 2025, 0023

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.04.2023 - Verg 26/22
1. Die Feststellung, dass ein Preis ungewöhnlich niedrig ist, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten ergeben, aus Erfahrungswerten, die der öffentliche Auftraggeber beispielsweise aus vorangegangenen vergleichbaren Ausschreibungen gewonnen hat, oder aus dem Abstand zur Auftragswertschätzung.
2. Anerkannt sind Aufgreifschwellen, bei deren Erreichen eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Diese Aufgreifschwelle ist nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel erst bei einem Preisabstand von 20% zum nächsthöheren Angebot erreicht. Im Bereich zwischen 10% und 20% kann eine Nachforschung im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers stehen.
3. Die Entscheidung darüber, ob der Angebotspreis angemessen und der Bieter in der Lage ist, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen, prognostiziert der öffentliche Auftraggeber aufgrund gesicherter tatsächlicher Erkenntnisse, wobei ihm ein dem Beurteilungsspielraum rechtsähnlicher und von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Wertungsspielraum zukommt.
4. Kann der öffentliche Auftraggeber die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Dabei ist zu beachten, dass es Sache des Bieters ist, den Nachweis der Seriosität seines Angebots erbringen.

VPRRS 2025, 0020

VK Rheinland, Beschluss vom 07.10.2024 - VK 32/24
1. Besteht in einem Angebot ein Widerspruch zwischen einer vorformulierten Erklärung des Bieters und von ihm dem Angebot beigefügten, inhaltlich von den Vergabebedingungen abweichenden Unterlagen, ist eine Aufklärung seitens des Auftraggebers insbesondere dann geboten, wenn dieser es für überwiegend wahrscheinlich halten muss, dass die Abweichung auf einem Missverständnis oder auf Nachlässigkeit beruht.*)
2. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist kann ein Teilnahmeantrag inhaltlich nicht mehr verändert werden, selbst wenn die Vergabebedingungen eine solche Möglichkeit vorsehen sollten.*)
3. Der Wortlaut von Vergabebedingungen darf zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Transparenzgebots weder erweiternd noch einengend ausgelegt werden, sofern nicht ausnahmsweise die ausdrücklich getroffene Regelung ersichtlich sinnlos ist.*)
4. Für die Auslegung von Vergabeunterlagen sind bieterspezifische Vorkenntnisse aus einem vorangegangenen Vergabeverfahren ohne Bedeutung.*)
5. Wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes können Vergabeunterlagen die auftraggeberseitige Zulassung eines Bewerbers zur Angebotsabgabe nicht zu Lasten eines Konkurrenten dem Primärrechtsschutz entziehen, jedenfalls sofern nicht die Eignung des Bewerbers in Rede steht.*)
6. Zum Aufgreifen von Vergabeverstößen durch die Vergabe-Nachprüfungsinstanzen von Amts wegen.*)

VPRRS 2025, 0019

VK Rheinland, Beschluss vom 29.04.2024 - VK 40/23
1. Als Rechtsgrundlage für einen Angebotsausschluss wegen früherer Schlechtleistungen kommen nur § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB, § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A 2019 in Betracht.*)
2. Im Vergabe-Nachprüfungsverfahren ist keine förmliche Beweisaufnahme über solche Schlechtleistungen angebracht, schon weil der Auftraggeber zu einer solchen weder tatsächlich noch rechtlich in der Lage und dementsprechend nicht verpflichtet ist und die Nachprüfungsinstanz lediglich zur Überprüfung des Vergabeverfahrens auf Vergabeverstöße berufen ist. Maßgeblich ist vielmehr allein, was eine verständige Vergabestelle den Akten entnehmen kann oder ihr sonst bekannt sein muss.*)
3. Im Rahmen seiner Ermessensausübung nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB hat der Auftraggeber das betreffende Unternehmen anzuhören und eine Vertragserfüllungsprognose anzustellen.*)
4. Eine vollständig unterbliebene Ermessensbetätigung kann im Rügeverfahren nachgeholt werden. Danach etwa verbliebene Ermessensfehler sind im Nachprüfungsverfahren heilbar.*)
5. Bei einer Heilung von Ermessensfehlern erst im Nachprüfungsverfahren fallen die Verfahrenskosten und die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten grundsätzlich dem Auftraggeber zur Last.*)
VPRRS 2025, 0016

VK Bund, Beschluss vom 22.11.2024 - VK 2-97/24
1. Auch im Anwendungsbereich der SektVO dürfen nur vollständige und widerspruchsfreie Angebote gewertet werden, die den Vergabeunterlagen entsprechen.
2. Der Sektorenauftraggeber kann die Bieter unter Einhaltung der vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende Unterlagen nachzureichen. Dies gilt grundsätzlich nicht für leistungsbezogene Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen (hier u.a. verneint für die Angebotskalkulation und die Aufschlüsselung der Baustellengemeinkosten).
3. Der Zuschlag darf auch im Sektorenbereich trotz eines eher flexibilisierten Vergabeverfahrens nicht ohne vorangegangene Prüfung und Wertung erfolgen. Daraus ergibt sich aber keine zwingend unumkehrbare Reihenfolge der Vorgehensweise des Auftraggebers, die es ausschließen würde, Fehler auf vorgelagerten Wertungsstufen auftraggeberseitig aufzugreifen, zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

VPRRS 2025, 0002

VK Bund, Beschluss vom 25.10.2024 - VK 1-88/24
1. Auch im Anwendungsbereich der Sektorenverordnung (SektVO) sind Angebote, die nicht den Vorgaben der Vergabeunterlagen entsprechen, im Rahmen der Wertung auszuschließen.
2. Die Vorschrift des § 15 Abs. 5 VgV, wonach der öffentliche Auftraggeber von den Bietern Aufklärung über das Angebot oder deren Eignung verlangen kann, findet im Anwendungsbereich der SektVO entsprechend Anwendung.
3. Der Ausschluss eines Angebots wegen der Nichterfüllung von Anforderungen an die Eignung setzt voraus, dass diese Anforderungen im Vergabeverfahren wirksam aufgestellt wurden. Eignungskriterien sind, in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung aufzuführen.
4. Die wirksame Aufstellung von Eignungskriterien erfordert ihre eindeutige Bekanntmachung. Wird in der Bekanntmachung explizit nur auf die Anforderungen im Musterteilnahmeantrag verwiesen, sind die im Text der ebenfalls - allerdings nur in einem größeren Konvolut - beigefügten Angebotserklärung genannten zusätzlichen Präqualifikationsbereiche hiervon nicht in der notwendigen Bestimmtheit erfasst.
