Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5448 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2011
VPRRS 2011, 0069
VK Brandenburg, Beschluss vom 16.10.2007 - VK 38/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0068

VK Lüneburg, Beschluss vom 11.03.2008 - VgK-05/2008
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0065

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2010 - 23 U 173/09
1. Die Regelung von vergaberechtlichen Vorgaben in Zuwendungsbescheiden über Fördermittel als standardmäßig vorformulierte "Allgemeine Nebenbestimmungen" sind als Auflagen zu bewerten.
2. Diese Auflagen zur Einhaltung des Vergabeverfahrens nach der VOB sind nicht als Bedingungen formuliert, sondern als Aufforderungen zur Beachtung, bei deren Nichtbeachtung das Ermessen hinsichtlich einer eventuellen Rückforderung ausgeübt werden kann und muss.

VPRRS 2011, 0064

VK Saarland, Beschluss vom 28.10.2010 - 1 VK 12/2010
1. Der zwingende Ausschluss formal fehlerhafter Angebote im VOF-Verfahren folgt aus dem Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot (§ 97 Abs. 1 und Abs. 2 GVVB).*)
2. § 11 VOF trifft für die Frage des Ausschlusses aus formalen Gründen keine abschließende Regelung. Es würde den Grundprinzipien des Vergaberechts zuwiderlaufen, wollte man den öffentlichen Auftraggeber daran hindern, in der Bekanntmachung weitere Voraussetzungen zu nennen, bei deren Nichteinhaltung ein nicht leistungsfähiger Bewerber zwingend auszuschließen ist.*)
3. Zu den gemäß § 10 Abs. 3 VOF vorgesehenen Nachweisen über die finanzielle, wirtschaftliche oder fachliche Eignung gehört auch der Nachweis über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherungsdeckung (§ 12 Abs. 1 Buchst. a VOF).*)
4. Bei Bietergemeinschaften muss jedes Mitglied für sich betrachtet die notwendige finanzielle, wirtschaftliche oder fachliche Eignung erbringen. Etwaige Absprachen zwischen den Bietern wirken nicht im Außenverhältnis und sind somit irrelevant. Fehlt ein entsprechender Nachweis eines Gemeinschaftsmitgliedes, so ist die gesamte Bietergemeinschaft vom Vergabeverfahren auszuschließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Vorlage dieser Nachweise ist die Abgabe des Teilnahmeantrages.*)

VPRRS 2011, 0062

VK Münster, Beschluss vom 16.12.2010 - VK 9/10
Eine Vergabestelle darf im Rahmen der Eignungsbeurteilung auch auf eigene Erfahrungen, die sie mit dem Unternehmen aus früheren Aufträgen gemacht hat, abstellen und diese bei der Wertung berücksichtigen.*)

VPRRS 2011, 0056

OLG Koblenz, Beschluss vom 02.02.2011 - 1 Verg 1/11
1. Hat der Auftraggeber die technischen Leistungsmerkmale unter Verwendung von Normen genau und verständlich beschrieben und zudem vergaberechtswidrig auch noch ein Leitprodukt angegeben, ist auf eine angebotene Leistungsalternative § 9 Nr. 7 VOB/A 2006 (§ 7 Abs. 5 VOB/A 2009) und nicht § 9 Nr. 10 VOB/A 2006 (§ 7 Abs. 8 Satz 2 VOB/A 2009) anzuwenden.*)
2. Der Nachweis der Gleichwertigkeit im Sinne des § 9 Nr. 7 VOB/A 2006 (§ 7 Abs. 5 VOB/A 2009) ist nicht deshalb entbehrlich, weil es im Behördenapparat des Auftraggebers eine Person gibt oder geben könnte, die aufgrund eigener Sachkunde ohne entsprechende Angaben eines Bieters in der Lage wäre, die Frage der Gleichwertigkeit zu beurteilen.*)
3. Es ist Sache des Bieters, sein Nebenangebot so klar und deutlich abzufassen, dass der Auftraggeber allein aufgrund dieser Angaben nachprüfen kann, ob die Leistungsvariante den Mindestanforderungen in Sinne des § 25a Nr. 3 VOB/A 2006 (§ 16a Abs. 3 VOB/A 2009) genügt. Unklare oder widersprüchliche Angaben gehen zu Lasten des Bieters; der Auftraggeber ist nicht zu einer Aufklärung verpflichtet.*)

VPRRS 2011, 0051

VK Brandenburg, Beschluss vom 15.10.2010 - VK 48/10
1. Erkennbar sind Vergaberechtsverstöße dann, wenn sich ihre Vergaberechtswidrigkeit bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt bereits aus den Vergabeunterlagen erschließt.
2. Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als „offensichtlich unbegründet“ sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint, etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass es die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße tatsächlich nicht gibt.
3. Angebote, die die in den Verdingungsunterlagen aufgestellten Mindestanforderungen von vornherein nicht einhalten, sind auszuschließen. Der Auftraggeber ist nicht gehindert, auch noch in einem späteren Verfahrensstadium auf den zwingenden Ausschlussgrund zurückzugreifen.

