Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5448 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2011
VPRRS 2011, 0257
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2011 - 1 VK 23/11; 1 VK 24/11
1. Es gibt keinen Grundsatz dahingehend, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens nach VOL/A bestimmte Risiken nicht auf den Auftragnehmer abwälzen darf.
2. Jedenfalls dann aber, wenn die Bieter auf Grund der Risikoverlagerung nicht mehr vorausschauend planen können und die Leistungsanforderungen für sie nicht mehr so beherrschbar sind, dass sich ihre Leistungspflichten von einem Glücksspiel noch wesentlich unterscheiden, ist der Grundsatz eines fairen Wettbewerbs, der vergleichbare Angebote benötigt, verletzt.

VPRRS 2011, 0254

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2011 - Verg 1/11
1. Ein ausgeschriebenes "Mehr-Partner-Modell" setzt einen im Verhältnis zum Normalfall der Ausschreibung stärkeren Anreiz für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen konzernverbundener Unternehmen.
2. Die Durchbrechung der gegenseitigen Geheimhaltung verbundener Unternehmen wird vermutet, wenn beide Unternehmen jeweils die tatsächliche Möglichkeit hatten, über ein gemeinsam benutztes Laufwerk Kenntnis von Angebotskalkulationen des verbundenen Unternehmens zu erhalten.
3. Unerheblich ist, ob das Laufwerk versehentlich oder fahrlässig installiert bzw. nicht gegen Datenzugriff gesichert war.

VPRRS 2011, 0253

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.08.2011 - Verg 66/11
1. Verlangt der Auftraggeber, dass Nebenangebote, soweit sie Teilleistungen (Positionen) des Leistungsverzeichnisses beeinflussen (ändern, ersetzen, entfallen lassen, zusätzlich erfordern), nach Mengenansätzen und Einzelpreisen aufzugliedern sind, zählen diese zum Nebenangebot geforderten Angaben zu den Erklärungen im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A. Es handelt sich insoweit nicht um Preisangaben, sondern um Erläuterungen zur Preiskalkulation des Nebenangebots.*)
2. Ein Nebenangebot darf nicht wegen Fehlens dieser Angaben ausgeschlossen werden, ohne dass der Auftraggeber dem Bieter gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A zuvor Gelegenheit zur nachträglichen Vorlage binnen sechs Kalendertagen gegeben hat.*)

VPRRS 2011, 0434

OLG Dresden, Beschluss vom 17.05.2011 - Verg 3/11
Lassen die Ausschreibungsunterlagen die Abgabe eines Angebots zu, so wird ein Bieter hieran nicht dadurch gehindert, dass das ausgeschriebene Leistungsprofil nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen mag.*)

VPRRS 2011, 0252

OLG München, Urteil vom 17.03.2009 - 28 U 4767/08
Wird in einer Zusatzvereinbarung festgelegt, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber benannte Unternehmen zur Angebotsabgabe einlädt und gegebenenfalls als zu beauftragende Nachunternehmen akzeptiert, ist der Auftraggeber zur Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund berechtigt, wenn der Auftragnehmer diese Firmen nicht zur Abgabe von Angeboten auffordert.

VPRRS 2011, 0450

VK Bund, Beschluss vom 14.04.2011 - VK 2-15/11
1. Bei der Wertung der Angebote dürfen nur Kriterien und deren Gewichtung berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind.
2. Rundet der Auftraggeber über die in der Angebotsaufforderung bekannt gegebene Berechnungmethode und Gewichtung hinaus die sich bei den Kriterien „Preis“ und „Technischer Wert“ nach der Multiplikation ergebenden Endpunktzahlen kaufmännisch gerundet, ohne dass diese Methode den Bietern vorab bekannt gegeben wurde, liegt ein Vergaberechtsverstoß vor.

IBRRS 2011, 3023

OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.07.2011 - 21 U 76/09
1. Der Auftraggeber ist bei der Durchführung einer Ersatzvornahme nicht unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderung verpflichtet, den billigsten Bieter auszuwählen; er kann ein Unternehmen seines Vertrauens beauftragen.
2. Der Auftraggeber darf ferner auch den sichersten Weg der Mängelbeseitigung wählen.
3. Welche Leistungen von einer funktionalen Leistungsbeschreibung, die einem Pauschalvertrag zu Grunde liegt, erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich zu erbringen und zu vergüten sind, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.
4. An Risikoübernahmeklauseln bezüglich unbekannter Faktoren, die zum Vergütungsausschluss führen, sind hohe Anforderungen zu stellen.

VPRRS 2011, 0250

OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.05.2011 - Verg W 8/11
Fordert der Auftraggeber, dass die Bieter bei den von ihnen in das Leistungsverzeichnis einzusetzenden Preisen für Kabel mit einem bestimmten Kupferpreis zu kalkulieren und anzubieten haben, und setzt ein Bieter bei Kabelpreisen sog. Hohlpreise ohne Kupferanteil ein, gibt er die geforderten Preise nicht an und ist mit seinem Angebot zwingend auszuschließen.*)

VPRRS 2011, 0249

OLG Frankfurt, Urteil vom 08.03.2011 - 5 U 48/10
1. Ein Bauvertrag kommt nicht dadurch zu Stande, dass ein Auftragnehmer "mit Wissen und Wollen aller Beteiligten" Leistungen ausführt. Das gilt insbesondere dann, wenn die Ausführung der Arbeiten im Vordergrund steht und erst nach deren Erledigung über die vorzunehmende Rechnungsstellung entschieden werden soll.
2. Ein kommunales Unternehmen ist besonderen Vergabe- und Formvorschriften unterworfen. Die Ausführung von Bauleistungen ohne vorherige Beauftragung entspricht deshalb grundsätzlich nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen eines solchen Auftraggebers, so dass ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag regelmäßig ausscheidet.

