Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Dienstleistungen
Online seit gestern
VPRRS 2025, 0161
VK Brandenburg, Beschluss vom 27.08.2024 - VK 12/24
Eine Nachbesserung bzw. ein Austausch von inhaltlich unzureichenden unternehmensbezogenen Unterlagen ist nicht möglich.

Online seit 12. August
VPRRS 2025, 0157
BayObLG, Beschluss vom 05.08.2025 - Verg 2/25
1. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der ihre Teilnahme beantragenden Unternehmen, bevor er sie zur Abgabe eines Angebots auffordert. Mit der positiven Eignungsprüfung wird - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet.
2. Aufträge dürfen nur an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben werden. Bei der Auswahl der Eignungskriterien, die in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbekundung aufzuführen sind, steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu.
3. Es dürfen nur solche Eignungskriterien gestellt werden, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Besonders hohe Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit bzw. die berufliche Erfahrung können unangemessen sein, wenn sie zu einer nicht mehr gerechtfertigten Wettbewerbsbeschränkung führen, etwa weil nur noch ein oder wenige Unternehmen diese Anforderungen erfüllen.
4. Welche Belege für den Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit verlangt werden können, ist in § 46 Abs. 3 VgV abschließend geregelt. Nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV ist der Auftraggeber berechtigt, "geeignete Referenzen" über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungsaufträge zu verlangen.
5. Eine Referenz ist vergleichbar, wenn die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet. Der Auftraggeber kann aber auch Mindestanforderungen festlegen und definieren, welche Art von Aufträgen er nach Leistungsinhalt und -umfang für "geeignet" hält.
6. Die Forderung nach "vergleichbaren Referenzaufträgen" bedeutet nicht, dass die erbrachte Leistung mit dem ausgeschriebenen Auftrag "identisch" oder "gleich" sein muss.
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Online seit 4. August
VPRRS 2025, 0152
VK Berlin, Beschluss vom 26.06.2025 - VK B 1-21/21
1. Der öffentliche Auftraggeber darf auch nach Durchführung der Preisaufklärung ein Angebot nur auf feststehender, tatsächlich gesicherter Tatsachengrundlage ausschließen, insbesondere müssen die Zweifel an der Auskömmlichkeit des Angebots plausibel sein und auf einer tragfähigen Grundlage beruhen (hier verneint).
2. Angebote, die die Eignungskriterien nicht erfüllen, werden von der Wertung ausgeschlossen, insbesondere solche, die die geforderten Nachweise nicht enthalten. Maßgeblich sind insoweit allein die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und Nachweise.

Online seit 1. August
VPRRS 2025, 0151
VK Berlin, Beschluss vom 24.01.2025 - VK B 1-20/21
1. Der öffentliche Auftraggeber darf auch nach Durchführung der Preisaufklärung ein Angebot nur auf feststehender, tatsächlich gesicherter Tatsachengrundlage ausschließen, insbesondere müssen die Zweifel an der Auskömmlichkeit des Angebots plausibel sein und auf einer tragfähigen Grundlage beruhen (hier verneint).
2. Angebote, die die Eignungskriterien nicht erfüllen, werden von der Wertung ausgeschlossen, insbesondere solche, die die geforderten Nachweise nicht enthalten. Maßgeblich sind insoweit allein die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und Nachweise.
3. Bei der materiellen Eignungsprüfung von Bietergemeinschaften ist nicht auf ihre einzelnen Mitglieder, sondern die Bietergemeinschaft insgesamt abzustellen. Bei Mitgliedern einer Bietergemeinschaft reicht es aus, wenn ein Mitglied die erforderlichen Referenzen erbringt.

Online seit 31. Juli
VPRRS 2025, 0150
VK Berlin, Beschluss vom 07.07.2025 - VK B 1-4/25
1. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass auch mehrere Referenzen gemeinsam zur Erfüllung der Eignungskriterien herangezogen werden können. Dies gilt allerdings nur insoweit, als der Auftraggeber die zusammenfassende Betrachtung nicht in den Vergabeunterlagen oder der Bekanntmachung ausgeschlossen hat.
2. Bei einer Referenz handelt es sich nicht um das gesamte Projekt, sondern um die innerhalb des Projekts ausgeführte Leistung.
3. Dem Auftraggeber steht es bis zur Grenze der unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung frei, wie viele Referenzen er einfordert.
4. Erkennbar ist ein Vergaberechtsverstoß, wenn sich die zugrunde liegenden Tatsachen aus den Vergabeunterlagen - einschließlich der hierzu gehörenden Antworten auf Bewerber-/Bieterfragen - ergeben und sie ein durchschnittlich fachkundiger, die übliche Sorgfalt anwendender Bieter bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen als Vergaberechtsverstoß erkennen konnte (hier bejaht).

