Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5422 Entscheidungen insgesamt
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VPRRS 2006, 0293
VK Saarland, Beschluss vom 23.01.2006 - 1 VK 06/2005
1. Die Rechte eines Bieters sind verletzt, wenn die Vergabestelle das Vergabeverfahren mangelhaft dokumentiert. Die Dokumentation hat zeitnah nach jeder Einzelentscheidung zu erfolgen und ist laufend fortzuschreiben. Es genügt nicht, dass der Vergabevermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und/oder der Zuschlagserteilung vorliegt. Durch eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation wird das Transparenzprinzip besonders schwerwiegend verletzt. Der Vergabevermerk muss daher einen erheblichen Detaillierungsgrad aufweisen.*)
2. Die Vergabestelle ist an die Mindestanforderungen, die sie in der Vergabebekanntmachung genannt hat, gebunden. Sie darf in den Ausschreibungsunterlagen nicht mehr davon abweichen, indem sie durch unterschiedliches Ankreuzen von Wertungskriterien in der Vergabebekanntmachung einerseits und den Unterlagen zur Aufforderung zur Angebotsabgabe andererseits widersprüchliche Angaben macht. Es widerspricht dem Grundsatz der Transparenz, wenn die Vergabestelle ihrer Wertungsentscheidung andere Kriterien zu Grunde legt, als sie in der Bekanntmachung veröffentlicht hat.*)

VPRRS 2006, 0292

VK Saarland, Beschluss vom 15.03.2006 - 3 VK 02/2006
1. Die Antragsbefugnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Bieter, der die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens begehrt, selbst kein Generalunternehmer (GU)- Angebot abgegeben hat, sondern lediglich ein Angebot für das Einzel-Los. Hat der Auftraggeber alternativ ein Los oder alle Lose ausgeschrieben und nur ein Bieter ein Angebot für alle Lose abgegeben, würde ansonsten der vergaberechtliche Rechtsschutz für alle Einzelbieter leer laufen: Der Einzelbieter könnte mit seinem Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis in keinem Fall erfolgreich sein, auch wenn das vorangegangene Vergabeverfahren, das zum Zuschlag des Gesamt-Los-Angebotes führen soll, in vergaberechtlicher Hinsicht noch so fehlerhaft wäre.*)
2. Die Antragsbefugnis und damit die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Angebot des Antragstellers möglicherweise wegen eines vorhandenen zwingenden Ausschlussgrundes nicht gewertet werden durfte. Die Antragsbefugnis hängt nicht davon ab, ob ein Antragstellerangebot zu Recht ausgeschlossen worden ist oder hätte ausgeschlossen werden müssen. Der Zugang zum Vergabenachprüfungsverfahren wird eröffnet mit der schlüssigen Behauptung, im Verlauf der Auftragsvergabe in einem Bieterrecht so verletzt worden zu sein, dass eine Zuschlagschance vereitelt worden ist.*)
3. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A müssen Angebote, bei denen Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen wurden, zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt auch vor, wenn der Bieter die zu erbringende Leistung abändert und eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet. Hierfür spielt es keine Rolle, ob die vorgenommene Änderung zentrale und wichtige oder eher unwesentliche Leistungen betrifft, die möglicherweise keine Relevanz für die Ausführung des Auftrages haben. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Es geht nicht allein darum, dass der Auftraggeber eigenverantwortlich bestimmt, zu welchen Bedingungen er den Vertrag abschließen möchte, sondern auch darum, dass die übrigen Teilnehmer an der Ausschreibung nicht durch eine Änderung der Verdingungsunterlagen durch einen Mitbieter einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Normzweck der genannten Vorschriften ist es, die Abgabe durchsichtiger, in den ausgewiesenen Leistungsmerkmalen identischer und miteinander ohne weiteres vergleichbarer Angebote sicherzustellen und damit einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.*)
4. Schließt die Vergabestelle einen Bieter aus dem Wettbewerb aus, so erlischt das Rechtsverhältnis, aus dem sein Anspruch auf Gleichbehandlung erwächst, jedenfalls dann, wenn das beanstandete Angebot tatsächlich mit Mängeln behaftet ist, die ihm die Teilnahmefähigkeit am Wettbewerb nehmen. Gleiches gilt in dem Fall, dass die Vergabenachprüfungsinstanz über den Ausschluss eines von der Vergabestelle vergaberechtswidrig zugelassenen mangelhaften Angebotes eines Bieters befindet. Das hindert zwar nicht das Fortbestehen etwaiger nachvertraglicher Treue und Loyalitätspflichten, die dazu dienen, dem Bieter die Prüfung und Inanspruchnahme vergaberechtlichen Rechtschutzes zu ermöglichen (Antragsbefugnis); ein zwingend auszuschießender Bieter ist gleichwohl nicht länger Teilnehmer an einem Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 2 GWB und ist insbesondere des Anspruchs auf Gleichbehandlung mit den übrigen im Wettbewerb verbliebenen Bietern verlustig gegangen.*)

VPRRS 2006, 0291

VK Saarland, Beschluss vom 01.03.2005 - 1 VK 01/2005
Ein Angebot, das auf der Rückseite des Angebotsschreibens von den grundsätzlichen Vorschriften der VOB abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, ist wegen Änderung an den Verdingungsunterlagen nach Maßgabe von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A vom Vergabeverfahren auszuschließen. Nur durch den Ausschluss eines solchen Angebotes kann die für den Wettbewerb wichtige Vergleichbarkeit der Angebote aller Bieter sichergestellt werden.*)

VPRRS 2006, 0287

OLG Dresden, Beschluss vom 11.04.2006 - WVerg 6/06
1. Ein Angebot unterliegt dem Wertungsausschluss wegen fehlender notwendiger Bietererklärungen (§§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b, 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A), wenn die Vergabeunterlagen die namentliche Benennung der in Aussicht genommenen Nachunternehmer und die Bezeichnung der insoweit zu erbringenden Teilleistung mit dem Angebot verlangen und die Angaben des Bieters es nicht erlauben, dem einzelnen Nachunternehmer konkrete Leistungsbestandteile anhand des Leistungsverzeichnisses eindeutig zuzuordnen.*)
2. An einer solchen Zuordnung fehlt es - ungeachtet etwa fehlender oder ungenauer Angaben des Bieters zu Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses oder zu verbalen Umschreibungen der für einen Nachunternehmereinsatz vorgesehenen Teilleistung - jedenfalls dann, wenn auch eine Gesamtschau der Bietererklärungen nicht zweifelsfrei Aufschluss darüber gibt, wofür genau der Nachunternehmer in der Bauausführung verwendet werden soll.*)

