Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Dienstleistungen
Online seit 22. Mai
VPRRS 2023, 0114
VK Nordbayern, Beschluss vom 08.03.2023 - RMF-SG21-3194-7-30
1. Ein doppeldeutiges Referenzkriterium ist als Verstoß gegen das Transparenzgebot vergaberechtswidrig. Die Intransparenz geht zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.
2. Auf eine doppeldeutige Ausschreibung kann weder die Aufhebung der Ausschreibung wegen des Nichtvorliegens von wertbaren Angeboten noch der Ausschluss der Angebote wegen fehlender Unterlagen im Hinblick auf die vom Auftraggeber geforderten Referenzen gestützt werden.
3. Ermessenserwägungen sind aus Gründen der Nachvollziehbarkeit, Nachprüfbarkeit und Transparenz zeitnah und fortlaufend in der Vergabedokumentation zu dokumentieren. Das Nachschieben von Ermessenserwägungen im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens begegnet Bedenken.

Online seit 19. Mai
VPRRS 2023, 0113
VK Nordbayern, Beschluss vom 23.03.2023 - RMF-SG21-3194-8-6
1. Leistungen sind in Losen zu vergeben. Hiervon kann ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
2. Voraussetzung für eine Vergabe in Losen ist, dass die ausgeschriebene Leistung losweise vergeben werden kann. Für diese Feststellung ist insbesondere von Belang, ob sich für die spezielle Leistung ein eigener Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen herausgebildet hat. Dabei sind die aktuellen Marktverhältnisse von wesentlicher Bedeutung.
3. Die Frage, ob technische oder wirtschaftliche Gründe es "erfordern", von einer Losbildung abzusehen, setzt eine Bewertung des Auftraggebers voraus.
4. Die Überprüfung erfolgt anhand der im Vergabevermerk zeitnah dokumentierten Abwägung.

Online seit 16. Mai
VPRRS 2023, 0111
VK Bund, Beschluss vom 04.04.2023 - VK 2-18/23
1. Der öffentliche Auftraggeber verlangt vom Bieter Aufklärung, wenn der von ihm angebotene Preis im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint.
2. Erhebliche preisliche Unterschiede zwischen den konkurrierenden Angeboten können Anhaltspunkte dafür bieten, dass ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint.
3. Als sachgemäß hat sich für die Ausübung des dem Auftraggeber zustehenden Spielraums eine Aufgreifschwelle von etwa 20 % Preisabstand etabliert, wobei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

Online seit 15. Mai
VPRRS 2023, 0110
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2021 - Verg 41/20
1. Ein Angebot enthält nicht die geforderten Preise, wenn die Preisangaben gänzlich fehlen oder offensichtlich unzutreffend sind, insbesondere wenn Preisbestandteile in unzulässiger Weise verlagert werden.
2. Die Bieter sind in ihrer Kalkulation grundsätzlich frei. Das schließt die Befugnis ein, festzulegen, zu welchen Preisen die Positionen des Leistungsverzeichnisses ausgeführt werden sollen.
3. Aus dem Erfordernis, dass die Angebote die geforderten Preise enthalten müssen, lässt sich nicht ableiten, dass der verlangte Preis den hierfür entstehenden Kosten entsprechen muss.
4. Einem Bietern steht es trotz der grundsätzlichen Kalkulationsfreiheit nicht frei, seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuzuordnen. Er muss vielmehr zutreffende Preisangaben machen.
5. Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen entsprechen, indiziert eine vergaberechtswidrige Preisverlagerung.
6. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preise enthält.

Online seit 5. Mai
VPRRS 2023, 0103
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2022 - 13 B 839/22
1. Für die Frage, ob rettungsdienstliche Leistungen i. S. der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB "von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden", kommt es auf die konkrete Ausschreibung und nicht darauf an, ob die einschlägige landesrechtliche Regelung zur Übertragung rettungsdienstlicher Leistungen auf Dritte gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen privilegiert.*)
2. § 13 Abs. 1 RettG-NW steht der Anwendbarkeit der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Nordrhein-Westfalen nicht entgegen. Die Vorschrift räumt dem Träger rettungsdienstlicher Aufgaben Ermessen dahingehend ein, bei der Übertragung der Durchführung des Rettungsdienstes auf Dritte den Kreis der potentiellen Leistungserbringer auf gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen i. S. des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB zu beschränken.*)
3. Eine Mitteilung des Trägers rettungsdienstlicher Aufgaben an die Bewerber über den Ausgang eines auf der Grundlage von § 13 RettG-NW durchgeführten verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahrens stellt nicht zwingend einen Verwaltungsakt i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG-NW dar.*)
4. Der zwischen dem Träger rettungsdienstlicher Aufgaben und dem erfolgreichen Bewerber nach § 13 Abs. 1 RettG-NW abgeschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag bedarf nicht gem. § 58 Abs. 1 VwVfG-NW der Zustimmung der unterlegenen Bewerber.*)