VPRRS 2011, 0048

VK Brandenburg, Beschluss vom 09.06.2010 - VK 26/10
1. Eine Rüge ist als ausreichend substantiiert anzusehen, wenn das rügende Unternehmen eine konkrete Tatsache benennt, aus welcher sich der Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes ergibt.
2. Nebenangebote dürfen zwar per Definition von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen abweichen, müssen aber einem Hauptangebot qualitativ und quantitativ gleichwertig sein. Sie dürfen nicht von verbindlichen Festlegungen des Leistungsverzeichnisses, die für Haupt- und Nebenangebote gleichermaßen gelten, abweichen.
3. Die Kalkulation der Preise ist grundsätzlich Angelegenheit des Bieters. Nur wenn ein offenbares Missverhältnis zwischen dem Gesamtpreis des Angebotes und der Leistung besteht, kommt ein Ausschluss des Angebotes nach § 25 Nr. 3 Abs.
2 VOB/A in Betracht, ohne dass es dabei auf einen Vergleich einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem auskömmlichen Preis ankommt.

VPRRS 2011, 0046

VK Brandenburg, Beschluss vom 10.05.2010 - VK 13/10
Bei der Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters ist eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfanges, der Intensität, des Ausmaßes und des Grades der Vorwerfbarkeit von Pflichtverletzungen erforderlich. Aus der Tatsache einer Vertragsverletzung kann nur dann der Rückschluss auf eine Unzuverlässigkeit des Bieters gezogen werden, wenn der Mangel gravierend ist, d.h. zu einer deutlichen Belastung des Auftraggebers, sei es in tatsächlicher oder finanzieller Hinsicht, führt.

VPRRS 2011, 0043

OLG Koblenz, Urteil vom 12.04.2010 - 12 U 171/09
Ein Bieter ist gehalten, auch ein Leistungsverzeichnis mit sprachlichen und strukturellen Mängeln sorgfältig zu lesen, inhaltsmäßig genau zu erfassen und aufgrund der Gesamtheit aller maßgeblichen Umstände auzulegen.

VPRRS 2011, 0042

VK Hessen, Beschluss vom 25.01.2011 - 69d-VK-41/2010
1. Für den Fall, dass sich der Antrag vor einer Entscheidung der Vergabekammer erledigt hat und ein Unterliegen deshalb nicht im Wege eines Beschlusses festgestellt wird, erfolgt die Entscheidung über die Kostentragungspflicht gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen.
2. Billigem Ermessen entspricht es unter Zugrundelegung des Rechtsgedanken des § 91a ZPO beziehungsweise des § 161 VwGO aber, demjenigen die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der, wäre das erledigende Ereignis nicht eingetreten, im Falle einer Entscheidung durch die Vergabekammer unterlegen wäre.
3. § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2009 ist auf ein Verhandlungsverfahren weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar.
4. Unvollständig, sei es aufgrund einer fehlenden Unterschrift oder fehlender Rechtsverbindlichkeit, kann ein Angebot im Verhandlungsverfahren insoweit nur dann sein, wenn nach Abschluss der Verhandlungen der Angebotsmangel immer noch vorhanden ist, es sei denn, der Auftraggeber selbst hat im Hinblick auf die von ihm beabsichtigte Durchführung des Verhandlungsverfahrens formelle Verfahrensanforderungen bekannt gegeben, welche die Bieter zu beachten haben.
5. Folglich kann ein Angebot, das unzulässigerweise ein Gremienvorbehalt enthält, nicht ausgeschlossen werden, wenn dieser Vorbehalt im Lauf der Verhandlungen zurückgenommen wird.
6. Kostenregelung des § 128 Abs. 4 GWB ist abschließend.

VPRRS 2011, 0041

OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.10.2010 - 11 Verg 7/10
Das Entstehen einer Obliegenheit zur Rüge nach § 107 Absatz 3 GWB setzt voraus, dass der Bieter von den tatsächlichen Umständen, auf die er den Vorwurf der Vergaberechtsverletzung stützt, volle Kenntnis hat. Hat der Bieter aufgrund bestimmter Tatsachen bloße Vermutungen für das Vorliegen einer Vergaberechtsverletzung, darf er ohne schuldhaftes Zögern abwarten, bis die Vergabestelle die von ihm erbetenen weiteren Informationen erteilt hat. Verzögert sich die Informationserteilung durch die Vergabestelle, darf der Bieter die ihm bis dahin bekannten Tatsachen zum Anlass für eine wirksame Rüge nehmen, um sich nicht dem aus seiner Sicht möglichen Vorwurf auszusetzen, nicht unverzüglich gehandelt zu haben.*)

VPRRS 2011, 0038

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2010 - Verg 50/10
Es liegt ein zum Ausschluss eines Angebots führender Verstoß gegen den Geheimwettbewerb vor, wenn ein Bieter für die ausgeschriebene Leistung nicht nur ein eigenes Angebot abgibt, sondern sich daneben auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft für dieselbe Leistung bewirbt, weil solche Angebote im Regelfall in Kenntnis des jeweils anderen abgegeben werden.