VPRRS 2011, 0247

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2011 - Verg 55/10
1. Die Rechtswidrigkeit einer durch den Auftraggeber getroffenen Aufhebungsentscheidung führt noch nicht zu deren Aufhebung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Aufhebung sachliche Gründe zur Seite stehen und es sich nicht lediglich um eine Scheinaufhebung handelt.
2. Fehlende Haushaltsmittel rechtfertigen die Aufhebung der Ausschreibung.

VPRRS 2011, 0243

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2010 - Verg 36/10
Reicht der Bieter die geforderte Urkalkulation in einem verschlossenen Umschlag mit dem Vermerk "Nur öffnen nach Rücksprache mit Bieter" ein, ist die Urkalkulation als nicht eingereicht anzusehen.

VPRRS 2011, 0242

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2011 - Verg 8/11
1. Die Angebotslegung durch verbundene Unternehmen birgt allein im Hinblick auf die zwischen ihnen durch die Konzernverbundenheit vorhandenen möglichen Schnittstellen und Berührungspunkte eine objektiv erhöhte Gefahr von Verstößen gegen den Geheimhaltungswettbewerb durch abgestimmtes Verhalten.
2. Ein Ausschluss der Angebote verbundener Unternehmen ist somit nicht erst dann gerechtfertigt, wenn der sichere Nachweis eines Wettbewerbsverstoßes durch den Auftraggeber erbracht ist. Vielmehr obliegt die Widerlegung dieser Vermutung den betreffenden Unternehmen.

VPRRS 2011, 0240

OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2011 - U (Kart) 11/11
1. Dem Auftragnehmer steht in Anlehnung an § 2 Abs. 5 VOB/B ein Anspruch auf Mehrvergütung zu, wenn infolge einer verzögerten Vergabe des Bauauftrags eine Verschiebung der Ausführungszeit erforderlich ist und dem Auftragnehmer hierdurch Mehrkosten entstehen.
2. Sind im Bauzeitenplan sog. Zeitpuffer vorhanden, können diese vom Auftraggeber solange nicht zur Kompensation einer eingetretenen Verzögerung herangezogen werden, wie der Auftragnehmer sie selbst zum Auffangen eigener Leistungsverzögerungen benötigt.

VPRRS 2011, 0239

BGH, Urteil vom 30.06.2011 - VII ZR 13/10
1. Inwieweit eine detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis einer funktionalen Ausschreibung (hier: Abbruch einer Klinik) dazu führt, dass sie die Pauschalierung der Vergütung begrenzt, ergibt die Auslegung des Vertrages. Die Auslegung kann auch ergeben, dass die detaillierte Angabe lediglich die Geschäftsgrundlage des Vertrages beschreibt.*)
2. Beschreibt der Auftraggeber in einem Pauschalvertrag Mengen oder die Mengen beeinflussende Faktoren (hier: Estrichstärke in einer Zulageposition), können diese zur Geschäftsgrundlage des Vertrages erhoben worden sein. Das kann insbesondere dann angenommen werden, wenn der Auftragnehmer davon ausgehen durfte, der Auftraggeber habe eine gewisse Gewähr für eine verlässliche Kalkulationsgrundlage geben wollen.*)
3. In diesem Fall kommt ein Ausgleichsanspruch nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B in Betracht, wenn sich eine deutliche Mengensteigerung ergibt. Wirken sich die von den irreführenden Angaben des Auftraggebers im Vertrag abweichenden Mengen derart auf die Vergütung aus, dass das finanzielle Gesamtergebnis des Vertrages nicht nur den zu erwartenden Gewinn des Auftragnehmers aufzehrt, sondern auch zu Verlusten führt, ist das Festhalten an der Preisvereinbarung häufig nicht mehr zumutbar. Auf eine starre Risikogrenze von 20 % der Gesamtvergütung kann nicht abgestellt werden.*)

VPRRS 2011, 0228

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.07.2011 - VgK-22/2011
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0226

VK Sachsen, Beschluss vom 01.07.2011 - 1/SVK/025-11
Soweit durch die Vielzahl der Vorgaben im Leistungsverzeichnis in einzelnen Positionen genaue Festlegungen, d. h. Mindestbedingungen hinsichtlich verschiedener Leistungsparameter getroffen wurden, denen nur ein einziges, bestimmtes Produkt gerecht werden kann, lässt sich lediglich über den Zusatz "oder gleichwertig" im Zusammenhang mit der Vorgabe eines (nicht produktneutralen) Leitfabrikats der Wettbewerb nicht eröffnen.*)