VPRRS 2006, 0285

OLG Dresden, Beschluss vom 25.04.2006 - 20 U 467/06
Auf ein Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte des § 2 VgV sind weder § 115 Abs. 1 GWB noch § 13 VgV anwendbar; selbst wenn man bei einem solchen Beschaffungsvorhaben vergaberechtlichen Primärrechtsschutz von Verfassungs wegen grundsätzlich für geboten hielte, unterliegt ein öffentlicher Auftraggeber auch angesichts eines entsprechenden verwaltungs- oder zivilgerichtlichen Rechtsschutzverfahrens daher weder einem Zuschlagsverbot noch einer Vorabinformationspflicht.*)

VPRRS 2006, 0284

VG Karlsruhe, Beschluss vom 14.06.2006 - 8 K 1437/06
1. Für die Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.
2. Die öffentliche Hand handelt bei der Vergabe von Aufträgen privatrechtlich; es handelt sich um ein einstufiges Verfahren.
3. Für unterschwellige Vergabeverfahren, die nicht europarechtlicher Vorgabe unterliegen, gewährt auch das sonstige nationale Recht keine subjektiven Rechte, so dass Artikel 19 Abs. 4 GG nicht berührt ist.
VPRRS 2006, 0283

OLG München, Beschluss vom 28.04.2006 - Verg 6/06
1. Hält sich der Auftraggeber bei der Ausschreibung unterschiedlicher freiberuflicher Leistungen (hier: Beratung in rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Beziehung bei einem ÖPP-Projekt) offen, ob er die zu vergebenden Lose einem Auftragnehmer überträgt, ist für die Berechnung des Schwellenwertes auf die Summe der Einzelleistungen abzustellen.*)
2. Zur Frage der eindeutig und erschöpfend beschreibbaren freiberuflichen Leistung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 VOF.*)

VPRRS 2006, 0282

VK Hessen, Beschluss vom 27.03.2006 - 69d-VK-10/2006
Die Tatsache, dass sich ein Bieter bereits an den vorausgegangenen Vergabeverfahren beteiligt hatte, führt nicht dazu, dass er in einem nachfolgenden Verfahren die geforderten Nachweise nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A nicht mehr vorlegen müsste. Sind die geforderten Eignungsnachweise bereits aus der Bekanntmachung erkennbar und hat der Bieter die Nichterforderlichkeit derartiger Nachweise nicht vor Ablauf der Bewerbungsfrist gegenüber dem Ag gem. § 107 Abs. 3 S. 2 GWB zu rügen. Hält ein Bieter bestimmte Nachweise nicht für erforderlich oder vorlagefähig, darf nicht ohne weiteres auf ihre Vorlage verzichten oder sich ggf. darauf verlassen, die Vergabestelle werde von den eigenen zwingenden Vorgaben absehen.*)

VPRRS 2006, 0281

OLG Naumburg, Urteil vom 15.03.2005 - 9 U 135/04
Bei der Gleichwertigkeit kommt es nicht darauf an, ob einzelne Eigenschaften voneinander abweichen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Maßgebliches Kriterium ist die Einhaltung der vertraglichen Anforderungen.

VPRRS 2006, 0279

VK Brandenburg, Beschluss vom 14.09.2005 - 1 VK 55/05
1. Bei einem weder sachlich noch rechtlich als schwierig anzusehenden Sachverhalt, bei dem es allein um die tatsächliche Frage geht, ob 1 oder 3 Brandmeldezentralen angeboten wurden, ist grundsätzlich von der Geltung der 1 – 3-tägigen Frist für die Erhebung der Rüge auszugehen.
1. Für die Entscheidung, ob eine Rüge unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erfolgt ist, ist die Definition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB heranzuziehen und darauf abzustellen, ob sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist.
2. Nach einer Einzelfallbeurteilung ist eine Rüge dann nicht mehr unverzüglich, wenn sie nicht mehr so entsprechend zeitig erfolgt, wie es dem Bieter unter Berücksichtigung der für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendigen Zeit möglich und zumutbar ist, wobei eine eine Obergrenze von zwei Wochen ab Kenntniserlangung zu unterstellen ist.

VPRRS 2006, 0278

VK Brandenburg, Beschluss vom 01.11.2005 - 1 VK 53/05
1. Wird eine Ausschreibung aufgehoben und der Steller eines Nachprüfungsantrags somit durch Eintritt von Erledigung klaglos gestellt, greift der in § 128 Abs. 3 Satz 1 aufgestellte Grundsatz, dass der unterliegende Verfahrensbeteiligte Kostenschuldner ist, nicht. Es bleibt vielmehr beim Grundsatz der § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr.1 VwKostG, wonach derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrags das Verfahren in Gang gesetzt hat, die Kosten schuldet.
2. Eine derartige Kostenregelung ergibt sich auch nicht, mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 128 Abs. 3 und 4 GWB für den Fall der Erledigung, aus der entsprechenden Anwendung von § 161 Abs. 2 VwGO bzw. § 91a ZPO, da die Kostenregelung in § 128 GWB anschließend ist.

VPRRS 2006, 0276

VK Brandenburg, Beschluss vom 26.08.2005 - 1 VK 49/05
1. Mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen durch den Bieter kommt zwischen diesem und dem Auftraggeber ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis gemäß § 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB zustande.
2. Nimmt ein Bieter einen Ordner aus dem Data Room mit, in dem sich Unterlagen über den gegenwärtigen Stand der Realisierung eines Projekts befinden, verletzt er nicht nur die Interessen des Auftraggebers und der Mitbewerber, sondern begründet darüber hinaus auch die Gefahr, dass unbefugte Dritte Kenntnis vom Inhalt der Unterlagen erlangen und ihn weitergeben können. Dies stellt eine Verletzung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses dar, die den Ausschluss des Bieters rechtfertigt.
3. Auch im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb hat der Auftraggeber die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit zu überprüfen, wenn negative Änderungen der Bietereignung, die nach Abschluss der Eignungsprüfung erfolgen, einen Wiedereintritt in die Eignungsprüfung rechtsfertigen.
4. Der Begriff der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit erfasst nicht nur negative Verfehlungen der oben beschriebenen Art. Vielmehr kann von fehlender Eignung eines Bewerbers auch dann gesprochen werden, wenn er bestimmte zusätzliche Anforderungen nicht erfüllt, die der Auftraggeber aus Gründen, die in der Natur der ausgeschriebenen Aufgabe und der mit ihr verfolgten Zwecke liegen, mit Recht zur Voraussetzung für die Auftragsvergabe machen will.