Online seit 30. Juli
VPRRS 2025, 0149
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 26.06.2025 - Rs. C-313/24
1. Art. 5k Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31.07.2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ist dahin auszulegen, dass das in ihm festgelegte Verbot, soweit es die Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen an "natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung einer der unter [Art. 5k Abs. 1] Buchstabe a oder b genannten Organisationen handeln", bzw. die Fortsetzung der Erfüllung solcher Verträge verbietet, nicht automatisch in einem Fall Anwendung findet, in dem ein öffentlicher Auftrag an ein Unternehmen eines Mitgliedstaats vergeben wird, bei dem zwei der drei Mitglieder des Verwaltungsrats russische Staatsangehörige sind und einer von ihnen Vorsitzender des Verwaltungsrats und Geschäftsführer dieses Unternehmens und zugleich alleiniger Vorstand seiner Muttergesellschaft ist, die 90 % der Anteile dieses Unternehmens hält und ebenfalls nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet wurde, wenn keines dieser Unternehmen unmittelbar oder mittelbar im Eigentum russischer Staatsangehöriger oder Organisationen im Sinne von Art. 5k Abs. 1 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 833/2014 steht.*)
2. Allerdings können diese tatsächlichen Umstände, insbesondere die Staatsangehörigkeit und die Rollen der zentralen Führungskräfte des Unternehmens sowie die engen Verbindungen zwischen dem Bieter und seiner Muttergesellschaft, relevante Indikatoren sein, die eine weitere Überprüfung durch den öffentlichen Auftraggeber erforderlich machen. Solche Umstände können die Pflicht auslösen, zu prüfen, ob der Bieter im Grunde "im Namen oder auf Anweisung" einer Organisation handelt, die unter Art. 5k Abs. 1 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 833/2014 fällt, und zwar auch aufgrund einer faktischen Kontrolle durch Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die in Verbindung zu Russland stehen. Bei dieser Prüfung sind alle relevanten rechtlichen und tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen, einschließlich der Rolle und des Einflusses des letztlichen wirtschaftlichen Eigentümers.*)

Online seit 28. Juli
VPRRS 2025, 0147
VK Bund, Beschluss vom 07.07.2025 - VK 2-45/25
1. Die Konzeptbewertung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist.
2. Der Auftraggeber ist gehalten, den relevanten Sachverhalt bei der Bewertung zugrunde zu legen und das von ihm für die Bewertung vorgegebene Verfahren unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Grundsätze einzuhalten, insbesondere die zu vergleichenden Angebote diskriminierungsfrei zu prüfen und zu bewerten.
3. Um die Nachprüfbarkeit zu gewährleisten, bedarf es einer hinreichenden Dokumentation des Wertungsvorgangs, aus dem sich die Vorgehensweise und tragenden Gründe der Entscheidungen des Auftraggebers transparent nachvollziehen lassen.
4. Es gibt keine vergaberechtliche Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zur Veröffentlichung des konkreten Bewertungsgremiums in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen.
5. In Bezug auf die zu rügenden Vergaberechtsverstöße, welche sich aus den Vergabeunterlagen ergeben, ist für eine Präklusion erforderlich, dass der Inhalt der Unterlagen bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet.

Online seit 25. Juli
VPRRS 2025, 0146
VK Bund, Beschluss vom 16.06.2025 - VK 2-39/25
1. Angebote, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, sind auszuschließen, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreis den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.
2. Ein bestandskräftiger Dauerverwaltungsakt (hier: eine Bescheinigung des Bundeszentralamts für Steuern über die Steuerbefreiung) entfaltet Tatbestandswirkung mit der Folge, dass öffentliche Auftraggeber die darin getroffene Regelung grundsätzlich "unbesehen", d.h. ohne die Rechtmäßigkeit nochmals überprüfen zu müssen, zu Grunde zu legen haben.
3. Die Vorlage eines zum Ende der Angebotsfrist "abgelaufenen" Eignungsnachweises (hier: Zertifikat nach DIN ISO 9001) ist unschädlich, wenn die Bekanntmachung und die Vergabeunterlagen eine Nachforderung von Unterlagen ausdrücklich zugelassen haben und der Bieter innerhalb der gesetzten Frist ein gültiges Zertifikat nachgereicht hat.

Online seit 24. Juli
VPRRS 2025, 0145
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2023 - Verg 2/23
1. Wird eine Wertung nicht lediglich überprüft und nach erfolgter Prüfung als richtig bestätigt, sondern wird sie inhaltlich korrigiert, liegt eine neue Wertung vor, auch wenn die Anzahl der erzielten Punkte im Ergebnis gleich bleibt.
2. Hat der öffentliche Auftraggeber für die Bewertung, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt, auf ein Bewertungssystem mittels Noten abgestellt, so steht ihm ein Beurteilungsspielraum zu. Seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen sind allerdings daraufhin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
3. Eine Ergänzung und Präzisierung der Bewertungsbegründung ist zulässig, wenn sie keinerlei Anhaltspunkte für eine Manipulation erkennen lässt und nicht zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentationen nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten.
4. Eine Präklusion wegen erkennbaren Vergabeverstoßes ist bei einem gerügten Verstoß gegen das Transparenz- und Wirtschaftlichkeitsgebot nicht schon dann anzunehmen, wenn dieser in der Leistungsbeschreibung angelegt war. Das gilt insbesondere, wenn nur vertiefte Rechtskenntnisse eine Beurteilung der Vergaberechtskonformität eines Bewertungssystems erlauben.