VPRRS 2011, 0035

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2010 - Verg 25/08
Eine Verknüpfung zwischen einem Grundstückskaufvertrag und einem Bauauftrag als vergaberechtliche Einheit ist dann gegeben, wenn zwischen beiden Verträgen ein inhaltlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.

VPRRS 2011, 0028

BGH, Urteil vom 09.12.2010 - VII ZR 7/10
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Klausel, dass der Auftragnehmer zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistungen eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen hat, ist unwirksam, wenn in dem Vertrag zusätzlich bestimmt ist, dass die sich aus den geprüften Abschlagsrechnungen ergebenden Werklohnforderungen des Auftragnehmers nur zu 90 % bezahlt werden.*)

VPRRS 2011, 0027

VK Bund, Beschluss vom 24.01.2011 - VK 2-143/10
1. Es entspricht der Billigkeit gemäß § 128 GWB, wenn der Antragsgegner, der nach Einleitung eines Nachprüfungsantrags dem Begehren des Antragstellers abhilft, die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen des Antragstellers trägt.
2. Maßgeblich ist dabei der objektive Tatbestand der Abhilfe. Auf Zweifel an der Zulässigkeit oder Begründetheit des Nachprüfungsantrags kommt es nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung im Rahmen der Kostenentscheidung nicht an.

VPRRS 2011, 0026

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2010 - Verg 56/10
Bringt der Bieter trotz Aufforderung Eignungsnachweise (hier: Bescheinigung vom Finanzamt) nicht ordnungsgemäß bei, so ist er auszuschließen.

VPRRS 2011, 0023

OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.11.2010 - Verg W 14/10
Die Vergabestelle hat kein Recht, den verbindlich vorgegebenen Vorgaben nachträglich einen von den Verdingungsunterlagen abweichenden Inhalt beizumessen. Das abgegebene Angebot muss den ausgeschriebenen Leistungen und den übrigen Verdingungsunterlagen entsprechen, um damit im Wettbewerb vergleichbar zu sein. Somit können die Bieter, die Angebote entsprechend der Ausschreibung abgegeben haben, nicht durch eine Änderung der Verdingungsunterlagen einen Wettbewerbsnachteil erleiden.

VPRRS 2011, 0022

OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.10.2010 - Verg W 13/10
1. Für die Beurteilung eines Angebotspreises als unangemessen niedrig ist maßgeblich auf den Gesamtpreis des Angebots abzustellen und nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses.
2. Ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung liegt dann vor, wenn der angebotene Gesamtpreis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis abweicht, dass eine genauere Überprüfung nicht im einzelnen erforderlich ist und die Unangemessenheit des Angebotspreises sofort ins Auge fällt. Ein Preisunterschied zwischen dem Erst- und Zweitplatzierten von nahezu 10 % ist nicht von solchem Ausmaß, dass er ein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung ergibt.

VPRRS 2011, 0021

OLG Hamburg, Beschluss vom 09.07.2010 - 1 Verg 1/10
Wird die Vorlage einer "Urkalkulation" bis zum Aufklärungsgespräch verlangt, so ist ein Angebot auszuschließen, wenn die Urkalkulation erst nach dem Aufklärungsgespräch eingereicht wird.

VPRRS 2011, 0017

VK Nordbayern, Beschluss vom 13.12.2010 - 21.VK-3194-40/10
Die Kosten sind gem. § 128 Abs. 3 Satz 1 und Satz 5 nicht der ASt, sondern einem anderen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, soweit dieser im Verfahren unterliegt. Das ist der Fall, wenn sich die Rüge des Vergaberechtsverstoßes als erfolgreich erweist. Die am verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren orientierte Kostenregelung des § 128 GWB setzt insoweit eine behördliche Entscheidung voraus. Diese kann in der Abhilfeentscheidung der Ausgangsbehörde oder in der Entscheidung der Wider-spruchsbehörde liegen. Kommt daher die VSt dem Rechtsschutzbegehren der ASt nach, so war die Rüge des Vergaberechtsverstoßes i. S. v. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB im Verfahren erfolgreich.*)

VPRRS 2011, 0016

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2011 - Verg 46/10
1. Bei einer Änderung des Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers, die zu einer kalkulationserheblichen Reduzierung oder Erweiterung des ausgeschriebenen Leistungsumfangs führt, hat der Auftraggeber den Bietern in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zu geben, auf diese Korrektur zu reagieren. Sind die Angebote bereits eröffnet, müssen die Bieter entsprechende Änderungen ihres Angebots vornehmen können.
2. Die Bieter haben einen Anspruch auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens, nicht dagegen darauf, dass die Vergabestelle den ausgeschriebenen Leistungsumfang unter Effizienz- oder Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten abändert.
3. Ist die Reduzierung des Auftragsumfangs geringer als der Preisvorsprung des Bestbieters, kann die Kenntnis des Wegfalls dieser Positionen die Kalkulation in einer die Angebotsreihenfolge ändernden Weise nicht beeinflussen.