VPRRS 2006, 0275

VK Lüneburg, Beschluss vom 08.05.2006 - VgK-07/2006
1. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen 1 bis 3 Tagen nach positiver Kenntniserlangung erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt, kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger, insbesondere anwaltlicher Hilfe erfordert.
2. Wird die Struktur und Identität der Gesellschaft nicht geändert, spricht vergaberechtlich nichts gegen die Teilnahme des Unternehmens am Wettbewerb um öffentliche Aufträge in der Phase der Umfirmierung. Denn bloße Umfirmierungen sind vergaberechtlich irrelevant, da sie die rechtliche Identität des Bieters und damit seine Eignung unberührt lassen.
3. Zwei Schwesternunternehmen, die selbstständige juristische Personen darstellen, können an demselben Vergabeverfahren teilnehmen.
4. Zur Frage der hinreichenden Dokumentation der Eignungsprüfung und der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes.
5. In den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat oder ausdrücklich nur das Kriterium "Preis" benannt hat, darf ausschließlich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zugrunde gelegt werden.
6. Zwischen dem Ablauf der Angebotsfrist und dem Vertrags- und Leistungsbeginn darf ein Zeitraum von fast zwei Jahren liegen, ohne dass ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A vorliegt.
7. Eine Klausel in den Vergabebekanntmachungen, wonach sich der Auftraggeber bei der Überschreitung der für eine Selbstdurchführung kalkulierten Kosten auch durch das günstigste Angebot die Aufhebung der Ausschreibung mangels wirtschaftlichen Ergebnisses vorbehält, ist vergaberechtlich zulässig und verstößt insbesondere nicht gegen § 26 Nr. 1 f VOL/A.
8. Eine vorweggenommene Einverständniserklärung des Bieters zur Verlängerung der Bindefrist bei Verzögerung durch ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren in der Vergabebekanntmachung ist zulässig.
9. Die Beschränkung des Auftragnehmers, erstmalig im 2. Leistungsjahr eine Preisanpassung verlangen zu dürfen, stellt kein ungewöhnliches Wagnis für den Auftragnehmer im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A dar.

VPRRS 2006, 0274

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.05.2006 - 15 B 692/06
1. In einem vergaberechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist ein Antragsteller antragsbefugt, der zwar im Vergabeverfahren kein Angebot abgegeben hat, aber geltend machen kann, durch die Ausschreibungsbedingungen gleichheitswidrig an der Abgabe eines konkurrenzfähigen Gebotes gehindert zu werden.*)
2. In einem vergaberechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann ein Unterlassungsanspruch nicht auf jedweden Verstoß gegen Bestimmungen der Verdingungsordnungen gestützt werden, sondern - insoweit enger als in Nachprüfungsverfahren nach dem GWB - nur auf solche Verstöße, die den Antragsteller gleichheitswidrig benachteiligen.*)

VPRRS 2006, 0273

VK Thüringen, Beschluss vom 15.05.2006 - 360-4002.20-006/06-ESA-S
Das Nachprüfungsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, auf das in Thüringen die Vorschriften des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) Anwendung finden. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, ist nach § 80 Abs. 1 Satz 6 ThürVwVfG über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei fehlender Erfolgsaussicht des zurückgenommenen Antrages sind dem Antragsteller daher die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vergabestelle, nicht jedoch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

VPRRS 2006, 0271

OLG München, Beschluss vom 02.06.2006 - Verg 12/06
1. Zur Feststellung eines unangemessen hohen Angebotes können auch die Ergebnisse vergleichbarer Ausschreibungen und übliche Marktpreise herangezogen werden.*)
2. Die Stellung eines Antrags ist für die Erstattung der notwendigen Auslagen eines Beigeladenen nicht erforderlich (§ 101 ZPO analog).*)

VPRRS 2006, 0268

OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.04.2005 - 11 Verg 1/05
1. Zwar kann das weitere Verrgabeverfahren grundsätzlich einen Bieter, dessen Angebot ausgeschlossen wurde, weder seine Interessen berühren, noch kann der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Bestimmungen in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.
2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird aber dann zugelassen, wenn der öffentliche Auftraggeber bei gebührender Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des Antragstellers, sondern gleichermaßen auch das allein in der Wertung verbliebene Angebot des Beigeladenen oder alle anderen tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote hätte ausschließen müssen. Das Gebot die Bieter gleich zu behandeln (§ 97 Abs. 2 GWB), verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, solche Angebote, die vergaberechtlich an demselben (gleichartigen) Mangel leiden, vergaberechtlich gleich zu behandeln, d. h. aus dem übereinstimmend vorliegenden Mangel jener Angebote vergaberechtlich dieselben Konsequenzen zu ziehen.
3. Verstöße, von denen der Antragsteller erst im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens Kenntnis erhält, können ohne weiteres in das Nachprüfungsverfahren einbezogen werden, ohne dass sie zuvor nochmals gesondert gerügt werden müssten.

VPRRS 2006, 0267

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2005 - Verg 50/05
1. Verlangt eine Bekanntmachung neben dem Nachweis von Fachkunde und Zuverlässigkeit den Nachweis von überdurchschnittlicher Erfahrung im Umgang mit einem bis zu 17 m tiefen Geländeeinschnitt und verformungsgefährdeter Bebauung und fordert eine Referenzliste mit Bauobjekten vergleichbarer Art, hat letztgenannte den Zweck, den Nachweis der überdurchschnittlichen Erfahrung des Bieters bei den die ausgeschriebenen Leistungen erschwerenden Randbedingungen zu führen und ist damit zulässiges Kriterium.
2. Dies gilt selbst dann, wenn dem Ausschreibenden bekannt und bewusst gewesen ist, dass es in Europa bzw. in Deutschland derzeit im Zweifel keine vergleichbare bauliche Situation im Bereich von innerstädtischen Wasserstraßen mit bis zu 17 m tiefem Geländeeinschnitt und verformungsrelevanter Bebauung gibt.

VPRRS 2006, 0266

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2005 - Verg 48/05
1. Verlangt eine Bekanntmachung neben dem Nachweis von Fachkunde und Zuverlässigkeit den Nachweis von überdurchschnittlicher Erfahrung im Umgang mit einem bis zu 17 m tiefen Geländeeinschnitt und verformungsgefährdeter Bebauung und fordert eine Referenzliste mit Bauobjekten vergleichbarer Art, hat letztgenannte den Zweck, den Nachweis der überdurchschnittlichen Erfahrung des Bieters bei den die ausgeschriebenen Leistungen erschwerenden Randbedingungen zu führen und ist damit zulässiges Kriterium.
2. Dies gilt selbst dann, wenn dem Ausschreibenden bekannt und bewusst gewesen ist, dass es in Europa bzw. in Deutschland derzeit im Zweifel keine vergleichbare bauliche Situation im Bereich von innerstädtischen Wasserstraßen mit bis zu 17 m tiefem Geländeeinschnitt und verformungsrelevanter Bebauung gibt.

