Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5422 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
VPRRS 2005, 0373
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.04.2005 - 1 VK LVwA 17/05
Die Bewerbererklärung ist eine Erklärung, die der Auftraggeber im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A mit Abgabe der Angebotsunterlagen forderte. Fehlt bei der Angebotseröffnung diese kalkulationserhebliche Bewerbererklärung, welche bestimmte Verpflichtungen enthält, muss das Angebot ausgeschlossen werden.*)

VPRRS 2005, 0372

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2005 - Verg 6/04
1. Wurde eine Kälteerzeugungsanlage mit sechs Leistungsstufen angeboten, obwohl im Leistungsverzeichnis eine stufenlose Leistungsregelung vorgegeben worden war, so musste das Angebot wegen der Änderung an den Verdingungsunterlagen von zurecht der Wertung ausgeschlossen werden.
2. Wertet die Vergabestelle ein Angebot richtig, verfügt sie über die für eine sachgerechte Behandlung des Nachprüfungsantrags erforderlichen Rechtskenntnisse im eigenen Geschäftsbereich und bedarf nicht "notwendig" eines anwaltlichen Bevollmächtigten.

VPRRS 2005, 0371

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2005 - Verg 28/05
Eine Änderung in der Person des Bieters nach Abgabe des Angebots und vor Zuschlagserteilung führt zwingend zum Ausschluss.

VPRRS 2005, 0370

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2004 - Verg 28/04
1. Bei weitgehender Identität von in mehreren Nachprüfungsverfahren durch verschiedene Bieter erhobenen Beanstandungen ist für die Vergabekammer jedes einzelne Nachprüfungsverfahren mit einem - gegenüber der Bearbeitung eines isolierten Einzelfalles - geringeren Sach- und Personalaufwand verbunden. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass für alle betreffenden Nachprüfungsverfahren die Gebühr aus der Gebührenstaffel angemessen reduziert wird.
2. Im Falle einer bloß summarischen Überprüfung, ob das Nachprüfungsbegehren offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, muss sich der daraus resultierende verminderte (personelle und sachliche) Aufwand der Vergabekammer in einer angemessenen Herabsetzung der Gebühr aus der Gebührenstaffel niederschlagen.

VPRRS 2005, 0369

VK Nordbayern, Beschluss vom 14.04.2005 - 320.VK-3194-09/05
1. Besteht Streit, wer als Bieter eines bestimmten Angebots anzusehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat. Dabei ist auf den "objektiven Empfängerhorizont" abzustellen; entscheidend ist, wie ein mit den Umständen des Einzelfalles vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte.*)
2. Einzelnen Mitgliedern von Bietergemeinschaften fehlt die Antragsbefugnis für die Bietergemeinschaft, die nur als solche am Vergabeverfahren teilnimmt.*)
3. Eine Änderung der Zusammensetzung der Bietergemeinschaft nach Angebotsabgabe ist nicht statthaft. Das Verbot einer Änderung des Angebots erstreckt sich auch auf die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft. Bietergemeinschaften können nur bis zur Angebotsabgabe gebildet oder geändert werden.*)
4. Eine Bietergemeinschaft als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts löst sich gemäß § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters auf.*)

VPRRS 2005, 0368

VK Nordbayern, Beschluss vom 08.03.2005 - 320.VK-3194-05/05
1. Ein Angebot, das entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht sämtliche, zulässig und klar geforderte Erklärungen (hier: Angaben zum Nachunternehmereinsatz) enthält, ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend auszuschließen.*)
2. Die Angaben zum geplanten Nachunternehmereinsatz müssen vollständig und damit klar sein. Der Auftraggeber muss wissen, für welche Leistungspositionen in welcher Höhe Nachunternehmer angeboten werden. Art und Umfang eines geplanten Nachunternehmereinsatzes gehören zu den relevanten und kalkulationserheblichen Erklärungen.*)
3. Für den Bieter ist bei der Angebotskalkulation von erheblicher Bedeutung, welche Leistungen im eigenen Betrieb ausgeführt und welche z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder -technischen Gründen auf Nachunternehmen übertragen werden. Wegen dieser Preiswirksamkeit ist deshalb bereits im Angebot die Art und der Umfang des Nachunternehmereinsatzes verbindlich zu erklären. Deshalb kann ein beabsichtigter Nachunternehmereinsatz nicht nach Angebotsabgabe geklärt werden (§ 24 VOB/A).*)
4. Ohne Anhaltspunkte im Angebot muss die Vergabestelle nicht davon ausgehen, dass in einer Nachunternehmerliste aufgeführte Leistungen durch konzernverbundene Unternehmen erbracht werden sollen. Auch die Versicherung des Bieters, den geforderten Eigenleistungsanteil ( hier: 30 % der Gesamtleistung ) im eigenen Betrieb zu erbringen, ändert daran nichts.*)

VPRRS 2005, 0364

VK Halle, Beschluss vom 18.07.2003 - VK Hal 11/03
1. Es kann dahinstehen, ob seitens der Antragstellerin ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung ihrer Rechte vorliegt, wenn es an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde.
2. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen die Angebote die in der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen geforderten Erklärungen enthalten. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten müssen. Angebote, die dieser Anforderung nicht entsprechen, sind unvollständig und müssen deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werden.
3. § 5 HwO dient dazu, einem Handwerksbetrieb das Anbieten notwendiger Leistungen aus einer Hand zu ermöglichen, wenn bei der Ausführung von Aufträgen einzelne Verrichtungen aus dem Bereich angrenzender Handwerke mitzuerledigen sind und ein Verbot derartiger aus wirtschaftlichen Gründen dringend gebotener Arbeiten in fremden Handwerken zu unvernünftigen und lebensfremden Ergebnissen führen würde. Der Schwerpunkt der Arbeiten muss jedoch immer im eigenen Handwerk liegen.
4. Der Wortlaut des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ("ausgeschlossen werden") weist aus, dass der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe hat, sondern gezwungen ist, dass betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Im Falle des Fehlens geforderter Erklärungen ändert es auch nichts, dass § 21 Nr. 1 S. 2 VOB/A nur als Sollvorschrift formuliert ist. Die durch § 97 Abs. 2 GWB geforderte Gleichbehandlung aller Bieter ist nur gewährleistet, soweit die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten.
5. Grundsätzlich ist das Hauptangebot ein Angebot im Sinne der §§ 9 und 10 Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 2 bis 4 VOB/A und wird entsprechend § 22 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 VOB/A im Eröffnungstermin verlesen. Sofern eigenständig Alternativpositionen durch den Bieter angeboten werden, liegt ein Änderungsvorschlag bzw. Nebenangebot vor, welcher(s) nach § 25 Nr. 5 VOB/A zu werten ist. Ein Alternativangebot im eigentlichen Sinne liegt nur vor, wenn der Auftraggeber selbst im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung oder auf Grund einer ausdrücklichen Aufforderung Wahlmöglichkeiten verlangt.

VPRRS 2005, 0360

VK Halle, Beschluss vom 08.05.2003 - VK Hal 03/03
1. Eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB bedingt eine Staatsgebundenheit, welche sich durch Beherrschung oder überwiegende Finanzierung durch eine Gebietskörperschaft ausdrückt. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleiniger Gesellschafter Bundesland ist, ist allein durch die bei einer Gebietskörperschaft liegenden Anteile von über 50 v.H. davon auszugehen, dass die Einrichtung überwiegend durch eine Gebietskörperschaft finanziert wird und daher einem entsprechenden Staatseinfluss unterliegt.
2. Eine Tätigkeit ist auch dann als eine nichtgewerbliche i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB zu bezeichnen, wenn eine Aufgabenerfüllung nach unternehmerischen Grundsätzen erfolgt. Eine Aufgabenerfüllung nach unternehmerischen Grundsätzen kann nicht alleine dazu führen, kein dem Vergaberecht unterliegender Auftraggeber zu sein. In diesem Falle wäre durch Wahl der Organisationsform die Umgehung der Verpflichtung zur Ausschreibung denkbar. Daher ist das Kriterium "nichtgewerblicher Art" nach Rechtsprechung des EuGH als Tatbestandsmerkmal zur Präzisierung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu sehen. Weiter ist von Bedeutung, ob die betreffende juristische Person in ihrem Bereich im Wettbewerb steht und ob die Möglichkeit besteht, bei miserablem Wirtschaften in Konkurs zu gehen. Es kann nicht darauf ankommen, ob nach kaufmännischen Grundsätzen gewirtschaftet und mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt wird, sondern ob in Ausnutzung einer staatlich herbeigeführten Sonderstellung Leistungen für den Markt ohne ausreichenden Wettbewerb erbracht werden.
3. Es kann dahinstehen, ob seitens des Antragstellers ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung seiner Rechte vorliegt, wenn es an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt jedenfalls nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde.
4. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A werden Angebote ausgeschlossen, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten müssen. Angebote, die dieser Anforderung nicht entsprechen sind unvollständig und müssen deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werden. § 25 Nr.1 VOB/A ermöglicht dem öffentlichen Auftraggeber kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabung, sondern er ist vielmehr gezwungen, unvollständige Angebote aus der Wertung zu nehmen. Der Ausschlusstatbestand ist nicht erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes auf die Gleichbehandlung aller Bieter gerichtetes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden können. Dies erfordere, dass bezüglich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter (entsprechend der Abforderung) bekannt sind. In jedem Falle müsse die Möglichkeit einer nachträglichen Manipulation ausgeschlossen werden.

VPRRS 2005, 0357

VK Hamburg (BSU), Beschluss vom 21.03.2005 - VK BSU-1/05
1. Soweit ein Antragsteller die Rücknahme des Nachprüfungsantrages erklärt, hat er die Kosten zu tragen.
2. Ist der sachliche und personelle Verwaltungsaufwand bei der Vergabekammer als unterdurchschnittlich anzusehen, weil die Antragsrücknahme vor der mündlichen Verhandlung erfolgte und ist ferner der Umfang der Schriftsätze der Beteiligten gering, kann die Gebühr aus Gründen der Billigkeit ermäßigt werden.

