Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5448 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2014
VPRRS 2014, 0443
VK Bund, Beschluss vom 24.06.2014 - VK 2-39/14
1. Eignungsanforderungen sind bieterbezogen, es geht um die Person des Bieters. Deshalb dürfen bei der Eignungsprüfung ausschließlich solche Sachverhalte berücksichtigt werden, die dem Bieter in irgendeiner Form zurechenbar sind. Zurechenbar können aber nur Umstände sein, auf die er Einfluss nehmen kann.
2. Ergeben sich aus der Rechtsordnung eines Landes, der der Bieter unterworfen ist, bestimmte Verpflichtungen, denen er sich nicht entziehen kann, ist es unzulässig, diese dem Bieter als ein die Zuverlässigkeit ausschließendes oder in Frage stellendes Fehlverhalten zuzurechnen. Das gilt auch dann, wenn er infolge dessen zwangsläufig gegen die Vorgaben einer anderen Rechtsordnung verstoßen muss.
3. Der Aspekt des Verbots der Datenweitergabe aufgrund des "No-Spy"-Erlasses ist in einem Vergabeverfahren bei den "besonderen Anforderungen an die Auftragsausführung" zu verorten.

VPRRS 2014, 0444

VK Bund, Beschluss vom 23.05.2014 - VK 1-30/14
1. Die Eintragung des Zeichens "./." anstelle eines Preises ist keine fehlende Preisangabe, sondern dahingehend zu verstehen, dass die ausgeschriebene Leistung nicht erbracht werden soll.
2. Bei dem Merkmal der "Unwesentlichkeit" in § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 c VOB/A 2012 handelt es sich um eine eigenständige Voraussetzung, die insbesondere nicht bereits dann vorliegt, wenn die übrigen Voraussetzungen (Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der Wertungsreihenfolge) gegeben sind. Dementsprechend können Auswirkungen der konkreten Angebotslage auf den Wettbewerb bzw. die Bieterreihenfolge grundsätzlich keine Rolle für die Bewertung einer Position als unwesentlich oder nicht unwesentlich spielen.
3. Der in preislicher Hinsicht geringe Anteil einer Wartungsposition am Gesamtvolumen führt nicht generell dazu, dass die Wartungsposition als unwesentlich einzustufen ist. Kommt einer Wartungsposition vertragsrechtlich besondere Bedeutung zu, etwa weil mit ihrer Einbeziehung in die Beauftragung eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist verbunden ist, ist sie nicht als unwesentlich anzusehen.

VPRRS 2014, 0432

VK Bund, Beschluss vom 02.04.2014 - VK 1-14/14
1. Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 SGB V, wonach die Krankenkassen über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum schließen können, entfaltet keinen vergaberechtlichen Bieterschutz.
2. Die Bestimmung des niedrigsten Preises als alleiniges Zuschlagskriterium ist vergaberechtlich grundsätzlich zulässig und begegnet jedenfalls dann keinen Bedenken, wenn andere Kriterien nicht geeignet sind oder nicht erforderlich erscheinen.
3. Die Vorgabe produktspezifischer Kriterien bei der Bezeichnung des Ausschreibungsgegenstands ist nicht schlechthin verboten. Eine produktspezifische Ausschreibung ist vielmehr dann zulässig, wenn sie durch den Ausschreibungsgegenstand gerechtfertigt ist.
4. Nach Wegfall der Regelung zum "ungewöhnlichen Wagnis" in der VOL/A 2009 können die Vergabeunterlagen im Hinblick auf (Kalkulations-)Risiken nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit beanstandet werden.
5. Eine mitgliedsstaatliche Regelung, die den automatischen Ausschluss eines Unternehmens, das sowohl als Einzelbieter als auch als Mitglied eines Konsortiums bzw. als eines von mehreren konzernverbundenen Unternehmen Angebote im Rahmen eines Vergabeverfahrens abgibt, ist gemeinschaftsrechtswidrig. Aufgrund der Gefahr, dass bei einer derartigen "parallelen" Teilnahme eines Unternehmens an einer Ausschreibung der Geheimwettbewerb zwischen den Bietern Schaden nimmt, muss den betroffenen Unternehmen im Einzelfall stets gestattet werden, einen Entlastungsbeweis zu führen.

VPRRS 2014, 0475

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.12.2013 - VgK-39/2013
1. Die Dokumentation muss zeitnah erstellt und laufend fortgeschrieben werden. Deshalb ist es nicht ausreichend, wenn der Vermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar anlässlich eines Nachprüfungsantrags angefertigt wird.
2. Das Versäumnis der wirksamen Festlegung von Eignungsnachweisen berechtigt den Auftraggeber zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.

VPRRS 2014, 0438

EuGH, Urteil vom 10.07.2014 - Rs. C-213/13
1. Art. 1 a Richtlinie 93/37/EWG ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag, der die Errichtung eines Bauwerks, das den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen genügt, zum Hauptgegenstand hat, einen öffentlichen Bauauftrag darstellt und daher nicht unter den Ausschluss in Art. 1 a iii Richtlinie 92/50/EWG fällt, auch wenn er eine Verpflichtung enthält, das betreffende Bauwerk zu vermieten.*)
2. Sofern ein nationales Gericht wie das vorlegende, das letztinstanzlich entschieden hat, ohne dass der Gerichtshof der Europäischen Union zuvor nach Art. 267 AEUV mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst wurde, nach den anwendbaren innerstaatlichen Verfahrensvorschriften hierzu befugt ist, muss es seine rechtskräftig gewordene Entscheidung, die zu einer mit den Vorschriften der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge unvereinbaren Situation geführt hat, entweder ergänzen oder rückgängig machen, um einer später vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung dieser Vorschriften Rechnung zu tragen.*)

