Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5448 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2008
VPRRS 2008, 0196
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.03.2008 - 17 Verg 8/07
1. Als Normadressat des § 13 Satz 1 VgV kommt nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung nur ein Bieter in Betracht, der gegenüber der Vergabestelle ein Angebot abgegeben hat.*)
2. Ein bloßer Auftragsbewerber eines Teilnahmewettbewerbs kann aus dieser Vorschrift keine Rechte für sich herleiten. Ihm steht lediglich ein verhaltener Anspruch gemäß § 27a VOB/A bzw. § 27b VOL/A zu, dessen Verletzung jedoch nicht zu des Sanktion des § 13 S. 6 VgV führt.*)

VPRRS 2008, 0193

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.02.2008 - 15 A 2568/05
Eine Vergaberechtswidrigkeit schließt nicht als solche die Beitragsfähigkeit von Aufwand eines Straßenausbaus aus, sondern nur insoweit, als sie zu einem erhöhten Aufwand geführt hat.*)

VPRRS 2008, 0192

OLG Naumburg, Beschluss vom 29.04.2008 - 1 W 14/08
1. Primärrechtsschutz bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen kann jedenfalls dann nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn der Auftrag bereits erteilt ist.*)
2. Für Feststellungen besteht regelmäßig kein Feststellungsinteresse.*)
3. Es kann offen bleiben, inwieweit im Vergabeverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des 4. Teils des GWB subjektive Rechte der Bewerber bzw. Bieter auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften der VOB/A bestehen.*)

VPRRS 2008, 0191

OLG Naumburg, Beschluss vom 13.05.2008 - 1 Verg 3/08
1. Die angebliche Unklarheit, Zweifelhaftigkeit oder Mehrdeutigkeit eines Punktbewertungssystems, welches den Bietern mit den Verdingungsunterlagen bekannt gemacht worden ist, ist regelmäßig in der Angebotsphase zu rügen. Für die laienhafte rechtliche Bewertung des Inhalts der Bekanntmachung der Zuschlagskriterien als nicht ausreichend transparent kommt es nur darauf an, ob ein Bieter sich aufgrund der gegebenen Informationen im Stande sieht, ein wettbewerbsfähiges Angebot zu erstellen, oder nicht. Es ist regelmäßig auch ohne rechtliche Beratung möglich zu entscheiden, ob der Inhalt der Verdingungsunterlagen aus fachlicher Sicht erkennen lässt, worauf es dem Auftraggeber ankommt und ob die vorgenommenen Einstufungen für die Punkteverteilung für einen branchen- und fachkundigen Bieter eindeutig verständlich sind oder nicht.*)
2. Ebenso kann ein fachkundiger Bieter ohne eingehende rechtliche Beratung beurteilen, ob "Ca."-Angaben bei den Abmessungen von Einrichtungsgegenständen die verlangte Leistung hinreichend genau beschreiben oder nicht.*)
3. Nach Aufhebung eines Offenen Verfahrens mit der Begründung, dass ausschließlich unvollständige bzw. von den Verdingungsunterlagen abweichende und daher nach § 25 Nr. 1 VOB/A auszuschließende Angebote eingegangen waren, kann der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren ohne (erneute) Vergabebekanntmachung auch unter Einbeziehung weiterer Unternehmen als der Bieter des vorangegangenen Offenen Verfahrens durchführen (§ 3a Nr. 6 lit. b) VOB/A). Für die Zulässigkeit seiner Wahl der Vergabeart ist es unerheblich, ob er sich von Anfang rechtlich darüber im Klaren war, auf welche Rechtsnorm er diese Wahl stützen kann.*)
4. Die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VOB/A - Bieteröffentlichkeit des Angebotseröffnungstermins - gilt nicht im Verhandlungsverfahren.*)
5. Zurückweisung des Antrags nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB trotz u.U. vorliegender Vergaberechtsverletzung, soweit durch deren Beseitigung eine Verbesserung der Zuschlagschancen des Antragstellers nicht zu erwarten ist (hier: maximal mögliche Veränderung des Punktestandes ohne Einfluss auf das Wettbewerbsergebnis).*)
VPRRS 2008, 0407

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.02.2008 - VK-SH 29/07
1. Der Nachweis der technischen Ausrüstung gem. § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. d VOB/A gehört nicht zu den von der Präqualifikation ersetzbaren Eignungsnachweisen.*)
2. Der Gleichbehandlungsgebot wird verletzt, wenn neben dem Ausschluss der Antragstellerofferte auch hinsichtlich der weiteren noch in der Wertung verbliebenen Angebote ein zwingender Ausschlussgrund besteht und auf eines dieser Angebote der Zuschlag erteilt werden soll. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Angebotsmängel identisch oder gleichartig sind, sondern auf deren Gleichwertigkeit, d.h. sie müssen auf der Rechtsfolgenseite dieselbe Konsequenz (hier Ausschluss) nach sich ziehen.*)

VPRRS 2008, 0188

OLG Celle, Urteil vom 25.06.2008 - 14 U 14/08
1. Auch im Vergabeverfahren richtet sich die Auslegung der Bietererklärung und die Beurteilung des Zustandekommens des Vertrages nach den allgemeinen Grundsätzen des BGB.*)
2. Verzögert sich die Vergabe und kommt es innerhalb dieser Zeit zu wesentlichen Preisänderungen oder ist die Einhaltung von verbindlichen Fristen nicht mehr möglich, kann der Zuschlag des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem wegen § 24 Nr. 3 VOB/A nicht abänderbaren Angebot des Bieters ein neues Angebot i.S.d. § 150 Abs. 2 BGB darstellen.*)
3. Die Besonderheiten des Vergaberechts erfordern grundsätzlich keinen besonderen Schutz des öffentlichen Auftraggebers aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gegenüber einem Mehrvergütungsanspruch eines Bieters wegen während der verlängerten Zuschlagsfrist eingetretener Preiserhöhungen.*)