VPRRS 2011, 0013

OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011 - 13 Verg 15/10
1. Die Voraussetzungen für die Aufhebung eines Vergabeverfahrens (hier § 26 Nr. 1 c VOB/A 2006) gelten auch im Verhandlungsverfahren.*)
2. Zu den Anforderungen an eine zulässige Rüge gemäß § 107 Abs. 2 GWB.*)
3. Auch im Vergabenachprüfungsverfahren können Gründe nachgeschoben werden, wobei der Dokumentationspflicht genügt ist, wenn dies in anwaltlichen Schriftsätzen erfolgt.*)

VPRRS 2011, 0008

BGH, Urteil vom 25.11.2010 - VII ZR 201/08
Ein Zuschlag in einem durch ein Planfeststellungsverfahren verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen erfolgt im Zweifel auch dann zu den ausgeschriebenen Fristen und Terminen, wenn diese nicht mehr eingehalten werden können und das Zuschlagsschreiben des Auftraggebers den Hinweis auf später "noch mitzuteilende exakte Fristen" enthält (Anschluss an BGH, IBR 2010, 549).*)

VPRRS 2011, 0007

VK Sachsen, Beschluss vom 19.10.2010 - 1/SVK/037-10
1. Wenn ein Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts fordert, dass "keine Person rechtskräftig wegen einer der in § 21 Abs. 1 SektVO genannten Straftaten verurteilt ist", so ist es ausreichend, die Eigenerklärung darauf zu beschränken, den Gesetzestext des § 21 Absatz 1 Satz 1 SektVO wortwörtlich abzuschreiben, da in § 21 Absatz 1 Satz 2 SektVO keine Straftaten genannt werden.*)
2. Fordert ein Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts, dass "kein Insolvenzverfahren oder vergleichbares Verfahren über das Vermögen des Bewerbers beantragt oder eröffnet ist oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wurde" (§ 21 Abs. 4 Nr. 1 SektVO), ist es ausreichend, wenn der Teilnehmer eine Eigenerklärung des Inhalts abgibt, dass er "sich nicht im Insolvenzverfahren oder in Liquidation befindet bzw. die Tätigkeit eingestellt hat und sich nicht aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahrens in einer entsprechenden Rechtslage befindet" (§ 11 Absatz 4 lit. a) VOF). Wenn der Auftraggeber eine formlose Eigenerklärung verlangt, dann muss der Bewerber auch die Möglichkeit haben, sinngemäß in eigenen Worten das zu erklären, was Ziel der Erklärungsabforderung des Auftraggebers ist, zumal die vorliegend der VOF entnommene Formulierung das Ziel hat, eine allumfassende Erklärung in insolvenzrechtlicher Hinsicht abzugeben.*)
3. Soweit die Vergabebekanntmachung Angaben aus den letzten 3 abgeschlossenen Kalenderjahren (2007, 2008, 2009) verlangt und ein Bewerber nur für die abgeschlossenen Jahre 2008 und 2009, sowie für das laufende Jahr 2010 diese Angaben vorlegt, nicht jedoch für das abgeschlossene Jahr 2007, fehlt eine geforderte Erklärung.*)
4. Dieses Fehlen einer geforderten Erklärung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer falsa demonstratio unschädlich, denn dafür ist es erforderlich, dass die eine Vertragspartei ihrer Erklärung einen von dem objektiven Erklärungsinhalt abweichenden Inhalt beimisst und die andere Vertragspartei dies erkennt und hinnimmt. Ein solcher Fall des übereinstimmenden, abweichenden Erklärungsinhaltes ist bei der dargelegten anderweitigen Jahresangabe nicht gegeben.*)