VPRRS 2005, 0355

VK Lüneburg, Beschluss vom 03.05.2005 - VgK-14/2005
1. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOB/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten.
2. Mit der EU-weiten Ausschreibung eines Loses einer Bauleistung bindet der Auftraggeber sich dahin, dass er dieses Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet ist.
3. Für die Wertung der Angebote hat sich der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium „wirtschaftlichstes Angebot“ den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium „niedrigster Preis“ zu geben.
4. Nur in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat oder ausdrücklich nur das Kriterium „Preis“ benannt hat, kann und darf ausschließlich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zugrunde gelegt werden.
5. Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nicht ableiten, dass die Definition und Bekanntmachung von technischen Mindestanforderungen zwingende Voraussetzung für die Wertbarkeit von Nebenangeboten ist.
6. Wird bei Vorgabe eines Leitfabrikats dieses Leitfabrikat oder ein gleichwertiges Fabrikat angeboten, kann die fehlende Festlegung durch eine Angebotsaufklärung nachgeholt werden.

VPRRS 2005, 0354

VK Lüneburg, Beschluss vom 12.05.2005 - VgK-15/2005
1. Die Antragsbefugnis liegt auch ohne Abgabe eines Angebots vor, wenn der Antragsteller vorträgt, dass er sich aufgrund einer markenspezifischen Ausschreibung nicht mit eigenen, von ihm selbst hergestellten Produkten am Vergabeverfahren beteiligen kann.
2. Zum Sinn und Zweck des Gebots zur produktneutralen Ausschreibung.
3. Eine produktspezifische Ausschreibung ist dann gerechtfertigt, wenn sie durch die Eigenart und die Beschaffenheit der zu vergebenden Leistung gerechtfertigt ist.
4. Nicht jegliche nie völlig auszuschließende Gefahr von Kompatibilitätsproblemen berechtigt den öffentlichen Auftraggeber ohne weiteres, vom vergaberechtlichen Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung abzuweichen. Dies würde vielmehr dazu führen, dass die absolute Ausnahmeregelung des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A zumindest für den gesamten EDV- und IuK-Bereich zur Regel würde.

VPRRS 2005, 0353

VK Lüneburg, Beschluss vom 17.05.2005 - VgK-16/2005
1. Eine anonyme Rüge erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB.
2. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieter allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
3. Sind zwischen der Möglichkeit der Geltendmachung der Rechts eines Bieters auf Durchsetzung eventueller vergaberechtlicher Ansprüche und seinem Nachprüfungsantrag mehr als 10 Monate verstrichen, hat der Bieter die Antragsbefugnis verwirkt.

VPRRS 2005, 0349

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.03.2004 - 1 VK LVwA 01/04
1. Der Ausschluss von der weiteren Wertung folgt bereits zwingend aus dem Umstand, dass die abgeforderten Bewerbererklärungen der durch die Antragstellerin benannten Nachunternehmer fehlen bzw. teilweise nur in Kopie vorliegen.*)
2. Das Fehlen der Eignungsnachweise im Sinne von § 8 Nr. 3 (1) Buchst. f) und g) VOB/A führt ebenso zum Ausschluss, da diese Nachweise für die Eignungsprüfung unverzichtbar sind.*)

VPRRS 2005, 0347

KG, Beschluss vom 13.01.2005 - 2 Verg 26/04
Bei Vergabe von entgeltregulierten Dienstleistungen müssen die öffentlichen Auftraggeber durch die Ausgestaltung der Vergabe- und Vertragsbedingungen sicherstellen, dass Unzuträglichkeiten - hier die nicht rechtzeitige Genehmigung der kalkulierten Entgeltpreise durch die Regulierungsbehörde - vermieden werden und damit auch den Vorgaben des PostG im Vergabewettbewerb Rechnung getragen wird. Um den Vergabewettbewerb nicht über Gebühr zu beeinträchtigen, reicht es aus, wenn die Genehmigung nach Ablauf der Angebotsfrist erteilt wird.

VPRRS 2005, 0342

VK Sachsen, Beschluss vom 27.04.2005 - 1/SVK/032-05
1. Im Rahmen der Überprüfung auffälliger Cent-Positionen - auch nach § 24 VOB/A - kommt es bei der vergaberechtlichen Nachprüfung durch die Vergabekammer einzig und allein darauf an, was der betroffene Bieter aufgrund einer fristgebundenen Vorlageverpflichtung des Auftraggebers in concreto zu deren Rechtfertigung vorlegen sollte - und auch vorgelegt hat -, nicht aber darauf, was etwa ein Allgemeinen Rundschreiben (hier das ARS 25/2004) abstrakt fordert oder welche Nachweise danach tauglich oder weniger tauglich erscheinen.*)
2. Würde man dies anders sehen wollen, hätte es die Vergabestelle in der Hand, eine an der Oberfläche bleibende Abfrage beim betroffenen Bieter vorzunehmen, um dessen Angebot dann - ohne konkrete Nachfrage oder Bietergespräch - nur deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A auszuschließen, weil dieser seiner (nur) aus dem Allgemeinen Rundschreiben abgeleiteten Nachweispflicht nicht tiefgründig genug nachgekommen ist. Bei einer derart sanktionierten Vorgehensweise wäre der Manipulation, insbesondere in mehrzügigen Entscheidungsprozessen mit unterschiedlichen Behörden, Tür und Tor geöffnet.*)
3. Hat somit ein Bieter - ohne dass überhaupt Anhaltspunkte für eine vom Bundesgerichtshof missbilligte Mischkalkulation vorliegen - zum einen die zum Nachweis der Kalkulationsansätze beizubringenden Preisermittlungsgrundlagen (Kalkulationsblätter, Ausschnitt aus der Urkalkulation) - wie einzig abgefordert - beigebracht und stimmen die dortigen Preisansätze mit den Einheitspreisen des Angebots-LV´s überein, so kann ein ggf. vorliegendes "non liquet" - ohne (nochmalige) vertiefte Prüfung samt erhöhtem Anforderungsniveau beim Bieter - nicht zum Ausschluss des Bieterangebots führen, da der Bieter dann das nach § 24 VOB/A Notwenige (zunächst) getan hat.*)
4. Im Übrigen liegt es nach allgemeiner Rechtsauffassung - so auch im Beschluss des BGH vom 18.05.2004 (X ZB 7/04) - im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet. Die vergaberechtlichen Vorschriften enthalten keine Regelungen, nach denen die Vergabestelle gehalten wäre, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten.*)
5. Die Vergabekammer Sachsen sieht sich dabei in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (B. v. 08.02.2005, Verg 100/04 (zur VOL/A)) und des Oberlandesgerichts Rostock (B. v. 15.09.2004, 17 Verg 4/04), wonach es ausreicht, dass ein Bieter auf Nachfrage eine plausible Erklärung für seiner Preisangabe abgibt und diese ersichtlich ernst gemeint abgegeben ist. Zudem hält es die Vergabekammer Sachsen im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 27.11.2001 in den verbundenen Rechtssachen Rs. C-285/99 und C-286/99) für unerlässlich, dem betroffenen Bieter rechtliches Gehör zu dem geplanten Ausschluss samt Begründung zu gewähren, zumal bei der Überprüfung auffälliger (Einzel-)Preispositionen im Gegensatz zur Sachlage bei einem insgesamt unangemessen erscheinenden Gesamtangebot keine neutrale Kostenschätzung des Auftraggebers vorliegt.*)

VPRRS 2005, 0338

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2005 - Verg 93/04
1. Rechtsprechung und Literatur haben sich bislang überwiegend dafür ausgesprochen, einen Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB, der zugleich Auftraggeber gemäß der Nr. 2 von § 98 GWB ist, aus Gründen der Spezialität von § 98 Nr. 2 GWB einheitlich nach den für Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 2 GWB geltenden Anforderungen zu behandeln.
2. Macht ein Antragsteller mit dem Nachprüfungsantrag geltend, der Auftragswert sei in kollusivem Zusammenwirken des Auftraggebers mit einem Bieter willkürlich herabgesetzt worden, ist für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags dieses Vorbringen als wahr zu unterstellen, da anderenfalls dem Antragsteller die nach dem Zweck der §§ 102 ff. GWB einzuräumende Möglichkeit verwehrt wird, die streitige Vergabe im Rechtsweg auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu lassen.
3. Der Primärrechtsschutz scheidet auch dann aus, wenn ein Vertrag auf der Basis einer "de-facto-Vergabe" geschlossen wurde und kein Nichtigkeitsgrund eingreift.
4. Die Entscheidung, welcher Gegenstand oder welche Leistung mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften im Vergabeweg beschafft werden soll, obliegt dem (öffentlichen) Auftraggeber.
5. Die Festlegung besonderer Leistungsmerkmale durch den Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung muss sachlich vertretbar sein.

VPRRS 2005, 0335

OLG München, Beschluss vom 15.03.2005 - Verg 2/05
1. Zur Überprüfung der Eignung darf der Auftraggeber unter anderem nach § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A von den Bewerbern Bescheinigungen oder (Eigen-)Erklärungen zu dem in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A enthaltenen Katalog verlangen, der in Buchst. a) bis f) Gesichtspunkte enthält, die der Eignung entgegenstehen.
2. In § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A ist eine Mitwirkungspflicht der Bewerber normiert. Deren Nichtbeachtung kann nicht dazu führen, dass dem Auftraggeber eigene Recherchen obliegen, die gerade durch die Mitwirkungspflicht der Bewerber vermieden werden sollen.
3. Erwägt der Auftraggeber den Ausschluss eines Unternehmers vom Wettbewerb nach einem in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A genannten Grund, so muss er diesem zuvor rechtliches Gehör gewähren. Dies ist aber nicht geboten, wenn ein Bewerber die ausdrücklich geforderten Nachweise nicht mit seinem Teilnahmeantrag vorlegt.
4. Der Umstand, dass andere Bewerber gegebenenfalls zu Unrecht berücksichtigt wurden, bedeutet nicht, dass auch der Antragsteller zu Unrecht zu berücksichtigen gewesen wäre.

VPRRS 2005, 0328

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.04.2005 - Verg 12/05
Um Bieter im Vergabeverfahren mit Erklärungspflichten zu belasten, muss der Auftraggeber die Erklärungen "fordern", das heißt, für das konkrete Vergabeverfahren ausdrücklich verlangen und eindeutig bestimmen, dass und zu welchem Zeitpunkt sie beizubringen sind. Unterlässt er dies, erwächst den Bietern im Vergabeverfahren keine Erklärungspflicht.

VPRRS 2005, 0327

LG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2005 - 12 O 225/04
1. Ein potenzieller Bieter hat einen Anspruch auf Rücknahme einer Vergabesperre, wenn ihm keine schweren Verfehlungen i.S.v. 8 Nr. 5 Abs. 1 c VOB/A vorgehalten werden können.
2. Bloße Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung, mögen sie auch Gegenstand eines Rechtsstreites oder eines selbständigen Beweisverfahrens sein, sind noch keine "schwere Verfehlung".