VPRRS 2008, 0187

VK Nordbayern, Beschluss vom 08.05.2008 - 21.VK-3194-17/08
1. Verstöße gegen das Gebot einer produktneutralen Ausschreibung, die spätestens beim Erstellen des Angebots erkennbar sind, sind mit einer entsprechenden Rüge unverzüglich zu beanstanden (§ 107 Abs. 3 GWB).*)
2. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A). Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann.*)

VPRRS 2008, 0186

VK Nordbayern, Beschluss vom 23.04.2008 - 21.VK-3194-15/08
1. Zur Rügepflicht (§ 107 Abs. 3 GWB) bzgl. der Einbeziehung der Wartungskosten bei der Wertung des Kriteriums "Preis".
2. Die VSt darf beim Kriterium "Preis" die Wartungskosten in die Wertung grundsätzlich einbeziehen. Dies ist ein übliches Verfahren, um die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes zu ermitteln.
3. Die VSt ist nicht verpflichtet, Fabrikatsangaben im Angebot zu verlangen; sie darf sie nach der Angebotsöffnung im Rahmen der Aufklärung nachfragen.

VPRRS 2008, 0184

VK Thüringen, Beschluss vom 26.02.2008 - 360-4002.20-396/2008-003-G
1. Der "OK"-Vermerk eines Telefax-Sendeberichts beweist nicht den Zugang des Inhalts eines Schreibens der Vergabestelle an die Bieter.
2. Der Vermerk ist auch nicht geeignet, als Anscheinsbeweis für den Zugang eines Schreibens der Vergabestelle an die Bieter zu dienen.

VPRRS 2008, 0182

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.2008 - 1 VK 9/08
1. Eine Rüge nach erst 11 Tagen ist nicht mehr unverzüglich. Hierbei sind Wochenendtage einzurechnen.
2. Der Gesetzeszweck des § 107 Abs. 3 GWB geht ins Leere, wenn man eine gleichzeitig mit Stellung des Nachprüfungsantrags oder danach ausgesprochene Rüge als ausreichend ansieht. Deshalb ist eine Wartefrist zwischen Rüge und Nachprüfungsantrag notwendig.
3. Liegen zwar zwischen Rüge und Eingang des Nachprüfungsantrags drei Tage, besteht aber aus Sicht des Antragsgegners keine Möglichkeit mehr, die Stellung eines Nachprüfungsantrags durch eine Abhilfeentscheidung zu vermeiden, ist diese Situation dem Fall, dass Rüge und Nachprüfungsantrag zusammenfallen, gleichzustellen.
4. Die schwerwiegenden Folgen eines Bieterausschlusses wegen fehlender Erklärungen erfordern, dass die Vergabestelle in den Vergabeunterlagen unmissverständlich deutlich macht, welche Bietererklärungen sie als Umstand betrachtet, die zwingend bereits mit dem Angebot mit vorzulegen sind.

VPRRS 2008, 0181

OLG Brandenburg, Urteil vom 04.06.2008 - 4 U 122/07
1. Zu der Frage, wie eine LV-Position mit der Mengenangabe "1 Stück" zu verstehen ist - als Pauschalierung (so der öffentliche Auftraggeber) oder als normale Einheitspreisposition (so der Auftragnehmer).
2. Zu der Frage, ob der Auftragnehmer in der Ausschreibungsphase verpflichtet ist, darauf hinzuweisen, dass es bei dem "1 Stück" wohl kaum bleiben wird.

VPRRS 2008, 0179

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2008 - 12 U 235/07
1. Wer per einstweiliger Verfügung eine laufende Ausschreibung unterbinden will, weil das Leistungsverzeichnis fehlerhaft sei, der verlangt eine Regelungsverfügung.
2. Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um den Zuschlag in einem Vergabeverfahren zu verhindern, ist es erforderlich, dass der Verfügungskläger darlegt, dass er bei aus seiner Sicht ordnungsgemäßer Ausschreibung den Zuschlag erhalten oder jedenfalls eine Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte.

VPRRS 2008, 0178

OLG Hamm, Urteil vom 26.06.2008 - 21 U 17/08
1. Vom Bieter und Auftraggeber im Vergabeverfahren abgegebene Willenserklärungen sind grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie in vergaberechtskonformer Weise gemeint sind.*)
2. Die Anfrage des Auftraggebers nach einer Binde- und Zuschlagsfristverlängerung, die darauf erteilte Zustimmung des Bieters und die Erteilung des Zuschlags durch den Auftraggeber auf das verlängerte Angebot beziehen sich grundsätzlich auf eine Leistung gemäß der unveränderten ursprünglichen Ausschreibung. Dies gilt auch für bereits überholte Ausführungsfristen, es sei denn, dass hinreichend deutlich gemacht wird, dass eine Änderung der zeitlichen Vorgaben gewollt ist.*)
3. Der Vertrag kommt deshalb in der Regel auch bei einer zeitlichen Überholung zunächst mit den ursprünglich ausgeschriebenen Ausführungsfristen zustande.*)
4. Es besteht deshalb die Notwendigkeit, den geschlossenen Vertrag, in zeitlicher Hinsicht an die Wirklichkeit anzupassen (Zwei-Stufen-Modell). Diese Anpassung, die der Auftraggeber möglicherweise einseitig gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B anordnen kann, zu der die Vertragsparteien einander aber jedenfalls wegen des gegenseitigen Kooperationsgebotes verpflichtet sind, braucht der Auftragnehmer nicht ohne Ausgleich seiner auf Grundlage seiner ursprünglichen Kalkulation zu berechnenden Mehrkosten hinzunehmen.*)
5. Nach diesen Grundsätzen kann dem Auftragnehmer eine Mehrvergütung auch dann zustehen, wenn in der Ausschreibung Ausführungsfristen nicht kalendermäßig bestimmt waren, sondern die Fristen vom Tag des bis zu einem bestimmten Datum vorgesehenen Zuschlags berechnet werden sollten.*)

VPRRS 2008, 0176

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.04.2008 - 1 VK 10/08
1. Zum Umfang der Nachweispflicht der Gleichwertigkeit eines Folienbodens statt eines Edelstahlbodens bei einem Schwimmbecken.
2. Dem Bieter, der ein neuartiges Produkt anbietet, das in den bestehenden Regelwerken, Zulassungen o.ä. noch nicht erfasst ist, obliegt eine erhöhte Pflicht zum Nachweis der Gleichwertigkeit.