VPRRS 2011, 0225

VK Sachsen, Beschluss vom 10.05.2011 - 1/SVK/009-11
1. Das ursprünglich in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Gebot, dass dem Auftragnehmer kein "ungewöhnliches Wagnis" aufgebürdet werden dürfe, ist im Zuge der Novellierung der VOL/A 2009 ersatzlos entfallen, während hingegen dieses Postulat in § 7 Absatz 1 Nr. 3 VOB/A weiterhin besteht. Allerdings ist es nach Auffassung der Vergabekammer ihre Aufgabe, unter dem Tatbestandsmerkmal der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung zu prüfen, ob die Verdingungsunterlagen eine angemessene Risikoverteilung beinhalten.*)
2. Leistungsbeschreibungen sind so eindeutig abzufassen, dass - abgestellt auf einen durchschnittlichen und mit der Art der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Empfänger - alle Bewerber sie notwendig in einem gleichen Sinn verstehen müssen. Diese Anforderungen sind nicht erfüllt, wenn die Leistungsbeschreibung Angaben lediglich allgemeiner Natur enthält oder verschiedene Auslegungsmöglichkeiten zulässt. Um die geforderte Leistung erschöpfend zu beschreiben, hat der Auftraggeber einen, der Komplexität des Auftragsgegenstandes entsprechenden Aufwand zu betreiben und alle insoweit verfügbaren Quellen zu nutzen. Bei der Angabe aller die Preisermittlung beeinflussenden Umstände kann der Auftraggeber z. B. auf Erfahrungswerte aus Voraufträgen oder vergleichbaren Aufträgen bei anderen öffentlichen Auftraggebern zurückgreifen.*)

IBRRS 2011, 2713

VK Lüneburg, Beschluss vom 14.04.2011 - VgK-09/2011
1. Gemäß § 20 Abs. 1 lit. c VOL/A-EG können Vergabeverfahren aufgehoben werden, wenn sie kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt haben. Eine Ausschreibung führt dann zu keinem wirtschaftlichen Ergebnis, wenn keines der Angebote ein günstiges Preis-Leistungsverhältnis aufweist.
2. Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes ist ausschließlich und vollständig auf der Grundlage der gemäß § 17 Abs. 7 VOL/A in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zuvor festgelegten und bekannt gemachten Zuschlagskriterien durchzuführen. Das wirtschaftlichste Angebot ist dasjenige, bei dem das günstigste Verhältnis zwischen der gewünschten Leistung und dem angebotenen Preis erzielt wird.
3. Erkennt der Auftraggeber im Rahmen der Wertung, dass keines der abgegebenen Angebote diese Voraussetzungen erfüllt und somit eine nach Haushaltsrecht (§ 7 BHO und vergleichbare Landesregelungen in den Landeshaushaltsordnungen) erforderliche wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel nicht möglich ist, kann er die Ausschreibung aufheben. Dies kann wiederum dann der Fall sein, wenn selbst das Mindestangebot als zu hoch befunden wird.
4. Eine - berechtigte - Aufhebung des Vergabeverfahrens mangels wirtschaftlichen Ergebnisses scheidet jedoch aus, wenn der Auftraggeber die Kostenschätzung nicht oder nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt hat.
5. Grundsätzlich steht es dem Auftraggeber frei, das einmal eingeleitete Vergabeverfahren auch anders als durch eine Zuschlagserteilung zu beenden. Allerdings kann ein Bieter darauf vertrauen, dass ein einmal eingeleitetes Vergabeverfahren regelmäßig mit dem Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot gemäß § 21 Abs. 1 VOL/A-EG beendet wird. Die Aufhebung der Ausschreibung stellt daher die Ausnahme vom Regelfall dar. Eine Aufhebung der Ausschreibung kann letztlich nur das letzte Mittel sein, wenn weniger einschneidende Alternativen nicht zweckmäßig sind.

VPRRS 2011, 0224

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.06.2011 - Verg 15/11
1. Neben der möglichen Darlegung eines tatsächlich entstandenen Schadens genügt für den Erfolg des Nachprüfungsantrags, dass ein Schaden droht.
2. Das ist bereits anzunehmen, wenn der Schaden wahrscheinlich, zumindest aber nicht von vorneherein auszuschließen ist.

VPRRS 2011, 0223

BGH, Urteil vom 09.06.2011 - X ZR 143/10
Der auf Verstöße des öffentlichen Auftraggebers gegen Vergabevorschriften gestützte Schadensersatzanspruch des Bieters ist nach der Kodifikation der gewohnheitsrechtlichen Rechtsfigur der culpa in contrahendo durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht mehr daran geknüpft, dass der klagende Bieter auf die Einhaltung dieser Regelungen durch den Auftraggeber vertraut hat, sondern es ist dafür auf die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten durch Missachtung von Vergabevorschriften abzustellen (Weiterentwicklung von BGH, Urteil vom 08.09.1998 - X ZR 99/96, IBR 1998, 461 = BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 27.11.2007 - X ZR 18/07 (Leitsatz 5), IBR 2008, 174).*)

VPRRS 2011, 0221

VK Sachsen, Beschluss vom 15.03.2011 - 1/SVK/004-11
Das Vergaberecht dient, jedenfalls soweit es den Schutz der Bieter betrifft, nicht dazu, den Auftraggeber vor technisch oder wirtschaftlich unsinnigen Aufträgen zu schützen. Wenn die Leistungsbeschreibung zu technischen Mängeln des Beschaffungsgegenstandes führt, die der Antragsteller noch während des laufenden Vergabeverfahrens erkennt, hat er diese, ggf. nach Anmeldung seiner Bedenken, ebenso hinzunehmen wie die Ausschreibung einer - überflüssigen und den haushaltsrechtlichen Vorschriften widerstreitenden - Luxusausführung. Der Auftraggeber trägt dann die sich daraus ergebenden Risiken, und zwar unabhängig davon, ob er sie bewusst übernimmt oder die Risiken - möglicherweise zu Unrecht - leugnet.*)