VPRRS 2011, 0006

VK Sachsen, Beschluss vom 23.09.2010 - 1/SVK/031-10
1. Nach der Vorschrift des § 98 Nr. 4 GWB gehören zu den Sektorentätigkeiten solche zur Nutzung eines geographisch abgegrenzten Gebietes zum Zwecke der Versorgung von Beförderungsunternehmen im Luftverkehr mit Flughäfen durch Flughafenunternehmer, die einer Genehmigung nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung bedürfen.*)
2. Soweit ein Auftraggeber einen lediglich "unterschriebenen" Teilnahmeantrag fordert, genügt dieser Anforderung jede Unterschrift eines Erklärenden, der zum Zeitpunkt des Ablaufs der Vorlagefrist tatsächlich bevollmächtigt war. Den Nachweis über seine Vertretungsmacht kann er jederzeit, auch nachträglich, führen.*)
3. Wenn ein Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts fordert, dass "keine Person rechtskräftig wegen einer der in § 21 Abs. 1 SektVO genannten Straftaten verurteilt ist", so ist es ausreichend, die Eigenerklärung darauf zu beschränken, den Gesetzestext des § 21 Absatz 1 Satz 1 SektVO wortwörtlich abzuschreiben, da in § 21 Absatz 1 Satz 2 SektVO keine Straftaten genannt werden.*)
4. Fordert der Auftraggeber eine Eigenerklärung des Inhalts, dass "kein Insolvenzverfahren oder vergleichbares Verfahren über das Vermögen des Bewerbers beantragt oder eröffnet ist oder die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wurde" (§ 21 Abs. 4 Nr. 1 SektVO), ist es ausreichend, wenn der Teilnehmer eine Eigenerklärung des Inhalts abgibt, dass er "sich nicht im Insolvenzverfahren oder in Liquidation befindet bzw. die Tätigkeit eingestellt hat und sich nicht aufgrund eines in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahrens in einer entsprechenden Rechtslage befindet" (§ 11 Absatz 4 lit. a VOF). Wenn der Auftraggeber eine formlose Eigenerklärung verlangt, dann muss der Bewerber auch die Möglichkeit haben, sinngemäß in eigenen Worten das zu erklären, was Ziel der Erklärungsabforderung ist, zumal die vorliegend der VOF entnommene Formulierung das Ziel hat, eine allumfassende Erklärung in insolvenzrechtlicher Hinsicht abzugeben.*)

VPRRS 2011, 0005

VK Sachsen, Beschluss vom 25.08.2010 - 1/SVK/027-10
1. Das Vergabenachprüfungsverfahren dient dem Individualrechtsschutz. Es dient jedoch nicht dazu, eine Ausschlussentscheidung zu Lasten eines Antragstellers auf neue Gründe zu stützen. Soweit die Mängel des Angebots des Antragstellers offenkundig sind und bereits durch den Auftraggeber in der Vergabeakte dokumentiert wurden, kann die Vergabekammer diese im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes aufgreifen, und diese Ausschlussgründe bei der Entscheidung berücksichtigen.*)
2. Die Bereichsausnahme des § 100 Abs. 2 d) bb) GWB ist nur einschlägig, wenn zusätzlich gerade durch die Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung staatlicher Sicherheitsinteressen droht.*)
3. Auch im Verhandlungsverfahren können Angebote nur dann in der weiteren Wertung berücksichtigt werden, wenn diese im Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Mindestanforderungen erfüllen. Eine Änderung an den Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1, Abs. 1 d) VOL/A führt damit zum Ausschluss. Dies gilt auch für ein optionales Leistungskriterium. Wird ein optionales Leistungskriterium angeboten, erfüllt dieses jedoch nicht die Vorgaben der Verdingungsunterlagen, so kann das Angebot nicht dahingehend interpretiert werden, dass das Leistungsmerkmal nicht angeboten sein soll und damit das Angebot in der Wertung verbleibt.*)

VPRRS 2011, 0004

OLG München, Beschluss vom 23.12.2010 - Verg 21/10
Ist die Aufhebung einer Ausschreibung in vergaberechtswidriger Weise erfolgt, kann ein drohender Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB für einen sich gegen die Aufhebung wendenden Bieter nur dann verneint werden, wenn bei unterstellter ver-gaberechtskonformer Handlungsweise des öffentlichen Auftraggebers ein Zuschlag auf dessen Angebot mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.*)

VPRRS 2011, 0003

OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2010 - 11 U 37/10
Bedingte Preisnachlässe sind im Vergabeverfahren nur dann berücksichtigungsfähig, wenn der Auftraggeber anlässlich der Vergabeentscheidung realistischerweise davon ausgehen kann, dass die Bedingung auch tatsächlich eintritt.

VPRRS 2011, 0002

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2010 - Verg 33/10
1. Die VOB/A zählt die Ausschlussgründe abschließend auf.
2. Eine Ausschreibung darf keine Anforderungen an die Preishöhe stellen. Es dürfen keine Mindestpreise verlangt werden. Ein Verbot negativer Einheitspreise ist unzulässig.
3. Ein Nachprüfungsantrag kann nur Erfolg haben, wenn ein vergaberechtswidriges Verhalten vorliegt und feststeht, dass der Antragsteller bei dessen Vermeidung eine Chance auf den Zuschlag gehabt hätte.