VPRRS 2008, 0396

VK Bund, Beschluss vom 30.05.2008 - VK 2-55/08
Von einem fachkundigen Bieter ist zu erwarten, dass er die Verdingungsunterlagen nach deren Eingang auf Vollständigkeit und Verständlichkeit prüft. Etwaige Ungereimtheiten in der Leistungsbeschreibung dürfen nicht einfach hingenommen werden, vielmehr obliegt es dem Bieter, Zweifelsfragen vor Abgabe seines Angebots zu klären.

VPRRS 2008, 0174

VK Bund, Beschluss vom 30.05.2008 - VK 1-48/08
1. Die Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG ist eine Vorschrift im Sinne des § 100 Abs. 2 lit. d) 2. Variante GWB.
2. Zu den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG für Mitarbeiter von Bauunternehmen.
3. § 100 Abs. 2 lit. d) 2. Variante GWB bietet im Gegensatz zur 3. Variante dieser Vorschrift schon vom Wortlaut her keinen Raum für eine Abwägung.
4. Die Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 GWB sind von Amts wegen zu prüfen.

IBRRS 2008, 1746

OLG Nürnberg, Urteil vom 11.02.1999 - 2 U 3110/98
1. Zu einem schlüsselfertigen Wohnhaus gehören - sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist - auch die Malerarbeiten.
2. Die Nicht-Aufzählung der Malerarbeiten in der Baubeschreibung eines "schlüsselfertigen" Hauses besagt nicht, dass der Bauherr bzw. Erwerber nicht mit ihnen rechnen kann.

VPRRS 2008, 0173

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.06.2008 - 1 VK 16/08
Bei einem Grundstückskaufvertrag ohne Bauverpflichtung ist der Rechtsweg zur Vergabekammer nicht eröffnet.

VPRRS 2008, 0172

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.01.2008 - 1 VK 57/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2008, 0170

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.06.2008 - 15 Verg 3/08
1. Verkauft eine Gemeinde ein Grundstück und verpflichtet den Käufer im öffentlichen Interesse zu einer bestimmten Bebauung, so handelt es sich um die ausschreibungspflichtige Vergabe einer Baukonzession.
2. Lässt ein Mitbewerber sieben Monate verstreichen, bevor er sich mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Vergabe des Grundstückes wendet, kann sein Nachprüfungsrecht verwirkt sein.

VPRRS 2008, 0168

OLG Naumburg, Urteil vom 03.04.2008 - 1 U 106/07
1. Ändert ein Unternehmer eine ihm vorgegebene Leistungsposition, wonach bei der Dämmung von Heizungsrohren keine gesonderte Vergütung der benötigten Formteile erfolgen soll, mit seinem Angebot dahin ab, dass je 10 Meter Rohr jeweils nur ein Formteil eingeschlossen ist und im Übrigen eine Vergütung der Formteile nach Stückzahlen verlangt wird, und nimmt der Auftraggeber dieses Angebot an, so besteht im Falle der Überschreitung der Inklusive-Stückzahlen ein Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B. Hierfür ist es unerheblich, ob der Vertrag im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens geschlossen wurde.*)
2. Zur Auslegung eines Angebots (hier: Änderung von Leistungspositionen durch das Begleitschreiben).*)

VPRRS 2008, 0165

OLG Koblenz, Beschluss vom 03.04.2008 - 1 Verg 1/08
1. Mit Angriffen gegen die im angefochtenen Beschluss geäußerte Auffassung der Vergabekammer und einer Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen wird den gesetzlichen Begründungsanforderungen regelmäßig nicht Genüge getan.*)
2. Bauverzögerungen infolge des Nachprüfungsverfahrens können jedenfalls dann, wenn ein Erfolg der sofortigen Beschwerde nicht von der Hand zu weisen ist, eine Ablehnung des Verlängerungsantrags regelmäßig nicht rechtfertigen. Der Dauer eines Nachprüfungsverfahrens muss grundsätzlich durch entsprechend zeitige Ausschreibung des Bauvorhabens Rechnung getragen werden.*)
3. Die Rügeobliegenheit setzt nicht die Kenntnis eines völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung sicher nachweisbaren Vergabefehlers voraus. Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage ist nur für die Frage, wer für die das Vorliegen bzw. Fehlen der Rügevoraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast trägt, von Entscheidungserheblichkeit.*)
4. Durch das Rügeerfordernis und die daran anknüpfende Präklusion soll gerade verhindert werden, dass der Bieter zunächst die Auswirkungen eines erkannten Fehlers abwartet und einen Nachprüfungsantrag erst dann stellt, wenn seine Spekulation auf einen günstigen Verfahrensausgang nicht aufgeht.*)
5. Die Rügepräklusion hat auch zur Folge, dass der zu spät beanstandete Vergabevorgang im Verhältnis zu dem Bieter, der seiner Rügeobliegenheit nicht nachgekommen ist, als vergaberechtskonform behandelt wird.*)
6. Ein Angebot, das die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht einhält, ist zwingend von der Wertung auszuschließen.*)
7. Auch mit einem ausschlussreifen Angebot behält der Bieter seinen Anspruch auf Gleichbehandlung; er kann deshalb in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein, wenn ein anderes Angebot trotz Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll oder wenn sich der beabsichtigte Zuschlag aus einem anderen Grund verbietet.*)
8. Aus der Verletzung des Gleichbehandlungsverbots droht dem Bieter ein Schaden, wenn auch die übrigen Bieter im laufenden Vergabeverfahren die Vorgabe des Leistungsverzeichnisses nicht eingehalten haben und deswegen kein zuschlagsfähiges Angebot zur Verfügung steht.*)
9. Aufgabe der Vergabestelle ist es dann, die Vorgabe des Leistungsverzeichnisses transparent und diskriminierungsfrei gegenüber allen am Verfahren beteiligten Bietern aufzugeben oder zu ändern oder, falls dies nicht möglich ist, die Ausschreibung aufzuheben und die Leistung bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf neu auszuschreiben.*)