VPRRS 2011, 0218

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2011 - Verg 49/11
1. Eine Ausnahme vom Vergaberecht gemäß § 100 Abs. 2 d GWB ist dann nicht gegeben, wenn es einen Weg gibt, der ein wettbewerbliches Verfahren auch unter Berücksichtigung berechtigter Sicherheitsinteressen ermöglicht und der Auftraggeber diesen sogar gewählt hat.
2. Den Sicherheitsinteressen kann auch im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens durch eine entsprechende Ausgestaltung des Verfahrens Rechnung getragen werden.
3. Mit dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2009/81/EG am 21.08.2011 wird der Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 2 d GWB nur noch ein beschränkter Anwendungsbereich zukommen. Eine Ausnahme vom Vergaberecht kommt dann im Wesentlichen nur noch für Fallgestaltungen mit äußerst hohem Maße an Vertraulichkeit in Betracht, insbesondere für Aufträge, deren Existenz als solche bereits geheimhaltungsbedürftig ist.
4. § 115 Abs. 4 GWB ist wegen seines weiteren Anwendungsbereichs außerhalb des Art. 13 a und b Richtlinie 2009/81/EG mit der Richtlinie jedenfalls in Teilbereichen nicht vereinbar.

VPRRS 2011, 0217

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.04.2011 - 11 K 4198/09
Vergabe an Generalunternehmer stellt Verstoß gegen VOB/A-Vergaberichtlinien dar.*)

VPRRS 2011, 0214

LG Koblenz, Beschluss vom 18.01.2011 - 10 O 9/11
1. Der Anspruch eines unterlegenen Bieters auf Unterlassung der Zuschlagserteilung aus § 823 Abs. 2, § 1004 BGB analog kommt nur in Betracht, wenn feststeht oder wenigstens glaubhaft gemacht wird, dass der Auftraggeber bei der Vergabe vorsätzlich das Recht bricht oder sonst in unredlicher Absicht oder willkürlich vorzugehen droht.
2. Ein solcher Anspruch kann auch nicht auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften gestützt werden, weil ein öffentlicher Auftraggeber kein Wettbewerber des Bieters ist und ein Handeln zum Zwecke des Wettbewerbs nur angenommen werden kann, wenn die Absicht besteht, einen bestimmten Bieter aus unsachlichen Gründen zu bevorzugen.

VPRRS 2011, 0212

VK Lüneburg, Beschluss vom 28.06.2011 - VgK-21/2011
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0210

OLG Koblenz, Beschluss vom 21.01.2011 - 1 W 35/11
1. Es kann offenbleiben, ob ein Vergaberechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte besteht.
2. Der Vergabestelle steht es im Rahmen eines Beurteilungsspielraums frei, einen Bieter wegen Spekulation der Angebotspreise auszuschließen.

VPRRS 2011, 0206

VK Sachsen, Beschluss vom 04.05.2011 - 1/SVK/010-11
1. Dem Auftraggeber ist es gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 2 VOB/A vergaberechtlich untersagt, nur solche Produkte zum Wettbewerb zuzulassen, für die die Einsatzfreigabe durch Aufnahme in die Einsatzfreigabeliste eines ganz konkreten, nationalen Prüfinstitutes bestätigt wurde.
2. Entsprechend § 7 Abs. 4 Nr. 1 hat der Auftraggeber bei Bezugnahme auf ausschließlich nationale, technische Spezifikationen in den Ausschreibungsunterlagen den Zusatz "oder gleichwertig" anzubringen.
3. Der Auftraggeber hat in dem Vergabevermerk nachvollziehbar seine Erwägungsgründe zu dokumentieren, warum neben der Anwendung technischer (nationaler) Spezifikationen, weitere, individuell auf das konkrete Bauvorhaben bezogene Produkteinschränkungen in die Vergabeunterlagen aufgenommen wurden.

VPRRS 2011, 0203

VK Lüneburg, Beschluss vom 10.05.2011 - VgK-11/2011
1. § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB ist eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Auftragsvergabe in Form der elektronischen Auktion.
2. Bei der elektronischen Auktion wird in einem mehrstufigen Verfahren auf den niedrigsten Preis und/oder die besten Konditionen geboten.
3. Die elektronische Auktion kann für offene und nicht offene Verfahren sowie für Verhandlungsverfahren eingesetzt werden.
4. Bei einer elektronischen Auktion ist der Auftraggeber an sämtliche Vorgaben des Art. 54 Richtlinie 2004/18/EG gebunden, die insoweit die Regelungen der VOL/A EG modifizieren.

VPRRS 2011, 0199

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.05.2011 - Verg 44/11
1. Zu der Frage, ob das Angebot des Bieters wegen mangelnder Eignung ausgeschlossen werden kann, wenn die Bekanntmachung hinsichtlich der Eignungskriterien nachträglich korrigiert wurde und nicht ganz stimmig war.
2. Ein Ausschluss wegen fehlender Eignung kommt in Betracht, wenn die erst in einer nachträglichen Berichtigungsbekanntmachung geforderten Eignungsnachweise im Wege der Auslegung hinreichend klar bestimmt werden können.
3. Eine Bekanntmachung ist so auszulegen, dass Verweise nicht ins Leere laufen.

VPRRS 2011, 0198

VK Bund, Beschluss vom 21.04.2011 - VK 2-17/11
Zu der Frage, ob das Angebot des Bieters wegen mangelnder Eignung ausgeschlossen werden kann, wenn die Bekanntmachung hinsichtlich der Eignungskriterien nachträglich korrigiert wurde und nicht ganz stimmig war.