VPRRS 2005, 0325

VK Thüringen, Beschluss vom 28.04.2005 - 360-4002.20-005/05-MGN
1. Hat ein Bieter zum Zeitpunkt der Erarbeitung der eigenen Nebenangebote Kenntnis von den seiner Meinung fehlenden bzw. ungenügenden Mindestbedingungen für Nebenangebote und erfolgt die entsprechende Rüge erst ca. drei Monate nach der Angebotseröffnung, ist die Rüge nicht mehr unverzüglich.
2. Es gehört zu den Erfordernissen eines wertbaren Angebots, dass jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben werden muss, der für die betreffende Leistung – tatsächlich - beansprucht wird. Erfolgt dieses nicht, ist das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A auszuschließen.
3. Ist ein Bieter nicht in der Lage, nachzuweisen, dass die von ihm angebotenen Einheitspreise den tatsächlich von ihm geforderten Betrag für die Leistung gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ausweisen, ist die Vergabestelle nicht verpflichtet weitere Ermittlungen darüber anzustellen, welche Preise für die Leistung tatsächlich gefordert werden.
4. Unklare Angaben zu Nachunternehmerleistungen führen zwingend zum Angebotsausschluss.

VPRRS 2005, 0322

BayObLG, Beschluss vom 20.04.2005 - Verg 026/04
1. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sich im Nichtoffenen Verfahren bereits vor Eingang der Bewerbungen festzulegen, wie viele Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordern will, und dies in der Vergabebekanntmachung - sei es als Zahl oder Marge - mitzuteilen.*)
2. Die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, muss auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)

VPRRS 2005, 0321

BayObLG, Beschluss vom 20.04.2005 - Verg 26/04
1. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sich im Nichtoffenen Verfahren bereits vor Eingang der Bewerbungen festzulegen, wie viele Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordern will, und dies in der Vergabebekanntmachung - sei es als Zahl oder Marge - mitzuteilen.*)
2. Die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, muss auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)

VPRRS 2005, 0317

OLG München, Beschluss vom 27.01.2005 - Verg 2/05
1. Die Vergabestelle kann eine Erklärung zu den Ausschlussgründen des § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A ohne Anfangsverdacht oder gar konkretisierten Verdacht verlangen (§ 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A). Auch von einem überregional bedeutenden Bauunternehmen kann die Erklärung verlangt werden.
2. Die Vergabestelle kann die Erklärung in Form einer Selbsteinschätzung des Bewerbers verlangen. In diesem Fall ist eine Erklärung des Bewerbers, dass der ausschreibende öffentliche Auftraggeber ihn nicht von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen habe, nicht ausreichend und kann, unter dem Gesichtspunkt einer Obliegenheitsverletzung des Bewerbers, zum Ausschluss führen.
3. Dieser Ausschluss kann ohne Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs unmittelbar auf die ungenügende Mitwirkung gestützt werden.

VPRRS 2005, 0315

VK Bund, Beschluss vom 27.01.2005 - VK 1-225/04
1. Für die Zulässigkeit von Nebenangeboten ist es erforderlich, dass in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen erläutert werden, die Nebenangebote erfüllen müssen, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können.
2. Dem Antragsteller ist ein Schaden entstanden bzw. droht zu entstehen, wenn durch die gerügten Verstöße gegen die Vergabevorschriften die Aussichten des Antragstellers auf den Zuschlag beeinträchtigt worden sind oder die Zuschlagschancen zumindest verschlechtert worden sein können.
3. Die Möglichkeit eines drohenden oder bereits entstandenen Schadens besteht dann nicht, wenn das Angebot des Antragstellers keinerlei Aussicht auf den Zuschlag hat.

VPRRS 2005, 0314

VK Bund, Beschluss vom 11.01.2005 - VK 2-220/04
1. Bei der Prüfung der Eignung eines Bieters ist die Wertung des Auftraggebers von der Vergabekammer daraufhin zu überprüfen, ob die Verfahrensregeln eingehalten worden sind, ob ein zutreffend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen hat, ob gültige Bewertungsmaßstäbe angewandt und keine sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
2. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist erforderlich aber auch ausreichend, dass schlüssig behauptet wird, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen.
3. Darüber hinaus hat der Bieter zu behaupten, ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt zu haben, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist.

VPRRS 2005, 0313

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.02.2005 - 15 A 1065/04
1. Die mit einem Zuwendungsbescheid verbundene Bestimmung des § 3 ANBest-G (Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden), wonach bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten sind, ist eine Auflage i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG-NRW.*)
2. Zum sogenannten Verhandlungsverbot i.S.v. § 24 VOB/A.*)
3. Führt die technische Änderung eines Bauvorhabens zu einer Reduzierung des Angebotspreises um mehr als 10 Prozent, so handelt es sich grundsätzlich nicht mehr um eine technische Änderung geringen Umfangs i.S.v. § 24 Nr. 3 VOB/A.*)

VPRRS 2005, 0312

VK Südbayern, Beschluss vom 01.09.2004 - 53-08/04
1. Zur Frage der Unverzüglichkeit einer Rüge.*)
2. Ein Nachprüfungsantrag ist unbegründet, wenn ein Bieter ein unvollständiges Angebot abgegeben hat und daher wegen Fehlens geforderter Erklärungen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A zwingend auszuschließen war.*)
3. § 25 Nr. 3 VOL/A; Zur Feststellung von ortsüblichen Mieten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.*)
4. Gemäß § 9a VOL/A sind in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien anzugeben. Die Vergabestelle hat jedoch mit einer Vielzahl von für die Bieter nicht erkennbaren Unterkriterien die Wertung vorgenommen. Der Vergabestelle ist bei der Entscheidung der Rückgriff auf solche Anforderungen/Unterkriterien verwehrt, die weder in der Vergabebekanntmachung noch in der Ausschreibung zum Ausdruck gekommen sind.*)

VPRRS 2005, 0311

VK Südbayern, Beschluss vom 23.08.2004 - 48-07/04
1. Sondervorschläge sind nur dann wertbar, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllen, welche der Auftraggeber für Nebenangebote aufgestellt hat (EuGH vom 16.10.2003, IBR 2003, 683).*)
2. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen versieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position erklärt werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne dass aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ab, so dass sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wertung ungeeignet und daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist.

VPRRS 2005, 0309

VK Bund, Beschluss vom 11.02.2005 - VK 2-223/04
1. Zwar hat gem. § 8 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Nr. 5 lit. l VOB/A bei öffentlicher Ausschreibung die Vergabestelle in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Nachweise zu bezeichnen, deren Vorlage mit dem Angebot verlangt wird. Die Bestimmung betrifft ihrer systematischen Stellung nach aber nur solche Nachweise, die die Eignung des Bieters betreffen, Belege für die Eignung des Bieters im Sinne von Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.
2. Der Inhalt der geforderten Erklärung als auch der Zeitpunkt der Abgabe müssen von dem Auftraggeber mit der im Vergabeverfahren erforderlichen Eindeutigkeit festgelegt werden. Die mit dem Fehlen von Erklärungen verbundenen schwerwiegenden Folgen gebieten es, dass die ausschreibende Stelle eindeutig bestimmt, welche Erklärungen sie für die Angebotswertung fordert. Eindeutig feststehen muss aus Gründen der Gleichbehandlung auch, zu welchem Zeitpunkt die Erklärungen vorliegen müssen. Aufgrund einer Unklarheit in den Verdingungsunterlagen kann sich die Nichtvorlage oder fehlerhafte Vorlage der geforderten Belege nicht zum Nachteil der Bieter z.B. in Form eines Ausschlusses aus dem Vergabeverfahren auswirken.
3. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB muss die geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Rechtsverletzung des Antragstellers getroffen werden, die gleichzeitig den geringsten Eingriff in den Fortgang des Vergabeverfahrens darstellt. Eine Aufhebung der Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. b oder c VOB/A wegen Unklarheit der Verdingungsunterlagen muss aber nicht in Betracht gezogen werden. Auch wenn die Vergabeunterlagen nicht hinreichend erkennen lassen, zu welchem Zeitpunkt die Bieter welche Erklärung abgeben sollen, verlangt der Mangel keine grundlegende Neufassung der Verdingungsunterlagen. Hierfür wäre es notwendig, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Verdingungsunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden ist.

VPRRS 2005, 0307

VK Bund, Beschluss vom 24.03.2005 - VK 1-14/05
1. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A liegen nicht vor, wenn den Verdingungsunterlagen nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass die Bieter mit Angebotsabgabe neben Art und Umfang der vorgesehenen Nachunternehmerleistungen auch die jeweils vorgesehenen Nachunternehmer zu benennen haben, und es sich bei einer Benennung von Nachunternehmern um keine geforderte Erklärung im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A handeln kann. Ein Ausschluss trotz einer fehlenden Eindeutigkeit der Verdingungsunterlagen verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB bzw. § 2 Nr. 2 VOB/A.
2. Es liegt ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht nach § 30 Nr. 1 VOB/A vor, wenn in den Vergabeakten eine ordnungsgemäße Wertung - soweit sie überhaupt stattgefunden hat - jedenfalls nicht dokumentiert ist. Gemäß § 30 Nr. 1 VOB/A ist ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Dazu gehört insbesondere die Wertung der Angebote anhand der vorgegebenen Wertungskriterien.
3. Nach Art. 19 Abs. 2 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG können Auftraggeber Nebenangebote nur dann berücksichtigen, wenn diese den vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen entsprechen und diese Mindestanforderungen zuvor in den Verdingungsunterlagen erläutert worden sind. Die Erläuterung in den Verdingungsunterlagen ermöglicht den Bietern, in gleicher Weise von den Mindestanforderungen Kenntnis zu nehmen, und dient damit dem Transparenzgrundsatz, der die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleistet. Es ist nicht ausreichend, dass in den Verdingungsunterlagen auf eine nationale Vorschrift verwiesen worden war, die wiederum nur das Erfordernis der Gleichwertigkeit der Nebenangebote statuierte.
4. Dem Transparenzgrundsatz ist nur dann gedient, wenn ein Mindestmaß an inhaltlichen Vorgaben, denen die Nebenangebote entsprechen müssen, in den Verdingungsunterlagen enthalten ist.
5. Im Rahmen von europaweiten Vergaben kann nicht mehr grundsätzlich gefordert werden, dass Bieter einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen im eigenen Betrieb erbringen und dürfen auch Generalübernehmer nicht von vornherein von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

VPRRS 2005, 0306

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.05.2004 - 11 Verg 8/04; 11 Verg 9/04; 11 Verg 10/04
Die Formstrenge des Vergabeverfahrens verlangt zwingend, dass Angebote, die verspätet eingegangen sind, von der Wertung auszuschließen sind.