VPRRS 2008, 0162

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2008 - 1 VK 18/08
1. Verkauft ein öffentlicher Auftraggeber – hier ein kommunaler Altenpflegeheimbetreiber – ein Grundstück mit der Verpflichtung des Käufers, darauf im Wege der Baukonzession ein Gebäude nach dem Modell „Betreutes Wohnen“ zu errichten, so unterliegt eine solche Maßnahme dem Kartellvergaberecht.
2. Im Rahmen eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbs ist ein Teilnahmeantrag auszuschließen, dem die geforderte Eigenerklärung nach § 8 Nr. 5 VOB/A sowie ein geforderter Jahresabschluss nicht beigefügt sind. Dabei ist es unerheblich, dass ein Mitarbeiter der Vergabestelle die Beifügung derartiger Unterlagen angesichts der Bekanntheit des Bewerbers für verzichtbar erklärt hat.
3. Preisnachlässe - bzw. hier: Kaufpreiserhöhungen - unter einer Bedingung können allenfalls dann gewertet werden, wenn zum Zeitpunkt der Wertung die Vergabestelle realistischerweise davon ausgehen kann, dass die Bedingungen tatsächlich eintreten werden.
4. Soll gemäß Ausschreibung mit dem Angebot auch eine „Darstellung der städtebaulichen Figur (Maßstab 1/200)" vorgelegt werden, so ist ein Angebot mangels Vollständigkeit auszuschließen, wenn diesem lediglich eine Fotomontage sowie eine Schrägansicht mit einem Maßstab von 1/270 – 1/280 beigefügt sind.
5. Sind in der Vergabeakte nicht alle wesentlichen Anteile des Angebots gekennzeichnet und ist im Vergabevermerk einerseits festgehalten, dass die Angebote durch Lochung gekennzeichnet sind, ist aber andererseits nicht vermerkt, dass nicht alle Teile der Angebote gelocht wurden, so hat die Vergabestelle damit eine Unklarheit geschaffen, die zu einer Umkehr der Beweislast zu ihren Lasten führt.
6. Für die Gleichwertigkeit von zum Ausschluss führenden Mängeln reicht es aus, dass die Mängel auf der Rechtsfolgenseite den gleichen Stellenwert haben und deshalb dieselben Konsequenzen, also den zwingenden Angebotsausschluss, nach sich ziehen müssen.
7. Wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalb von der Wertung auszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt.

VPRRS 2008, 0161

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.03.2008 - VgK-3/2008
1. Eine echte parallele Doppelbeteiligung einer Bieterfirma sowohl im Wege eines Einzelangebotes wie auch gleichzeitig über eine Beteiligung an einer Bietergemeinschaft, sofern diese ein paralleles Angebot über den identischen Auftragsumfang beinhaltet ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten.
2. Bei einer Beteiligung eines Bieters bezüglich eines Loses und einer parallelen Beteiligung am Angebot einer Bietergemeinschaft über die Summe aller Lose handelt es sich mangels Identität des Auftragsgegenstands nicht um ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten.
3. Eine Beteiligung von konzernverbundenen oder personell verbundenen Bewerberfirmen an ein und demselben Vergabeverfahren ohne konkreten Nachweis einer Wettbewerbsbeschränkung ist kein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten.

VPRRS 2008, 0159

VK Brandenburg, Beschluss vom 28.03.2008 - VK 6/08
Zu der Frage, ob die Übertragung der Betriebsführung einer Renn- und Teststrecke als Dienstleistungsauftrag i.S.v. § 99 Abs. 4 GWB oder als vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession einzuordnen ist.

VPRRS 2008, 0157

KG, Beschluss vom 13.03.2008 - 2 Verg 18/07
1. Zu der Frage, wann eine Rüge ins Blaue hinein vorliegt.
2. Zu der Frage, ob die Vergabestelle alle Bieter zu einer Ortsbesichtigung einladen muss.
3. Zur Problematik des Ausschlusses wegen Unzuverlässigkeit.

VPRRS 2008, 0156

VK Sachsen, Beschluss vom 30.04.2008 - 1/SVK/020-08
1. Der Auftraggeber hat die Pflicht zur grundsätzlichen Auftragsteilung in Lose und kann davon nur im Ausnahmefall absehen, wenn nach § 5 VOL/A die Auftragsteilung in Lose unzweckmäßig ist. Was „vertretbare Gründe“ sind, die für ein Absehen von einer Losaufteilung sprechen, ist stets anhand der konkreten Umstände des einzelnen Projektes zu bestimmen. Dabei steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu. Dem Aspekt der Mittelstandsförderung genügt es hierbei jedoch nicht, die Möglichkeit der Bildung von Bietergemeinschaften zuzulassen. Vielmehr müssen mittelständische Unternehmen nach dem Normzweck des § 5 VOL/A grundsätzlich in die Lage versetzt werden, sich eigenständig zu bewerben.*)
2. Der Auftraggeber darf die Wertungsmatrix nicht erst nach Submission festlegen, weil dann die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie in Kenntnis der Angebotsinhalte zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Bieters ausgestaltet.*)

VPRRS 2008, 0154

LG Göttingen, Urteil vom 28.02.2008 - 8 O 184/06
Ein Bieter ist auszuschließen, wenn er zwar das geforderte Produkt in seinem Angebotsschreiben aufführt, die Vergabestelle aber erfährt, dass er das Produkt tatsächlich jedoch nicht anbieten möchte.

VPRRS 2008, 0152

BGH, Urteil vom 08.05.2008 - VII ZR 106/07
Macht ein Besteller im Rahmen eines Werkvertrages Rückforderungsansprüche wegen einer überhöhten Schlussrechnung geltend, so sind die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Regel erfüllt, wenn er das Leistungsverzeichnis, die Aufmaße und die Schlussrechnung kennt und aus diesen eine vertragswidrige Abrechnung und Masseermittlung ohne weiteres ersichtlich sind.*)

VPRRS 2008, 0149

VK Nordbayern, Beschluss vom 27.03.2008 - 21.VK-3194-48/07
Zur Berechnung des Schwellenwertes in einem kombinierten Erbbaurechts- und Mietvertrag.*)

VPRRS 2008, 0148

LG Leipzig, Urteil vom 30.04.2008 - 7 O 915/07
Zur Problematik des Schadensersatzanspruches eines Bieters, der in einem öffentlichen Vergabeverfahren unter Verstoß gegen die vergaberechtlichen Vorschriften nicht zum Zuge kommt.

