Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5448 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2017
IBRRS 2017, 0964; IMRRS 2017, 0399; IVRRS 2017, 0157
VG Neustadt, Urteil vom 09.02.2017 - 4 K 883/16
1. Jeder Anschlussberechtigte ist verpflichtet, sein Grundstück an die Abwasseranlage anzuschließen, wenn für das Grundstück eine betriebsfertige öffentliche Abwasseranlage hergestellt wurde und vorgehalten wird. Die Befolgung dieses Anschluss- und Benutzungszwangs setzt das Vorhandensein funktionstüchtiger Grundstücksanschlüsse voraus.
2. Erweisen sich Anschlussleitungen für die unschädliche Abwasserbeseitigung als untauglich, z.B. weil sie schadhaft geworden sind oder (z.B. aus Altersgründen) in absehbarer Zeit untauglich zu werden drohen, und werden sie deshalb von der Gemeinde erneuert, nimmt die Kommune Handlungen vor, die der ordnungsgemäßen Erfüllung der Anschlusspflicht an die gemeindliche Abwasseranlage dienen, und damit zum Pflichtenkreis des Grundstückseigentümers gehören und die ihn von der diesbezüglichen Last befreien.
3. Bei der Frage, ob eine Grundstücksanschlussleitung erneuerungsbedürftig ist, hat die Gemeinde einen Einschätzungsspielraum.

VPRRS 2017, 0087

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.02.2017 - 3 VK LSA 1/17
1. Zum Nachweis der Eignung sind die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bewerber oder Bieter zu prüfen. Hierzu zählt der Nachweis der Eintragung in das zuständige Berufsregister.
2. Als Berufsregister kommen die Handwerkskammer oder die Industrie- und Handelskammer in Betracht. Erklärt ein Industriebetrieb Mitglied der Industrie- und Handelskammer zu sein, kann diese Erklärung nicht zum Ausschluss des Angebots führen.
3. Ein Bieter darf auch eintragungspflichtige Arbeiten ausführen, wenn er für diese in der Handwerksrolle eingetragen ist. Eintragungspflichtig ist er dort jedoch nur, wenn er den selbständigen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe handwerksmäßig betreibt.
4. Ein Bieter, der durch Neugründung aus einem Unternehmen hervorgegangen ist, die gleichen Personen beschäftigt, über das bisher vorhandene Know-how verfügt und mit im Wesentlichen denselben Anlagen und Werkzeugen arbeitet, kann auf Nachfrage des Auftraggebers auch auf Arbeiten als Referenz verweisen, die dieselben Mitarbeiter in der früheren Firma erbracht haben.
VPRRS 2017, 0067

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2016 - 12 U 179/15
1. Die Vermutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem Bauvertrag nicht unabhängig von der vereinbarten Leistungszeit, weil diese regelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der Vergütung des Auftragnehmers hat.
2. Die durch ein verzögertes Vergabeverfahren bedingte Änderung der Leistungszeit hat zur Folge, dass die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, sich auf eine angepasste Vergütung zu verständigen. Es besteht keine Veranlassung, das Risiko von Änderungen der Grundlagen des Preises dem Auftragnehmer zuzuweisen.
3. Maßgeblich für die Höhe des Mehrvergütungsanspruchs, der auf einer durch eine verzögerte Vergabe verursachten Bauzeitverschiebung beruht, sind nur diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind.

VPRRS 2017, 0081

VK Bund, Beschluss vom 28.11.2016 - VK 1-110/16
1. Zum zwingenden Ausschluss von der Wertung führende "Änderungen an den Vergabeunterlagen" liegen vor, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragt, so dass sich angebotene und nachgefragte Leistung nicht decken.
2. Eine Änderung an den Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter nicht wie vom Auftraggeber gefordert anbietet, die Werk- und Montageplanung komplett bis zum verbindlichen Vertragstermin fertig zu stellen.

VPRRS 2017, 0080

BGH, Beschluss vom 31.01.2017 - X ZB 10/16
1. Erscheint ein Angebotspreis aufgrund des signifikanten Abstands zum nächstgünstigen Gebot oder ähnlicher Anhaltspunkte, wie etwa der augenfälligen Abweichung von preislichen Erfahrungswerten aus anderen Beschaffungsvorgängen, ungewöhnlich niedrig, können die Mitbewerber verlangen, dass die Vergabestelle in die vorgesehene nähere Prüfung der Preisbildung eintritt.*)
2. Wird für bereits vorliegende oder von der Vergabestelle zur Aufklärung des Preises nachgeforderte Informationen Schutz als Geschäftsgeheimnis begehrt, entscheidet die Vergabekammer zunächst in einem Zwischenverfahren über deren Offenlegung. Für die Entscheidung, ob das Geheimhaltungs- oder das Offenlegungsinteresse überwiegt, ist eine Abwägung der beiderseitigen geschützten Interessen vorzunehmen.*)
3. Die Vergabekammer darf bei der Sachentscheidung Umstände berücksichtigen, deren Offenlegung sie mit Rücksicht auf ein Geheimhaltungsinteresse abgelehnt hat, das nach Abwägung aller Umstände das Interesse der Beteiligten auf rechtliches Gehör auch unter Beachtung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz überwiegt.*)

IBRRS 2017, 0718

OLG Köln, Urteil vom 22.06.2016 - 16 U 145/15
1. Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht und/oder es nicht funktionstauglich ist.
2. Zur Funktionstauglichkeit von Dreh- und Kipp-Fenstern gehört, dass diese sich ohne Reibung und ohne Schleifspuren öffnen und schließen lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn andere, abseits der Ausführungsarbeiten des Auftragnehmers in Frage kommende Umstände nicht festgestellt werden können.
3. Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B. Auch mit einer "einfachen" E-Mail kann die Verjährungsfrist für Mängelansprüche deshalb wirksam verlängert werden (entgegen OLG Jena, IBR 2016, 144, und OLG Frankfurt, IBR 2012, 386).