VPRRS 2011, 0194

VK Sachsen, Beschluss vom 15.02.2011 - 1/SVK/052-10
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf die Wertungsmatrix nicht erst nach Öffnung der Angebote festlegen.*)
2. Eine Konzernzugehörigkeit bzw. gesellschaftsrechtliche Verbundenheit eines Bieters mit dem Auftraggeber impliziert noch nicht zwangsläufig wettbewerbsverletzende Verhaltensweisen. Vielmehr ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bzw. des Diskriminierungsverbotes greifbar ist.*)
3. Die VOF kennt keine Norm, die dem § 8 Nr. 6 VOB/A a.F. oder dem § 7 Nr. 6 VOL/A a.F. ähnlich ist, die Gebietskörperschaften die Teilnahme am Vergabeverfahren verwehrt. Insoweit ist zu beachten, dass das europäische Vergaberecht vergaberechtliche Ausschlussgründe regelmäßig nicht an die staatliche Eigentümerstellung des Unternehmens knüpft, sondern daran, ob die Teilnahme des Bieters geeignet sein könnte, den Wettbewerb zu verzerren, was dann der Fall sein dürfte, wenn der Bieter staatliche Beihilfen erhält und somit faktisch kein Insolvenzrisiko trägt.*)
4. Die Beteiligung von Projektanten auf Bieterseite im Vergabeverfahren ist grundsätzlich geeignet, den ordnungsgemäßen Vergabewettbewerb zu gefährden. Allerdings sind öffentliche Auftraggeber wie Nachprüfungsbehörden gehalten, in jedem Einzelfall zu hinterfragen, ob die Beteiligung im Vorfeld den Vergabewettbewerb tatsächlich negativ beeinflussen konnte.*)
5. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachverstand verfügen. Nicht zulässig ist es allerdings, die Verantwortung für die Vergabe an diese vollständig zu übertragen. Der Auftraggeber muss eigenverantwortlich die wesentlichen Schritte des Vergabeverfahrens durchführen oder nachvollziehen. Das beinhaltet insbesondere, dass sich der Auftraggeber im Verhandlungsverfahren an Vertragsverhandlungen beteiligt, mögliche Ausschlussgründe nachvollzieht und über den Zuschlag in Kenntnis der gesamten Aktenlage entscheidet und nicht die Mitwirkung an dem Vergabeverfahren auf ein bloßes "Abnicken" beschränkt.*)

VPRRS 2011, 0193

VK Sachsen, Beschluss vom 31.01.2011 - 1/SVK/051-10
1. Eine nachträgliche Festlegung und Gewichtung von Unterkriterien zu einem Wertungskriterium wie bspw. "Funktionalität" stellt einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.*)
2. Durch die Angabe von technischen Mindestbedingungen bindet sich der Auftraggeber dahingehend selbst, dass er lediglich solche Produkte als ausschreibungskonform akzeptieren darf, die mindestens die vorgegebenen Parameter erfüllen oder besser als diese sind. Denn ein Auftraggeber hat kein Recht, den für alle Bieter gleichermaßen verbindlich vorgegebenen Vorgaben nachträglich einen von den Verdingungsunterlagen abweichenden Inhalt beizumessen. Die Vorschriften § 19 EG Abs. 3 d i.V.m. § 16 EG Abs. 4 VOL/A 2009 sollen sicherstellen, dass das Angebot den Verdingungsunterlagen entspricht und damit im Wettbewerb vergleichbar ist.*)

VPRRS 2011, 0191

VK Sachsen, Beschluss vom 19.04.2011 - 1/SVK/010-11
1. Dem Auftraggeber ist es gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 2 VOB/A vergaberechtlich untersagt, nur solche Produkte zum Wettbewerb zuzulassen, für die die Einsatzfreigabe durch Aufnahme in die Einsatzfreigabeliste eines ganz konkreten, nationalen Prüfinstitutes bestätigt wurde.*)
2. Entsprechend § 7 Abs. 4 Nr. 1 hat der Auftraggeber bei Bezugnahme auf ausschließlich nationale, technische Spezifikationen in den Ausschreibungsunterlagen den Zusatz "oder gleichwertig" anzubringen.*)
3. Der Auftraggeber hat in dem Vergabevermerk nachvollziehbar seine Erwägungsgründe zu dokumentieren, warum neben der Anwendung technischer (nationaler) Spezifikationen, weitere, individuell auf das konkrete Bauvorhaben bezogene Produkteinschränkungen in die Vergabeunterlagen aufgenommen wurden.*)

VPRRS 2011, 0188

VK Sachsen, Beschluss vom 11.03.2011 - 1/SVK/001-11
1. Im Anwendungsbereich der VOF existiert grundsätzlich keine dem § 16 Abs. 3 VOL/A vergleichbare Regelung, nach der Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten, ausgeschlossen werden müssen. Allerdings ergibt sich aus den übergeordneten Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass unvollständige Angebote vom weiteren Wettbewerb auszuschließen sind. Diese Grundsätze sind Ausdruck des Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG und des § 97 Abs. 1, Abs. 2 GWB. Diese Regelungen gehen als höherrangiges Recht den Vorschriften der VOF vor und beanspruchen damit unmittelbare Geltung auch im Anwendungsbereich der VOF.*)
2. § 11 Abs. 3 VOF räumt dem Auftraggeber die Möglichkeit ein, bei Verfahren im Anwendungsbereich der VOF fehlende Unterlagen und Erklärungen nachzureichen. Die Nachforderung von Unterlagen steht damit zunächst im Ermessen des Auftraggebers. Dieser entscheidet, ob von der Möglichkeit überhaupt Gebrauch gemacht werden soll. Hat allerdings der Auftraggeber mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe bereits sein Ermessen ausgeübt und in der Aufforderung zur Angebotsabgabe in eindeutiger Weise formuliert, dass eine Nachforderung von Unterlagen nach dem Ende der Angebotsfrist nicht vorgesehen ist und fehlende Unterlagen zum Ausschluss aus dem Verfahren führen werden, so muss er sich daran festhalten lassen. Eine Nachforderung fehlender Unterlagen ist unter diesen Umständen ausgeschlossen.*)