VPRRS 2014, 0435

OLG Hamburg, Beschluss vom 29.04.2014 - 1 Verg 4/13
1. Das von § 25 VOB/A 2006 (jetzt: § 16 VOB/A 2012) vorgegebene Prüfungsschema, in die nächstfolgende Wertungsstufe erst nach Abschluss der vorangegangenen überzugehen, schließt nicht aus, dass übersehene oder erst später bekannt gewordene Mängel nachträglich berücksichtigt werden dürfen. Das gilt auch dann, wenn im Nachhinein Bedenken zur Identität des Bieters aufkommen.
2. Die Angebote müssen von Anfang an die Identität des Bieters erkennen lassen. Dies gilt für Einzelbieter wie für Bietergemeinschaften. Bei Unklarheiten ist durch Auslegung aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat.
3. Eine Aufklärung des Angebotsinhalts kommt erst in Betracht, wenn sich die Zweifel nicht im Wege der Auslegung klären lassen.
4. Der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs im Vergabenachprüfungsverfahren verlangt nicht, dass das erkennende Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Einwendungen eingeht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht auch ohne ausdrückliche Erwähnung jeder Einzelheit das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat.
IBRRS 2014, 1842

OLG Naumburg, Urteil vom 26.06.2014 - 9 U 5/14
1. Wird das Angebot des Bieters im Zuschlagsschreiben unter Abänderungen angenommen, kommt (noch) kein Vertrag zustande.
2. Soll ein auf bestimmte Teile des Angebots begrenzter Nachlass nach den Zuschlagsschreiben des Auftraggebers für sämtliche Preise gelten und enthält der später schriftlich geschlossene Vertrag keine Nachlassvereinbarung, ist der Nachlass nicht wirksam vereinbart worden.

IBRRS 2014, 1784; IMRRS 2014, 0937

LG Leipzig, Urteil vom 21.02.2014 - 3 O 3455/11
Die in einem Bauträgervertrag enthaltene Abtretung aller Gewährleistungsansprüche des Bauträgers gegen die bauausführenden Unternehmen an den Käufer erfasst nicht die Mängelhaftungsansprüche des Bauträgers gegen den Architekten.

VPRRS 2014, 0436

EuGH, Urteil vom 10.07.2014 - Rs. C-358/12
Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die die öffentlichen Auftraggeber bei öffentlichen Bauaufträgen, deren Wert unter der in Art. 7 Buchst. c der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 der Kommission vom 30.11.2009 geänderten Fassung festgelegten Schwelle liegt, verpflichten, einen Bieter, der sich einen Verstoß bei der Entrichtung der Sozialbeiträge zuschulden kommen lassen hat, vom Vergabeverfahren für einen solchen Auftrag auszuschließen, wenn die Differenz zwischen den geschuldeten und den entrichteten Beträgen mehr als 100 Euro und gleichzeitig mehr als 5 % der geschuldeten Beträge ausmacht.*)

IBRRS 2014, 1838

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.05.2014 - 3-10 O 92/11
1. Die schriftliche Vereinbarung - hier ein beauftragtes Nebenangebot - trägt die Vermutung der Richtig- und Vollständigkeit in sich.
2. Diese tatsächliche Vermutung ist widerlegbar. Es handelt sich weder um eine gesetzliche Vermutung, noch um einen Anscheinsbeweis. Derjenige, der sich auf zusätzliche bzw. abweichende Vereinbarungen beruft, muss diese beweisen.
3. Eine Vereinbarung, die einen Ausschluss von Ersatzansprüchen wegen Verzögerungsschadens enthält, ist rechtlich zulässig. Ersatzansprüche nach § 642 BGB und § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B können wirksam abbedungen werden.

VPRRS 2014, 0415

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.06.2014 - 13 A 1607/13
Es stellte 2001 keinen schweren Vergabeverstoß dar, eine Bekanntmachung für die öffentliche Ausschreibung von Unterschwellen-Bauaufträgen nur in zwei (großen) regionalen Tageszeitungen zu veröffentlichen.

VPRRS 2014, 0434

VK Hamburg, Beschluss vom 25.06.2014 - VgK FB 3/14
Ist der Zuschlag im Rahmen einer de-facto-Vergabe bereits erteilt, kann nur ihre Unwirksamkeit festgestellt werden. Die Ausführung des unwirksamen Auftrags lässt sich im Wege des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes indes nicht mehr verhindern.

VPRRS 2014, 0476

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.04.2014 - 2 VK LSA 25/13
1. Zu den Liefer- und Dienstleistungen im Sinne von § 2 Abs. 5 SektVO gehören auch die für die Realisierung des Bauvorhabens erforderlichen Planungsleistungen. Dabei ist unerheblich, ob der Auftraggeber diese Planungsleistungen selbst erbringt oder sie von einem Planungsbüro erstellt werden.
2. Bei der Vorgabe einer bestimmten Stahlsorte handelt es sich um eine technische Spezifikation. Der Auftraggeber muss deshalb in die Beschreibung der entsprechenden Leistungsposition den Zusatz "oder gleichwertig" aufnehmen.