VPRRS 2017, 0078

VK Bund, Beschluss vom 28.01.2017 - VK 2-129/16
1. Der Auftraggeber muss die von einem Bieter gestellten Fragen und die diesem gegebenen Antworten allen Bietern zur Verfügung stellen.
2. Erkannte Defizite oder Fehler sind in jedem Stand des Vergabeverfahrens zu korrigieren. Der Auftraggeber muss deshalb Klarstellungen für alle interessierten Unternehmen herbeiführen, und zwar völlig unabhängig davon, wie kurzfristig die Frage vor dem Ablauf der Angebotsfrist eingeht.
3. Bedingt die Klarstellung/Korrektur, dass die Bieter mehr Zeit benötigen, um die Angebotserstellung auf die neuen Informationen auszurichten, steht hierfür die Möglichkeit der Verlängerung der Angebotsfrist zur Verfügung.

VPRRS 2017, 0076

VK Bund, Beschluss vom 26.10.2016 - VK 1-92/16
1. Anders als im Anwendungsbereich der VSVgV a.F. und der VgV n.F. sieht die SektVO a.F. keine ausdrückliche Regelung zum Ausschluss von Angeboten vor, die nicht fristgerecht eingegangen sind.
2. Auch in den Vergabeverfahren, die in den Anwendungsbereich der SektVO fallen, sind die grundlegenden Prinzipien des Vergaberechts, nämlich Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz sowie Gleichbehandlungsgebot zu beachten.
3. Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz sowie Gleichbehandlungsgebot gebieten, dass, wenn den Bietern mit Aufforderung zur Angebotsabgabe eine Angebotsfrist mitgeteilt wurde, diese für alle Bieter verbindlich ist und ein Verstoß gegen diese Vorgabe, das heißt ein nicht fristgerechter Eingang eines Angebots, zu dessen Ausschluss führt.

VPRRS 2017, 0075

VK Bund, Beschluss vom 18.11.2016 - VK 1-98/16
1. Leistungen sind grundsätzlich in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben.
2. Für die Feststellung, ob Leistungen ein Fachlos bilden, ist insbesondere maßgeblich, ob sich für die fraglichen Leistungen ein eigener Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen herausgebildet hat. Die Beurteilung ist dabei nicht statisch anzustellen, sondern muss die aktuellen Marktverhältnisse in den Blick nehmen.
3. Aktuell existiert ein eigenständiger Markt für Herstellung, Lieferung und Einbau von Fertignasszellen.
4. Eine Gesamtvergabe ist ausnahmsweise zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Kommt eine solche Ausnahme in Betracht, hat sich der öffentliche Auftraggeber in besonderer Weise mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegen sprechenden Gründen auseinanderzusetzen.
5. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Entscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.

VPRRS 2017, 0071

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2016 - Verg 40/16
1. Die Vorschrift des § 115 Abs. 3 GWB a.F., wonach die Vergabekammer in das Vergabeverfahren mit besonderen Maßnahmen eingreifen kann, wenn Rechte des Antragstellers aus § 97 Abs. 7 GWB a.F. auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet werden, ist entsprechend auf das Verfahren vor dem Vergabesenat anzuwenden.
2. Hat der Auftraggeber das aus § 115 Abs. 1, § 118 Abs. 1 GWB a.F. folgende Zuschlagverbots ignoriert und einem anderen Bieter nach Durchführung eines Verhandlungsverfahrens den Zuschlag erteilt, kann dem Auftraggeber aufgegeben werden, es zu unterlassen, den dem anderen Bieter erteilten Auftrag durchzuführen.

VPRRS 2017, 0065

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.12.2016 - 1 VK 51/16
1. Lässt die Vergabestelle die Einreichung von Angeboten ausschließlich über eine an das Internet angebundene Plattform zu (E-Vergabe) und ist es einem Bieter - aus Gründen die allein aus der Sphäre der Vergabestelle stammen - unmöglich und unzumutbar, sein Angebot nur der Form nach rechtzeitig abzugeben, darf das Angebot deswegen nicht ausgeschlossen werden.*)
2. Die Vergabestelle hat den elektronischen Zugang zu ihrem Vergabeverfahren derart auszugestalten und wie einen offenen Briefkasten zur Verfügung zu halten, so dass sich auch Bieter ohne eigene IT-Abteilung schrankenlos beteiligen können.*)

VPRRS 2017, 0062

EuGH, Urteil vom 14.12.2016 - Rs. C-171/15
1. Das Unionsrecht, insbesondere Art. 45 Abs. 2 Richtlinie 2004/18/EG steht dem nicht entgegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende einen öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, unter Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob ein Bewerber um einen öffentlichen Auftrag, der eine schwere berufliche Verfehlung begangen hat, tatsächlich auszuschließen ist.*)
2. Die Richtlinie 2004/18/EG, insbesondere deren Art. 2 und Anhang VII Teil A Nr. 17, ist angesichts des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des daraus abgeleiteten Transparenzgebots dahin auszulegen, dass sie dem entgegensteht, dass ein öffentlicher Auftraggeber beschließt, einen öffentlichen Auftrag an einen Bieter zu vergeben, der eine schwere berufliche Verfehlung begangen hat, und zwar mit der Begründung, dass der Ausschluss dieses Bieters vom Vergabeverfahren gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde, obwohl nach den Ausschreibungsbedingungen für diesen öffentlichen Auftrag ein Bieter, der eine schwere berufliche Verfehlung begangen hat, zwingend und ungeachtet dessen auszuschließen war, ob diese Sanktion verhältnismäßig ist oder nicht.*)