VPRRS 2006, 0263

OLG Dresden, Beschluss vom 28.03.2006 - WVerg 4/06
1. Ist ein Einzelbieter mit einem anderen Unternehmen, welches Mitglied einer Bietergemeinschaft ist, über eine gemeinsame Holdinggesellschaft verbunden, besteht eine Vermutung für eine wettbewerbsbeschränkende Abrede (§ 25 Nr. 1 Abs 1 Buchst. c VOB/A) jedenfalls dann nicht, wenn die Verbindung der "Schwesterunternehmen" bei Angebotsabgabe noch nicht rechtswirksam war.*)
2. Verneinen die Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich ein Verbot von Minuspreisen, bedeuten negative Einheitspreise nicht ohne weiteres ein Fehlen der geforderten Preisangabe (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A); sie lösen auch nicht in jedem Falle eine Pflicht der Vergabestelle aus, dem Bieter zur Ausräumung des Verdachts einer unzulässigen Mischkalkulation Erläuterungen abzuverlangen.*)
3. Ist nach den Ausschreibungsunterlagen die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag ohnehin vorgesehen und für die wertungsmäßige Berücksichtigung eines unbedingten Nachlasses eine Angabe an bestimmter Stelle im Angebotsschreiben verlangt, so kann ein (lediglich) in einem Nebenangebot enthaltener Nachlass für den Fall der "uneingeschränkten Einhaltung der VOB/B als Vertragsgrundlage" nicht gewertet werden.*)

VPRRS 2006, 0262

VK Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2006 - 2 VK 10/06
1. Die Auftraggeberin kann im Vergabeverfahren eine Beratung durch Sachverständige in Anspruch nehmen. Sie darf aber nicht alle Entscheidungen in dem Verfahren an den Berater delegieren und ihre Mitwirkung an dem Verfahren auf das "Abnicken" beschränken. Sie muss die Angebote prüfen und über eigenverantwortlich mögliche Ausschlussgründe und den Zuschlag entscheiden.*)
2. Der Auftraggeberin obliegen auch Sorgfaltspflichten einerseits den Bietern gegenüber, andererseits der öffentlichen Hand oder denen, die auf seine Dienstleistung angewiesen sind, keine Alternative haben und deshalb die geforderten Preise zahlen müssen. Ihr obliegt die Durchführung eines ordentlichen Vergabeverfahrens, das vor allem sichern soll, dass die geforderte Leistung zu einem möglichst günstigen Preis erbracht wird.*)
3. Die Forderung der Wiederholung der Produktbezeichnung eines vorgegebenen Leitproduktes, wenn dieses angeboten wird, hat keinen Informationswert und sollte deshalb auch den Ausschluss eines solchen Angebotes nicht rechtfertigen. Der Grundsatz der Klarheit des Angebotes kann konterkariert werden, wenn die Auftraggeberin Erklärungen fordert, die überflüssig und für die Wertung des Angebotes nicht erforderlich sind.*)
4. Müssen zehn von elf Bietern aufgrund der an der BGH-Rechtsprechung orientierten, hohen formalen Anforderungen des Auftraggebers ausgeschlossen werden, so muss dem Auftraggeber ein Ermessen offen bleiben, den Auftrag an den letzten verbleibenden, bei Angebotseröffnung an achter Stelle liegenden Bieter zu vergeben oder im Hinblick auf die Anforderungen des § 97 Abs. 5 GWB und des Haushaltsrechts die Ausschreibung aufzuheben.*)

VPRRS 2006, 0261

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.05.2006 - VK-SH 10/06
1. Wird die Leistung nach allgemeinen technischen Kriterien beschrieben, ist es grundsätzlich Sache des Bieters, aufgrund seiner Sach- und Fachkunde die für die Leistung notwendigen Erzeugnisse auszuwählen; er haftet dafür, dass diese den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses und der Baubeschreibung entsprechen.*)
2. Das Bieterangabenverzeichnis hat den alleinigen Zweck, die verwendeten Geräte und Produkte zu bezeichnen, um eine Plausibilitätsprüfung zu ermöglichen. Von Dritten stammende technische Datenblätter, die nicht Teil seines Angebotes sind, muss ein Bieter grundsätzlich nicht gegen sich gelten lassen. Der geschuldete Leistungsumfang ergibt sich aus dem Angebot, d.h. geschuldet sind vom Auftragnehmer die Leistungen, die zur vertragsgemäßen Erfüllung der beauftragten Leistung notwendig sind.*)
3. Im Fall einer eindeutigen Angebotsabgabe ist davon auszugehen, dass sich das im Rahmen des § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A grundsätzlich bestehende Aufklärungsermessen des Auftraggebers zu einer Aufklärungspflicht verdichtet, wenn nicht der Bieter sondern der Auftraggeber selbst durch eigene Recherchen die Zweifel in Bezug auf das Angebot verursacht hat.*)
4. Steht der Vergabestelle bei der Entscheidung über den Ausschluss des Angebots ein Beurteilungsspielraum zu und hat sie in Ausübung dieses Spielraums die Eignung des Bieters bejaht, ist sie daran grundsätzlich gebunden.*)
5. Der bieterschützende Charakter des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A beschränkt sich allenfalls darauf, dass wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen bekämpft und unterbunden werden müssen (§ 2 Nr. 1 VOB/A), so dass der Zuschlag nicht auf Angebote erteilt werden darf, die in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass andere Mitbewerber ganz vom Markt verdrängt werden.*)
6. Ein Angebotsausschluss wegen "Mischkalkulation" erfordert die Feststellung insoweit unvollständiger Preisangaben des Bieters durch die Vergabestelle. Der Nachweis ist grundsätzlich Sache der Vergabestelle, so dass im Zweifel von der Vollständigkeit der Preisangaben auszugehen ist.*)

VPRRS 2006, 0260

LG Koblenz, Urteil vom 18.02.2005 - 8 O 58/04
1. Ist bei den Arbeiten ein Aushub von max. 60 cm zzgl. 10 - 20 cm Untergrundverbesserung erforderlich, so muss der Auftragnehmer in diesem Bereich nicht mit Versorgungsleitungen rechnen, weil nach den anerkannten Regeln der Technik Versorgungsleitungen jeweils unterhalb dieser Schichten zu verlegen sind.
2. Werden dennoch Versorgungsleitungen vorgefunden, so kann der Auftragnehmer für die Sicherung der Versorgungsleitungen eine Mehrvergütung verlangen.
3. Geht der Auftragnehmer davon aus, dass eine Position des Leistungsverzeichnisses primär mit Großgeräten kostengünstig bewerkstelligt werden kann, und stellt sich dies als falsch heraus, so handelt es sich lediglich um einen internen Kalkulationsirrtum des Auftragnehmers, der keinerlei Mehrvergütung nach sich zieht.