VPRRS 2014, 0431

VK Südbayern, Beschluss vom 03.06.2014 - Z3-3-3194-1-14-03/14
1. Der Ausschluss eines Bieter aufgrund des Vorwurfs der Mischkalkulation ist nur dann zulässig, wenn die vom Bieter gewählte Kalkulationsweise nicht aufgrund Formulierungen im Leistungsverzeichnis vertretbar oder gar zwingend ist.*)
2. Sind nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses das Beschaffen und Herstellen von Lager- und Arbeitsflächen und Zufahrtswegen zur Baustelle über die vom AG zur Verfügung gestellten hinaus, in die Position Baustelleneinrichtung einzukalkulieren, kann ein Bieter dafür benötigte Materialien auch in dieser Position ausweisen. Das gilt auch dann, wenn er beabsichtigt, diese Materialien später zur Erfüllung anderer Positionen erneut zu verwenden.*)
3. Bei der Frage, ob der vom Bieter angebotene Leistungsumfang demjenigen der Leistungsbeschreibung entspricht, dürfen auch nachträgliche Erläuterungen des Bieters darüber, wie er sein Angebot im Zeitpunkt seiner Abgabe verstanden wissen wollte, und welchen Inhalt er ihm tatsächlich beimaß, nicht unberücksichtigt bleiben (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.03.2007 - Verg 53/06).*)
4. Hat ein Bieter ungebrauchte Stoffe und Bauteile gem. Nr. 2.3.1 VOB/C bzw. DIN 18299 zu liefern, bedeutet "ungebraucht", dass der Stoff bzw. das entsprechende Bauteil noch an keiner anderen Stelle Verwendung gefunden hat und nunmehr seine Zweit- oder gar Drittverwendung findet. Eine Forderung nach ungebrauchten Stoffen und Bauteilen steht der Wiederverwendung von Baustoffen, die bereits zur Herstellung von Lager- und Arbeitsflächen und Zufahrtswegen zur Baustelle eingesetzt wurden, in anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses regelmäßig entgegen. Erklärt der Bieter, die Leistung dennoch unter Wiederverwendung der Baustoffe auszuführen, ist er gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b i.V.m. § 13 EG Nr. 5 Satz 1 VOB/A 2012 zwingend auszuschließen.*)
VPRRS 2014, 0430

VK Bund, Beschluss vom 30.09.2010 - VK 2-80/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0428

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2013 - 2 VK LSA 22/13
1. Ein Bieter ist zuverlässig, wenn er seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen ist und aufgrund der Erfüllung früherer Verträge eine einwandfreie Ausführung erwarten lässt. Dabei ist sowohl auf persönliche als auch auf sachliche Umstände ebenso wie auf die Besonderheiten des jeweiligen Geschäftszweigs abzustellen.
2. Ein Apotheker, der wegen Betrugs im Zusammenhang mit solchen Leistungen, die auch Gegenstand der Ausschreibung sind, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, ist tendenziell als unzuverlässig anzusehen. Die Vergabestelle muss sich deshalb eingehend mit der Zuverlässigkeit des Bieters befassen und dies entsprechend dokumentieren.

VPRRS 2014, 0419

OLG München, Beschluss vom 17.12.2013 - Verg 15/13
1. Ist sich die Vergabestelle nicht sicher, wer ein Angebot abgegeben hat, muss sie vorrangig durch Auslegung ermitteln, wem das Angebot zuzurechnen ist. Ergibt sich aus Sicht des objektiven Erklärungsempfängers unter Berücksichtigung von Verkehrssitte und den konkreten Umständen des Einzelfalls eine eindeutige Zuordnung, ist das Angebot wertbar.
2. Bei einer Personenfirma ist der Vorname kein zwingender Bestandteil des Firmennamens. Gibt eine Personenfirma ein Angebot ab, muss deshalb auch im Vergabeverfahren der Vorname des Firmeninhabers nicht zusätzlich genannt werden.

IBRRS 2014, 1796; IMRRS 2014, 0949

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.03.2014 - 7 K 7163/11
1. Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 a UStG erstreckt sich allein auf solche Vorgänge, die sich als einheitliche Lieferung eines bebauten Grundstücks darstellen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Lieferung in die Grundstücksübertragung durch den Eigentümer und die Bebauung durch einen Dritten aufgespalten ist.*)
2. Abnahmen (§ 640 BGB) sind Indiz für den Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Bauwerk, das Gegenstand einer Werklieferung im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG ist.*)
3. § 13 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 UStG stellt einen eigenständigen Besteuerungstatbestand dar, der bei Steuersatzerhöhungen nach Erbringung der Teilleistung und vor Erbringung der Gesamtleistung nicht wie § 13 Abs. 1 a Satz 4 UStG durch § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG durchbrochen wird. Diese Differenzierung ist unionsrechtlich unbedenklich.*)
4. Auch bei der Errichtung von Fertigteilhäusern sind die nach Baufortschritt fällig werdenden Kaufpreisanteile als Anzahlungen und nicht als Entgelte für Teilleistungen anzusehen, wenn es an der Vereinbarung von Einzelpreisen für die einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses fehlt.*)

VPRRS 2014, 0422

LG Oldenburg, Urteil vom 18.06.2014 - 5 S 610/13
1. Hat der Bieter mit dem günstigsten Angebot keine faire Chance auf den Zuschlag, weil der Auftraggeber die Ausschreibung wegen einer (angeblichen) Überschreitung der Kostenschätzung aufgehoben und den Auftrag einem anderen, am Vergabeverfahren bislang nicht beteiligten Unternehmen "zugeschanzt" hat, kann dem Bieter ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.
2. Lässt sich für den Bieter erst nach Einsicht in die Kostenschätzung klären, ob diese zu beanstanden ist und sich daraus möglicherweise ein Schadensersatzanspruch ergibt, kann er Einsicht in die Unterlagen zur Kostenschätzung verlangen.

VPRRS 2014, 0417

VK Lüneburg, Beschluss vom 28.05.2014 - VgK-13/2014
1. Das Verbot der Überbürdung ungewöhnlicher Wagnisse ist im Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung gemäß § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 enthalten und damit weiterhin im Vergabeverfahren zu beachten.
2. Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit nach § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 unzulässig oder unzumutbar ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, einen überhaupt nicht dokumentierten Wertungsabschnitt erneut oder gegebenenfalls erstmalig durchzuführen und dann zeitnah zu dokumentieren.