IBRRS 2017, 0330

KG, Beschluss vom 30.06.2015 - 27 U 120/14
(Hinweisbeschluss)

VPRRS 2017, 0059

VK Nordbayern, Beschluss vom 13.01.2017 - 21.VK-3194-38/16
1. Gem. § 160 Abs. 2 GWB ist nur ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ein Schaden droht einem Antragsteller dann nicht, wenn er ohnehin keine Aussicht auf Erteilung eines Zuschlags hat, weil sein Angebot unabhängig von den geltend gemachten Vergabeverstößen nicht zum Zuge kommen kann.*)
2. Gem. § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A kann die VSt ein Unternehmen vom Verfahren ausschließen, das eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat, und dies zur vorzeitigen Beendigung geführt hat. Erforderlich ist hier eine Prognoseentscheidung dahingehend, ob von dem Unternehmer trotz der festgestellten früheren Schlechtleistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass es den nunmehr zu vergebenden öffentlichen Auftrag gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführt. Eine solche Prognoseentscheidung trifft die VSt im Rahmen eines gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraumes. Der Beurteilungsspielraum ist nur dann überschritten, wenn das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten ist, von einem unzutreffenden bzw. nicht richtig hinreichend überprüftem Sachverhalt ausgegangen worden ist, sachwidrige Erwägungen für die Entscheidung verantwortlich waren oder der Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewandt wurde. Grundlage müssen gesicherte Erkenntnisse des Auftraggebers sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die VSt ihre Einschätzung ausschließlich Aspekte zugrunde legen darf, die der Bieter, dessen Ausschluss in Frage steht, vorbehaltlos zugesteht oder die sie im Nachprüfungsverfahren zur Überzeugung des Gerichts beweisen kann.*)
3. Bei der Prognose darf die VSt die Erfahrungen miteinbeziehen, die sie mit der ASt in der Vergangenheit gemacht hat, insbesondere wenn es sich um die Vergabe eines Vorhabens handelt, dem eine Kündigung der ASt durch die VSt vorausgeht.*)

VPRRS 2017, 0058

BAG, Beschluss vom 22.08.2016 - 2 AZB 26/16
Bayerische Gemeinden werden durch ihren ersten Bürgermeister auch dann wirksam vertreten, wenn die nach der gemeindeinternen Kompetenzverteilung für die Rechtshandlung erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats nicht erfolgt ist.

VPRRS 2017, 0055

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.12.2016 - 3 VK LSA 50/16
1. Für die Bearbeitung und Abgabe der Teilnahmeanträge und der Angebote sowie für die Geltung der Angebote sind ausreichende Fristen (Teilnahme-, Angebots- und Bindefristen) vorzusehen. Nur bei ausreichenden Fristen haben die Bieter die Möglichkeit, ein ordnungsgemäßes Angebot zu erstellen.
2. Das Gesetz legt keine konkrete Frist fest, so dass hinsichtlich der "ausreichenden" Frist eine Ermessensentscheidung vom Auftraggeber vorzunehmen ist. Diese Ermessensausübung muss nachvollziehbar sein und dokumentiert werden. Eine fehlerhafte Ermessensausübung ist rechtswidrig, das Verfahren ist in den Stand zurückzuversetzen, ab dem es fehlerhaft war.

VPRRS 2017, 0032

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.12.2016 - 2-04 O 179/16
1. Durch die Beteiligung an einer öffentlichen Ausschreibung kommt zwischen Bieter und Auftraggeber ein vorvertragliches Schuldverhältnis zustande, das wechselseitige Schutz- und Rücksichtnahmepflichten begründet.
2. Verletzt der Auftraggeber Schutzpflichten aus diesem vorvertraglichen Schuldverhältnis, steht dem Bieter ein Unterlassungsanspruch zu, der im Bereich des Unterschwellenvergaberechts im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.
3. Der Auftraggeber verletzt seine gegenüber dem Bieter bestehende Schutzpflicht, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchzuführen, wenn er das Verfahren nach der ersten Submission vergaberechtswidrig zurückversetzt und wiederholt.
4. Dass die Bieter an dem Submissionstermin nicht teilnehmen können (hier: weil ihnen ein externer Wachdienst den Zutritt zum Gebäude verweigert), stellt keinen beachtlichen Fehler dar, der den Auftraggeber dazu berechtigt, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen und zu wiederholen.

VPRRS 2017, 0051

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.12.2016 - 3 VK LSA 53/16
1. Wird eine geforderte Fabrikatsangabe nicht an der dafür vorgesehenen Stelle im Leistungsverzeichnis (hier: Ausschreibung für Blitzschutz/Erdungsanlage) eingetragen, führt dies zum zwingenden Ausschluss des Angebots. Geforderte Fabrikats-, Produkt- und Typangaben sind integraler Angebotsbestandteil.
2. Es ist unerheblich, welche Angaben ein Auftraggeber konkret fordert. Das Fehlen solcher Angaben ist nicht heilbar und führt zum Angebotsausschluss.