VPRRS 2006, 0259

OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 - Verg 10/06
1. Eine unzulässige Mischkalkulation liegt nicht vor, wenn ein Bieter ohne Auf- und Abpreisung sogenannte Bereitstellungsgeräte (Baukran einschließlich Lohnkosten Kranführer) in die Position Baustelleneinrichtung einrechnet, wenn der Wortlaut des Leistungsverzeichnisses dies bei vertretbarer Auslegung zulässt, weil eine ausdrückliche Position für diese Kosten im Leistungsverzeichnis fehlt.*)
2. Die Regelung des § 21 Nr. 4 VOB/A betrifft nicht Nachlässe bei den Einheitspreisen für einzelne Leistungspositionen im Rahmen der Kalkulation, sondern nur Preisabschläge für das Gesamtangebot.*)

VPRRS 2006, 0257

OLG Schleswig, Beschluss vom 22.05.2006 - 1 Verg 5/06
1. Im Rahmen des § 107 Abs. 2 GWB genügt es, wenn ein Bieter darlegt, dass er ohne die im Rahmen des Nachprüfungsantrags gerügten Vergabeverstöße eine echte Chance zur Auftragserteilung gehabt hätte; insoweit dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.
2. Gründe, die zum zwingende Ausschluss führen, können die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags bewirken, allerdings nur, wenn diese Gründe evident vorliegen.
3. Ist der Umfang der für einen Nachunternehmereinsatz vorgesehenen Leistungen aus den Erklärungen des Antragstellers bestimmbar, und zwar auch dort, wo nur "schlagwortartige" Bezeichnungen verwendet worden sind, so ist eine Antragsbefugnis nicht zu verneinen.
4. Müssen die Bieter im Rahmen der Ausschreibung zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister vorlegen, so führt die Nichtvorlage eines solchen Auszuges zwingend zum Ausschluss des Angebotes.
VPRRS 2006, 0255

VK Nordbayern, Beschluss vom 04.04.2006 - 21.VK-3194-09/06
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A). Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach der Entscheidung des BGH v. 08.09.1998 - X ZR 85/97 die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann. Der Bieter muss davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung regelmäßig mit den von ihm geforderten Mindesteigenschaften ausgeführt haben will. Nur dann ist eine erschöpfende, vergleichende Wertung der einzelnen Angebote möglich und ein transparenter, chancengleicher Bieterwettbewerb i.S.d. § 97 Abs. 1 u. 2 GWB, §§ 2 Nr. 2 und 8 Nr. 1 VOB/A gewährleistet.*)
2. Sind geforderte Erklärungen zu den Nachunternehmerleistungen unklar und widersprüchlich, so ist das Angebot auszuschließen (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).*)
3. Widersprüchliche Erklärungen zu Nachunternehmerleistungen können nicht gemäß § 24 VOB/A klargestellt werden. Nachverhandlungen in diesem Bereich sind nicht zulässig.*)

VPRRS 2006, 0253

BGH, Urteil vom 30.03.2006 - VII ZR 44/05
1. Ein Verstoß gegen § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A steht der Geltendmachung der Vertragsstrafe nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur entgegen, wenn der Auftragnehmer das Verhalten des Auftraggebers bei Abgabe des Angebots als widersprüchlich werten durfte und er in seinem schutzwürdigen Vertrauen darauf, dass der Auftraggeber sich an die Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A halten werde, enttäuscht worden ist.*)
2. Allein der Umstand, dass eine Vertragsstrafe vereinbart worden ist, ohne dass die Voraussetzungen des § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A objektiv vorlagen, rechtfertigt es nicht, der vereinbarten Vertragsstrafe ihre Wirkung zu nehmen.*)
3. Es ist Sache des Auftragnehmers, die Voraussetzungen vorzutragen, die es rechtfertigen, die Durchsetzung der Vertragsstrafe im Einzelfall an Treu und Glauben scheitern zu lassen.*)
VPRRS 2006, 0252

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2006 - VK-SH 05/06
1. Vergaberechtsschutz ist nicht nur dann zu gewähren, wenn die Aufhebung der Ausschreibung noch bevorsteht, sondern auch dann, wenn die Ausschreibung schon aufgehoben worden ist. Damit wird sichergestellt, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht als Maßnahme der Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann.*)
2. Schutzwürdige Rechte des Bieters im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB können nur verletzt werden, wenn der Bieter durch die Nichteinhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren in seiner Chance auf Erteilung des Zuschlags für den Auftrag beeinträchtigt wird. Das ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Angebot des Bieters auszuschließen ist.*)
3. Die Verdingungsunterlagen sind einer Auslegung zugänglich, wobei als Maßstab der objektive Empfängerhorizont, also die Sicht der potentiellen Bieter zugrunde zu legen ist.*)
4. Beabsichtigt der Bieter, sich zur Erfüllung des Auftrags dritter Unternehmen zu bedienen, so muss ihm bewusst sein, dass er die Zusammenarbeit mit dem Drittunternehmen hinsichtlich der Einbeziehung in die Erledigung der mit dem öffentlichen Auftrag zu übernehmenden Aufgabe soweit darzustellen hat, dass der Vergabestelle eine Beurteilung der Frage, ob der Auftrag insgesamt ordnungsgemäß erfüllt werden kann, ermöglicht wird.*)
5. Ein Angebot, das der Bieter aus einem in seiner Person liegenden Grund (hier bezogen auf den Preis) nicht so erfüllen kann, wie es nach der abgegebenen Willenserklärung erforderlich wäre, ist unvollständig und muss deshalb zum Ausschluss aus der Wertung führen, weil seine Erfüllung der Disposition des Bieters entzogen ist.*)

VPRRS 2006, 0250

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2006 - VK-SH 04/06
1. Die Vorschriften der Verdingungsordnungen über die Aufhebung einer Ausschreibung vermitteln den Bietern eine subjektive Rechtsposition, die grundsätzlich im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden kann.*)
2. Schutzwürdige Rechte des Bieters im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB können nur verletzt werden, wenn der Bieter durch die Nichteinhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren in seiner Chance auf Erteilung des Zuschlags für den Auftrag beeinträchtigt wird. Das ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Angebot des Antragstellers auszuschließen ist.*)
3. Die mit dem Fehlen von Unterlagen verbundenen schwerwiegenden Folgen gebieten es, dass die ausschreibende Stelle eindeutig bestimmt, welche Unterlagen sie mit der Angebotsabgabe vom Bieter fordert.*)
4. Sieht die Leistungsbeschreibung vor, dass der Bieter mit Abgabe des Angebotes versichert, eine Entgeltgenehmigung erhalten zu haben (d.h. schon im Besitz einer solchen zu sein), und erklärt der Bieter mit seinem Angebot, die Entgeltgenehmigung erst nach Zuschlagserteilung beantragen zu wollen, stellt dies eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A dar.*)
5. Ein Angebot, das der Bieter aus einem in seiner Person liegenden Grund (hier bezogen auf den Preis) nicht so erfüllen kann, wie es nach der abgegebenen Willenserklärung erforderlich wäre, ist unvollständig und muss deshalb zum Ausschluss aus der Wertung führen, weil seine Erfüllung der Disposition des Bieters entzogen ist.*)

VPRRS 2006, 0249

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2006 - VK-SH 03/06
1. Die Vorschriften der Verdingungsordnungen über die Aufhebung einer Ausschreibung vermitteln den Bietern eine subjektive Rechtsposition, die grundsätzlich im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden kann.*)
2. Schutzwürdige Rechte des Bieters im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB können nur verletzt werden, wenn der Bieter durch die Nichteinhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren in seiner Chance auf Erteilung des Zuschlags für den Auftrag beeinträchtigt wird. Das ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Angebot des Antragstellers auszuschließen ist.*)
3. Ein Angebot, das der Bieter aus einem in seiner Person liegenden Grund (hier bezogen auf den Preis) nicht so erfüllen kann, wie es nach der abgegebenen Willenserklärung erforderlich wäre, ist unvollständig und muss deshalb zum Ausschluss aus der Wertung führen, weil seine Erfüllung der Disposition des Bieters entzogen ist.*)