VPRRS 2014, 0418

VK Nordbayern, Beschluss vom 09.05.2014 - 21.VK-3194-08/14
1. Angebote mit mehrdeutigen Angaben führen zum Angebotsausschluss. Dies gilt auch im Bereich von Nachunternehmererklärungen.*)
2. Lässt ein Bieter die ihm gesetzte angemessene Frist unbeantwortet verstreichen (§ 15 EG Abs. 2 VOB/A), so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Die ASt kann eine nochmalige Aufforderung nicht aus § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A herleiten. Die Pflicht der Nachforderung des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A betrifft nur fehlende Erklärungen oder Nachweise, welche vom Auftraggeber zur Vorlage bis zur Angebotsabgabe gefordert worden sind.*)
3. Werden in der Wertungsphase konkrete Mengenfehler im Leistungsverzeichnis festgestellt, kann der Auftraggeber erwägen, die Ausschreibung aufzuheben. Fehler im Leistungsverzeichnis fallen in die Risikosphäre des Ausschreibenden und werden grundsätzlich nicht als rechtmäßiger Aufhebungsgrund nach § 17 EG VOB/A anerkannt. Bei einer Aufhebung ohne rechtmäßigen Aufhebungsgrund können die Bieter die Feststellung beantragen, dass sie durch die Aufhebung in ihren Rechten verletzt sind und Schadensersatz erheben. Eine Ausschreibung wegen Mengenfehler im Leistungsverzeichnis aufzuheben, liegt deshalb im Ermessen des Auftraggebers.*)

VPRRS 2014, 0414

VK Bund, Beschluss vom 27.05.2014 - VK 2-31/14
1. Eine vor Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens seriös vom Auftraggeber durchgeführte Schätzung des Auftragswerts wird nicht dadurch hinfällig oder im Nachhinein falsch, wenn die in der Folge und zeitlich nach der Schätzung eingereichten Angebote über dem Schätzpreis liegen.
2. Nimmt der Auftraggeber einen Auftragswert an, der nur relativ knapp unter dem für europaweite Vergaben einschlägigen Schwellenwert von 5 Mio. Euro liegt, muss er seine Schätzung und die dieser zugrunde liegenden Überlegungen umfassend dokumentieren.
3. Führt der Auftraggeber ein rein nationales Vergabeverfahren durch, ist ein Nachteil nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Beteiligung am Wettbewerb möglich war und der Rechtsschutz durch die Nachprüfungsinstanzen gewährleistet ist. Ein Nachteil kann auch darin liegen, dass im Rahmen der Durchführung des Vergabeverfahrens Normen zur Anwendung kommen, die sich dem Bieter gegenüber als nachteilig im Vergleich zu den korrekterweise anzuwendenden Normen darstellen.
4. Inhaltlich unvollständige Erklärungen sind keiner Nachforderung nach § 19 Abs. 3 SektVO zugänglich. Bei Wirksamkeitsmängeln kommt allerdings eine Nachforderung in Betracht.

VPRRS 2014, 0694

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2014 - 1 S 1458/12
Die Regelung in einer kommunalen Friedhofssatzung, dass nur Grabsteine verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairen Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, und dass der Nachweis hierfür durch ein vertrauenswürdiges, allgemein anerkanntes Zertifikat erbracht wird, ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar, wenn weder eine hinreichend gesicherte Verkehrsauffassung besteht, welche Zertifikate als vertrauenswürdig gelten können, noch eine zuständige staatliche Stelle Zertifikate als vertrauenswürdig anerkannt hat noch ausdrücklich unter Benennung der Zertifikate geregelt ist, welche Zertifikate als Nachweis ausreichen.*)

VPRRS 2014, 0401

VK Südbayern, Beschluss vom 27.05.2014 - Z3-3-3194-1-10-03/14
1. Die Baustellengemeinkosten können dann in die Baustelleneinrichtung eingerechnet werden, wenn die Auslegung des Leistungsverzeichnisses dies zulässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Position "Baustelle einrichten" auch die Kosten für Vorhalten, Unterhalten und Betreiben der Geräte und Einrichtungen umfasst.*)
2. Besteht keine eindeutige anderweitige Kalkulationsvorgabe in den Vergabeunterlagen darf ein Bieter in diesem Fall auch die Lohnkosten des Baustellenleiters in die Baustelleneinrichtung einkalkulieren.*)
3. Wenn die Lohnkosten des Baustellenleiters in die Baustelleneinrichtung einkalkuliert werden können, können dort auch Lohnanteile untergeordneter Positionen einbezogen werden, die vom Baustellenleiter miterledigt werden, außer es besteht eine eindeutige anderweitige Kalkulationsvorgabe.*)
4. Der Ausschluss eines Bieter aufgrund des Vorwurfs der Mischkalkulation bei beliebigen Minimalpositionen seines Angebots ist mit Zurückhaltung vorzunehmen, da es dem Auftraggeber so offen stünde jeden missliebigen Bieter mit diesem Argument auszuschalten (Anschluss an OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 - Verg 10/06).*)
5. Bei der Frage, ob der vom Bieter angebotene Leistungsumfang demjenigen der Leistungsbeschreibung entspricht, dürfen auch nachträgliche Erläuterungen des Bieters dar-über, wie er sein Angebot im Zeitpunkt seiner Abgabe verstanden wissen wollte, und welchen Inhalt er ihm tatsächlich beimaß, nicht unberücksichtigt bleiben (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.03.2007 - Verg 53/06).*)
6. Kann auch in der Beweisaufnahme nicht geklärt werden, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des von der Vergabestelle herangezogenen zwingenden Ausschlussgrunds vorliegen, ist der Ausschluss des Angebots vergaberechtswidrig. Die Vergabestelle trägt die Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen eines zwingenden Ausschlussgrunds.*)