VPRRS 2017, 0052

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.11.2016 - 3 VK LSA 45/16
1. Aufträge über Lieferleistungen dürfen nur an Bieter vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe schriftlich verpflichten, die Leistungsbeschreibung ausschließlich mit Waren durchzuführen, die nachweislich unter Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen gewonnen und hergestellt worden sind. Enthält die vom Bieter entsprechend verlangte Erklärung ein Ankreuzfeld, ist unerheblich, ob es für den Bieter ersichtlich gewesen ist, dass dieses Kreuz versehentlich nicht gesetzt wurde.
2. Fehlt eine inhaltlich mit dem Angebot verbundene Erklärung über die Herkunft der im Angebot kalkulierten Produkte, darf diese als Vertragsbestandteil nicht nachgefordert werden, weil dies eine unzulässige Nachbesserung des Angebots darstellen würde.
3. Körperlich fehlende Erklärungen oder Nachweise können Gegenstand einer Nachforderung sein, aber körperlich vorliegende unvollständige Erklärungen oder Nachweise dürfen nicht nachgebessert werden.

VPRRS 2017, 0046

VK Bund, Beschluss vom 30.09.2016 - VK 1-86/16
1. Verträge über Mietverhältnisse für Grundstücke oder vorhandene Gebäude sind keine öffentlichen Aufträge.
2. Die Beantwortung der Frage, ob es sich bei einem Vertrag um einen Mietvertrag oder um einen öffentlichen Bauauftrag handelt, ist danach zu bestimmen, was den Hauptgegenstand des Auftrags bildet.
3. Ein öffentlicher Bauauftrag ist zu bejahen, wenn Hauptgegenstand die entgeltliche Erbringung einer Bauleistung ist, für die der Auftraggeber die Merkmale festlegt oder zumindest entscheidenden Einfluss auf die Planung der Bauleistung nehmen kann.
4. Der öffentliche Auftraggeber kann den Nachweis der Eintragung ins Berufs- oder Handelsregister verlangen, muss dies aber nicht. Ist ein Bieter (noch) nicht im Handelsregister eingetragen, ist er zwingend auszuschließen.
5. Ein Angebot ist nicht zuschlagsfähig, wenn es nicht einem einfachen "Ja" angenommen werden kann.

VPRRS 2017, 0050

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.01.2017 - 3 VK LSA 58/16
1. Fehlen geforderte Erklärungen oder Nachweise und wird das Angebot nicht entsprechend § 16 Abs. 1 oder 2 VOB/A 2016 ausgeschlossen, verlangt der Auftraggeber die fehlenden Erklärungen oder Nachweise gemäß § 16a VOB/A 2016 nach. Diese sind spätestens innerhalb von sechs Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen.*)
2. Gemäß § 13 Abs. 5 Satz 2 VOB/A 2016 haben Bietergemeinschaften die Mitglieder zu benennen sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags zu bezeichnen. Fehlt die Bezeichnung des bevollmächtigten Vertreters im Angebot, so ist sie vor der Zuschlagserteilung beizubringen.*)

VPRRS 2017, 0053

VK Hessen, Beschluss vom 18.08.2016 - 69d-VK-05/2016
1. Der vom Bieter benannte Nachunternehmer hat die gleichen Nachweise und Erklärungen zur Prüfung seiner Eignung vorzulegen bzw. die gleichen Anforderungen zu erfüllen, wie sie für den Bieter selbst gefordert waren. Dies gilt auch für die Anzahl und Zeitbestimmung der vom Bieter geforderten Referenzen. Erfüllt der Nachunternehmer diese Forderungen nicht, wirkt sich dies als Eignungsmangle beim Bieter aus.*)
2. Hängt der Referenzzeitraum von der Ausführung der Bauleistung ab, die mit den Referenzen nachgewiesen wird, so wird das Ende der ausgeführten Leistung durch deren Abnahme bestimmt.*)
3. Eine vorsätzlich unzutreffende Erklärung zur Eignung liegt nur dann vor, wenn die Erklärung gewollt und in voller Kenntnis der Fehlerhaftigkeit abgegeben wurde.*)

VPRRS 2017, 0038

OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2017 - 13 Verg 9/16
1. Der Ausschluss eines Bieters (hier: bei der Vergabe von Arbeiten an einer Lüftungsanlage) wegen Schlechtleistung setzt voraus, dass der Auftraggeber nachweisen kann, dass er dem Bieter wegen dieser Schlechtleistung rechtmäßig gekündigt hat. Der Nachweis einer berechtigten außerordentlichen Kündigung kann durch Indiztatsachen von einigem Gewicht und gesicherten Erkenntnissen aus serösen Quellen erfolgen, die den Ausschluss des Bieters als nachvollziehbar erscheinen lassen.
2. Eine erhebliche mangelhafte Erfüllung (§ 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB) liegt vor, wenn die mangelhafte Leistung den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet. Die Bauförderungspflicht des Bauunternehmers ist eine solche wesentliche Vertragspflicht, deren Verletzung eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen kann.

VPRRS 2017, 0036

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.01.2017 - 3 VK LSA 54/16
1. Ein Auftraggeber kann die Aufhebung eines Vergabeverfahrens (hier: für Pumpwerksrekonstruktionen) nicht allein darauf stützen, dass der angebotene Preis die Kostenschätzung übersteigt und die Finanzierung wegen des unverhältnismäßig hohen Angebotspreises nicht gesichert sei.
2. Vor Aufhebung der Ausschreibung muss der Auftraggeber den Preis aufklären, eine Interessenabwägung vornehmen und prüfen, ob weniger einschneidende Maßnahmen möglich sind, wie z.B. die Reduzierung des auszuschreibenden Leistungsumfangs und eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand der Versendung der Unterlagen. Er muss darlegen und nachweisen, dass er versucht hat, weitere Mittel wie Bankkredite oder öffentliche Fördermittel einzuwerben.
3. Für eine sanktionsfreie Aufhebung des Verfahrens muss der sachliche Grund nicht nur benannt, sondern auch ermessensfehlerfrei geprüft und vollständig dokumentiert werden.