VPRRS 2005, 0301

OLG Jena, Urteil vom 28.05.2003 - 7 U 1205/02
1. Bei Mengenüberschreitungen gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B besteht keine Ankündigungs- oder Hinweispflicht des Auftragnehmers.
2. Eine solche Verpflichtung ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B. Denn diese Vorschrift betrifft Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt. Das ist bei einer Überschreitung der ausgeschriebenen, variablen Menge gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B gerade nicht der Fall.

VPRRS 2005, 0296

VK Lüneburg, Beschluss vom 08.04.2005 - VgK-10/2005
1. Begrifflich nicht den Nachunternehmern zuzurechnen sind solche Unternehmer, die selbst keine Teile der in Auftrag gegebenen Bauleistung erbringen, sondern in Hilfsfunktionen tätig sind. Dazu gehören beispielsweise regelmäßig Fuhrunternehmer sowie Baumaschinen- und Geräteverleiher.
2. Dem Auftraggeber kommt bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters ein Ermessensspielraum zu. Dieser ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, insbesondere ob die Vergabestelle ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, ob der Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt worden ist oder ob die Entscheidung durch sachfremde Erwägungen bestimmt ist.
3. Zu den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.
4. Zur Wertung von Angeboten konzernverbundener Unternehmen.
5. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.

VPRRS 2005, 0295

VK Lüneburg, Beschluss vom 11.04.2005 - VgK-9/2005
1. Zweck der §§ 21 Nr. 1 Abs. 3, 25 Abs. 1 lit. d) VOL/A ist es, sicherzustellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Geschützt wird dadurch sowohl der Wettbewerb wie auch die Entscheidungsfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich der eigenverantwortlichen Bestimmung des Auftragsgegenstandes.

VPRRS 2005, 0290

VK Sachsen, Beschluss vom 25.11.2004 - 1/SVK/110-04
1. Wenn der Auftraggeber eine mögliche Unzuständigkeit der Vergabekammer nicht gerügt, sondern sich rügelos auf ein Verfahren vor der Vergabekammer einlässt, kann die Vergabekammer ihre Zuständigkeit selbst annehmen.
2. Nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB muss der Antragsteller substantiiert behaupten, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden bereits entstanden ist oder zu entstehen droht. Zudem muss gemäss § 108 Abs. 2 GWB die Antragsbegründung u.a. eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung enthalten. Dies hat zumindest so umfassend zu erfolgen, dass die Vergabekammer die Antragsbefugnis feststellen kann. Fehlt es daran, ist der Antrag sowohl wegen eines Verstoßes gegen § 108 als auch gegen § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB unzulässig. Ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 110 GWB folgt daraus, dass die diesbezügliche Darlegungslast bei dem antragstellenden Unternehmen liegt.
3. Gemäß § 6 Absatz 2 VOF dürfen Sachverständige weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein und beteiligt werden. Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer und von leistungsfremden Einflüssen freier Bieterwettbewerb nur dann gewährleistet ist, wenn einzelne Bieter den öffentlichen Auftraggeber nicht zugleich bei der Vorbereitung oder Durchführung der Vergabe sachverständig unterstützen. Eine derartige Mitwirkung verschafft dem betreffenden Bieter nämlich die Möglichkeit, im Rahmen des ihm erteilten Sachverständigenauftrags Einfluss auf das Vergabeverfahren - wie auf den Inhalt der Verdingungsunterlagen oder das Ergebnis der Angebotswertung - zu nehmen, und vermittelt ihm aufgrund seines Wissensvorsprungs zugleich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen Bewerbern um den ausgeschriebenen Der Begriff des Sachverständigen ist in der VOF nicht weiter definiert, wohl aber ist festzustellen, dass er in der VOF, wie auch in der VOL/A (§6) und VOB/A (§7) in ähnlichem Sinnzusammenhang genannt wird. Unter "Sachverständige" im Sinn des § 6 VOF sind demnach Personen zu verstehen, die aufgrund ihrer Aus- und Weiterbildung, ihres Wissens und auch ihrer Erfahrung in der Lage sind, sich für bestimmte Fachbereiche gutachterlich zu äußern. Der Sachverständigenbegriff setzt also keine behördliche Zulassung oder kein, durch Ablegung einer Prüfung nachgewiesenes, qualifiziertes Wissen voraus, sondern knüpft an die besondere Fachkunde an. Nach § 6 Absatz 2 VOF dürfen solche Sachverständigen weder mittelbar noch unmittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein oder werden. Unmittelbare Beteiligung bedeutet, dass der betreffende Sachverständige Inhaber oder Leiter eines Unternehmens ist, das sich am Wettbewerb um den zu vergebenden Auftrag beteiligt. Dabei betrifft der Begriff der betreffenden Vergabe alle Stadien des Verfahrens von der Aufgabenbeschreibung bis zum Vertragsschluss. Entscheidend ist, dass der Sachverständige bereits durch seine Arbeiten einen erheblichen Wissensvorsprung gegenüber den Mitbewerbern und die Möglichkeit hat, auf seinen Leistungen zum Nachteil der Mitbewerber aufbauen zu können . Ein Bieter soll nicht die Möglichkeit haben, einen Wissensvorsprung zum Nachteil der Mitbewerber ausnutzen zu können.
4. Der Bieter gibt durch seine Teilnahme am Wettbewerb grundsätzlich zu erkennen, dass er aus seiner Sicht in der Lage ist, die Gesamtleistung vertragsgerecht zu erbringen. Allein der Umstand, dass ein Bieter zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die er selbst nicht besitzt, darf nicht allein zum zwingenden Ausschluss dieses Bieters aus der Wertung führen. In einem solchen Fall muss der Bieter jedoch zur Gewissheit des Auftraggebers mit Angebotsabgabe resp. innerhalb der Bewerbungsfrist darlegen, dass diesem tatsächlich während des gesamten Auftragszeitraums diejenigen Betriebsmittel zur Verfügung stehen werden, auf die der Bieter zurückgreifen will. Will der Bewerber eine Zurechnung fremder Kompetenzen erreichen, hat er mithin im Vergabeverfahren, vor Angebotswertung nachzuweisen, dass er tatsächlich über die den fremden Unternehmen zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt. Dabei können bloße Behauptungen nicht als ausreichend angesehen werden. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Bewerber von sich aus nachweist, dass er auf die Leistungsfähigkeit der benannten Unternehmen auch tatsächlich zugreifen kann.
5. Bei der Bewertung der Eignung resp. Leistungsfähigkeit verfügt der Auftraggeber über einen weiten Beurteilungsspielraum. Wenn aber die Vergabestelle hinsichtlich des Ausschlusses eines Bieters einen Ermessensspielraum hat und eine solche Ermessensentscheidung, wenn auch inzident, bereits getroffen hat, ist ihr in einem solchen Fall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben grundsätzlich verwehrt, von dieser einmal getroffenen Ermessensentscheidung wieder abzurücken.
6. Wenn der Schwerpunkt der Entscheidung auf der Frage der Anwendbarkeit des § 6 Absatz 2 VOF und der hierzu entwickelten Rechtsprechung liegt und darüber hinaus Fragen der Beweislast hinsichtlich einer möglichen Vorbefasstheit streitig sind und zudem handelsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Fragen eine Rolle spielen, dann ist die Beurteilung dieser komplizierten Materien ohne rechtlichen Beistand den Parteien nicht zuzumuten, weshalb die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für notwendig erachtet wird.

VPRRS 2005, 0289

VK Sachsen, Beschluss vom 18.11.2004 - 1/SVK/108-04
1. Eine Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses hat gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2. Abschnitt zwingend den Angebotsausschluss zur Folge. Das bedeutet zugleich, dass dem Antragsteller als chancenlose Bieter entgegengehalten werden kann, zur Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahren nicht antragsbefugt zu sein, weil insoweit der Fortgang des Vergabeverfahrens weder seine Interessen berühren noch der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung des Vergaberechts in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt sein kann. Mittlerweile ist jedoch anerkannt, dass eine Antragsbefugnis jedenfalls dann gegeben ist, wenn der öffentliche Auftraggeber bei Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des antragstellenden Bieters, sondern gleichermaßen auch die in der Wertung verbliebenen Angebote der anderen Bieter hätte ausschließen und ein neues Vergabeverfahren hätte durchführen müssen.
2. Ein nicht alle geforderten Angaben und Erklärungen enthaltendes Angebot ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A in Reduzierung des zunächst eingeräumten Entschließungsermessens der Vergabestelle auf Null regelmäßig zwingend auszuschließen, wenn die Erklärungsdefizite für die Position des Bieters im Wettbewerb von Belang sind.
3. Dem Bieter ist zwar grundsätzlich gem. § 21 Nr. 1 Absatz 1 Satz 2 VOL/A die Möglichkeit eröffnet, Erläuterungen auf einer gesonderten Anlage dem Angebot beizufügen. Unter Erläuterungen sind aber lediglich Schilderungen zu verstehen, die über den Bedeutungsinhalt der in § 21 Nr. 1 Absatz 1 Satz 1 VOL/A verwendeten Begriffe "Angaben" und Erläuterungen" nicht hinausgehen. Solche Erläuterungen dürfen nur dann gemacht werden, wenn die Eigenart des Leistungsgegenstandes eine gewisse Erläuterungsbedürftigkeit nach sich zieht. Keinesfalls aber darf sich der Bieter durch objektiv nicht notwendige Erläuterungen einen Vorteil zu verschaffen suchen. Der Bieter soll mit diesen Erläuterungen auch nicht versuchen, unterschwellig einen Änderungsvorschlag bzw. ein Nebenangebot zu unterbreiten. Er sollte diese Erläuterungen dann als solche Änderungsvorschläge etc. deutlich kennzeichnen.
4. Gemäß § 6 Nr. 3 VOL/A dürfen Sachverständige weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein und beteiligt werden. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer und von leistungsfremden Einflüssen freier Bieterwettbewerb nur dann gewährleistet ist, wenn einzelne Bieter den öffentlichen Auftraggeber nicht zugleich bei der Vorbereitung oder Durchführung der Vergabe sachverständig unterstützen. Eine derartige Mitwirkung verschafft dem betreffenden Bieter nämlich die Möglichkeit, im Rahmen des ihm erteilten Sachverständigenauftrags Einfluss auf das Vergabeverfahren (z. B. auf den Inhalt der Verdingungsunterlagen oder das Ergebnis der Angebotswertung) zu nehmen, und vermittelt ihm aufgrund seines Wissensvorsprungs zugleich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen Bewerbern um den ausgeschriebenen Auftrag. Nach § 6 Nr. 3 VOL/A dürfen Sachverständige weder mittelbar noch unmittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein.
5. Unter "Sachverständige" im Sinn des § 6 VOL/A sind Personen zu verstehen, die aufgrund ihrer Aus- und Weiterbildung, ihres Wissens und auch ihrer Erfahrung in der Lage sind, sich für bestimmte Fachbereiche gutachterlich zu äußern.
6. Unmittelbare Beteiligung bedeutet, dass der betreffende Sachverständige Inhaber oder Leiter eines Unternehmens ist, das sich am Wettbewerb um den zu vergebenden Auftrag beteiligt.