VPRRS 2014, 0400

VK Südbayern, Beschluss vom 19.05.2014 - Z3-3-3194-1-08-03/14
1. Zur Erfüllung der Rügeobliegenheit des Bieters muss dieser den Vergabeverstoß und die Aufforderung an den öffentlichen Auftraggeber, den Verstoß abzuändern, konkret darlegen. Beide Tatsachenvorträge sind unverzichtbare Bestandteile der Rüge. An die Pflicht zur Substantiierung sind aber keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Dabei ist immer auch zu beachten, welchen Kenntnisstand der rügende Bieter haben kann. Eine Rüge ist schon dann ausreichend substantiiert, wenn das rügende Unternehmen eine konkrete Tatsache benennt, aus welcher sich der Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes ergibt.*)
2. Zumindest für einen Bieter mit erheblichem technischem Sachverstand und guter Marktkenntnis ist eine verdeckte Produktvorgabe in den Vergabeunterlagen erkennbar und daher gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB zu rügen.*)
3. Eine Rechtsverletzung aufgrund der Wertung von Qualitätskriterien scheidet dann aus, wenn der Bieter selbst bei unterstellter Bestbewertung in den Qualitätskriterien nicht für den Zuschlag in Frage käme.*)
4. Ob ein Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßstab der Auslegung ist, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte.*)
5. Bei der Lieferung von individuell angepassten Geräten ergibt sich aus der Produktbezeichnung allein nicht automatisch eine Abweichung von den Vorgaben der Vergabeunterlagen.*)

VPRRS 2014, 0409

BGH, Beschluss vom 12.03.2003 - X ZR 50/01
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0408

VK Bund, Beschluss vom 14.08.2003 - VK 2-62/03
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0390

OLG Hamburg, Beschluss vom 31.03.2014 - 1 Verg 4/13
1. Eine durch Staatsvertrag zwischen mehreren Bundesländern gegründete rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, zu deren Zwecken es gehört, die ordnungsrechtliche Aufgabe eines ausreichenden Glücksspielangebots durch Veranstaltung von staatlichen Klassenlotterien und ähnlichen Spielangeboten (Glücksspiele) wahrzunehmen, ist ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB, wenn sie die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken nicht selbst trägt.
2. In der Phase zwischen Angebotsabgabefrist und Zuschlag sind Verhandlungen über Änderungen des Angebots unzulässig. Von diesem Nachverhandlungsverbot sind namentlich die wesentlichen Elemente des Angebots - die künftigen Vertragsparteien, der Vertragsgegenstand und der Preis - umfasst.
3. Wird ein Angebot von einer Bietergemeinschaft eingereicht, führt ein identitätsändernder Wechsel im Mitgliederbestand der Bietergemeinschaft zum zwingenden Ausschluss von dem Vergabeverfahren.
VPRRS 2014, 0396

VK Sachsen, Beschluss vom 23.05.2014 - 1/SVK/011-14
1. Die Bildung einer Bietergemeinschaft ist nicht von vorne herein als unzulässig anzusehen, sondern nur dann wettbewerbswidrig, wenn der Entschluss zur Mitgliedschaft auf nicht auf einer zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Entscheidung basiert. Erweist sich die unternehmerische Entscheidung gegen eine Alleinbewerbung als vernünftig und nachvollziehbar, ist bereits von der Zulässigkeit der Bietergemeinschaft auszugehen.
2. Die Vorschrift des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012, wonach fehlende Erklärungen oder Nachweise vom Auftraggeber nachgefordert werden, ist nicht nur dann einschlägig, wenn eine Erklärung oder ein Nachweis überhaupt nicht eingereicht wird, sondern ermöglicht es auch, inhaltliche Unzulänglichkeiten aufzugreifen, die in ihrer Qualität einem formellen Mangel gleichkommen.
3. Die Fachkunde eines Bieters wird durch die personelle Ausstattung geprägt und beruht auf den Erfahrungen und Kenntnissen der Mitarbeiter. Woher diese Kenntnisse stammen, ist unerheblich. Deshalb können Mitarbeiter ihre Kenntnisse und Erfahrungen auch bei anderen Unternehmen erworben haben.
VPRRS 2014, 0394

BVerwG, Beschluss vom 29.01.2014 - 8 B 28.13
1. Im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern gilt das rechtsstaatliche Willkürverbot, das sachlich nicht begründbare Differenzierungen verbietet. Der Zuwendungsbehörde ist es deshalb nicht gestattet, ohne sachlichen Grund von einer ständigen Verwaltungspraxis, der zufolge Zuwendungsanträge bei festgestellten Vergaberechtsverstößen abgelehnt werden, abzuweichen.
2. Die Frage, welche Anforderungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an die Schwere eines Vergabeverstoßes stellt, damit er zur Ablehnung einer Zuwendung führen kann, lässt sich nicht abstrakt beantworten.
3. Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht begründet einen schweren, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beeinträchtigenden Vergabemangel.

VPRRS 2014, 0393

BVerwG, Beschluss vom 29.01.2014 - 8 B 27.13
1. Im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern gilt das rechtsstaatliche Willkürverbot, das sachlich nicht begründbare Differenzierungen verbietet. Der Zuwendungsbehörde ist es deshalb nicht gestattet, ohne sachlichen Grund von einer ständigen Verwaltungspraxis, der zufolge Zuwendungsanträge bei festgestellten Vergaberechtsverstößen abgelehnt werden, abzuweichen.
2. Die Frage, welche Anforderungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an die Schwere eines Vergabeverstoßes stellt, damit er zur Ablehnung einer Zuwendung führen kann, lässt sich nicht abstrakt beantworten.
3. Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht begründet einen schweren, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beeinträchtigenden Vergabemangel.

VPRRS 2014, 0637

BVerwG, Beschluss vom 29.01.2014 - 8 B 26.13
1. Im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern gilt das rechtsstaatliche Willkürverbot, das sachlich nicht begründbare Differenzierungen verbietet. Der Zuwendungsbehörde ist es deshalb nicht gestattet, ohne sachlichen Grund von einer ständigen Verwaltungspraxis, der zufolge Zuwendungsanträge bei festgestellten Vergaberechtsverstößen abgelehnt werden, abzuweichen.
2. Die Frage, welche Anforderungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an die Schwere eines Vergabeverstoßes stellt, damit er zur Ablehnung einer Zuwendung führen kann, lässt sich nicht abstrakt beantworten.
3. Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht begründet einen schweren, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beeinträchtigenden Vergabemangel.