VPRRS 2017, 0039

VK Bund, Beschluss vom 13.12.2016 - VK 2-125/16
Bei unveränderter Beschaffungsabsicht ist die Teilaufhebung und eine zweite Angebotsrunde im offenen Verfahren nur zulässig, wenn es einen Aufhebungsgrund gibt.

VPRRS 2017, 0035

VK Bund, Beschluss vom 21.12.2016 - VK 2-127/16
1. Der öffentliche Auftraggeber kann gegen seinen Willen nicht dazu verpflichtet werden, trotz der ausdrücklich erklärten Aufhebung einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Das gilt selbst dann, wenn kein Aufhebungsgrund im Sinne der anwendbaren Vergabeordnung vorliegt.
2. Notwendige Voraussetzung für die Aufhebung einer Ausschreibung ist nur, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder lediglich zum Schein erfolgt.
3. Ein unwirtschaftliches Ergebnis der Ausschreibung kann einen schwerwiegenden Grund zur Aufhebung darstellen, wenn die ordnungsgemäß erstellte Kostenberechnung des Auftraggebers und die abgegebenen Angebote eine deutliche Differenz aufweisen.
4. Die Überschreitung der Kostenschätzung des Auftraggebers um ca. 60 % stellt einen anderen schwerwiegenden Grund i.S.v. § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016 dar.

VPRRS 2017, 0027

VK Nordbayern, Beschluss vom 28.11.2016 - 21.VK-3194-35/16
1. Ein Antrag ist unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden (§ 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB). Eine Rügepräklusion wegen unterbliebener Rüge tritt bei ins Auge fallenden Rechtsverstößen ein, d.h. der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots auffallen muss.*)
2. Auszuschließen sind Angebote, bei denen der Bieter Erklärungen oder Nachweise, deren Vorlage sich der öffentliche Auftraggeber vorbehalten hat, auf Anforderung nicht innerhalb einer angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist vorgelegt hat.*)
3. Nach § 6b EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2016 sind Eigenerklärungen, die als vorläufiger Nachweis dienen, von den Bietern, deren Angebote in die engere Wahl kommen, durch entsprechende Bescheinigungen der zuständigen Stellen zu bestätigen. Werden die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch genommen, so muss die Nachweisführung auch für diese Unternehmen erfolgen.*)

VPRRS 2016, 0486

VK Lüneburg, Beschluss vom 27.09.2016 - VgK-39/2016
1. Das Transparenzgebot gebietet, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar und eindeutig zu formulieren sind. Alle ausreichend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter sollen die genaue Bedeutung dieser Bedingungen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen und der Auftraggeber tatsächlich überprüfen können, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen. Dies gilt uneingeschränkt für geschlossene Bewertungssysteme.
2. Entscheidet sich der Auftraggeber für ein offenes Wertungssystem, weil er vorab nicht weiß, welcher Bestwert erzielt werden wird, muss er vorab und transparent einen Bewertungsmaßstab aufstellen, der eindeutig festlegt, in welcher Abstufung die Angebote zueinander gewertet werden. Es bedarf daher der klaren Vorgabe eindeutiger Ziele, nicht aber konkreter Inhalte für die Erfüllung der vorgegebenen Bewertungsstufen.

VPRRS 2017, 0031

BGH, Urteil vom 29.11.2016 - X ZR 122/14
Sendet ein Bieter auf elektronischem Wege ein Hauptangebot und mit gewissem zeitlichem Abstand (hier: etwa zwei Stunden) kommentarlos eine weitere als Hauptangebot erkennbare Offerte, ist dies regelmäßig, wenn nicht besondere Umstände auf einen abweichenden Willen des Absenders hindeuten, dahin zu verstehen, dass das spätere Angebot an die Stelle des früher eingereichten treten soll, nicht aber, dass beide als Hauptangebot gelten sollen.*)

VPRRS 2017, 0020

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.11.2016 - 3 VK LSA 39/16
1. Hebt der Auftraggeber die öffentliche Ausschreibung auf, weil sie kein wirtschaftliches Ergebnis hatte, und fordert dann mehr als drei Unternehmen zur Angebotsabgabe in einer beschränkten Ausschreibung auf, ist dies zulässig.
2. Hat der Bieter ein Angebot mit kalkulierten Preis abgegeben und auch kein anderer Bieter wegen Unklarheiten Fragen zum Leistungsverzeichnis gestellt, ist anzunehmen, dass die Leistung eindeutig und erschöpfend beschrieben wurde.

VPRRS 2017, 0018

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.11.2016 - 3 VK LSA 44/16
1. Eine inhaltliche Bewertung eines Nebenangebots kann nur dann erfolgen, wenn Nebenangebote zugelassen sind und der Nachweis der Gleichwertigkeit entsprechend den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses erbracht wurde.
2. Wird der in den Teilnahmebedingungen geforderte Gleichwertigkeitsnachweis nicht mit Abgabe des Nebenangebots (hier: Spundwandprofil) erbracht, darf der Auftraggeber einen solchen Nachweis nicht nachfordern - denn das wäre eine unzulässige Nachbesserung des Angebots - und den Zuschlag für dieses Angebot nicht erteilen.