VPRRS 2011, 0001

VK Berlin, Beschluss vom 15.11.2010 - VK-B2-25/10
1. Ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft ist regelmäßig nicht antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB, da ihm das notwendige Interesse am Auftrag fehlt. *)
2. Die Bevollmächtigung eines Mitglieds der Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren erstreckt sich nicht auf die Vertetung im Nachprüfungsverfahren. *)
3. Das Fehlen einer Vollmacht macht einen Nachprüfungsantrag des Mitglieds einer Bietergemeinschaft, das für diese tätig werden will, offensichtlich unzulässig.*)

Online seit 2010
VPRRS 2010, 0438
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.11.2010 - Verg 28/10
1. Auch unterhalb der Schwelle der Aufhebungsgründe des § 26 VOB/A 2006 können Bieter aus Gründen der einem öffentlichen ebenso wie einem privaten Auftraggeber zuzuerkennenden Vertragsfreiheit keine Auftragsvergabe erzwingen, sondern darf der Auftraggeber das Vergabeverfahren aufheben. Dies kann nur anders zu beurteilen sein, sofern der Auftraggeber für die Aufhebung der Ausschreibung keinen sachlich gerechtfertigten Grund angegeben (hier bejaht) oder die Aufhebung nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren.
2. Liegt ein Begründungsfehler vor, ist allerdings im Vergabenachprüfungsverfahren nicht auszusprechen, dass das Vergabeverfahren fortzusetzen und mit Zuschlag zu beenden ist, denn die Vergabestelle hat die Möglichkeit, eine korrekte Aufhebung nachzuholen.

VPRRS 2010, 0437

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.10.2010 - VK-SH 14/10
Wählt der Auftraggeber als einziges Zuschlagskriterium den Preis und lässt er gleichzeitig die Abgabe von Nebenangeboten zu, liegt darin ein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG.*)

VPRRS 2010, 0436

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.10.2010 - VK-SH 16/10
1. Eine Auslegung des Angebots des Bieters gemäß §§ 133, 157 BGB kommt nicht in Betracht, wenn die Eintragung des Bieters in der maßgeblichen Position für sich genommen eindeutig ist und keinen Rechen- oder Schreibfehler erkennen lässt.*)
2. Die pauschale Anerkennung eines Langtextverzeichnisses ändert nichts daran, dass der Bieter nur das anbietet, was er auch bepreist hat. Wenn der Bieter in seinem selbst gefertigten Kurztextverzeichnis die ursprüngliche statt der korrigierten Menge bepreist, bietet er auch nur diese Menge an.*)

VPRRS 2010, 0434

LG Würzburg, Urteil vom 12.02.2009 - 12 O 558/08
1. Die Kündigung des Auftraggebers ist nicht ausgeschlossen, wenn das Insolvenzverfahren beantragt ist oder ein solches Verfahren eröffnet wird.
2. Das Wahlrecht des Insolvenzverwalter nach der Insolvenzordnung besteht nur dann, wenn eine auf die vertragliche Bestimmung gestützte Kündigung nicht erklärt wurde.

VPRRS 2010, 0433

VK Lüneburg, Beschluss vom 20.08.2010 - VgK-33/2010
1. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden. Es ist nicht erforderlichen, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
2. Die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist jedenfalls unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtsachen C-406/08 und C-456/08) nicht mehr anwendbar.
3. Voraussetzung für die Präklusionswirkung der Bekanntgabe der Nichtabhilfe gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB ist, dass der Auftraggeber in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU auf diese Regelung hinwiesen hat. Dabei ist der Auftraggeber verpflichtet, genaue Angaben zu den von den Bietern zu beachtenden Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen zu machen oder eine Stelle zu benennen, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind. Die Frist zwischen Bekanntgabe der Nichtabhilfe und der Einreichung des Nachprüfungsantrags ist als echte Rechtsbehelfsfrist anzusehen.
4. Die Regelung des § 7 Nr. 6 VOL/A ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.
Private, erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen können daher auch dann nicht nach Nr. 6 ausgeschlossen werden, wenn sie öffentlich gefördert sind oder eine öffentliche Beteiligung an ihnen besteht.
5. § 16 VgV erfasst nur diejenigen Entscheidungen, die nach Veröffentlichung der Bekanntmachung und vor Erteilung des Zuschlags bzw. Aufhebung des Vergabeverfahrens liegen.
6. Dem Auftraggeber kommt bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters ein Ermessensspielraum zu. Dieser ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, insbesondere ob die Vergabestelle ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, ob der Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt worden ist oder ob die Entscheidung durch sachfremde Erwägungen bestimmt ist.
7. Zuverlässig ist ein Bieter, der seinen gesamten gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, so dass er, ggf. auch aufgrund der Erfüllung früherer Verträge, eine einwandfreie Ausführung des Auftrags einschl. der Erbringung der Gewährleistungen erwarten lässt.
8. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und den nachfolgenden Angeboten allein ist für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen.