VPRRS 2008, 0147

BGH, Urteil vom 15.04.2008 - X ZR 129/06
1. Die Eignungsprüfung dient im System der VOB/A bei öffentlicher Ausschreibung bzw. bei offenem Verfahren dazu, die Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Bauleistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizierten Bieter auszusondern. Dem Angebot eines für geeignet befundenen Bieters darf dasjenige eines Konkurrenten nicht maßgeblich wegen dessen höher eingeschätzter Eignung vorgezogen werden (Bestätigung von BGHZ 139, 273).*)
2. Möchte ein Bieter die Bauzeit proportional der verlängerten Zuschlags- und Bindefrist anpassen, kann sein Angebot nur ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber berechtigterweise erwarten konnte, dass der ursprüngliche Fertigstellungstermin trotz des verzögerten Baubeginns eingehalten wird. Ob das der Fall ist, hängt im Wesentlichen von einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls einschließlich der beiderseitigen Interessen ab.*)

VPRRS 2008, 0146

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.04.2008 - 15 Verg 2/08
Die Nichtvorlage einer vom Auftraggeber geforderten vorformulierten "Erklärung zur Qualitätssicherung und Qualifikation Entwässerungsanlagen" für den Nachunternehmer, der die ausgeschriebene Leistung erbringen soll, führt zwingend zum Ausschluss des Angebots.

VPRRS 2008, 0145

VK Sachsen, Beschluss vom 21.04.2008 - 1/SVK/021-08-G
1. Vom Verbot der Änderung oder Ergänzung des Leistungsverzeichnisses während des laufenden Vergabeverfahrens sind in bestimmten Fällen Ausnahmen zuzulassen. Bis zum Eröffnungstermin hat der Auftraggeber die Möglichkeit, etwaige Fehler im Leistungsverzeichnis zu korrigieren, das heißt, er kann Teile des Leistungsverzeichnisses zurückziehen oder Änderungen am Leistungsverzeichnis vornehmen, sofern diese die Grundlagen des Wettbewerbs und der Preisbildung nicht grundlegend verändern und den Entschluss der Unternehmen zur Beteiligung oder zur Nichtbeteiligung am Wettbewerb nicht berühren.*)
2. Fehlerhafte Abweichungen im selbst gefertigten Kurzverzeichnis vom schriftlich anerkannten Langtext-LV, bspw. im Hinblick auf die vorgegebene Menge oder Einheit, müssen nicht notwendigerweise eine Änderung an den Verdingungsunterlagen darstellen. Der Auftraggeber muss sich darauf beschränken können, nachzuhalten, ob das Kurz-LV im Sinne der Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOB/A vollständig ist und die im Lang-LV geforderten Angaben enthält. So kann sich der Bieter nicht auf Änderungen am erstellten Formblatt zu seinen Gunsten (bspw. für den Fall des Nachtrages) berufen, sondern muss sich am anerkannten Langtext-LV festhalten lassen. Gleichzeitig kann es damit nicht zu seinen Lasten gehen, wenn das selbst gefertigte Kurz-LV vom anerkannten Langtext-LV fehlerhaft abweicht.*)
3. Ergibt das Produkt aus Menge und Einheitspreis nicht den angegebenen Gesamtbetrag, so ist gemäß § 23 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/A die Multiplikation der Menge mit dem angegebenen Einheitspreis maßgebend. Bei Verwendung einer selbst gefertigten Kurzfassung sind zur Multiplikation die Faktoren des schriftlich anerkannten Langtext-LV und nicht die fehlerhaft durch den Bieter in die Kurzfassung eingetragene Mengen bzw. Einheitsangaben zu verwenden. Dies gilt insbesondere, wenn die Menge des Leistungsgegenstandes nicht mit der in der Kurzfassung angegebenen Einheit bestimmbar ist. So ist eine Fernmeldekabelmenge in Stück nicht bestimmbar, wenn nicht die Länge angegeben wurde.*)

VPRRS 2008, 0144

VK Sachsen, Beschluss vom 21.04.2008 - 1/SVK/021-08
1. Vom Verbot der Änderung oder Ergänzung des Leistungsverzeichnisses während des laufenden Vergabeverfahrens sind in bestimmten Fällen Ausnahmen zuzulassen. Bis zum Eröffnungstermin hat der Auftraggeber die Möglichkeit, etwaige Fehler im Leistungsverzeichnis zu korrigieren, das heißt, er kann Teile des Leistungsverzeichnisses zurückziehen oder Änderungen am Leistungsverzeichnis vornehmen, sofern diese die Grundlagen des Wettbewerbs und der Preisbildung nicht grundlegend verändern und den Entschluss der Unternehmen zur Beteiligung oder zur Nichtbeteiligung am Wettbewerb nicht berühren.*)
2. Fehlerhafte Abweichungen im selbst gefertigten Kurzverzeichnis vom schriftlich anerkannten Langtext-LV, bspw. im Hinblick auf die vorgegebene Menge oder Einheit, müssen nicht notwendigerweise eine Änderung an den Verdingungsunterlagen darstellen. Der Auftraggeber muss sich darauf beschränken können, nachzuhalten, ob das Kurz-LV im Sinne der Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOB/A vollständig ist und die im Lang-LV geforderten Angaben enthält. So kann sich der Bieter nicht auf Änderungen am erstellten Formblatt zu seinen Gunsten (bspw. für den Fall des Nachtrages) berufen, sondern muss sich am anerkannten Langtext-LV festhalten lassen. Gleichzeitig kann es damit nicht zu seinen Lasten gehen, wenn das selbst gefertigte Kurz-LV vom anerkannten Langtext-LV fehlerhaft abweicht.*)
3. Ergibt das Produkt aus Menge und Einheitspreis nicht den angegebenen Gesamtbetrag, so ist gemäß § 23 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/A die Multiplikation der Menge mit dem angegebenen Einheitspreis maßgebend. Bei Verwendung einer selbst gefertigten Kurzfassung sind zur Multiplikation die Faktoren des schriftlich anerkannten Langtext-LV und nicht die fehlerhaft durch den Bieter in die Kurzfassung eingetragene Mengen bzw. Einheitsangaben zu verwenden. Dies gilt insbesondere, wenn die Menge des Leistungsgegenstandes nicht mit der in der Kurzfassung angegebenen Einheit bestimmbar ist. So ist eine Fernmeldekabelmenge in Stück nicht bestimmbar, wenn nicht die Länge angegeben wurde.*)