VPRRS 2011, 0186

OLG Celle, Beschluss vom 06.06.2011 - 13 Verg 2/11
1. Zur Frage, ob § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB im Verfahren vor der Vergabekammer im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung des Nachprüfungsantrags die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung hinsichtlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen eröffnet.*)
2. Antragsgegner in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, das eine Bundesauftragsangelegenheit i. S. von Art. 85, 90 Abs. 2 GG zum Gegenstand hat, ist das Land, nicht der Bund.*)

VPRRS 2011, 0185

KG, Urteil vom 20.05.2011 - 7 U 125/10
1. Ändert das Zuschlagsschreiben des Auftraggebers das Angebot des Auftragnehmers, ist dieses als neues Angebot zu werten.
2. Nimmt der Auftragnehmer dieses neue Angebot nicht an und beginnt er trotz Aufforderung nicht mit der Bauausführung, geht eine "Kündigung" des Auftraggebers ins Leere.
3. Aufgrund der ins Leere gegangenen Kündigung kann der Auftraggeber keinen Schadensersatz geltend machen.
4. Die Bindungswirkung des § 124 Abs. 1 GWB soll die doppelte Prüfung derselben Sach- und Rechtsfragen zum Vergaberecht und der sich darauf gründenden Schadensersatzansprüche des Antragstellers vermeiden.
5. Vertragsrechtliche Ausführungen der Nachprüfungsinstanzen entfalten keine Bindungswirkung im nachfolgenden Schadensersatzprozess vor den ordentlichen Gerichten.

VPRRS 2011, 0184

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 42/11
1. Das Beschwerdegericht entscheidet unabhängig und selbstständig von der Vergabekammer darüber, ob ein vorzeitiger Zuschlag zu gestatten ist oder nicht. Über den Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlages kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
2. Soweit § 115 Abs. 2 S. 4 GWB der Vergabekammer die Möglichkeit einräumt, ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages über eine vorzeitige Gestattung des Zuschlages zu entscheiden, ist dies auf Fallkonstellationen begrenzt, bei denen einerseits eine Klärung der Erfolgsaussichten noch Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen der Auftraggeber besonders dringlich auf die Leistung angewiesen ist.
3. Bei der Vergabe von Pharma-Rabattverträgen ist zu berücksichtigen, dass einerseits der Aufschub mit erheblichen Zusatzausgaben der gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist und das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hohes Gewicht beigemessen hat und zum anderen die Auswirkungen für das nicht bezuschlagte Unternehmen erheblich sein können.
4. Weder Art. 42 Richtlinie 2004/18/EG noch §§ 13 EG, 16 EG VOL/A noch die Richtlinie 1999/93/EG noch das Signaturgesetz schließen eine Anforderung der Vergabestelle, dass Angebote als Ganzes oder auch nur bestimmte Unterlagen auf einer CD/ROM (oder DVD) als Datei abzuspeichern und - je nach Wahl der Vergabestelle - mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten Signatur zu versehen sind und der Datenträge so dann auf "klassischem" Wege zu übersenden ist, aus. Aus einer Zusammenschau der §§ 13 EG, 16 EG VOL/A, des Signaturgesetzes und der gesetzlichen Vorschriften über die Form (§ 36a SGB I, § 126a BGB) ergibt sich eindeutig, dass dies zulässig ist.
5. § 19 EG Abs. 2 VOL/A greift bei Erklärungen nicht nur dann ein, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind.

VPRRS 2011, 0183

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 41/11
1. Das Beschwerdegericht entscheidet unabhängig und selbstständig von der Vergabekammer darüber, ob ein vorzeitiger Zuschlag zu gestatten ist oder nicht. Über den Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlages kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
2. Soweit § 115 Abs. 2 S. 4 GWB der Vergabekammer die Möglichkeit einräumt, ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages über eine vorzeitige Gestattung des Zuschlages zu entscheiden, ist dies auf Fallkonstellationen begrenzt, bei denen einerseits eine Klärung der Erfolgsaussichten noch Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen der Auftraggeber besonders dringlich auf die Leistung angewiesen ist.
3. Bei der Vergabe von Pharma-Rabattverträgen ist zu berücksichtigen, dass einerseits der Aufschub mit erheblichen Zusatzausgaben der gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist und das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hohes Gewicht beigemessen hat und zum anderen die Auswirkungen für das nicht bezuschlagte Unternehmen erheblich sein können.
4. Weder Art. 42 Richtlinie 2004/18/EG noch §§ 13 EG, 16 EG VOL/A noch die Richtlinie 1999/93/EG noch das Signaturgesetz schließen eine Anforderung der Vergabestelle, dass Angebote als Ganzes oder auch nur bestimmte Unterlagen auf einer CD/ROM (oder DVD) als Datei abzuspeichern und - je nach Wahl der Vergabestelle - mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten Signatur zu versehen sind und der Datenträge so dann auf "klassischem" Wege zu übersenden ist, aus. Aus einer Zusammenschau der §§ 13 EG, 16 EG VOL/A, des Signaturgesetzes und der gesetzlichen Vorschriften über die Form (§ 36a SGB I, § 126a BGB) ergibt sich eindeutig, dass dies zulässig ist.
5. § 19 EG Abs. 2 VOL/A greift bei Erklärungen nicht nur dann ein, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind.