VPRRS 2005, 0288

VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2004 - 1/SVK/105-04
1. Nebenangebote sind nur wertbar, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllen, welche der Auftraggeber für Nebenangebote aufgestellt hat. Aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 BKR ergibt sich, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen. Denn nur eine Erläuterung in den Verdingungsunterlagen ermöglicht den Bietern in gleicher Weise die Kenntnis von den Mindestanforderungen, die ihre Änderungsvorschläge erfüllen müssen, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können. Es geht dabei um eine Verpflichtung zur Transparenz, die die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter gewährleisten soll.
2. Es handelt sich auch um ein Nebenangebot, wenn ohne Änderung des Leistungsinhalts eine andere Vergütungsart, als in der Ausschreibung verlangt (Pauschalpreisangebot) angeboten wird. Das Pauschalangebot beinhaltet also keine technisch vom Leistungsverzeichnis abweichende Lösung, sondern vielmehr eine Abweichung hinsichtlich des Bauvertragstyps: Angebot eines Pauschalvertrages statt - wie in der Ausschreibung vorgesehen - eines Einheitspreisvertrages. Ein Pauschalpreisnebenangebot ist inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn der Bieter erklärt, dass sämtliche Leistungen, die in dem Leistungsverzeichnis der Vergabestelle aufgeführt sind, auch in dem Pauschalpreisnebenangebot enthalten sind.
3. Nebenangebote, die nicht vollständig sind und entsprechend § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 entsprechen, sind im Zusammenhang mit § 25 Nr. 1 Abs. 1b zwingend auszuschließen.
4. Nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A können Bietergespräche geführt werden, jedoch sind dabei Nachverhandlungen - wie Zusicherung zur Übernahme des Kostenrisikos bei etwaigen Änderungen des Mengengerüstes durch den Bieter bzw. Abgleich der Angaben - untersagt. § 24 VOB/A ist eine bieterschützende Vorschrift.
5. Auch eine Erklärung über einen solchen Preisnachlass ohne Bedingungen kann in Form eines Nebenangebotes abgegeben werden, denn ein Nebenangebot setzt lediglich eine Abweichung vom geforderten oder abgegebenen Angebot voraus, wobei diese Abweichung jeglicher Art sein kann, unabhängig von ihrem Grad, ihrer Gewichtung oder ihrem Umfang. Das bedeutet gleichzeitig, dass nicht nur technische Abweichungen, sondern auch solche wirtschaftlicher, rechtlicher oder rechnerischer Art als Nebenangebot zu qualifizieren sind. Auch der Grundsatz der Transparenz im Vergaberecht steht diesem nicht entgegen. Zwar wird dadurch, dass der Preisnachlass nicht bereits im Haupt- sondern nur im Nebenangebot abgegeben wird, die Verlesung des Angebotspreises im Eröffnungstermin vermieden. Nach § 22 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 VOB/A werden die Endbeträge der Angebote sowie den Preis betreffenden Angaben verlesen. Dies gilt jedoch nur für das Hauptangebot; zum Inhalt der Nebenangebote wird nichts Näheres bekannt gemacht. Damit ist der Endpreis des Hauptangebotes letztlich ein anderer, obwohl der Preisnachlass isoliert im Nebenangebot vermerkt und damit nicht verlesen worden ist. Dennoch führt es nicht zu einem Ausschluss der Prüf- und Wertungsfähigkeit des Angebotes, wenn zu verlesende Angaben nach § 22 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A nicht verlesen werden, da es sich bei dieser Vorschrift um eine reine Formvorschrift handelt. Allerdings hat ein Bieter entsprechend § 21 Nr. 4 VOB/A Preisnachlässe ohne Bedingungen an einer vom Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen bezeichneten Stelle aufzuführen.
6. Schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, zu denen auch die Vorhersehbarkeit, Messbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören, ist es unabdingbar, dass die Zuschlagskriterien vorher, d.h. bei der Auforderung zur Angebotsabgabe, bekannt werden, damit sich die interessierten Unternehmen hierauf einstellen können.

VPRRS 2005, 0287

VK Sachsen, Beschluss vom 09.09.2004 - 1/SVK/073-04
1. Kostenschuldner ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr.1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt bzw. veranlasst hat. Veranlasst hat das Nachprüfungsverfahren der Antragsteller. Dies gilt auch dann, wenn sich das Verfahren ohne Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache erledigt hat, denn die Veranlassung des Verfahrens bleibt nach wie vor bestehen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach sind Kosten in Abweichung von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG nicht dem Antragsteller, sondern einem anderen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, soweit dieser im Verfahren unterliegt. Zu einer Kostentragungspflicht auch des Auftraggebers würde man danach nur gelangen, wenn der Auftraggeber dem Nachprüfungsverfahren unterlegen wäre.
2. Aus § 128 GWB ergibt sich kein Anspruch eines Antragstellers auf Erstattung seiner Aufwendungen. Die Anrufung der Vergabekammer war weder erfolgreich, noch hat es eine abhelfende Entscheidung gegeben, wie § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB dies voraussetzt. Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Auslagen seines Gegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Der Antragsteller kann seinen Erstattungsantrag auch nicht auf die in § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB für entsprechend anwendbar erklärten Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder stützen. In dem hier maßgeblichen § 80 VwVfG, welcher entsprechend des SächsVwVfG vollumgänglich zur Anwendung kommt, ist nämlich eine Kostenauferlegung für den Fall der anderweitigen Erledigung ebenfalls nicht vorgesehen.

VPRRS 2005, 0286

VK Sachsen, Beschluss vom 16.12.2004 - 1/SVK/118-04
1. Die Anforderungen an die Darlegung eines drohenden Schadens in Verfahren nach der VOL/A müssen gering angesehen werden, da der Bieter mangels Submissionstermins seine eigene Wettbewerbsstellung nicht sicher beurteilen kann.
2. Auch derjenige muss nach § 13 VgV informiert werden, der zwar ein solches Angebot abgegeben hat, aber diese nicht innerhalb der gesetzten Einreichungsfrist dem Verhandlungsleiter zugegangen ist. Denn § 23 Nr. 1 a) VOL/A bestimmt lediglich, dass verspätet eingegangene Angebote nicht geprüft zu werden brauchen.
3. Wenn fälschlicherweise ein Eignungskriterium wie die Fachkunde als Zuschlagskriterium verlautbart wird und dies vom Antragsteller nicht gemäß § 107 Abs. 3 GWB - weil aus der Bekanntmachung nach S. 2 erkennbar - bis zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt wird, dann kann auch die Vergabekammer den Auftraggeber nicht verpflichten, verbindliche "Zuschlagskriterien", auf die sich sämtliche Bieter vor Angebotsabgabe eingestellt haben und dies auch durften, nunmehr bei der entscheidenden Auswahl unberücksichtigt zu lassen.
4. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A regeln die Behandlung sog. ungewöhnlich niedriger Angebote (= Dumping-Angebote). Dabei hat der Auftraggeber das vorgesehene Verfahren zur Ermittlung eines unangemessen niedrigen Angebotes einzuhalten. Dabei ist von vornherein einzustellen, dass sowohl die Vergabekammer als auch das zweitinstanzliche Oberlandesgericht lediglich zu einer Kontrolle von Wertungsentscheidungen, nicht aber zu einer eigenständigen Ausübung derselben anstelle des Auftraggebers befugt sind. Der Vergaberechtsschutz beschränkt auf die Umstände, ob insbesondere
* das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde,
* von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde
* sachgemäße (oder sachwidrige) Erwägungen in die Wertung einbezogen wurden.
Mit europäischen Vergaberecht ist es zudem unvereinbar, wenn es einem Auftraggeber erlaubt ist, Angebote, die einen die Ungewöhnlichkeitsschwelle überschreitenden Preisnachlass aufweisen, ausschließlich unter Berücksichtigung der zu den vorgeschlagenen Preisen gegebenen Erläuterungen als ungewöhnlich niedrig abzulehnen, ohne dass den Bietern die Möglichkeit gegeben wird, nach Eröffnung der Angebote ihren Standpunkt zu denjenigen Bestandteilen der angebotenen Preise darzulegen, die Argwohn hervorgerufen haben. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A reicht es nicht aus, sich einzelne Bestandteile des Angebots gesondert heraus zu picken, ohne auch später hin zu dokumentieren, ob und wie die auffälligen Leistungsparameter mit Vorgaben des Auftraggebers oder vergleichbaren Leistungszahlen der Konkurrenten, insbesondere des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens abweichen oder sich im üblichen Rahmen halten. Schon aus dem Wortlaut des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ergibt sich, dass diese Prüfung eine Einzelfallprüfung ist, die lediglich vorgenommen werden muss, wenn der Angebotsendpreis unangemessen niedrig erscheint. Wenn dies in einer ersten Prüfung im Rahmen der 3. Wertungsstufe festgestellt wird, ist in einer zweiten Phase zu prüfen, ob damit auch ein Missverhältnis zwischen der geforderten Leistung und dem angebotenen niedrigen Preis besteht. Erst wenn dies - unter Gewährung rechtlichen Gehörs - vom Auftraggeber festgestellt wurde, darf das Angebot gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unberücksichtigt bleiben.
5. Soweit ein Antragsteller oder auch die knapp hinter ihm liegenden Konkurrenten ggf. sog. Dumpingpreise angeboten haben könnten, kann dies die Nichtberücksichtigung aller drei Bieter zusammen tatsächlich rechtfertigen. Darüber hinaus ist aber auch eine wettbewerbliche Verdrängungsabsicht (Verstoß gegen GWB oder UWG)gefordert, die in der Tat schwer nachzuweisen ist und spricht dem Auftraggeber das grundsätzliche Recht zu, auch unterpreisige Angebote zu bezuschlagen. Bei dieser Sachlage muss der Bieter auf Verlangen des Auftraggebers individuelle und nachprüfbare Sonderkonditionen (etwa nachgewiesene Einsparungen, Bezugspreise, Rabatte) nach schriftlicher Aufforderung benennen. Diese Vorteile sind dem Bieter im Rahmen einer fiktiven "Internen Addition zum Angebotspreis" zu berücksichtigen. Liegt der abschließende fiktive Angebotspreis unter Beachtung nur der glaubwürdigen Einsparpotenziale danach wieder unter 10 % zum Nächstbieter und der eigenen Kostenschätzung , so kann von der Wahrscheinlichkeit eines angemessenen Preises ausgegangen werden. Nur wenn der Bieter keine, nur pauschale oder keine plausiblen Erklärungen für sein Niedrigstangebot abgibt, ist das Angebot nicht zu berücksichtigen, wobei auch die Regelung des § 24 Nr. 2 VOL/A ergänzend herangezogen werden kann. Verweigert nämlich ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot - allein deshalb - unberücksichtigt bleiben (vgl. auch § 24 Nr. 2 VOL/A). Es können aber selbst Niedrigstpreisangebote wettbewerblich begründet sein können. Als anerkannte Beispiele kämen der Verzicht auf Kostendeckung aus Gründen der Kapazitätsauslastung und das Verschaffen von Marktzugang (Newcomer) in Betracht. Ein Ausschluss ist jedoch dann unumgänglich ist, wenn der Bieter die Unangemessenheit des Preises nicht aufklären kann oder will.