VPRRS 2008, 0143

VK Sachsen, Beschluss vom 26.03.2008 - 1/SVK/005-08
1. Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes nach dem SächsBRKG haben keine Ausübung öffentlicher Gewalt zum Gegenstand und unterliegen keiner Bereichsausnahme i. S. d. Art. 45 Abs. 1 EGV, die zum Ausschluss der Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 97 ff. GWB führen könnte. Förmliches Vergaberecht hat damit bei Überschreiten der Schwellenwerte Anwendung zu finden. Die Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes nach dem SächsBRKG sind anhand der Vorgaben des EU-Vergaberechts und des nationalen Umsetzungsrechts im Wege entsprechender Ausschreibungsverfahren zu vergeben.
2. Bei der Übertragung von Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes nach dem SächsBRKG besteht die vereinbarte Vergütung nicht im Recht des Dienstleistungserbringers zur Verwertung seiner eigenen Leistung sondern vielmehr in einem regelmäßigen vorab festgelegten „Entgelt“. Diesem Ergebnis steht nach Auffassung der Vergabekammer auch nicht entgegen, dass, die Vergütung an und für sich von den Krankenkassen entrichtet werde und von dem Träger des Rettungsdienstes lediglich durchgeleitet werde. Mithin handelt es sich bei der ausgeschriebenen Leistung um einen Dienstleistungsauftrag im Sinne von § 99 Abs. 2 GWB.*)
3. Der beabsichtigte Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht der Anwendbarkeit des Vergaberechts nicht entgegen.*)
4. Der Ausnahmenkatalog in § 100 Abs. 2 GWB ist grundsätzlich als abschließende Aufzählung zu verstehen. Damit bleibt kein Raum, über landesrechtliche Bestimmungen weitere Ausnahmen von der Anwendung des Vergaberechts zu schaffen. Bei der Übertragung von Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes nach dem SächsBRKG ist offenkundig keine der in § 100 Abs. 2 lit. a-n GWB aufgezählten Ausnahmen einschlägig.*)
5. Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes nach dem SächsBRKG unterliegen dem Anhang I Teil B nach § 1a Abs. 2 VOL/A.*)

VPRRS 2008, 0141

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2008 - Verg 23/08
1. Das Recht, einen Nachprüfungsantrag zu stellen, kann verwirken.
2. Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens kann lediglich der (potentielle) Auftragnehmer sein. Sonstige - mittelbar - an dem Auftrag interessierte Unternehmen sind demgegenüber nicht antragsbefugt.
3. Zu der Frage, ob ein GU-Vertrag eines privaten Investors als Baukonzession ausschreibungspflichtig ist.
4. Zur Gewährung wirksamen einstweiligen Rechtsschutzes gehören notfalls auch Anordnungen nach § 115 Abs. 3 GWB gegen den (unwirksam) von der Vergabestelle Beauftragten.

VPRRS 2008, 0139

VK Sachsen, Beschluss vom 14.04.2008 - 1/SVK/013-08
1. Die Vorschrift des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB ermächtigt die Vergabekammer zu keiner allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle. Sie kann ihrer Entscheidung keine vom Antragsteller zur Begründung seines Nachprüfungsantrages nicht herangezogene, ihn aber gleichwohl belastende Rechtsverstöße zugrunde zu legen. Etwas anderes kann im Einzelfall gelten, wenn von offenkundigen und schwerwiegenden Vergabeverstößen auszugehen ist, die auch die Rechtsposition des Antragstellers berühren.*)
2. Wenn ein Antragsteller, der sich bereits im Teilnahmewettbewerb erfolgreich qualifiziert hat, eine Vergaberechtswidrigkeit des Teilnahmewettbewerbs angreift, so hat er die sich hieraus ergebende Rechtsverletzung im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB geltend zu machen. Zudem ist es in diesen Fällen im Sinne einer subjektiven Rechtsverletzung unabdingbar, dass der Antragsteller auch Vergabeverstöße in der nachfolgenden 2. Verfahrensstufe darlegt. Es ist zu vermeiden, dass der Teilnehmer, der aus nachvollziehbaren vergaberechtsgemäßen Gründen in der zweiten Stufe ausgeschlossen wurde, noch einmal den Teilnahmewettbewerb erfolgreich angreifen kann.*)
3. Der Auftraggeber darf die Wertungsmatrix nicht erst nach Submission festlegen, wenn - wie in aller Regel - die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie in Kenntnis der Angebotsinhalte zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Bieters ausgestaltet.*)
4. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, sich auf die Referenzen zu berufen, die für einen früheren Arbeitgeber erbracht wurden. Dies hat im Besonderen für das VOF-Verfahren zu gelten, bei dem die Leistungen einen persönlichen Charakter aufweisen. Entscheidend ist immer, welchen Beitrag der jeweilige Mitarbeiter im Rahmen der Erarbeitung einer Referenz erbracht hat und welche Phasen des entsprechenden Projekts dieser begleitet hat.*)
5. Das Berechnungssystem zur Ermittlung der Punkte für das Zuschlagskriterium Preis in der entsprechenden prozentualen Gewichtung muss von nachvollziehbaren Bezugsgrößen ausgehen, die zu dokumentieren sind. Andernfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, willkürlich die Gewichtung des Kriteriums Preis/Honorarangebot im Vergleich zu den übrigen Kriterien festzusetzen.*)