VPRRS 2011, 0182

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 40/11
1. Das Beschwerdegericht entscheidet unabhängig und selbstständig von der Vergabekammer darüber, ob ein vorzeitiger Zuschlag zu gestatten ist oder nicht. Über den Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlages kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
2. Soweit § 115 Abs. 2 S. 4 GWB der Vergabekammer die Möglichkeit einräumt, ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages über eine vorzeitige Gestattung des Zuschlages zu entscheiden, ist dies auf Fallkonstellationen begrenzt, bei denen einerseits eine Klärung der Erfolgsaussichten noch Zeit in Anspruch nimmt und zum anderen der Auftraggeber besonders dringlich auf die Leistung angewiesen ist.
3. Bei der Vergabe von Pharma-Rabattverträgen ist zu berücksichtigen, dass einerseits der Aufschub mit erheblichen Zusatzausgaben der gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist und das Bundesverfassungsgericht verschiedentlich der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hohes Gewicht beigemessen hat und zum anderen die Auswirkungen für das nicht bezuschlagte Unternehmen erheblich sein können.
4. Weder Art. 42 Richtlinie 2004/18/EG noch §§ 13 EG, 16 EG VOL/A noch die Richtlinie 1999/93/EG noch das Signaturgesetz schließen eine Anforderung der Vergabestelle, dass Angebote als Ganzes oder auch nur bestimmte Unterlagen auf einer CD/ROM (oder DVD) als Datei abzuspeichern und - je nach Wahl der Vergabestelle - mit einer fortgeschrittenen oder qualifizierten Signatur zu versehen sind und der Datenträge so dann auf "klassischem" Wege zu übersenden ist, aus. Aus einer Zusammenschau der §§ 13 EG, 16 EG VOL/A, des Signaturgesetzes und der gesetzlichen Vorschriften über die Form (§ 36a SGB I, § 126a BGB) ergibt sich eindeutig, dass dies zulässig ist.
5. § 19 EG Abs. 2 VOL/A greift bei Erklärungen nicht nur dann ein, wenn diese vollständig fehlen, sondern auch dann, wenn sie aus formellen Gründen nicht ordnungsgemäß sind, insbesondere dann, wenn sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben oder signiert sind.

VPRRS 2011, 0179

EuGH, Urteil vom 26.05.2011 - Rs. C-306/08
1. Bauleistungen, soweit sie lediglich von untergeordneter Bedeutung sind und somit nicht den Inhalt des Vertrags ausmachen, können nicht zu einer Einordnung des Vertrags als öffentlicher Bauauftrag führen.
2. Wenn ein Vertrag zugleich Elemente eines öffentlichen Bauauftrags und Elemente eines öffentlichen Auftrags anderer Art aufweist, bestimmt der Hauptgegenstand des Vertrags, welche Rechtsvorschriften der Union über öffentliche Aufträge grundsätzlich Anwendung finden.
3. Dabei ist auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Auftrag als solche prägen, und nicht auf die Verpflichtungen bloß untergeordneter oder ergänzender Art, die zwingend aus dem eigentlichen Gegenstand des Vertrags folgen.

VPRRS 2011, 0178

OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.05.2011 - Verg W 16/10
Bei der Wertung von Nebenangeboten ist eine Gleichwertigkeitsprüfung durchzuführen, auch wenn ein Nebenangebot den Mindestanforderungen entspricht. Die Erfüllung der Mindestanforderungen ist kein Äquivalent der Gleichwertigkeit. Bei dieser Gleichwertigkeitsprüfung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu.

VPRRS 2011, 0177

BGH, Urteil vom 23.03.2011 - X ZR 92/09
1. Die ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Hauptangebots deckt regelmäßig auch mit eingereichte Nebenangebote, wenn die vom Auftraggeber festgelegten und von der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung hierfür vorgesehenen Anforderungen eingehalten sind.*)
2. Die Beurteilung des Nachweises der Gleichwertigkeit einer angebotenen Variante durch die Vergabestelle ist im Schadensersatzprozess nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie sich in Anbetracht der auf eine transparente Vergabe im Wettbewerb gerichteten Zielsetzung des Gesetzes und der Vergabe- und Vertragsordnungen als vertretbar erweist.*)

VPRRS 2011, 0176

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2011 - 1 VK 75/10
1. Hilft die Vergabestelle dem Begehren des Antragstellers nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ab, werden die Kosten der Vergabekammer gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen verteilt.*)
2. Die Kosten sind der Vergabestelle aufzuerlegen, wenn sie eine im Rügeschreiben gesetzte angemessene Frist ungenutzt verstreichen ließ.*)

VPRRS 2011, 0174

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.01.2011 - 1 VK 69/10
1. Die Zuschlagskriterien sind vom Auftraggeber bei der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten anzugeben.
2. Es handelt sich bei der Bewertung "schnellere Umsetzung" um kein zusätzliches Unterkriterium, sondern um einen Ausfluss der Fortschreibung des Unterkriteriums "Kosten und Termine".
3. Die unverzügliche Rüge als Zugangsvoraussetzung für ein Nachprüfungsverfahren ist auch mit Europarecht vereinbar.
4. Es verstößt nicht gegen das Vergaberecht, wenn die Umrechnungsformel nicht schon mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gemacht wird.
5. Es ist als zulässig anzusehen, im VOF-Bereich Eignungskriterien auf der zweiten Stufe erneut zu aktivieren und beispielsweise Referenzen, etwa im Rahmen von Verhandlungen einer vertiefenden Bewertung zu unterziehen.
6. Es ist unzulässig, die Ortsansässigkeit als Vergabekriterium zu verwenden. Ist hingegen die Anwesenheit des Ausführenden vor Ort für die Ausführung des Auftrags erforderlich, kann die örtliche Präsenz gefordert werden.