VPRRS 2006, 0244

VK Sachsen, Beschluss vom 21.03.2006 - 1/SVK/012-06
1. Zur Bestimmung des Merkmals der Unverzüglichkeit i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB ist auf § 121 Abs. 1 BGB zurückzugreifen. Danach ist das Merkmal der Unverzüglichkeit dann erfüllt, wenn ohne schuldhaftes Zögern gehandelt wird.
2. Die von der Rechtsprechung angenommene Frist von 2 Wochen stellt eine maximale Obergrenze dar, deren Ausschöpfung allenfalls zugestanden werden kann, wenn eine schwierige Sach- oder Rechtslage gegeben ist, die die Inanspruchnahme fachkundlicher Hilfe erfordert.
3. Die Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung sicher nachweisbaren Vergabefehler ist nicht notwendig. Ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und der es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
4. Werden in der Vergabebekanntmachung Angaben zu ausgeführten Referenzobjekte verlangt, können noch in Vollzug befindliche Referenzen keine Berücksichtigung finden.

VPRRS 2006, 0243

VK Sachsen, Beschluss vom 09.01.2006 - 1/SVK/149-05
1. Vermeintliche Vergaberechtsverstöße, deren Erkennen sich erst im Laufe des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens - z. B. durch die Akteneinsicht - für die Antragstellerin ergeben, müssen nicht mehr gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.
2. Da das Wesen eines Nebenangebots gerade darin liegt, dass die Leistung inhaltlich anders angeboten wird, als sie in der Leistungsbeschreibung, die zum Gegenstand des Vergabeverfahrens gemacht wird, enthalten ist, müssen Nebenangebote so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, d. h. die Gleichwertigkeit soweit dargelegt werden, dass der Auftraggeber sie ohne besondere Schwierigkeit prüfen kann.
3. Aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ergibt sich, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen.
4. Ein Auftraggeber ist verpflichtet, sämtliche verlautbarten Zuschlagskriterien entsprechend § 25a VOB/A auch bei der Wertung zu berücksichtigen.

VPRRS 2006, 0242

VK Sachsen, Beschluss vom 02.09.2005 - 1/SVK/108-05
Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gestellten, auf die Fortführung des aufgehobenen Verfahrens gerichteten Nachprüfungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn vor Antragstellung die Vergabestelle den Auftrag neu ausgeschrieben hatte, der Antragsteller die Neuausschreibung aber nicht als verfahrensfehlerhaft gerügt und dementsprechend auch nicht mit einem Nachprüfungsantrag beanstandet hat. Denn nur mit einem Nachprüfungsantrag hinsichtlich des zweiten Vergabeverfahrens kann ein Bieter wirksam verhindern, dass dort ein irreparabler Zuschlag erteilt wird, den dann auch eine Vergabekammer nach § 114 Abs. 2 S. 1 GWB nicht mehr revidieren könnte.*)

VPRRS 2006, 0241

VK Sachsen, Beschluss vom 13.04.2006 - 1/SVK/028-06
1. Angebote, in denen Erklärungen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht abgegeben wurden, sind zwingend entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A auf der ersten Wertungsstufe vom Vergabeverfahren auszuschließen.*)
2. Geforderte Belege zum Nachweis der Eignung unterfallen nicht dem Begriff der "Erklärungen" nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A.*)
Daher ist der Ausschluss solcher Angebote nicht entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A vorzunehmen. Der Ausschluss dieser Angebote hat jedoch zwingend gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A und damit auf der zweiten Wertungsstufe zu erfolgen.
3. Auf das Gebot der Gleichbehandlung kann sich ein Bieter mit einem entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließenden Angebot gerade nicht berufen, wenn sämtliche anderen Angebote (erst) gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A vom weiteren Verfahren ebenfalls zwingend auszuschließen sind.*)

VPRRS 2006, 0239

OLG Köln, Urteil vom 14.02.2006 - 3 U 41/05
1. Zur Frage der Auslegung eines strittigen Punktes im Leistungsverzeichnis.
2. § 640 Abs. 2 BGB führt nicht zum Verlust des Schadensersatzanspruchs gem. § 635 BGB a.F.
3. Eine Haftung des Auftraggebers aus culpa in contrahendo wegen fehlerhafter - hier: missverständlicher - Ausschreibung setzt voraus, dass der Auftragnehmer gerade auch in einem schutzwürdigen Vertrauen enttäuscht worden ist; daran fehlt es, wenn der Auftragnehmer bei ihm zumutbarer Prüfung die Unklarheit des Leistungsverzeichnisses hätte erkennen können.

VPRRS 2006, 0238

VGH Bayern, Urteil vom 14.12.2005 - 16a D 04.3487
1. Die Wahrung des Ansehens des Beamtentums" dient der Erhaltung der Grundlagen eines allgemeinen Vertrauens in eine rechtsstaatliche gesetzestreue Verwaltung. Der Beamte darf das Vertrauen, dass er diesem Auftrag gerecht wird, nicht beeinträchtigen, z.B. durch außerdienstliches Verhalten, das eine Verletzung seiner Treue- und Loyalitätspflichten gegenüber dem Dienstherrn darstellt. Zu den nicht durch die Tätigkeit bei einem privaten Unternehmen eingeschränkten Pflichten zählt insbesondere die Pflicht zur Beachtung der für jedermann geltenden Strafgesetze.
2. Zwar wird von einem Beamten außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von einem Durchschnittsbürger (BVerwG vom 30.8.2000 BVerwGE 112, 19/26). Jedoch überschreitet bereits der einmalige strafrechtlich relevante außerdienstliche Verstoß gegen die Vergabevorschriften im Regelfall das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarischer Relevanz so deutlich, dass ein außerdienstlichen Dienstvergehens im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG anzunehmen ist.