VPRRS 2008, 0137

VK Sachsen, Beschluss vom 24.04.2008 - 1/SVK/015-08
1. Die Auskunftspflicht des öffentlichen Auftraggebers nach § 18a Nr. 2 Absatz 5 VOL/A dient der Einhaltung eines fairen, mit möglichst großer Beteiligung geführten Wettbewerbs und damit auch der Gleichbehandlung der Bewerber. Dem Auftraggeber ist ein berechtigtes Interesse zuzugestehen, eine angemessene Frist für den letztmöglichen Eingang von Fragen zu den Verdingungsunterlagen festzusetzen, die vor der Frist des § 18a Nr. 2 Absatz 5 VOL/A endet. Zweck einer solchen Regelung ist es, individuellen Klärungsbedarf im Rahmen der laufenden Angebotsfrist zu kanalisieren, so dass ein geordneter Ablauf des Verfahrens nicht beeinträchtigt wird.*)
2. Bei Forderung der Vorlage eines individuellen Betreiberkonzeptes in den Verdingungsunterlagen ist es einem öffentlichen Auftraggeber nicht möglich und nicht zumutbar, jedwede rechtliche Konstellation eines Betreiberkonzeptes zu antizipieren um sich mit Blick darauf festzulegen, ob ein Betriebsübergang voraussichtlich eintreten wird oder nicht. Insoweit ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber in die Verdingungsunterlagen eine „Warnklausel“ hinsichtlich eines etwaig eintretenden Betriebsüberganges aufnimmt, denn damit kommt der Auftraggeber seiner Verpflichtung in ausreichendem Maße nach, den Bietern den rechtlichen Rahmen aufzuzeigen, innerhalb dessen sich ihre Angebote bewegen können.*)
3. Entscheidend hinsichtlich der Aufklärung der Vermutung einer Mischkalkulation ist, ob ein Bieter zu streitigen Positionen des Leistungsverzeichnisses plausible Erklärungen samt der abgeforderten Unterlagen beibringt und den Verdacht einer ausschlussrelevanten Mischkalkulation beispielsweise durch Vorlage der Urkalkulation zerstreut. Dabei ist zu beachten, dass ein Antragsteller einem Auftraggeber nicht Umfang und Ausgestaltung der Auskömmlichkeitsprüfung diktieren oder zu einem immer weiter und tiefer gehenden Rechtfertigungsszenario zwingen kann, bis schlussendlich aus Sicht des Antragstellers ein Rechtfertigungsmanko einem Beigeladenen zu konstatieren ist.*)

VPRRS 2008, 0136

LG Landshut, Urteil vom 11.12.2007 - 73 O 2576/07
1. Gegenstand und Grundlage für die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Zuschlagserteilung in einem Vergabeverfahren kann nur sein, ob der Bieter - was auch für die summarische Überprüfung im Verfügungsverfahren mit den dafür vorgesehenen Mitteln der ZPO einschließlich der Glaubhaftmachung zur Überzeugung des Gerichts dargestellt sein muß - durch einen Verstoß gegen das letztlich auf Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Willkürverbot bei der beabsichtigten Zuschlagsentscheidung durch die Vergabestelle benachteiligt worden ist.
2. Gleich welche Rechtsgrundlage herangezogen wird, setzt dies immer voraus, daß bei der Vergabe vorsätzlich rechtswidrig oder sonst in unredlicher Absicht gehandelt wird.

VPRRS 2008, 0135

EuGH, Urteil vom 15.05.2008 - Rs. C-148/06
Die grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags über die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit sowie das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen einer nationalen Regelung entgegen, die bei Aufträgen, deren Wert unter dem in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG festgelegten Schwellenwert liegt und an denen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht, den öffentlichen Auftraggeber im Fall von mehr als fünf gültigen Angeboten zwingt, solche, die in Anwendung eines in dieser Regelung vorgesehenen mathematischen Kriteriums als ungewöhnlich niedrig im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung angesehen werden, automatisch auszuschließen, ohne dem Auftraggeber die Möglichkeit zu lassen, die Bestandteile dieser Angebote zu überprüfen, indem er die betroffenen Bieter zu entsprechenden Erläuterungen auffordert. Das gilt nicht, wenn eine nationale oder eine örtliche Regelung oder der betreffende öffentliche Auftraggeber für den Fall einer übermäßig hohen Zahl von Angeboten, die den Auftraggeber zwingen würde, so viele Angebote einer kontradiktorischen Prüfung zu unterziehen, dass dies seine administrativen Möglichkeiten übersteigen oder durch die Verzögerung, die durch diese Prüfung einträte, die Verwirklichung des Projekts gefährden würde, einen angemessenen Schwellenwert festlegt, bei dessen Überschreiten ungewöhnlich niedrige Angebote automatisch ausgeschlossen sind.*)

VPRRS 2008, 0134

EuGH, Urteil vom 15.05.2008 - Rs. C-147/06
Die grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags über die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit sowie das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen einer nationalen Regelung entgegen, die bei Aufträgen, deren Wert unter dem in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG festgelegten Schwellenwert liegt und an denen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht, den öffentlichen Auftraggeber im Fall von mehr als fünf gültigen Angeboten zwingt, solche, die in Anwendung eines in dieser Regelung vorgesehenen mathematischen Kriteriums als ungewöhnlich niedrig im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung angesehen werden, automatisch auszuschließen, ohne dem Auftraggeber die Möglichkeit zu lassen, die Bestandteile dieser Angebote zu überprüfen, indem er die betroffenen Bieter zu entsprechenden Erläuterungen auffordert. Das gilt nicht, wenn eine nationale oder eine örtliche Regelung oder der betreffende öffentliche Auftraggeber für den Fall einer übermäßig hohen Zahl von Angeboten, die den Auftraggeber zwingen würde, so viele Angebote einer kontradiktorischen Prüfung zu unterziehen, dass dies seine administrativen Möglichkeiten übersteigen oder durch die Verzögerung, die durch diese Prüfung einträte, die Verwirklichung des Projekts gefährden würde, einen angemessenen Schwellenwert festlegt, bei dessen Überschreiten ungewöhnlich niedrige Angebote automatisch ausgeschlossen sind.*)