VPRRS 2017, 0016

VK Bund, Beschluss vom 06.12.2016 - VK 2-119/16
1. Vermengt der Auftraggeber in seinem Nachforderungsschreiben Nachforderungen sowie weitere Erläuterungsanfragen und nimmt auf eine falsch zitierte Norm Bezug, kann er den Ausschluss des Angebots nicht auf einen einzelnen Punkt unter eine Reihe von Forderungen stützen. Für den Bieter ist nicht transparent, dass ein solches Schreiben auch einen Nachforderungstatbestand enthält.
2. Um den fehlerhaften Ausschluss des Nebenangebots zu heilen, hat der Auftraggeber ein konkretes Nachforderungsverlangen unter Fristsetzung zu stellen und anschließend eine erneute Wertung vorzunehmen.
3. Das Vergaberecht richtet sich an öffentliche Auftraggeber. Der Bieter ist deshalb nicht verpflichtet, sich mit dem Rechtsgebiet auszukennen und darf darauf vertrauen, dass der Auftraggeber die Vorgaben der Ausschreibung korrekt aufgestellt hat.
4. Für die Erkennbarkeit von Vergabefehlern in der Ausschreibung ist nicht nur die tatsächliche Erkennbarkeit eines vermeintlichen Fehlers, sondern auch die Erkennbarkeit im Rechtssinne entscheidend.
5. Für Nebenangebote gelten zusätzliche rechtliche Anforderungen. Werden Ausschreibungsfehler erst nach anwaltlicher Beratung erkannt, ist eine Rüge unverzüglich nach anwaltlicher Beratung fristgerecht.

VPRRS 2017, 0021

VGH Bayern, Urteil vom 06.12.2016 - 22 ZB 16.2037
1. Ein Zuwendungsbescheid kann zurückgenommen werden, wenn der Zuwendungsempfänger entgegen den Förderrichtlinien vorzeitig ohne Zustimmung mit der Maßnahme beginnt. Hat der Zuwendungsempfänger (schriftlich bestätigt) Kenntnis von den Förderrichtlinien und wird zudem im Antragsformular darauf hingewiesen, dass der vorzeitige Maßnahmenbeginn ohne Zustimmung einen Förderausschluss zur Folge hat, kann er sich nicht darauf berufen, ihm sei die Förderschädlichkeit des vorzeitigen Maßnahmenbeginns nicht bewusst gewesen.
2. Ein Antragsteller, der vor Erteilung eines Förderbescheids bzw. ohne Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns mit der Realisierung eines Projektes beginnt, gibt zu erkennen, dass er das Projekt ungeachtet einer möglichen staatlichen Förderung realisieren will und kann. In einem solchen Fall widerspräche die Gewährung einer Förderung den Vorgaben des Art. 23 BayHO, wonach staatliche Zuwendungen nur gewährt werden sollen, wenn das staatliche Interesse nicht ohne die Zuwendung befriedigt werden kann.
3. Aus der Zustimmung zum vorzeitigen Beginn einer Teilmaßnahme ergibt sich kein schutzwürdiges Vertrauen, dass mit dem Gesamtvorhaben ohne Zustimmung begonnen werden kann.

VPRRS 2017, 0017

VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2016 - 1/SVK/024-16
1. Fußt der Rügevortrag auf dem Vorwurf, dass der Zuschlagsbieter keinen Wartungsvertrag abgegeben habe, da im Submissionstermin kein Wartungsbetrag für die Wartungsleistungen verlesen worden sei, stellt dies einen ausreichend substantiierten Rügevortrag und keine "Rüge ins Blaue hinein" dar.*)
2. Eine Rüge ist auch dann ausreichend substantiiert, wenn das rügende Unternehmen eine konkrete Tatsache benennt, aus der sich der Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes ergibt. Eine andere Auffassung würde einen effektiven Rechtschutz für den Bieter verhindern.

VPRRS 2017, 0014

VK Sachsen, Beschluss vom 23.11.2016 - 1/SVK/025-16
1. Das Gebot der produktneutralen Ausschreibung ist eine der Grundsäulen des diskriminierungsfreien Wettbewerbs, ein Verstoß des Auftraggebers dagegen ist grundsätzlich vergaberechtswidrig.*)
2. Bieter, die eine versteckte produktspezifische Ausschreibung erkennen, sind nicht verpflichtet, die sich daraus ergebende Rechtsverletzung für sich zu reklamieren. Sie können sich auch rügelos auf diese einlassen, müssen dann aber die sich daraus ergebenden Anforderungen gegen sich gelten lassen und diese bedienen.*)
3. Es ist aus Bietersicht legitim, sich auf eine versteckte produktspezifische Ausschreibung einzulassen und gleichzeitig den Auftraggeber an seiner vergaberechtswidrigen Ausschreibung dergestalt festzuhalten, dass dieser in die Pflicht genommen wird, im Wertungsvorgang die Einhaltung sämtlicher produktspezifizierender Parameter nachzuhalten und nicht "günstigere Konkurrenzprodukte" mit niedrigeren Leistungsparametern "durchzuwinken".*)
4. In diesem Zusammenhang liegt eine Rüge ins Blaue hinein nicht vor, wenn der Bieter unter Berufung auf seine Marktkenntnisse und die fehlende Produktneutralität des Leistungsverzeichnisses das Wertungsergebnis mit dem Hinweis anzweifelt, dass andere Bieter die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses mutmaßlich nicht eingehalten haben.*)
5. Die Eintragung eines Schrägstriches in einem Platzhalterfeld kann vom objektiven Erklärungswert nicht ohne weiteres mit einer Ziffer, d.h. einer Null gleichgesetzt werden.*)

VPRRS 2017, 0013

OLG Celle, Beschluss vom 29.11.2016 - 13 Verg 8/16
Die Frage der überwiegenden öffentlichen Subventionierung i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB ist grundsätzlich am Volumen der konkreten Gesamtbaumaßnahme zu prüfen und nicht am Umfang einzelner Module. Dabei kommt es bei der Berechnung der Projektkosten nicht auf die "förderfähigen Kosten" an, wenn die nicht förderfähige Baumaßnahme einen nicht unwesentlichen Teil der förderfähigen Gesamtbaumaßnahme darstellt und mit dieser in einem untrennbaren Funktionszusammenhang steht.*)