VPRRS 2005, 0285

OLG Schleswig, Beschluss vom 05.04.2005 - 6 Verg 1/05
1. § 107 Abs. 3 GWB ist auf erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahren erkannte Rechtsverstöße nicht anwendbar.
2. Mit der Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB darf nicht zugewartet werden, bis eine zweifelsfreie Kenntnis über einen Vergabefehler, der auch in jeder Hinsicht nachweisbar ist, gegeben ist. Andererseits wird aber auch keine Rüge "ins Blaue" hinein verlangt; ein bloßer Verdacht eines Vergabefehlers genügt nicht.
3. Ein öffentlicher Auftraggeber hat nach Art. 19 Abs. 2 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG in den Ausschreibungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die zugelassene Änderungsvorschläge erfüllen müssen. Ein ganz allgemein gehaltener Hinweis auf nationale Rechtsvorschriften, die eine - gegenüber der ausgeschriebenen Leistung - qualitativ gleichwertige Leistung fordern, genügt nicht.
4. Soweit für die Gewinnung, Aufbereitung und Wiederverwertung von (pechhaltigen) Ausbaustoffen abfall-, immissionsschutz-, bodenschutz- oder arbeitsschutzrechtliche gesetzliche Bestimmungen bzw. Rechtsverordnungen gelten (z.B. gemäß § 5 Abs. 3, 4 KrW-/AbfG, § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, § 4 BBodSchG), bedarf es deren Angabe (Wiederholung) als "Mindestbedingungen" in den Ausschreibungsunterlagen nicht. Der Auftraggeber ist auch nicht gehalten, die aus allgemein geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften abzuleitenden Prozess- oder Produktanforderungen in der Ausschreibung zu benennen.
5. Für die Rechtmäßigkeit der Wertung eines Nebenangebots kommt es nicht auf die Vorlage von Nachweisen, sondern allein darauf an, ob die Gleichwertigkeit nach den Ausschreibungsunterlagen bieterneutral angenommen werden durfte.

VPRRS 2005, 0283

OLG Brandenburg, Urteil vom 23.03.2005 - 4 U 158/04
1. Bringt eine Vertragspartei im selben Gespräch zuerst vor, sie könne aufgrund eines Kalkulationsirrtums zu dem im Angebot genannten Preis nicht leisten, bietet im weiteren Gespräch jedoch an, den Auftrag zu einem korrigierten Preis zu erfüllen, ist den Anforderungen an die notwendige Eindeutigkeit einer Anfechtungserklärung nicht genügt.
2. Ein echter Erklärungsirrtum i.S.v. § 119 Abs. 1 BGB ist - in Abgrenzung zum internen Kalkulationsirrtum, der sich nur als unbeachtlicher Motivirrtum ausdrückt - bei einem Beruhen der fehlerhaften Angabe auf einem Übertragungsfehler bei der Überarbeitung der Preisangaben anzunehmen.
3. Auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Zeitraums zum Überlegen und zum Einholen von Rechtsrat kann die Abgabe einer Anfechtungserklärung nach Ablauf von acht Wochen auf keinen Fall mehr als unverzüglich im Sinne des § 121 BGB angesehen werden, wenn es sich beim Anfechtenden um ein in kaufmännischer Rechtsform geführtes Unternehmen handelt.

VPRRS 2005, 0282

VK Sachsen, Beschluss vom 15.10.2004 - 1/SVK/090-04
1. Bei den (im Allgemeininteresse liegenden) Aufgaben nichtgewerblicher Art handelt es sich im Allgemeinen um Aufgaben, die zum einen auf andere Art, als durch das Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf dem Markt erfüllt werden, und die der Staat zum anderen aus Gründen des Allgemeininteresses selbst erfüllen oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss behalten möchte. Eine juristische Person ist auch dann als öffentlicher Auftraggeber einzustufen ist, wenn diese zwar nicht zu dem Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, jedoch später solche Aufgaben übernimmt und diese tatsächlich wahrnimmt.
2. § 9 Abs. 5 Nr. 2 VgV bestimmt, dass § 7 VgV keine Anwendung für Aufträge findet, die bei Tätigkeiten nach § 8 Nr. 2 und 3 VgV, also bei Tätigkeiten der Elektrizitäts- und Gasversorgung sowie bei Tätigkeiten der Wärmeversorgung, die die Beschaffung von Energie oder XXXstoffen zum Zwecke der Energieerzeugung zum Gegenstand haben. Mit dieser Regelung wollte es der bundesdeutsche Gesetzgeber ermöglichen, dass das Sektorenunternehmen die Geschäfte auf dem Sektor, auf dem es agiert, ohne vergaberechtliche Vorgaben steuern kann. Insoweit handelt es sich um eine richtlinienkonforme Umsetzung der Richtlinie 93/38/EWG vom 14. Juni 1993, geändert durch die Richtlinie 94/4/EG vom 16. Februar 1998. Diese regelt in Art. 9, dass die Richtlinie nicht für Aufträge gilt, die die in den Anhängen II bis V bezeichneten Auftraggeber für die Lieferung von XXXstoffen zum Zwecke der Energieerzeugung vergeben. Den Begründungen zur Sektorenrichtlinie ist zu entnehmen, dass Energieeinkäufe nicht in die Richtlinie mit einbezogen werden sollen, weil die Vergabevorschriften nicht zur Überwindung der beim Kauf von Energie und XXXstoffen im Energiesektor bestehenden Hindernissen führen. Grundsatz der Sektorenrichtlinie ist es also, die Beschaffung des Materials für die Hauptaktivitäten eines Sektorenauftraggebers aus dem Vergaberegime herauszuziehen.
3. Der Begriff der "Beschaffung von XXXstoffen" ist nicht so weit zu fassen, als dass darunter auch der Transport der XXX, oder gar der Rücktransport und die Entsorgung der Reststoffe fiele. Der Begriff der Beschaffung findet sich neben § 9 Absatz 5 VgV auch in § 99 Absatz 2 GWB. Während der Beschaffungsbegriff in der VgV nicht näher definiert wird, wird er in § 99 Absatz 2 GWB weiter ausdifferenziert, wobei dies vorrangig mit Blick auf die Abgrenzung zwischen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt: "Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing,...betreffen.". Der untechnische Ausdruck Beschaffung macht zunächst deutlich, dass es auf die rechtliche Qualifikation des Vorgangs zum Erhalt der Ware (Kauf, Leasing, Miete) nicht ankommt, sondern dass vielmehr entscheidend ist, dass der betreffende Gegenstand dem Auftraggeber überlassen wird. Gerade aber in Abgrenzung zu Satz 2 des § 99 Absatz 2 GWB - "Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen" - wird deutlich, dass der Beschaffungsbegriff zunächst nur den reinen Überlassungsvorgang meinen kann, der (ausnahmsweise) auch Nebenleistungen umfassen kann. § 99 Absatz 2 Satz 2 macht deutlich, dass die Verträge über Lieferaufträge auch Nebenleistungen enthalten können. Nebenleistungen können also vom Begriff des Lieferauftrages mit erfasst sein, obwohl sie bei isolierter Betrachtung, wenn sie nicht als Nebenleistung betrachtet würden, je nach Fallgestaltung unter den Begriff des Bauauftrages oder den der Dienstleistung fallen würden. Dem Gesetzestext lässt sich jedoch nicht klar entnehmen, wann (lediglich) eine Nebenleistung anzunehmen ist bzw. welchen Umfang die Nebenleistungen erreichen dürfen, um noch als Nebenleistung qualifiziert werden zu können. Derartige Nebenleistungen dürfen bei Betrachtung des Gesamtauftrages nur eine untergeordnete Rolle spielen, während der Schwerpunkt des Auftrages auf der Beschaffung liegt.
4. Dadurch dass der Auftraggeber in Unkenntnis eine Lieferung europaweit ausschreibt, ist keine " Selbstbindung der Vergabestelle" dergestalt abzuleiten, dass der Auftraggeber einen Rechtsschein eines dem 4. Teil des GWB unterliegenden Vergabeverfahrens hervorgerufen hat und nunmehr doch das Vergaberecht in seiner Ausprägung durch das GWB und das VgV Anwendung findet.
§ 9 Absatz 5 Nr. 2 VgV i. V. m. § 7 VgV, § 100 Absatz 2 lit. f) GWB bestimmen, dass der 4. Abschnitt des GWB und damit auch die VOL/A (SKR) keine Anwendung für Aufträge finden bei Tätigkeiten der Sektorenauftraggeber in ihrem eigenen Sektorenbereich. Dabei handelt es sich um objektives Recht, welches auch nicht durch anderweitige Rechtsscheinsetzung eines Auftraggebers überwunden werden kann. Eine etwaige Selbstbindung des öffentlichen Auftraggebers beschränkt sich auf das eigene Verhalten. Ansonsten könnte in einem vergleichbaren Fall, wenn Aufträge unterhalb der Schwellenwerte europaweit offen ausgeschrieben werden, die Vergabestelle eine Zuständigkeit des Vergaberechtswegs erzwingen, die von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist. Das hätte zur Folge, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, das Rechtsschutzverfahren könne schon wegen der Vielzahl der Fälle nicht auf die Aufträge unterhalb der Schwellen ausgedehnt werden, unterlaufen würde. Hat der Gesetzgeber sich festgelegt, den Rechtsweg für bestimmte Bereiche des Vergaberechts nicht zu eröffnen, muss dies selbst dann gelten, wenn Vergabestellen einen abweichenden Rechtsschein hervorrufen.
5. Da eine kumulative Anwendung unterschiedlicher Vergaberechtsbestimmungen in der Regel nicht in Betracht kommt, sind von der Rechtsprechung Kriterien entwickelt worden, wonach in Zweifelsfällen zu entscheiden ein soll. Es auf den kommt auf den Hauptgegenstand des Vertrages an. Bei gemischten Verträge mit Liefer- und Dienstleistungselementen soll dagegen die Zuordnung vorrangig nach dem überwiegenden Wert der Auftragselemente erfolgen.
6. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Anbieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Diese Rügepflicht entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist dabei positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden etwa beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt positive Kenntnis vor. "Kenntnis" im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist gegeben, wenn ein Bieter oder ein Bewerber aufgrund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Dabei besteht die Rügeobliegenheit nach der Rechtsprechung nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt; ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß erlaubt und der es bei vernünftiger Betrachtung als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
7. § 5 VOL/A-SKR (4. Abschnitt) hat bieterschützenden Charakter. § 5 VOL/A-SKR (4. Abschnitt) regelt die Auswahl der Teilnehmer am Wettbewerb. Die Vorschrift stellt sicher, dass auch beim Verhandlungsverfahren im Vorfeld durch die Auswahl der Teilnehmer effektiver Wettbewerb gewährleistet wird. Durch die hier normierte vorherige Festlegung der Auswahlkriterien soll eine willkürliche Auswahl der Bewerber verhindert, und die Transparenz des Auswahlverfahrens sichergestellt werden. Insofern kommen den Regelungen in § 5 SKR bieterschützender Charakter zu.
8. Fachkundig sind Bieter, die über die für die Vorbereitung und Ausführung der jeweiligen Leistung notwendigen Kenntnisse verfügen. Leistungsfähigkeit, als sach- und betriebsbezogenes Eignungskriterium, stellt auf den Betrieb des Bewerbers ab, nämlich ob Ausstattung sowie Kapazitäten ausreichen, um den konkret zu vergebenden Auftrag fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können. Zuverlässig ist der Bieter, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung und Betriebsführung bietet.
9. Der Bieter gibt durch seine Teilnahme am Wettbewerb grundsätzlich zu erkennen, dass er aus seiner Sicht in der Lage ist, die Gesamtleistung vertragsgerecht zu erbringen. Allein der Umstand, dass ein Bieter zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die er selbst nicht besitzt, darf nicht allein zum zwingenden Ausschluss dieses Bieters aus der Wertung führen. In einem solchen Fall muss der Bieter jedoch zur Gewissheit des Auftraggebers mit Angebotsabgabe darlegen, dass diesem tatsächlich während des gesamten Auftragszeitraums diejenigen Betriebsmittel zur Verfügung stehen werden, auf die der Bieter zurückgreifen will. Will der Bewerber eine Zurechnung fremder Kompetenzen erreichen, hat er mithin im Vergabeverfahren, vor Angebotswertung nachzuweisen, dass er tatsächlich über die den fremden Unternehmen zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt. Dabei können bloße Behauptungen nicht als ausreichend angesehen werden. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Bewerber von sich aus nachweist, dass er auf die Leistungsfähigkeit der benannten Unternehmen auch tatsächlich zugreifen kann. Er muss mithin über die Einrichtung dieser Unternehmen im Sinne einer "Leistungserbringung wie im eigenen Betrieb" verfügen können. Diese Darlegung ist eine selbstverständliche Obliegenheit des Bewerbers, die auf der Tatsache beruht, dass der Bewerber zur Erfüllung des Auftrages nicht selbst über die notwendigen Mittel verfügt.
10. Der Auftraggeber hat es grundsätzlich in der Hand, unter Verwendung der angekündigten Wertungskriterien und unter Beschränkung hierauf ein sachgerechtes und plausibles Wertungssystem erst im Verlauf des Wertungsprozesses, d.h. auch in Ansehung der ihm vorliegenden Angebote zu entwickeln; ob dieses System sachgerecht und plausibel zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots führt, unterliegt dann der Nachprüfung im Vergabekontrollverfahren. Mit dieser Prämisse unvereinbar ist dann aber die Schlussfolgerung, aus der bloßen Aneinanderreihung der Wertungskriterien -verbunden mit der in § 7 Nr. 2 i VOL/A SKR erfolgten Klarstellung, dass die Reihenfolge der maßgebenden Wertungskriterien keine zwingende Rangfolge i. S. einer Wertungsgewichtung begründet - ergebe sich die zwingende Verpflichtung des Auftraggebers, alle angegebenen Kriterien mit dem rechnerisch gleichen Wertungsgewicht heranzuziehen. Das mag - nach dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont des beteiligten Bieterkreises - im Einzelfall so sein, weil nur dies eben sachgerecht ist. Die Aufstellung einer entsprechenden generellen Wertungsregel würde jedoch den Sinn des § 7 Nr. 2 i VOL/A SKR geradezu auf den Kopf stellen. Vergabekriterien, die der Auftraggeber aufführt, ohne die Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben, kommen nicht notwendig der gleiche Wert zu, wenn in den Verdingungsunterlagen nichts anderes festgelegt ist.
11. Das Verhandlungsverfahren nach VOL/A-SKR (4. Abschnitt)ist als Geheimwettbewerb ausgestaltet, wie sich aus § 5 Absatz 2, Satz 2, 2. HS VOL/A SKR ableiten lässt. Dieser Grundsatz ginge verloren, würde ein Akteneinsichtsrecht uneingeschränkt gewährt werden.