VPRRS 2010, 0432

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.10.2010 - VgK-39/2010
1. Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten der Auftraggeberin den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
2. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des EUGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtssachen C-406/08 und C-456/08) ist die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht mehr anwendbar.
3. Die Frist zwischen Bekanntgabe der Nichtabhilfe und der Einreichung des Nachprüfungsantrags ist als echte Rechtsbehelfsfrist anzusehen.
4. Die Rechtsfolge der Präklusion mit ihren erheblichen nachteiligen Wirkungen für jeden Anbieter sind an strenge, im Wesentlichen von der Vergabestelle zu schaffende Voraussetzungen geknüpft. Es besteht kein Bedürfnis, durch die Annahme einer Verwirkung in diese Abgrenzung einzugreifen.
5. Eine Prüfungspflicht der Auftraggeberin bzgl. eines Unterkostenangebots beginnt erst, wenn das niedrigste Angebot um mehr als 10 % vom zweitniedrigsten Angebot abweicht.
6. Dem Auftraggeber steht bei der Auswahl und Festsetzung der Bewertungskriterien ein von der Vergabekammer nicht überprüfbarer Wertungsspielraum zu.

VPRRS 2010, 0431

OLG Bamberg, Urteil vom 03.03.2010 - 3 U 230/08
1. Sind in einem Vertrag über Straßenbauarbeiten die ZTV-SA 97 wirksam einbezogen und ist auf sie in der Baubeschreibung nochmals hingewiesen, handelt es sich bei den dort beschriebenen Fahrten zur Kontrolle der Baustelle um Nebenleistungen.
2. Die hierfür anfallenden Kosten sind in die Einheitspreise einzurechnen. Ein zusätzlicher Vergütungsanspruch besteht nicht.

VPRRS 2010, 0430

OLG Naumburg, Urteil vom 30.09.2010 - 1 U 50/10
1. Eine Verpflichtung von Bietern, Eignungsnachweise für Nachunternehmer schon mit dem Angebot vorzulegen, ist nicht regelmäßig unzumutbar und daher unzulässig. Ob diese Verpflichtung besteht, ergibt vielmehr in jedem Einzelfall eine Auslegung der Angebotsunterlagen.*)
2. Allein aus der Präqualifikation eines Bieters kann nicht ohne Weiteres auf die Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer geschlossen werden, jedenfalls wenn deren Präqualifikationsnummer nicht mit angegeben wird.*)

VPRRS 2010, 0429

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.12.2010 - Verg W 16/10
1. Gelangt der Auftraggeber bei seiner Schätzung des Auftragswertes gemäß § 3 VgV zu einem Auftragswert oberhalb der Schwellenwerte, können die am Vergabeverfahren teilnehmenden Bieter die Nachprüfungsinstanzen anrufen, auch wenn ihre Angebote - wie dasjenige der Antragstellerin - unterhalb der Schwellenwerte liegen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Auftraggeber eine realistische und nachvollziehbare dokumentierte Schätzung vorgenommen hat.
2. Da die Frage, ob Nebenangebote zulässig sind, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist, von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird (bejahend: OLG Koblenz, Beschluss vom 26.07.2010 - 1 Verg 6/10; OLG Celle, Beschluss vom 03.06.2010 - 13 Verg 6/10; OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010 - 13 Verg 16/09; verneinend: OLG Düsseldorf, IBR 2011, 38), muss bei einer derartigen Sachlage erwogen werden, ob wegen dieser Divergenz in der Rechtsprechung der Vergabesenate die Sache entweder dem Bundesgerichtshof zugänglich gemacht oder der EuGH um Entscheidung zur Auslegung der beiden EU-Richtlinien und zur Entscheidung darüber, ob das deutsche Vergaberecht hiermit vereinbar ist, angerufen werden muss.

VPRRS 2010, 0426

OLG Naumburg, Urteil vom 12.11.2010 - 6 U 69/10
1. Der bei öffentlichen Aufträgen häufig verwendete Index GP-Nummer 2710024402 für Spundwandstahl bildet die Preisentwicklung seit August 2008 nicht in geeigneter Weise ab.
2. Stellt sich der durch den Auftraggeber gewählte Index für die Stoffpreisgleitklausel als ungeeignet dar, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Abrechnung auf Grundlage des tatsächlich gezahlten Preises erfolgen.
3. Die Stoffpreisgleitklausel ist eine Preisbestimmung und keine Preisnebenabrede; sie unterfällt daher nicht den Regelungen der §§ 305 ff BGB.

VPRRS 2010, 0464

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.07.2010 - L 21 SF 152/10 Verg
Der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen, die Therapiefreiheit der Vertragsärzte und die Wahlfreiheit der Versicherten entfalten keinen Bieterschutz i. S. des § 97 Abs. 7 GWB.