VPRRS 2014, 0391

BVerwG, Beschluss vom 29.01.2014 - 8 B 29.13
1. Im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern gilt das rechtsstaatliche Willkürverbot, das sachlich nicht begründbare Differenzierungen verbietet. Der Zuwendungsbehörde ist es deshalb nicht gestattet, ohne sachlichen Grund von einer ständigen Verwaltungspraxis, der zufolge Zuwendungsanträge bei festgestellten Vergaberechtsverstößen abgelehnt werden, abzuweichen.
2. Die Frage, welche Anforderungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an die Schwere eines Vergabeverstoßes stellt, damit er zur Ablehnung einer Zuwendung führen kann, lässt sich nicht abstrakt beantworten.
3. Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht begründet einen schweren, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beeinträchtigenden Vergabemangel.

IBRRS 2014, 1623

KG, Urteil vom 04.05.2012 - 7 U 108/11
1. Für die Abgrenzung zwischen unmittelbar vertraglich geschuldeten und zusätzlichen Leistungen kommt es allein auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung und nicht auf die Unterscheidung in den DIN-Vorschriften zwischen Nebenleistungen und Besonderen Leistungen an.
2. Welche Leistungen durch die Leistungsbeschreibung erfasst sind, ist gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Parteien zu ermitteln. Dabei ist das gesamte Vertragswerk zugrunde zu legen. Haben die Parteien die Geltung der VOB/B und C vereinbart, gehören hierzu allerdings auch die Allgemeinen Technischen Bestimmungen für Bauleistungen.

VPRRS 2014, 0385

VK Lüneburg, Beschluss vom 28.02.2014 - VgK-01/2014
Die Frage des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehre kann nicht Gegenstand eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens sein, weil das eigenwirtschaftliche Verfahren kein öffentlicher Auftrag ist.

VPRRS 2014, 0584

VK Bremen, Beschluss vom 20.03.2014 - 16 VK 1/14
1. Die Formulierung in einem Leistungsverzeichnis, wonach schadstoffbelasteter Boden zu baggern, zu fördern und zu verbringen ist, muss ein durchschnittlicher Bieter dahingehend verstehen, dass auch die erforderlichen Entsorgungskosten in die Einheitspreise einzukalkulieren sind.
2. Bietet das Leistungsverzeichnis keine hinreichend sichere Grundlage für eine ordnungsgemäße Kalkulation, ist es dem Bieter grundsätzlich zuzumuten, beim Auftraggeber entsprechende Rückfragen zu stellen.
3. Die SektVO enthält zwar keine besonderen Regelungen für Fragefristen. Dessen ungeachtet kann der öffentliche Auftraggeber auch in einem Vergabeverfahren nach der SektVO mit der Bekanntmachung eine derartige Frist setzen.
4. Nimmt eine Bietergemeinschaft (BIEGE) an einem Vergabeverfahren teil, muss ein erkannter Vergaberechtsverstoß von sämtlichen BIEGE-Mitgliedern gerügt werden. Ermächtigt die BIEGE einzelne Mitglieder nicht zur Rüge oder wird diese Ermächtigung nicht spätestens mit der Rüge offengelegt, stellt die Geltendmachung der Verletzung von Bewerber- oder Bieterrechten durch ein einzelnes BIEGE-Mitglied keine ordnungsgemäße Rüge dar.

VPRRS 2014, 0383

VK Bremen, Beschluss vom 20.03.2014 - 16-VK 1/14
1. Die Formulierung in einem Leistungsverzeichnis, wonach schadstoffbelasteter Boden zu baggern, zu fördern und zu verbringen ist, muss ein durchschnittlicher Bieter dahingehend verstehen, dass auch die erforderlichen Entsorgungskosten in die Einheitspreise einzukalkulieren sind.
2. Bietet das Leistungsverzeichnis keine hinreichend sichere Grundlage für eine ordnungsgemäße Kalkulation, ist es dem Bieter grundsätzlich zuzumuten, beim Auftraggeber entsprechende Rückfragen zu stellen.
3. Die SektVO enthält zwar keine besonderen Regelungen für Fragefristen. Dessen ungeachtet kann der öffentliche Auftraggeber auch in einem Vergabeverfahren nach der SektVO mit der Bekanntmachung eine derartige Frist setzen.
4. Nimmt eine Bietergemeinschaft (BIEGE) an einem Vergabeverfahren teil, muss ein erkannter Vergaberechtsverstoß von sämtlichen BIEGE-Mitgliedern gerügt werden. Ermächtigt die BIEGE einzelne Mitglieder nicht zur Rüge oder wird diese Ermächtigung nicht spätestens mit der Rüge offengelegt, stellt die Geltendmachung der Verletzung von Bewerber- oder Bieterrechten durch ein einzelnes BIEGE-Mitglied keine ordnungsgemäße Rüge dar.