VPRRS 2008, 0133

VK Südbayern, Beschluss vom 16.07.2007 - Z3-3-3194-1-28-06/07
1. Ein Bieter ist durch die Entscheidung des Auftraggebers - das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 VOB/A auszuschließen, weil es Preise bzw. geforderte Erklärungen nicht enthält und es nicht alle in den Verdingungsunterlagen gestellten Bedingungen erfüllt - nicht in seinen Rechten verletzt.*)
2. Durch das Verhalten des Bieters, das von ihm in die hierfür vorgesehenen Positionen im Leistungsverzeichnis zwingend einzutragende Erzeugnis durch die Angabe von zwei bzw. drei Herstellern nicht definitiv anzugeben, behält er sich offen, welchen Hersteller seiner Wahl er nach Zuschlagserteilung einbauen wird. Das Angebot ist somit nicht hinreichend bestimmt.*)
3. Ein Angebot ist nur dann wirksam, wenn es hinreichend bestimmt ist. Es muss so beschaffen sein, dass der Vertrag mit der Annahmerklärung zustande kommen kann. Das bedeutet, dass es nach seinem Inhalt derart bestimmt sein muss, dass die Annahme durch ein einfaches "Ja" erfolgen kann und dass der Vertragsinhalt im Streitfall richterlich festgestellt werden kann.*)

VPRRS 2008, 0132

VK Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2008 - VK 58/07
1. Wird anstelle eines in der Leistungsbeschreibung geforderten Geogitters ein technisch nicht gleichwertiges Geotextil angeboten, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
2. Die Auslegung eines eindeutigen Leistungsverzeichnisses zur Verhinderung eines eventuellen Vergabeverstoßes des Auftraggebers (produktgebundene Ausschreibung) ist nicht zulässig.
3. Betreffen die Nachprüfungsanträge Fragen des Angebotsinhalts sowie der Eindeutigkeit und des Inhalts der Verdingungsunterlagen, gehören sie ihrer Art nach zum überkommenen Aufgabenbereich der Vergabestelle. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für den öffentlichen Auftraggeber ist dann nicht notwendig.

VPRRS 2008, 0131

VK Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2008 - VK 56/07
1. Wird anstelle eines in der Leistungsbeschreibung geforderten Geogitters ein technisch nicht gleichwertiges Geotextil angeboten, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
2. Die Auslegung eines eindeutigen Leistungsverzeichnisses zur Verhinderung eines eventuellen Vergabeverstoßes des Auftraggebers (produktgebundene Ausschreibung) ist nicht zulässig.
3. Betreffen die Nachprüfungsanträge Fragen des Angebotsinhalts sowie der Eindeutigkeit und des Inhalts der Verdingungsunterlagen, gehören sie ihrer Art nach zum überkommenen Aufgabenbereich der Vergabestelle. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für den öffentlichen Auftraggeber ist dann nicht notwendig.

VPRRS 2008, 0130

VK Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2008 - VK 59/07
1. Eine Änderung der Firma führt nicht zu einer Änderung in der Person des Bieters und damit auch nicht zu einer unzulässigen Änderung der Verdingungsunterlagen.
2. Eine fehlende Information nach § 13 VgV ist kein vergabeverfahrensimmanenter Vergabeverstoß, der sich auf das Wettbewerbsergebnis auswirken kann. Die rechtlich schutzwürdigen Interessen des Bieters sind voll umfänglich bereits dadurch gewahrt, dass ein Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung an den öffentlichen Auftraggeber zugestellt wurde.
3. Die Umsatzsteuer ist ein typisches Risiko eines Unternehmers, gehört zu seiner Sphäre und stellt sich damit nicht als ungewöhnliches, sondern vielmehr gewöhnliches Wagnis dar. Das Risiko der richtigen Ermittlung der Umsatzsteuer liegt damit aufseiten des Auftragnehmers. Zweifel oder Unklarheiten bei der Berechnung der Umsatzsteuer hat der Bieter - ggf. durch Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Finanzamt – zu beseitigen.

VPRRS 2008, 0129

VK Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2008 - VK 3/08
1. Von einem sachkundigen Bieter ist zu erwarten, dass er nach Eingang der Verdingungsunterlagen diese auf Vollständigkeit prüft. Vermeintliche Ungereimtheiten dürfen nicht einfach hingenommen werden. Ergeben sich aus den Verdingungsunterlagen Zweifelsfragen, muss der Bieter diese vor Abgabe seines Angebotes klären.
2. Ist der tatsächlich gewollte Angebotspreis nicht erkennbar, ist dies ist dem Fehlen von (wesentlichen) Preisangaben i.S.v. § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOL/A gleichzusetzen. Eine vergleichende Wertung mit anderen Angeboten ist nicht möglich.

VPRRS 2008, 0128

VK Arnsberg, Beschluss vom 10.03.2008 - VK 05/08
1. Eine unterlassene Kennzeichnung der Angebote führt zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.
2. Die fehlende zweite Unterschrift in dem Protokoll der Eröffnungsverhandlung nach § 22 VOL/A führt zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.

VPRRS 2008, 0127

VK Arnsberg, Beschluss vom 07.03.2008 - VK 06/08
1. Eine unterlassene Kennzeichnung der Angebote führt zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.
2. Die fehlende zweite Unterschrift in dem Protokoll der Eröffnungsverhandlung nach § 22 VOL/A führt zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.

VPRRS 2008, 0125

VK Thüringen, Beschluss vom 15.02.2008 - 360-4002.20-147/2008-001-ABG
Die Entscheidung in der Frage, ob es sich hinsichtlich der Aufstellung und des Betriebes einer Behandlungs- und Mischanlage um Abfallbehandlungsanlagen handelt und dafür auch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich ist oder nicht, stellt keine Feststellung und damit auch keine Entscheidung der Frage der Verletzung von Vergabevorschriften dar. Sie ist damit nicht geeignet zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht zu werden.