VPRRS 2017, 0012

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.09.2016 - 3 VK LSA 26/16
1. Weicht der Angebotspreis des Antragstellers 9,5 v.H. vom nächst höheren Angebot ab, ist der Preis nicht unangemessen niedrig. Bei der Berechnung der Abstände zum nächsthöheren Angebot muss der Angebotspreis insgesamt betrachtet werden. Es ist unzulässig, auf bestimmte Einzelpreise abzustellen.
2. Entsprechend § 15 Abs. 1 VOB/A 2016 darf sich der Auftraggeber über das Angebot selbst, Bezugsquellen von Stoffen und Bauteilen sowie die Angemessenheit der Preise informieren. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben oder lässt er die ihm gesetzte Frist unbeantwortet verstreichen, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Die Aufklärung wurde durch die Antragsgegnerin nicht hinreichend bzw. fehlerhaft durchgeführt. Bloße Vermutungen können nicht die Grundlage für den Ausschluss eines Angebotes sein.*)

VPRRS 2017, 0006

EuGH, Urteil vom 06.10.2016 - Rs. C-318/15
1. Auch Vergaben im Unterschwellenbereich unterliegen den Grundregeln und den allgemeinen Grundsätzen des AEU-Vertrags, insbesondere dem Transparenzgebot, sofern an diesen Aufträgen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht.
2. Kriterien, die auf ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse hinweisen, können u. a. ein gewisses Volumen des fraglichen Auftrags in Verbindung mit dem Leistungsort, technischen Merkmalen des Auftrags oder Besonderheiten der betreffenden Waren sein.
3. Ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse kann nicht hypothetisch aus bestimmten Gegebenheiten abgeleitet werden, die - abstrakt betrachtet - für ein solches Interesse sprechen könnten, sondern muss sich positiv aus einer konkreten Beurteilung der Umstände des fraglichen Auftrags ergeben.

VPRRS 2017, 0002

VK Nordbayern, Beschluss vom 06.10.2016 - 21.VK-3194-25/16
1. Handelt während des Vergabeverfahrens anstelle des öffentlichen Auftraggebers im Außenverhältnis zu den Bietern ein Projektsteuerer, kann die Rüge auch ihm gegenüber erhoben werden.
2. Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags setzt weder eine Beantwortung der Rüge durch den öffentlichen Auftraggeber voraus noch, dass der Antragsteller diese abwartet, bevor er den Nachprüfungsantrag stellt.
3. Auf ein Angebot, das den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden.
4. Die Einreichung von angeforderten technischen Datenblättern stellt grundsätzlich eine verbindliche Festlegung eines bisher noch nicht konkretisierten Angebotsinhalts dar.
5. Es ist nicht zulässig, das konkretisierte Angebot im Aufklärungsgespräch an das Leistungsverzeichnis anzupassen.
Online seit 2016
IBRRS 2016, 3386
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.05.2014 - 1 U 73/13
Eine Regelung in den Vertragsbedingungen des Auftraggebers, wonach sich der Ausführungszeitraum aufgrund von Schlechtwettertagen zwar verlängern kann, in diesem Fall jedoch kein Anspruch auf zusätzliche Vergütung besteht, benachteiligt den Auftragnehmer nicht unangemessen und ist wirksam.

VPRRS 2016, 0487

VK Lüneburg, Beschluss vom 22.08.2016 - VgK-32/2016
1. Eine Leistungsbeschreibung ist eindeutig und erschöpfend, wenn keine unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, die den verständigen und sachkundigen Bieter im Unklaren lassen, welche Leistungen von ihm in welcher Form und unter welchen Bedingungen angeboten werden sollen.
2. Die Vorgabe einen innengerammten Ortbeton-Rammpfahl herzustellen lässt für den sachkundigen Bieter keine Interpretation zu.
3. Die Begriffe Innenrammung und Innenrohrrammung (Empfehlung des Arbeitskreises: EA Pfähle) meinen dasselbe. Eine Unterscheidung ist in Fachkreisen unbekannt, denn eine Innenrammung ist ohne Rohr technisch nicht durchführbar.

VPRRS 2016, 0483

VK Südbayern, Beschluss vom 17.10.2016 - Z3-3-3194-1-36-09/16
1. Bei elektronischer Durchführung eines Vergabeverfahrens sind auf einer Vergabeplattform registrierte Bieter über Änderungen an den Vergabeunterlagen zumindest dann gesondert (aufgrund von § 9 Abs. 1 VgV regelmäßig per E-Mail) zu informieren, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sie Änderungen, die lediglich auf die Plattform eingestellt werden, nicht zur Kenntnis nehmen, weil sie beispielsweise bereits ihren Teilnahmeantrag oder ihr Angebot hochgeladen haben oder die Änderungsmitteilung irreführend war.*)
2. Lediglich Unternehmen, die von der Möglichkeit der freiwilligen Registrierung keinen Gebrauch machen, müssen sich selbstständig informieren, ob Vergabeunterlagen zwischenzeitlich geändert wurden oder ob die öffentlichen Auftraggeber Fragen zum Vergabeverfahren beantwortet haben.*)