VPRRS 2005, 0281

VK Sachsen, Beschluss vom 13.09.2004 - 1/SVK/080-04
Der Antrag, dem Antragsteller den Zuschlag zu erteilen kann nur selten Erfolg haben. Diese seltene Ausnahmeentscheidung setzt nämlich voraus, dass beim Auftraggeber hinsichtlich der Frage nach dem wirtschaftlichsten Angebot (§ 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 VOB/A) eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, so dass nur noch die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin in Betracht kommt.

VPRRS 2005, 0276

VK Sachsen, Beschluss vom 06.08.2004 - 1/SVK/062-04
1. Die unverzügliche ( = ohne schuldhaftes Zögern nach § 121 BGB) Rügeverpflichtung des § 107 Abs. 3 Abs. 1 GWB hat ein Antragsteller jedoch für jeden behaupteten Vergaberechtsverstoß gesondert und unabhängig voneinander einzuhalten.
2. Über die Vergabe freiberuflicher Leistungen wird im Rahmen einer wertenden Prognose entschieden, dadurch ist dem Auftraggeber ein weiterer Beurteilungsspielraum eröffnet, der nur beschränkt einer Nachprüfung unterliegt.
Dieser Beurteilungsspielraum ist jedoch überschritten,
- wenn nicht von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird,
- wenn sachwidrige Erwägungen in die Wertung einbezogen werden oder
- wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewandt wird.
3. Der Auftraggeber darf nur dann Auswahlkriterien bei der Auswahl nach § 16 Abs. 1 VOF heranziehen, wenn er sie entweder - alle - schon in der Vergabebekanntmachung oder - alle - erst in der Aufgabenbeschreibung benannt hat. Auftragskriterien, die dort nicht verzeichnet sind, dürfen späterhin auch nicht heran gezogen werden. Dabei hat der Auftraggeber ob der zwei möglichen Publikationsplätze ein Wahlrecht. Entweder kann er - alle relevanten - Auftragskriterien schon in der Vergabebekanntmachung benennen oder er verschiebt die Angabe - aller relevanten - Auftragskriterien - auf die Aufgabenbeschreibung nach § 8 VOF. Aus diesem Wahlrecht folgt im Umkehrschluss damit aber auch, dass der Auftraggeber an sein einmal ausgeübtes Wahlrecht gebunden ist. Hat der Auftraggeber demnach schon alle relevanten Auftragskriterien in der Vergabebekanntmachung benannt, so kann und darf er diese späterhin auch in der Aufgabenbeschreibung nicht mehr ändern. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber dort keine zusätzlichen Auftragskriterien für verbindlich erklären darf. Ebenso wenig kann er dort schon verlautbarte Auftragskriterien weglassen und ihnen dadurch ihre Auswahlrelevanz wieder nehmen. Kriterien, die nicht bekannt gemacht worden sind, dürfen bei der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt werden.
4. Der Auftraggeber ist an seine ehedem verlautbarten Zuschlagskriterien auch dann gebunden, wenn sich diese bei näherer Betrachtung als vornehmliche Eignungskriterien (dort Fachkunde, Erfahrung, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit) darstellen, obwohl dies führt zu der für grundsätzlich unzulässigen doppelten Eignungsprüfung einem "Mehr an Eignung" führt, das in der Auswahlphase des wirtschaftlichsten Angebots keine entscheidende Rolle mehr spielen sollte, da die Eignung der Bewerber und Bieter schon im Teilnahmewettbewerb abschließend positiv festgestellt worden ist.
5. Das Gestattungsverfahren ist in seiner rechtlichen Bedeutung ein Eilverfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes. Als rechtliches Minus zum Hauptsacheverfahren ist die wirtschaftliche Bedeutung gegenüber dem Hauptsacheverfahren als geringer einzuschätzen, so dass sich die für das Hauptsacheverfahren fest gesetzte Gebühr um die Hälfte reduziert.

VPRRS 2005, 0275

VK Sachsen, Beschluss vom 25.08.2004 - 1/SVK/070-04
Die fehlende Angabe eines klassischen Nachunternehmers bei völlig unwesentlichen Leistungen rechtfertigt keinen Ausschluss eines Bieters.

VPRRS 2005, 0272

VK Sachsen, Beschluss vom 19.07.2004 - 1/SVK/055-04
Der zurücknehmende Antragsteller wie ein Unterliegender im Sinne des § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB zu behandeln und als solcher Kostenschuldner. Der Antragsteller hat die für die Tätigkeit der Vergabekammer angefallenen Kosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen. Kostenschuldner ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr.1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt bzw. veranlasst hat. Veranlasst hat das Nachprüfungsverfahren der Antragsteller. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag zurückgenommen wurde, denn die Veranlassung des Verfahrens bleibt nach wie vor bestehen.