VPRRS 2011, 0173

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2001 - Verg 20/01
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2011, 0172

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.05.2011 - Verg 26/11
Zur Wertung von Angeboten mit unterschiedlichen Ausführungsfristen nach VOB/A 2009, wenn als Wertungskriterien Preis (95 %) und Ausführung (5 %) angegeben sind.

VPRRS 2011, 0171

BGH, Urteil vom 05.05.2011 - VII ZR 179/10
1. Ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltenes Klauselwerk, wonach Gewährleistungsansprüche und Überzahlungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 10 % der Auftrags-, bzw. Abrechnungssumme gesichert sind, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen.*)
2. Die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage des Sicherungsnehmers gegen den Bürgen über die Wirksamkeit einer Sicherungsabrede in einem Bauvertrag ist zulässig, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Sicherungsnehmer vom Sicherungszweck umfasste Forderungen gegen den Sicherungsgeber zustehen, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens in der Hauptsache sind (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37).*)

VPRRS 2011, 0168

OLG Schleswig, Urteil vom 10.10.2008 - 17 U 6/08
1. Auch wenn der angebotene Einheitspreis für eine einzelne Position um ein Vielfaches (hier: 40-fach) höher liegt als die tatsächlichen Subunternehmerkosten, führt dies allein noch nicht zur Sittenwidrigkeit. Denn bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Angebots ist stets dessen Gesamtgefüge in den Blick zu nehmen. Ist insoweit ein auffälliges Missverhältnis nicht erkennbar - etwa weil das Angebot günstiger ist als diejenigen der Mitbieter - kann von einer Sittenwidrigkeit nicht ausgegangen werden.
2. Jedoch ist die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage möglich, wenn die Parteien einer Einheitspreisvereinbarung ausnahmsweise eine bestimmte Menge zugrundegelegt haben und diese Menge überschritten wird. Das gilt nicht nur im Hinblick auf den gesamten Auftrag, sondern auch im auf eine Einzelposition.

VPRRS 2011, 0166

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.07.2010 - 1 VK 29/10
Eine aus Sicht des Bieters unzureichende Frist für die Vorlage von Unterlagen oder die nach seiner Auffassung unsinnige Forderung zur Vorlage dieser Unterlagen sind bereits bei der Angebotserstellung erkennbar und spätestens mit Angebotsabgabe zu rügen.

IBRRS 2011, 1792; IMRRS 2011, 1283

KG, Urteil vom 11.01.2011 - 6 U 177/09
1. Auf einen Vertrag über den Abtransport von Abrissmaterial (nicht mehr benötigte Teile des Baugrubenverbaus) von der Baustelle und dessen Entsorgung durch den Auftragnehmer finden die Vorschriften des Frachtrechts keine Anwendung. Denn ein Beförderungsvertrag gemäß § 407 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das zu transportierende Gut bei einem Dritten abgeliefert wird. Die Übernahme des Gutes und die Entsorgung durch den Beförderer in eigener Verantwortung fällt nicht darunter.*)
2. Die Haftungsbeschränkungen des Frachtrechtes gemäß §§ 426 ff. HGB kommen nicht zur Anwendung, wenn der Auftragnehmer bei dem Abtransport des Abrissgutes von der Baustelle bereits erbrachte Teilbauleistungen oder sonstige Rechtsgüter Dritter durch einen umstürzenden Kran und herabfallendes Transportgut beschädigt; denn die Haftungsbefreiungen und -erleichterungen betreffen Ansprüche wegen Verlustes oder Beschädigung des Gutes oder wegen Überschreitung der Lieferfrist (§ 434 Abs. 1 HGB) und nicht Schäden, die bei dem Transport an Rechtsgütern Dritter verursacht werden.*)
3. Zum Umfang der Eintrittspflicht des Versicherers aus einer kombinierten Bauleistungs-/haftpflichtversicherung gegenüber dem mit dem Rückbau zweier Schlitzwände beauftragten mitversicherten Subunternehmer wegen der durch die Kranhavarie verursachten unterschiedlichen Sach- und Vermögensschäden.*)
4. Der Versicherer kann sich bei der Mitversicherung aller gegenseitiger Ansprüche der vom Bauherrn beauftragten General-, Haupt- und Subunternehmer nicht auf den Ausschluss von Bauleistungsschäden in der Haftpflichtversicherung berufen, wenn er von einem nachgeordneten Unternehmer aus der Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen wird, und dessen Haftung ein mitversicherter, nicht regulierter Bauleistungsschaden eines übergeordneten Unternehmers zugrunde liegt.*)
5. Das Herausheben nicht mehr benötigter Teile des Baugrubenverbaus aus der Baugrube mittels eines Krans stellt eine in der Bauhaftpflichtversicherung versicherte "Leistung von Arbeit" dar.*)