VPRRS 2010, 0425

OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.11.2010 - 4 U 548/09
Hebt die Vergabestellte, fehlerhaft beraten durch ein mitwirkendes Ingenieurbüro, eine öffentliche Ausschreibung rechtswidrig auf und wird sie deshalb zu Schadensersatz an einen zu Unrecht nicht berücksichtigten Bieter verurteilt, mindert sich ihr Schadensersatzanspruch gegen das beratende Ingenieurbüro im Wege der Vorteilsausgleichung um die Kostenersparnis einer günstigeren Zweitvergabe.*)

VPRRS 2010, 0422

LG Oldenburg, Urteil vom 06.05.2010 - 1 O 717/10
1. Für die Entscheidung über die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte des § 100 GWB, § 2 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) lässt sich trotz des Fehlens besonderer Verfahrensregeln nach den §§ 97 GWB ff. ein quasi rechtsfreier Raum bis zur Zuschlagserteilung nicht rechtfertigen.
2. Wenn die öffentliche Hand für einen Grundstücksverkauf freiwillig den Weg einer öffentlichen Ausschreibung wählt, liegt eine vergleichbare Interessenlage vor. Durch die Ausschreibung entsteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zu den Bietern, innerhalb dessen der Ausschreibende an Recht und Gesetz gebunden ist. Der Bieter muss die Möglichkeit haben, auch im Wege des Primärrechtsschutzes etwaige Verletzungen seiner Rechte überprüfen zu lassen.

IBRRS 2010, 4637

KG, Urteil vom 05.08.2009 - 11 U 64/08
1. Zur Abgrenzung von werk- und mietvertraglichen Pflichten beim Gerüstbauvertrag: Ab Freimeldung ist Werkvertragsrecht anzuwenden.
2. Bei Vereinbarung der VOB/B gilt beim werkvertraglichen Teil des Gerüstbauvertrags die Haftungsverteilung des § 4 Nr. 5 VOB/B. Kommt ein Bauaufzug beim Abbau des Gerüstes zum Einsatz, ist dieser vom Auftraggeber im Sinne von § 4 Nr. 5 VOB/B "zur Ausführung übergeben".
3. Ziffer 5.11.2 der DIN 18451, wonach die Gebrauchsüberlassung "frühestens drei Werktage nach Zugang der Mitteilung über die Freigabe" endet, ist eine reine Abrechnungsvorschrift und bestimmt nicht die Leistungspflichten.

VPRRS 2010, 0421

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.07.2009 - 4 U 161/08
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2010, 0419

OLG Celle, Beschluss vom 02.12.2010 - 13 Verg 12/10
1. Wird das Angebot des Antragstellers und Beschwerdeführers vom Antragsgegner erstmals im Laufe des anhängigen Beschwerdeverfahrens von der Wertung ausgeschlossen, ist auf die diesbezügliche Rüge des Antragstellers die Berechtigung dieses Ausschlusses im Beschwerdeverfahren zu prüfen.*)
2. Zu den Voraussetzungen an das Vorliegen einer "wettbewerbsbeschränkenden Abrede".*)

VPRRS 2010, 0418

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.07.2010 - 15 Verg 6/10
1. Bei Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ist von der Vergabestelle festzustellen und zu dokumentieren, ob andere Hersteller die Fähigkeit erwerben können, die zu beschaffende Leistung künftig zu erbringen.
2. Bei Festlegung des Beschaffungsziels ist zu dokumentieren, wodurch sich die an die Leistung gestellten Anforderungen begründen. Dabei ist darzulegen, warum die Produkte einzelner Hersteller die Anforderungen nicht erfüllen.
3. Die sachliche Rechtfertigung der konkreten Anforderungen muss umfassend im Vergabevermerk dokumentiert werden.

VPRRS 2010, 0413

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2010 - Verg 29/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2010, 0409

VK Bund, Beschluss vom 15.01.2010 - VK 1-224/09
1. Maßgeblich für die Frage, welche Eignungsnachweise von den Bietern vorzulegen sind, ist die Bekanntmachung, und für die Frage, wann diese Nachweise beizubringen sind, die Angebotsaufforderung samt den dazugehörigen Verdingungsunterlagen.
2. Von den Vorgaben in der Bekanntmachung darf ein öffentlicher Auftraggeber später nicht mehr abrücken, er darf weder auf in der Bekanntmachung genannte Nachweise im Nachhinein verzichten noch darf er weitere Unterlagen fordern, die er in der Bekanntmachung nicht genannt hat; allenfalls nachträgliche Konkretisierungen sind dem öffentlichen Auftraggeber erlaubt
3. Der öffentliche Auftraggeber muss den Zeitpunkt, zu dem Eignungsnachweise vorzulegen sind, nicht bereits in der Bekanntmachung angeben, vielmehr reicht es aus, wenn er diesen in der Angebotsaufforderung festlegt