VPRRS 2016, 0484

VK Südbayern, Beschluss vom 21.11.2016 - Z3-3-3194-1-37-09/16
1. Sind Referenzen über erbrachte Bau- und Planungsleistungen gefordert, können keine Projekte genannt werden, die ein Bieter oder Bewerber als Auftraggeber beauftragt und von anderen Unternehmen hat erbringen lassen.*)
2. Im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb ist das Ende des Teilnahmewettbewerbs der entscheidende Zeitpunkt, bis zu dem die Eignung feststehen muss, eine spätere Nachforderung von Unterlagen, die die Eignung begründen sollen, ist gem. § 16b EU Abs. 3 VOB/A 2016 unzulässig.*)
3. Auch bei Zuschlagskriterien, die einen planerisch-gestalterischen Inhalt haben, müssen die Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten, nach denen sich das wirtschaftlichste Angebot bestimmt, informiert sein. Die Zuschlagskriterien müssen bei Verwendung einer offenen Bewertungsmethode (z. B. Schulnoten u. Ä.) so konkret gefasst sein, dass vermieden wird dass der öffentliche Auftraggeber entgegen Art. 67 Abs. 4 Richtlinie 2014/24/EU eine faktisch uneingeschränkte Wahlfreiheit bei der Wertung dieser Kriterien hat.*)
4. Die Überprüfung der Angemessenheit einer Entschädigung nach § 8b EU Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/A 2016 kann zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden. Die Nachprüfungsinstanzen haben dabei lediglich zu prüfen, ob die festgesetzte Entschädigung angemessen i.S.d. § 8b EU Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/A 2016 ist.*)
VPRRS 2016, 0478

OLG Koblenz, Urteil vom 25.08.2016 - 1 U 260/16
1. Nebenangebote in Ausschreibungsverfahren können den Zuschlag nur begründen, wenn diese in allen Punkten mit den Hauptangeboten gleichwertig sind und die Vorgaben der Ausschreibung (z.B. Anforderung an Standsicherheit einer Mauer/Böschung) erfüllen.*)
2. Der Vergabestelle steht bei technischen Anforderungen (z.B. für die Standsicherheit) kein Beurteilungsspielraum zu. Sie muss die in der Ausschreibung niedergelegten Anforderungen zu Grunde legen.*)
3. Auf die Möglichkeit der Aufhebung der Ausschreibung kann sich die Vergabestelle im gerichtlichen Verfahren nicht berufen, wenn sie diese rechtliche Möglichkeit bewusst nicht gewählt hat.*)

VPRRS 2016, 0477

VK Thüringen, Beschluss vom 08.11.2016 - 250-4002-7852/2016-N-012-KYF
1. Auch ein ungewöhnlich niedriger Angebotspreis ist als angemessen anzusehen, wenn das zugehörige Angebot des Bieters unter Berücksichtigung des rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung ohne absehbare Nachtragsforderungen einschließlich der Haftung für Mängelrechte erwarten lässt.
2. Ist ein Bieter als Tochterunternehmen eines chinesischen Herstellers in der Lage, sehr viel günstiger als die Mitbewerber an Leuchtmittel (hier: für die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchtköpfe) zu kommen, kann dies die Abweichung des Angebots von einem realistischen Preis rechtfertigen und darf nicht ohne weitere Prüfung als Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebots angesehen werden.

VPRRS 2016, 0470

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2016 - Verg 1/16
1. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers sind gewahrt, sofern (1) die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, (2) vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, (3) solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind, und (4) die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
2. Verhält sich die Bestimmung in diesen Grenzen, gilt der Grundsatz der Wettbewerbsoffenheit der Beschaffung nicht mehr uneingeschränkt.

VPRRS 2016, 0468

VG Münster, Urteil vom 07.09.2016 - 9 K 3118/12
Teilwiderruf und Rückforderung einer Subvention wegen unzulässiger Wahl des Vergabeverfahrens (hier: Neubau eines trimodalen Containerterminals).*)

VPRRS 2016, 0466

OLG Köln, Beschluss vom 24.10.2016 - 11 W 54/16
1. Sollen ausweislich der Baubeschreibung sämtliche Einzelleistungen der Wiederherstellung des Sollprofils einer Bundesstraße dienen, sind auch die Bauleistungen "Bagger- und Transportleistungen" sowie "Entsorgung von Baggergut" Teil des einheitlichen Auftrags und müssen bei der Ermittlung des Gesamtauftragswerts einbezogen werden.
2. Der für die Vergabe maßgebliche Auftragswert ist anhand des funktionalen Auftragsbegriffs zu ermitteln. Auch, wenn der öffentliche Auftraggeber Leistungen in verschiedenen Abschnitten ausführen lassen will, ist von einem Gesamtauftrag auszugehen, sofern Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zusammenhängen.

VPRRS 2016, 0467

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.10.2016 - 11 Verg 12/16
1. Im Fall der Eignungsleihe führen auch vorsätzlich falsche Angaben des Nachunternehmers zum Angebotsausschluss nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 g VOB/A 2012, da für die Erklärungen und Nachweise des Nachunternehmers dieselben Anforderungen gelten wie für den Bieter selbst.*)
2. Der Begriff der Ausführung im Rahmen der Bestimmung des Zeitraums für einzureichende Referenzen ist grundsätzlich im tatsächlichen Sinn zu verstehen, das heißt wann die Leistung tatsächlich erbracht wurde, nicht jedoch, wann die Leistung im Sinne der Abnahme als Vertragsgemäß gebilligt wurde.*)

VPRRS 2016, 0462

VK Brandenburg, Beschluss vom 31.05.2016 - VK 6/16
1. Schreibt ein Auftraggeber den Bau von Flugbetriebsflächen in Betonbauweise aus und fordert Firmenreferenzen zur Leistungsart "in Betonbauweise" an, sind die Mindestanforderungen durch diesen Wortlaut definiert.
2. Werden vergleichbare Referenzen zur Erstellung von Flugbetriebsflächen in Asphaltbauweise eingereicht, erfüllt dies die Mindestanforderungen der Ausschreibung nicht. Der Auftraggeber ist an die Vorgaben der Bekanntmachung gebunden und darf diese Referenz nicht werten.