VPRRS 2005, 0271

VK Sachsen, Beschluss vom 20.07.2004 - 1/SVK/051-04
1. Das Merkmal der Wesentlichkeit kann erfüllt sein, wenn die Angabe der Einheitspreise fehlt und es hierauf im Rahmen der vergleichenden Wertung in erheblichem Maße ankommt. Die Vergabeverfahren stellen ein formstrenges Verfahren dar, in dessen Wertungsphase es auf die Preise als zumindest eines der wesentlichen Kriterien ankommt.
2. Es gibt kein Anrecht eines Bieters auf Durchführung eines Aufklärungsgesprächs gemäß § 24 VOL/A. Dem gemäß muss ein Angebot so gewertet werden wie es sich beim Einreichungstermin darstellt.
3. Es müssen sogar Angeboten, denen geforderte Angaben, Erklärungen und Preise fehlen, nicht nur ausdrücklich bekräftigt, sondern sogar auf Preisangaben erweitert, die zwar vollständig gemacht wurden, aber nicht den tatsächlich kalkulierten Betrag darstellen, ausgeschlossen werden. Wenn aber ein vollständig ausgepreistes Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A ausgeschlossen werden muss, weil fingiert wird, die geforderten Preise wären nicht eingetragen, muss dies erst recht gelten, wenn diese tatsächlich fehlen. Die Frage, ob eine denkbare - im übrigen ja dann völlig willkürliche - Ergänzung der fehlenden Preispositionen, das Angebot dennoch als das wirtschaftlichste ausweisen würde, spielt keine Rolle, da damit die Gleichbehandlung der Bieter gemäß § 97 Abs. 2 GWB in eklatanter Weise verletzt würde.

VPRRS 2005, 0270

VK Sachsen, Beschluss vom 17.09.2004 - 1/SVK/083-04
1. Wenn es um die Erstellung von Neubauten geht, herrscht eine weite Auslegung dessen, was als Bauwerk bzw. als zum Bauwerk gehörig gelten soll, geboten ist. Die Lieferung und Montage von Maschinen und Anlagen - wie hier für XXX - ist nach allgemeiner Meinung sowohl zu § 1 VOB/A als auch zu § 99 GWB Bauauftrag, wenn sie für ein funktionsfähiges Bauwerk erforderlich sind.
2. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Anbieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Antragstellerin ist mit ihrem Nachprüfungsantrag gem. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB präkludiert. Nach dieser Vorschrift muss der vermeintliche Verstoß, sofern er aus der Bekanntmachung erkennbar ist, spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist oder der Bewerbungsfrist gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Positive Kenntnis ist also im Gegensatz zu dem von Satz 1 des § 107 Abs. 3 GWB geregelten Sachverhalt nicht erforderlich. Maßstab für die Erkennbarkeit muss dabei der Sachverstand des Antragstellers sein. Insoweit ist auf einen sorgfältigen und gewissenhaften "Durchschnittsbieter" abzustellen. Als Fehler, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, kommen dabei neben der Wahl der falschen Verdingungsordnung
3. Die Rüge gegenüber dem Auftraggeber vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens stellt eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar, die von Amts wegen zu beachten ist. Die Erfüllung der Rügeobliegenheit ist zwingende Voraussetzung, um die geltend gemachten Vergabeverstöße überhaupt vor der Vergabekammer überprüfen lassen. Denn die Rüge dient vorrangig dem Zweck, dem Auftraggeber die Möglichkeit zur Überprüfung ihrer Entscheidung und gegebenenfalls der Korrektur ihres eigenen Verhaltens zu geben, bevor sie mit einem Nachprüfungsantrag überzogen wird.
4. Die Einreichung eines Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer kann nicht als Rüge im Sinne von §§ 107 Abs. 3 Satz 1 und 108 Abs. 2 GWB klassifiziert werden oder eine solche ersetzen. Dies ergibt sich bereits aus dem Sinn und Zweck dieser Regelungen zur Vermeidung unnötiger und zeitaufwändiger Nachprüfungsverfahren, wenn der Auftraggeber bei unverzüglicher Rüge den Fehler selbst hätte korrigieren können. Erkennt ein Bieter Fehler im Vergabeverfahren, muss er zwingend durch eine Rüge dem Auftraggeber Gelegenheit geben, diesen Fehler zu korrigieren. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Rüge auch gegenüber dem Auftraggeber zu erklären ist und nicht unmittelbar gegenüber der Vergabekammer.
5. Eine Entbehrlichkeit der Rüge kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Bieter Gefahr läuft, im Falle eines vorgeschalteten Rügeverfahrens seinen Rechtsschutz zu verkürzen, etwa dann, wenn dem Bieter nach Einleitung des Rügeverfahrens und einer entsprechenden Stellungnahme des Auftraggebers keine ausreichende Zeit verbleibt, durch einen Antrag bei der Kammer rechtzeitig den Suspensiveffekt gemäß § 115 GWB herbeizuführen und dadurch den Zuschlag zu verhindern.
6. Die Rügepflicht nach § 107 Abs. 3 entsteht erst, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist dabei positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden etwa beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt positive Kenntnis vor. "Kenntnis" im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist gegeben, wenn ein Bieter oder ein Bewerber aufgrund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht.
7. Der Ausschlusstatbestand des § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A Abschnitt 2 ist nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Dies erfordert, dass hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet, aber ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen.
8. Als Gründe einer Kostenermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen Verwaltungsaufwand stehen.
9. Einen Erstattungsanspruch für das Gestattungsverfahren kann nicht auf die in § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB für entsprechend anwendbar erklärten Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gestützt werden. In § 80 VwVfG, welcher entsprechend des SächsVwVfG vollumgänglich zur Anwendung kommt, ist eine Kostenauferlegung für den Fall der anderweitigen Erledigung ebenfalls nicht vorgesehen.

VPRRS 2005, 0269

VK Sachsen, Beschluss vom 21.07.2004 - 1/SVK/050-04
1. Eine reine Frage nach Inhalt und Begründung einer Entscheidung oder die kommentarlose Übersendung von eigenen Recherchen erfüllt nicht den Tatbestand einer - auch Mißbilligung ausdrückenden – Rüge.
2. Eine Vergabekammer darf einen Vergaberechtsverstoß, bei dem eine individuelle Präklusion - wegen Verletzung des § 107 GWB - eingetreten ist, nicht nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB zur Grundlage ihrer Entscheidung machen. Ist aber ein einziger Vergaberechtsverstoß zulässigerweise in das Verfahren eingeführt worden, so kann ein Antragsteller - etwa nach erfolgter Akteneinsicht - auch noch weitere, neue Umstände in das zulässigerweise eröffnete Verfahren einführen.
3. § 26 VOL/A ist als Kann-Vorschrift ausgestaltet, die bei Vorliegen eng umgrenzter Aufhebungsgründe eine ermessensgebundene Aufhebung einer Ausschreibung durch den Auftraggeber erlaubt. Bei einer auf Null reduziertem Ermessensentscheidung des Auftraggebers kommt eine Verpflichtung zur Aufhebung einer Ausschreibung durch die Vergabekammer in Betracht.
4. Nach § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind Verhandlungen über Änderungen des Angebotes oder der Preise ausdrücklich untersagt. Dieses ausdrückliche Verbot soll das EU-rechtliche Gleichbehandlungsgebot - in § 97 Abs. 2 GWB verankert - sicher stellen und den Wettbewerb nach § 97 Abs. 1 GWB unter gleichen Bedingungen für alle Bieter aufrecht erhalten.
5. Hat ein Bieter aufgrund unklarer Vorgaben im Leistungsverzeichnis ein - quantitativ oder sonst wie - verkalkuliertes Angebot eingereicht, berechtigt ihn dieser Kalkulationsirrtum nach der einschlägigen Rechtsprechung nur in extremen Ausnahmefällen - einzig und allein - zur Anfechtung und somit zum Lösen aus der Angebotsbindung, da das Angebot ohne die fehlkalkulierten Preispositionen unvollständig und somit nicht mehr wertbar ist. Keinesfalls ist der Auftraggeber - ggf. im Zusammenwirken mit dem Bieter befugt, an die Stelle der fehlkalkulierten Positionen andere Preispositionen nachträglich einzutragen und das Angebot somit preislich zu verändern. § 17 Nr. 6 Abs. 1 VOL/ verpflichtet vielmehr den Bieter, bei möglichen Unklarheiten im LV beim Auftraggeber nachzufragen.
6. Für die Frage, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war, ist auf die spezifischen Besonderheiten des Vergabenachprüfungsverfahrens Rücksicht zu nehmen. Es handelt sich um eine immer noch nicht zum (weder juristischen noch unternehmerischen) Allgemeingut zählende, auch aufgrund vielfältiger europarechtlicher Überlagerung wenig übersichtliche und zudem steten Veränderungen unterworfene Rechtsmaterie, die wegen des gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahrens bei der Vergabekammer bereits dort prozessrechtliche Kenntnisse verlangt. Die verfahrensrechtliche Ausgangssituation unterscheidet sich daher schon wegen ihrer kontradiktorischen Ausgestaltung von einem "normalen" verwaltungsrechtlichen Verfahren. Infolge dessen ist die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten jeweils nach den individuellen Umständen des einzelnen Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen. Erschöpfen sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber, ob die Beteiligten das ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht beachtet haben, so wird die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts regelmäßig als nicht notwendig beurteilt. Denn dann ist ein Kernbereich unternehmerischer Tätigkeit betroffen, dessen Kenntnis und Bewertung auch einem Unternehmen, welches sich mehr oder weniger regelmäßig um öffentliche Aufträge bewirbt, zumindest grundsätzlich ohne anwaltlichen Beistand zumutbar ist. Dieser Bereich ist aber dann überschritten, wenn wesentliche Streitpunkte des Nachprüfungsverfahrens sich gerade aus dessen "prozessualer" Ausgestaltung ergeben; dies gehört nicht mehr zum unternehmerischen Tagesgeschäft, und die Heranziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten erscheint notwendig. Die Befugnis zur Hinzuziehung eines Bevollmächtigten bei einem Antragsteller wird in aller Regel schon dann an anerkannt, wenn sich auch der Auftraggeber anwaltlicher Hilfe im Nachprüfungsverfahren bedient.

VPRRS 2005, 0268

VK Sachsen, Beschluss vom 01.07.2004 - 1/SVK/048-04
Kostenschuldner ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr.1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt bzw. veranlasst hat. Veranlasst hat das Nachprüfungsverfahren die Antragstellerin. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag zurückgenommen wurde, denn die Veranlassung des Verfahrens bleibt nach wie vor bestehen.