VPRRS 2014, 0380

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.03.2014 - 1 S 169/14
1. Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten im Sinn der §§ 54 Abs. 2, 55 Abs. 2 und 3 RStV sind nur solche, die sowohl journalistisch als auch redaktionell gestaltet sind.*)
2. Auch auf kleine Zielgruppen zugeschnittene Angebote können journalistisch sein, wenn sie eine erkennbare publizistische Zielsetzung haben, d.h. von der Intention her auf Teilhabe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung - jedenfalls innerhalb der Zielgruppe - angelegt sind.*)
3. Zur Bewertung von Internetportalen, die Informationen über öffentliche Ausschreibungen sammeln und diese für die Bedürfnisse der gewerblichen Wirtschaft aufbereiten.*)

VPRRS 2014, 0374

VK Sachsen, Beschluss vom 29.01.2014 - 1/SVK/041-13
1. Ein Begleitschreiben zum Angebot ist regelmäßig als Bestandteil des Angebotes zu werten. Sofern das Begleitschreiben angebotsrelevante Inhalte wie Angebotspreis, Lieferfristen, oder auch Allgemeine Geschäftsbedingungen umfasst, muss die Vergabestelle diese Erklärungen, sei es zugunsten oder zuungunsten des Bieters, berücksichtigen.*)
2. Ist dem Begleitschreiben ein Hinweis auf die Unmöglichkeit der Erfüllung der Vorgaben des Leistungsverzeichnisses zu entnehmen, führt diese Einschränkung der angebotenen Leistung zum zwingenden Ausschluss wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen.*)

VPRRS 2014, 0376

VK Sachsen, Beschluss vom 20.12.2013 - 1/SVK/043-13
1. Bei Beschaffungsvorgängen nach der VOL/A stellt der Zuschlag die Annahmeerklärung im zivilrechtlichen Sinn dar, so dass mit Erteilung des Zuschlags der Beschaffungsvorgang, der im Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags mündet, abgeschlossen ist. § 18 Abs. 2 VOL/A definiert explizit die Annahme eines Angebotes als Zuschlag, ohne aber - wie die Vorgängerregelung in § 28 VOL/A 2006 - zusätzlich dessen zivilrechtliche Rechtswirkungen zu beschreiben.*)
2. In § 18 Abs. 2 VOL/A sind die formellen Voraussetzungen des Zuschlages abschließend geregelt und es ist nicht ergänzend, oder gar ersetzend, auf die Vorschriften der §§ 57 VwVfG zurückzugreifen. Die Zuordnung der zu beschaffenden streitgegenständlichen Leistung im Rettungsdienstbereich zum GWB, aber auch die grundsätzliche Zuordnung der Vergabe öffentlicher Aufträge zum Privatrecht steht bereits einer Zuordnung des Vergaberechts zum öffentlichen Recht entgegen. Folglich sind die Bestimmungen des VwVfG weder unmittelbar noch analog anwendbar.*)

VPRRS 2014, 0363

VK Bund, Beschluss vom 29.01.2014 - VK 1-123/13
1. Ein Bieter ist grundsätzlich dazu berechtigt, mehrere Hauptangebote abzugeben.
2. Die Wertbarkeit und damit auch die Zuschlagsfähigkeit mehrerer Hauptangebote ein und desselben Bieters setzen voraus, dass diese jeweils hinreichend differenziert sind, so dass jedem Hauptangebot ein eigener und eindeutiger Erklärungsinhalt beigemessen werden kann. Bei der Abgabe mehrerer Hauptangebote sind deshalb die für Nebenangebote bestehenden Formvorgaben einzuhalten.

VPRRS 2014, 0362

VK Bund, Beschluss vom 17.02.2014 - VK 1-2/14
1. Auf einen Auftrag über die Bereitstellung von Messeständen auf Publikums- und Verbrauchermessen, an denen sich die Messebesucher allgemeine Informationen über den Auftraggeber beschaffen können, findet die VSVgV keine Anwendung. Es liegt nämlich keine Fallgruppe eines verteidigungs- oder sicherheitsrelevanten Auftrags vor.
2. Der Auftraggeber kann in der Bekanntmachung als Mindestanforderung eine Eigenerklärung und einen Nachweis verlangen, dass die Bewerber über eine mindestens fünfjährige Erfahrung im Umgang mit einem bestimmten Messebausystem verfügen.

VPRRS 2014, 0352

OLG Naumburg, Beschluss vom 14.03.2014 - 2 Verg 1/14
1. Wird ein Projektsteuerungsvertrag vorzeitig gekündigt, bleiben die bis zum Zeitpunkt der Kündigung bereits erbrachten Leistungen bei der Schätzung des Auftragswerts der verbleibenden Projektsteuerungsleistungen unberücksichtigt.
2. Die Werte von Teilaufträgen müssen zur Ermittlung des Auftragswerts zusammengerechnet werden, wenn und soweit sich die Teilaufträge auf dieselbe freiberufliche Leistung beziehen und trotz ihrer Aufteilung als eine einheitliche vorgesehene Leistung, das heißt als einheitlicher Beschaffungsgegenstand zu bewerten sind (hier bejaht).
3. Werden auf der Baustelle des Auftraggebers seit eineinhalb Jahren parallel zum vollständig aufrechterhaltenen Betrieb (hier: eines Krankenhauses der Maximalversorgung) komplexe Bauarbeiten durchgeführt, ist es nach Kündigung des Projektsteuerungsvertrags zulässig, die erforderlichen Koordinationsleistungen im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zu vergeben.
4. Der Schadenersatzanspruch des öffentlichen Auftraggebers gegen einen Bieter nach § 125 Abs. 1 GWB ist seiner Natur nach ein deliktischer Anspruch und muss in einem separaten Prozess geltend gemacht werden; hierfür ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Es ist deshalb nicht statthaft, den Anspruch im Nachprüfungsverfahren in Form eines Feststellungsantrags geltend zu machen.
VPRRS 2014, 0355

OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2013 - 13 Verg 8/13
1. Der Auftraggeber muss für die Angebotswertung kein bis in die letzten Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen. Das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe ist aber vergaberechtlich unzulässig, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, anhand deren das wirtschaftlichste Angebot ermittelt wird.
2. Ein öffentlicher Auftraggeber darf keine Gewichtungsregeln oder Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat.
3. Es ist vergaberechtlich fehlerhaft, wenn ein Auftraggeber beim Merkmal "Projektteam" drei Unterkriterien bildet und gewichtet, jedoch keiner der Bieter anhand dieser Unterkriterien erkennen kann, dass der Auftraggeber bei der Bewertung der Erfahrung und der Eignung des Planungsteams, insbesondere des Projektleiters, eine Differenzierung zwischen einem Dipl.-Ing. und einem Dr.-Ing. vornehmen wird.
4. Es kann von einem durchschnittlichen Bieter verlangt werden, dass er die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bzw. des Europäischen Gerichtshofs zur rechtsfehlerhaften Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien kennt.