VPRRS 2006, 0236

VK Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2006 - VK-06/2006-B
Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten vor der Vergabekammer nach dem Verursacherprinzip je zur Hälfte, § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG). § 128 GWB enthält zwar keine ausdrückliche Regelung über die Verteilung der Kostenlast bei Antragsrücknahme, aber in § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB wird ausdrücklich auf die Geltung des Verwaltungskostengesetzes verwiesen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG ist derjenige zur Zahlung der Kosten verpflichtet, der eine Amtshandlung veranlasst hat - also die Ursache dafür gesetzt hat - oder zu dessen Gunsten sie vorgenommen wird. Zwar hat die Antragstellerin durch Einreichen des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer das vorliegende Vergabeverfahren bewusst in Gang gesetzt und damit eine Amtshandlung im Sinn von § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG veranlasst. Jedoch hat die Antragsgegnerin selbst die für dieses Verfahren unzuständige Vergabeprüfstelle in der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens benannt und damit wesentlich dazu beigetragen, dass die Antragstellerin sich zwecks Nachprüfung des Vergabeverfahrens an die Vergabekammer gewandt hat.*)

VPRRS 2006, 0233

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2006 - 1 VK 12/06
1. Im Falle der Erledigung eines Nachprüfungsverfahrens hat der Antragsteller die bei der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.*)
2. Im Falle der Erledigung eines Nachprüfungsverfahrens tragen die Beteiligten ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen selbst. § 80 LVwVfG Baden-Württemberg führt zu keinem anderen Ergebnis.*)

VPRRS 2006, 0229

BGH, Urteil vom 21.02.2006 - X ZR 39/03
Erklärt ein Privater ohne Einschränkung, dass er eine Ausschreibung nach den Regeln der VOB/A durchführen werde, begründet er in gleicher Weise wie ein öffentlicher Auftraggeber einen Vertrauenstatbestand bei den Teilnehmern der Ausschreibung. Die Teilnehmer dürfen deshalb in einem solchen Fall auch bei der Ausschreibung eines Privaten darauf vertrauen, dass der Ausschreibende bei der Vergabe des Auftrags insgesamt die Regeln der VOB/A einhält. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, können den Teilnehmern der Ausschreibung Schadensersatzansprüche nach denselben Grundsätzen zustehen, die für öffentliche Auftraggeber gelten.*)

VPRRS 2006, 0228

OVG Sachsen, Beschluss vom 13.04.2006 - 2 E 270/05
Die erste Stufe der staatlichen Auftragsvergabe bis zum Zuschlag unterliegt allein öffentlich-rechtlichen Bedingungen, sodass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist.

VPRRS 2006, 0227

VK Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2006 - VK-02/2006-L
1. Gemäß § 7a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A Abschnitt 2 gibt ein Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung an, welche Nachweise vorzulegen sind.*)
2. Bei einem Abschleppauftrag ist die Forderung nach einer Erlaubnis nach § 3 GüKG zwecks Feststellung der Eignung zulässig. Ob eine Erlaubnis nach § 3 GüKG für einen Abschleppunternehmer tatsächlich notwendig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.*)
3. Die Vergabekammer kann bei der Ermessensvorschrift des § 7 Nr. 5 lit. c) nur überprüfen, ob die Antragsgegnerin ihren Ermessensspielraum eingehalten hat.*)
4. Es ist ein Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der öffentliche Auftraggeber den Gang und die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in den Vergabeakten dokumentiert. § 30 VOL/A gewährt ein subjektives Recht, auf das sich ein Bieter in einem Vergabeverfahren berufen kann, die Vorschrift hat also bieterschützenden Charakter.*)

VPRRS 2006, 0225

VK Südbayern, Beschluss vom 31.07.2005 - 31-06/05
1. Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit*)
2. Vorbefasster Bieter*)

VPRRS 2006, 0224

VK Südbayern, Beschluss vom 11.08.2005 - 35-07/05
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A sind diejenigen Angebote ohne nähere Wertung ihres Inhalts von der Vergabe auszuschließen, die von Bietern stammen, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben. Diese Ausschlussbestimmung steht in engem Zusammenhang mit dem gesetzlich verankerten Wettbewerbsprinzip in § 97 Abs. 1 GWB und dem wettbewerbsgrundsatz in § 2 Nr. 1 VOL/A, nach dessen Abs. 2 wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen sind.*)
2. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen.*)
3. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 g VOL/A sind Nebenangebote ausgeschlossen, soweit der Auftraggeber diese nach § 17 Nr. 3 Abs. 5 VOL/A ausgeschlossen hat.*)
4. Eine Vergabestelle ist auch weder gehalten noch berechtigt, die fehlenden Erläuterungen und Angaben von einem Bieter im Wege der Aufklärungsverhandlungen gem. § 24 VOL/A nachzufordern. Grundsätzlich hat ein Bieter, der ein unklares Angebot vorgelegt hat, keinen Anspruch auf Nachverhandlung. Die restriktive Regelung des § 24 Nr. 1 VOL/A gestattet es dem Auftraggeber - ebenso wie
die entsprechende Regelung des § 24 Nr. 1 VOB/A - lediglich, nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung mit den Bietern über ihre Angebote zu verhandeln, um Zweifel über die Angebote oder die Bieter zu beheben.*)

VPRRS 2006, 0223

VK Südbayern, Beschluss vom 21.07.2005 - 30-06/05
1. § 25 VOB/A gliedert den Wertungsvorgang in verschiedene Verfahrensabschnitte. Die Wertung folgt in vier vorgegebenen Wertungsstufen, die gedanklich klar zu trennen sind und inhaltlich keinesfalls vermischt werden dürfen. Eine Vermischung der einzelnen Wertungsstufen ist unzulässig und führt zur Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens.*)
2. Die Auftraggeber geben in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung sie vorsehen, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung (§ 9 a VOL/A). Die genannten Zuschlagskriterien sind entscheidende Wertungsmerkmale für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots und demnach einzig maßgebend für die Erteilung des Auftrags.*)
3. Gemäß § 30 Nr. 1 VOL/A ist ein Vergabevermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellung sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Der Bieter im Vergabeverfahren hat ein subjektives Recht auf ausreichende Dokumentation des Vergabeverfahrens und insbesondere der wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren. Die Pflicht, die einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens einschließlich der Begründung der einzelnen Entscheidungen in den Vergabeakten zu dokumentieren, erfolgt aus dem Transparenzgebot. Fertigt der Auftraggeber keinen oder einen mangelhaften Vergabevermerk, liegt hierin ein Rechtsverstoß.*)
4. Öffentliche Auftraggeber sind für die Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig und treffen die hierfür erforderlichen vergaberechtlichen Entscheidungen selbst. Lediglich nach Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 VOL/A können sie zur Klärung der dort benannten besonderen Aufgabenstellungen einen Sachverständigen einschalten. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass jegliche Mitwirkung von Sachverständigen die Vergabestellen nicht der eigenen Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen enthebt. Sachverständige können also stets nur gutachterlich gehört werden; entscheidende Maßnahmen, insbesondere Entscheidungen über die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots, können ihnen nicht überlassen werden.*)

