Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Waren/Güter
Online seit heute
VPRRS 2025, 0168
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2025 - 15 Verg 9/25
1. Ein Angebot, das abweichende Angaben zu der in den Vergabeunterlagen verlangten Belieferung "frei Verwendungsstelle" enthält (hier: Lieferung "bis nach der ersten Tür"), ändert die Vergabeunterlagen unzulässig und ist deshalb von der Wertung auszuschließen.
2. Ein Angebot ist so auszulegen, wie es ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
3. Eine unzulässige nachträgliche Abänderung des Angebots ist anzunehmen, wenn sich (erstmals) im Zuge der Angebotsaufklärung herausstellt, dass das vom Bieter abgegebene Angebot nicht mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen übereinstimmt.
4. Verstöße gegen interpretierbare oder missverständliche bzw. mehrdeutige Angaben in den Vergabeunterlagen führen nicht zum Angebotsausschluss.
5. Bei Rahmenverträgen über Massenwaren, die jederzeit in beliebiger Menge produziert oder beschafft werden können, in großem Umfang auch anderweitig absetzbar sind und langfristig kostengünstig gelagert werden können, bedarf es nicht der Angabe einer Mindestabnahmemenge.
6. Im Falle der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sind in der entsprechenden (Auftrags-)Bekanntmachung und/oder in den Vergabeunterlagen sowohl die Schätzmenge als auch eine Höchstmenge der zu liefernden Waren anzugeben, und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge erreicht wird.
7. Die Angaben zur Höchstmenge werden nicht dadurch vergaberechtswidrig relativiert, dass sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen vorbehält, einzelne Positionen zu erhöhen bzw. zu reduzieren.
8. Führt die Bekanntmachung die Eignungskriterien nicht im Einzelnen auf, genügt die Angabe eines weiterführenden Links in den Bekanntmachung nur dann, wenn es sich um eine Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument handelt, aus dem sich konkret die Eignungsanforderungen ergeben und ein weiterer Rechercheaufwand - um sich Kenntnis von den Eignungsanforderungen zu verschaffen - nicht entsteht.

Online seit gestern
VPRRS 2025, 0167
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2023 - Verg 9/23
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei.
2. Im Interesse einer Öffnung des Beschaffungsmarkts der öffentlichen Hand für den Wettbewerb unterliegt die Bestimmungsfreiheit jedoch vergaberechtlichen Grenzen. Diese sind eingehalten, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
3. Steht positiv fest, dass ein Verfahrensfehler auf die Aussicht des Bieters, den Auftrag zu erlangen, keinen Einfluss gehabt hat und hindern auch etwaige Mängel nicht die Zuschlagserteilung auf ein verbleibendes Angebot, bleibt der Nachprüfungsantrag erfolglos.

Online seit 5. August
VPRRS 2025, 0153
VK Westfalen, Beschluss vom 04.07.2025 - VK 3-31/25
Eine Firmenadresse ist eine Information, die die Vergabeentscheidung eines öffentlichen Auftraggebers i.S.v. § 124 Abs. 1 Nr. 9 c) GWB erheblich beeinflussen kann. Denn neben der wirtschaftlichen Substanz steht die Richtigkeit der Unternehmensadresse dafür, dass es das betreffende Unternehmen überhaupt gibt.*)
