Vergabepraxis & -recht.
Aktuelle Urteile zu Waren/Güter
Online seit 17. Oktober
VPRRS 2024, 0204OLG Köln, Urteil vom 19.07.2024 - 6 U 101/23
1. Die Klausel in einem Open-House-Vertrag zur Lieferung von Corona-Schutzausrüstung mit Vereinbarung eines "spätesten Liefertermins", bei dessen Nichteinhaltung die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien entfallen und eine verspätete Lieferung keine Erfüllung des Vertrags darstellt ("absolutes Fixgeschäft"), benachteiligt die Lieferanten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2, Nr. 1 BGB.*)
2. Die Vereinbarung eines relativen Fixgeschäfts außerhalb der vorgegebenen Vertragsklauseln kommt in Betracht; insoweit kann aber nicht nach dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" auf eine unwirksame Vereinbarung eines absoluten Fixgeschäfts zurückgegriffen werden.*)
3. Die Notwendigkeit einer zügigen Beschaffung von Schutzausrüstung unter den Bedingungen einer sich entwickelnden Pandemielage mit einer erheblichen Gefährdung für die Bevölkerung, die zeitlich begrenzte Verkehrsfähigkeit bestimmter Schutzmasken oder die Deckelung des Einkaufsvolumens sind keine hinreichenden Gründe für die Annahme eines relativen Fixgeschäfts; die Fristsetzung zur Nacherfüllung war danach nicht gem. § 323 Abs. 2, Nr. 2 BGB entbehrlich.*)
4. Die vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht entfällt, wenn der andere Teil zu Unrecht den Rücktritt erklärt und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er wolle die ihm obliegende Leistung nicht mehr erbringen.*)
VolltextOnline seit 27. September
VPRRS 2024, 0187VK Bund, Beschluss vom 18.07.2024 - VK 1-50/24
1. Der Auftraggeber hat den Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, dass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden kann.
2. Änderungen der Vergabeunterlagen führen in Verhandlungsverfahren jedenfalls dann zum Ausschluss, wenn der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen zum Ausdruck gebracht hat, dass die jeweiligen Konditionen nicht verhandelbar sind.
3. Ob das Angebot des Bieters auszuschließen gewesen wäre, ist für den Erfolg eines Antrags auf Feststellung einer Rechtsverletzung irrelevant, wenn er aufgrund der vergaberechtswidrigen Leistungsbeschreibung zweite Chance erhalten musste, ein neues Angebot abzugeben.
4. Ein isolierter Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Aufhebung ist unstatthaft, wenn der Bieter ausdrücklich die Wirksamkeit der Aufhebung anerkennt und nicht die Fortsetzung des aufgehobenen Vergabeverfahrens begehrt.
VolltextOnline seit 23. September
VPRRS 2024, 0186VK Bund, Beschluss vom 07.08.2024 - VK 2-63/24
1. In der Leistungsbeschreibung darf grundsätzlich nicht auf bestimmte Produkte eines Herstellers verwiesen werden. Die Bezugnahme auf ein Referenzprodukt ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand andernfalls nicht hinreichend genau und allgemeinverständlich beschrieben werden kann, wobei in diesem Ausnahmefall der Zusatz "oder gleichwertig" erforderlich ist (hier verneint).
2. Maßstab für die Zulässigkeit der Benennung eines Leitfabrikats ist nicht, welches Produkt der Auftraggeber für vorzugswürdig hält. Die Vorschrift stellt vielmehr darauf ab, ob das gewünschte Produkt ohne Verweis auf das Leitfabrikat nicht hinreichend genau beschrieben werden kann.
3. Für eine produktspezifische Ausschreibung muss ein besonders belastbarer sachlicher Grund in dem Sinne gegeben sein, dass es keine vernünftige Alternative bzw. keine vernünftige Alternativlösung gibt.
4. Ein Verstoß gegen das Gebot der Produktneutralität liegt auch dann vor, wenn man die Vorgabe des Leitprodukts für zulässig hält, der Auftraggeber sich aber nicht hinreichend mit den wettbewerblichen Auswirkungen seiner Vorgaben beschäftigt.
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