VPRRS 2006, 0222

VK Brandenburg, Beschluss vom 17.11.2005 - 1 VK 69/05
1. Soweit "Mindestbedingungen" im Sinne des Art. 19 Abs. 2 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG erforderlich sind und fehlen, ist dies bereits bei Angebotsabgabe erkennbar und zu rügen.
2. Zum Wettbewerb gehört eine vollständige, übersichtliche und nachvollziehbare Präsentation der Angebote durch den Bieter unter Berücksichtigung der speziellen subjektiven Anforderungen und vorhersehbaren möglichen Bedenken des Auftraggebers. Fehlen in einem Nebenangebot solche Daten oder sind sie derart allgemein gehalten, dass ein Vergleich mit anderen Angeboten nicht möglich ist, so ist das Nebenangebot auszuschließen.
3. Weist der Bieter die Gleichwertigkeit nicht mit dem Angebot nach, so besteht im Regelfall keine umfassende Prüfungspflicht der Vergabestelle. Zur Ermittlung der Gleichwertigkeit sind vielmehr Nachforschungen nur im Rahmen der verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten und innerhalb der zeitlichen Grenzen der Zuschlags- und Angebotsbindungsfrist anzustellen.
4. Um das Risiko einer nachträglichen Preisanpassung bei Pauschalvergaben auszuschließen, ist zumindest in aller Regel Voraussetzung für eine Pauschalvereinbarung, dass der Auftragnehmer die volle Verantwortung für die von ihm erstellten Unterlagen übernimmt und vertraglich festgelegt wird, dass eine Preisanpassung im Sinne von § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 VOB/A ausgeschlossen ist.
5. Wird darüber hinaus Risiko einer Anpassung der vereinbarten Pauschale gemäß § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B nicht ausgeschlossen, so liefern für den unerwarteten, jedoch nicht auszuschließenden Fall der erheblichen Abweichungen der ausgeführten von den vereinbarten Leistungen die Einheitspreise den Anhaltspunkt für eine angemessene Änderung der Vergütung. Trotz des Pauschalangebotes sind die fehlenden Einheitspreise deshalb - wegen der Kalkulation etwaiger Mehrvergütungen - nicht völlig ohne Einfluss auf den Wettbewerb. Die fehlenden Einheitspreise sind somit für die Prüfung der Auskömmlichkeit der Preise von Bedeutung (§ 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A). Fehlen in einem Angebot die vorgenannten Daten oder sind die derart allgemein gehalten, dass ein Vergleich mit anderen Angeboten nicht möglich ist, so ist das Nebenangebot auszuschließen.

VPRRS 2006, 0221

VK Brandenburg, Beschluss vom 21.11.2005 - 1 VK 67/05
1. Eine vorsorgliche Rüge, die aufschiebend bedingt eine noch gar nicht vollzogene Vergabemaßnahme beanstandet, ist unzulässig.
2. Eine späte Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verstößt dann gegen den auch im Vergaberecht gültigen Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Rechtsschutz Begehrende erst dann Rechtsmittel einlegt, obwohl der Gegner und die sonstigen Beteiligten nicht mehr mit einem Verfahren rechnen mussten. Ausschlaggebend ist hierbei, inwieweit der Rechtsschutz Suchende die zur Begründung seines Rechtsmittels angeführten Tatsachen kennt, ob Rechte Dritter durch dieses Verfahren betroffen sind und das zwischenzeitliche Verhalten der Beteiligten.

VPRRS 2006, 0220

VK Brandenburg, Beschluss vom 03.11.2005 - 1 VK 65/05
1. Die Eignung von Nachunternehmern muss nicht bereits bei Angebotsabgabe nachgewiesen werden, dies kann vielmehr auch noch nach der Submission geschehen.
2. Aufgrund von § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A und von § 4 Nr. 8 VOB/B können Bieter grundsätzlich nur insoweit den Einsatz von Nachunternehmern vorsehen, als sie noch wesentliche Teile der ausgeschriebenen Bauleistungen im eigenen Betrieb ausführen. Dabei ist bei einem Eigenleistungsanteil von einem Drittel noch von einem wesentlichen Anteil auszugehen.

VPRRS 2006, 0218

VK Südbayern, Beschluss vom 22.07.2005 - 27-05/05
1. Die Vergabekammer ist für eine Entscheidung über einen Antrag nicht zuständig, wenn die §§ 97 ff. GWB keine Anwendung finden. Nach § 100 Abs. 1 GWB gilt der Vierte Teil des GWB nur für Aufträge, welche die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Schwellenwerte erreichen oder überschreiten. Gemäß § 2 Nr. 3 VgV beträgt dieser Schwellenwert, d. h. der geschätzte Auftragswert der Liefer- und Dienstleistungsaufträge ohne Mehrwertsteuer, 200.000 Euro.*)
2. Maßgebend für die Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB und die Bestimmungen der VgV ist aber nach dem klaren Wortlaut von § 100 Abs. 1 GWB und § 1 VgV, ob der geschätzte Auftragswert den so genannten Schwellenwert erreicht, nicht jedoch, ob der öffentliche Auftraggeber eine förmliche Ausschreibung vorgenommen hat. Eine diesbezügliche Selbstbindung des Auftragsgebers erstreckt sich nicht auf eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens nach § 102 ff GWB.*)

VPRRS 2006, 0216

VK Südbayern, Beschluss vom 10.06.2005 - 20-04/05
Nach § 21 Nr. 2 Satz 1 VOB/A darf eine Leistung, die von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweicht, angeboten werden, wenn sie mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Die Abweichung muss gemäß § 21 Nr. 2 Satz 2 VOB/A im Angebot eindeutig bezeichnet und die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachgewiesen sein (§ 21 Nr. 2 Satz 3 VOB/A). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Angebot eines Bieters nicht als Nebenangebot sondern als Hauptangebot zu werten (§ 25 Nr. 4 VOB/A).*)

VPRRS 2006, 0213

VK Südbayern, Beschluss vom 10.05.2005 - 14-03/05
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A). Änderungen der Verdingungsunterlagen sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A ohne Ausnahmen unzulässig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die vom Bieter vorgenommenen Änderungen zentrale und wichtige oder eher unwesentliche Leistungspositionen betreffen. Letztlich steht hinter dieser Vorschrift der Gedanke, durchsichtige, in den ausgewiesenen Leistungspositionen identische, miteinander ohne weiteres vergleichbare Angebote zu erhalten. Nur so kann ein echter, fairer Wettbewerb zwischen den Bietern sichergestellt werden. Der Verstoß eines Angebotes gegen diese Vorschrift hat deshalb auch nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A zwingend zur Folge, dass das Angebot von der Wertung ausgeschlossen werden muss.*)
2. Bei den Verdingungsunterlagen handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach den §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auszulegen ist. Danach sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung für den Empfänger erkennbar waren. Auf dessen Horizont und Verständnismöglichkeit ist die Auslegung abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte. Entscheidend ist im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens.
Maßgeblich ist danach die objektive Bietersicht. Es kommt also nicht darauf an, wie einzelne Bieter die Leistungsbeschreibung verstehen oder verstehen müssen, sondern auf die objektive Sicht eines "Durchschnittsbieters" ohne Sonderwissen. Dies leitet sich aus den Regelungen der VOB/A ab, die auf ein möglichst einheitliches Verständnis der Leistungsbeschreibung ausgerichtet sind. Daraus folgt, dass dem Wortlaut eine besondere Bedeutung zukommt. Umstände, die nur auf einzelne Bieter zutreffen, sind für die Auslegung grundsätzlich unbeachtlich.*)