VPRRS 2014, 0360

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.11.2013 - VK 1-26/13
1. Der Bieter ist verpflichtet, die für die Ausführung der Leistungen geforderten Preise anzugeben. Mit einer fehlenden Erklärung gleichzusetzen ist die unzutreffende Erklärung.
2. Ein Angebot, das auch nur zu einer Position eine unzutreffende Preisangabe enthält, ist zwingend auszuschließen. Eine Preisangabe ist unzutreffend, wenn sie nicht mit demjenigen Preis vorgenommen worden ist, der für die betreffende Leistung beansprucht wird.

VPRRS 2014, 0353

OLG Koblenz, Beschluss vom 30.04.2014 - 1 Verg 2/14
1. Wird der Auftraggeber durch die Frage eines Bieters darauf aufmerksam gemacht, dass ihm Fehler unterlaufen waren, die zumindest in der Summe geeignet sind, bei einem Bieter ohne juristische Kenntnisse einen Irrtum über eine wesentliche Förmlichkeit des Vergabeverfahrens zu erwecken, darf er sich nicht damit begnügen, den fragenden Bieter aufzuklären. Er ist vielmehr verpflichtet, in Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 97 Abs. 2 GWB) alle Unternehmen, die die Vergabeunterlagen angefordert hatten, unverzüglich - auch telefonisch - über seinen Fehler zu informieren und so einem möglichen Irrtum entgegenzuwirken.*)
2. Der Auftraggeber kann ein Vergabeverfahren auch dann aufheben und ein neues Verfahren einleiten, wenn zwar kein von § 17 EG Abs. 1 VOB/A gedeckter "sanktionsfreier", aber ein anderer sachlicher Grund für diese Maßnahme vorhanden ist.*)
3. Ein sachlicher Grund für eine Aufhebung kann auch ein eigener Fehler des Auftraggebers sein.*)
4. Liegt ein sachlicher Grund für eine Aufhebung vor, darf der Auftraggeberin auch den milderen Weg der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens wählen, wenn dies zur Fehlerkorrektur ausreicht.*)

VPRRS 2014, 0356

OLG Celle, Beschluss vom 21.01.2013 - 13 Verg 12/12
1. Wenn sich ein Auftraggeber vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe bei der inhaltlichen Bewertung auf einer weiteren Wertungsstufe festgelegt hat, muss er dies den Bietern bekannt geben.
2. Der Auftraggeber kann fehlende Erklärungen oder Nachweise nur dann nachfordern, wenn dem Angebot des Bieters Erklärungen oder Nachweise fehlen, deren Vorliegen der Auftraggeber unmissverständlich geforderte hatte. Die Aufforderung an den Bieter, Bauablaufplan, Bauablaufplan und Bauablaufbeschreibung sowie pauschale Angaben abzugeben, ist unzulässig, wenn diese Unterlagen in der Bekanntmachung nicht angegeben wurden und dem Auftraggeber zu einer vergleichenden Bewertung der Angebote dienen sollten.

VPRRS 2014, 0349

VK Arnsberg, Beschluss vom 16.12.2013 - VK 21/13
Eine Referenz ist nicht vergleichbar in Hinblick auf die Vorgabe "vergleichbare Leistung", wenn ein wesentlicher Teil der Leistung nicht umfasst wird. dies gilt insbesondere dann, wenn der Bieter (ausnahmsweise) gerade diesen Teil in Eigenleistung erbringen will.*)

VPRRS 2014, 0347

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014 - Verg 12/14
1. Ein in die Handwerksrolle der Handwerkskammer eingetragener Meisterbetrieb des Maurer- und Betonbauerhandwerks darf auch Arbeiten in anderen Handwerken ausführen, wenn sie mit dem Leistungsangebot seines Gewerbes technisch oder fachlich zusammenhängen oder es wirtschaftlich ergänzen. Zwischen Maurer- und Gerüstbauarbeiten ergibt sich ein technischer und fachlicher Zusammenhang daraus, dass Maurerarbeiten regelmäßig der Verwendung von Gerüsten bedürfen.
2. Hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag abgelehnt, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern. Bei der Verlängerungsentscheidung sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde ein bestimmendes und nach dem Sinn der Vorschrift sogar das an erster Stelle zu prüfende Tatbestandselement.

VPRRS 2014, 0338

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 41/13
1. Dem Auftraggeber ist für das Einleiten eines Prüfungsverfahrens nach § 19 EG Abs. 6 VOL/A 2009 ein Entscheidungsspielraum zuzuerkennen, dessen Ausübung von den Vergabenachprüfungsinstanzen lediglich darauf zu kontrollieren ist, ob er einen gemäß den Tatumständen nachvollziehbaren, vertretbaren und nicht willkürlichen Ermittlungsansatz gewählt hat.*)
2. Die Einhaltung eines bestimmten Reinigungswerts ist kein zulässiges alleiniges Kriterium der Preisprüfung, sondern kann insoweit lediglich als Indiz unterstützend herangezogen werden.*)
3. Jede Verwendung von Reinigungswerten bei der Angebotswertung ist unverzichtbar davon abhängig zu machen, dass der Auftraggeber den entsprechenden Wert (oder eine Bandbreite) entweder als Mindestanforderung an die Eignung in der Vergabebekanntmachung angibt (Art. 44 Abs. 2 UA 3 Richtlinie 2004/18/EG) oder sie in der Vergabebekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen benennt.*)
