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Volltexturteile nach Sachgebieten

Sachgebiet: Rügeobliegenheit

442 Entscheidungen insgesamt




Online seit 2017

VPRRS 2017, 0016
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Nachforderungen und Erläuterungsanfragen dürfen nicht vermischt werden!

VK Bund, Beschluss vom 06.12.2016 - VK 2-119/16

1. Vermengt der Auftraggeber in seinem Nachforderungsschreiben Nachforderungen sowie weitere Erläuterungsanfragen und nimmt auf eine falsch zitierte Norm Bezug, kann er den Ausschluss des Angebots nicht auf einen einzelnen Punkt unter eine Reihe von Forderungen stützen. Für den Bieter ist nicht transparent, dass ein solches Schreiben auch einen Nachforderungstatbestand enthält.

2. Um den fehlerhaften Ausschluss des Nebenangebots zu heilen, hat der Auftraggeber ein konkretes Nachforderungsverlangen unter Fristsetzung zu stellen und anschließend eine erneute Wertung vorzunehmen.

3. Das Vergaberecht richtet sich an öffentliche Auftraggeber. Der Bieter ist deshalb nicht verpflichtet, sich mit dem Rechtsgebiet auszukennen und darf darauf vertrauen, dass der Auftraggeber die Vorgaben der Ausschreibung korrekt aufgestellt hat.

4. Für die Erkennbarkeit von Vergabefehlern in der Ausschreibung ist nicht nur die tatsächliche Erkennbarkeit eines vermeintlichen Fehlers, sondern auch die Erkennbarkeit im Rechtssinne entscheidend.

5. Für Nebenangebote gelten zusätzliche rechtliche Anforderungen. Werden Ausschreibungsfehler erst nach anwaltlicher Beratung erkannt, ist eine Rüge unverzüglich nach anwaltlicher Beratung fristgerecht.

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VPRRS 2017, 0017
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Keinen Wartungsbetrag verlesen: Indiz für fehlenden Wartungsvertrag!

VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2016 - 1/SVK/024-16

1. Fußt der Rügevortrag auf dem Vorwurf, dass der Zuschlagsbieter keinen Wartungsvertrag abgegeben habe, da im Submissionstermin kein Wartungsbetrag für die Wartungsleistungen verlesen worden sei, stellt dies einen ausreichend substantiierten Rügevortrag und keine "Rüge ins Blaue hinein" dar.*)

2. Eine Rüge ist auch dann ausreichend substantiiert, wenn das rügende Unternehmen eine konkrete Tatsache benennt, aus der sich der Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes ergibt. Eine andere Auffassung würde einen effektiven Rechtschutz für den Bieter verhindern.

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VPRRS 2017, 0002
Mit Beitrag
Technische AusrüstungTechnische Ausrüstung
Angeforderte Datenblätter konkretisieren den Angebotsinhalt!

VK Nordbayern, Beschluss vom 06.10.2016 - 21.VK-3194-25/16

1. Handelt während des Vergabeverfahrens anstelle des öffentlichen Auftraggebers im Außenverhältnis zu den Bietern ein Projektsteuerer, kann die Rüge auch ihm gegenüber erhoben werden.

2. Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags setzt weder eine Beantwortung der Rüge durch den öffentlichen Auftraggeber voraus noch, dass der Antragsteller diese abwartet, bevor er den Nachprüfungsantrag stellt.

3. Auf ein Angebot, das den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden.

4. Die Einreichung von angeforderten technischen Datenblättern stellt grundsätzlich eine verbindliche Festlegung eines bisher noch nicht konkretisierten Angebotsinhalts dar.

5. Es ist nicht zulässig, das konkretisierte Angebot im Aufklärungsgespräch an das Leistungsverzeichnis anzupassen.




Online seit 2016

VPRRS 2016, 0444
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Unwissenheit schützt nicht vor Rügepräklusion!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.2016 - 1 VK LSA 08/16

1. Kann ein durchschnittlich erfahrener Bieter durch das bloße Lesen der Vergabeunterlagen merken, dass das ausgewiesene Konzept zu den geplanten Eignungs- und Zuschlagskriterien eine unzulässige Mehrfachbewertung zulässt, ist ihm zuzumuten, dies zu rügen. Verschließt sich der Bieter gegen diesen offensichtlich möglichen Rückschluss, ist er im Nachprüfungsverfahren mit diesem Einwand präkludiert.

2. Kann der konkrete Bieter wegen unterdurchschnittlicher Erfahrungen den Rückschluss nicht ziehen, muss er sich gegebenenfalls fachlichen Rat erkaufen. Wer dies unterlässt, handelt schuldhaft.

3. Fordert die Bieterinformation unmissverständlich dazu auf, Start- und Zielzeit der Busfahrt sowie die Linienkilometer nachvollziehbar anzugeben, führt ein unbekümmerter Umgang mit diesen Vorgaben (hier: durch Stehenlassen der Platzhalter-Null bei der Kilometerangabe) und die Änderung der Vergabeunterlagen zum Ausschluss des Bieters.

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VPRRS 2016, 0465
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Nur erkennbare Vergabeverstöße müssen gerügt werden!

VK Brandenburg, Beschluss vom 25.02.2016 - VK 28/15

1. Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Über die Erkennbarkeit der einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände hinaus muss dabei für den Bieter auch die Vergaberechtswidrigkeit zu erkennen sein.

2. Allein daraus, dass sich die Bieter als Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen regelmäßig an Ausschreibungen beteiligen, kann nicht geschlossen werden, dass sie mit der vergaberechtlichen Beurteilung von Wertungssystemen und der diesbezüglichen richterlichen Rechtsprechung auskennen. Ist ein Bewertungsmaßstab nicht mit den Vergabeunterlagen bekannt gemacht worden, sind sich daraus möglicherweise ergebende Vergaberechtsverstöße für die Bieter nicht erkennbar.

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VPRRS 2016, 0434
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Wertungspunkte müssen die Preisabstände widerspiegeln!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.10.2016 - 1 VK 41/16

1. Änderungen oder Ergänzungen von Vergabeunterlagen mit interpretierbaren, missverständlichen oder mehrdeutigen Angaben führen nicht zum Angebotsausschluss.

2. Bei der Wertung des Preises unter Berücksichtigung des Kriteriums „bestes Preis-Leistungs-Verhältnis“ müssen die Wertungspunkte auch die Preisabstände widerspiegeln. Allerdings muss sich nicht jeder gesparte oder mehr aufgewandte Euro auswirken (entgegen VK Südbayern, Beschluss vom 30.08.2016, Z3-3-3194-1-28-07/16, IBRRS 2016, 2364 = VPRRS 2016, 0334).

3. Auch die Heranziehung einer Standardumrechnungsformel aus einem der einschlägigen Vergabehandbücher oder bei der Berechnung der Angebote über einen Dreisatz muss aus den Vergabeunterlagen heraus hinreichend erkenntlich sein.

4. Für die Rügeobliegenheit ist Voraussetzung, dass dem Antragsteller nicht nur der Sachverhalt, sondern daneben auch der Vergabefehler im Rechtssinne erkennbar sein musste. Beim Maßstab der Erkennbarkeit ist aber nicht auf Vergaberechtsexperten, sondern auf fachkundige Bieter abzustellen.

5. Bieter, die an Ausschreibungen mit hohen Auftragswerten teilnehmen, müssen zumindest über einen aktuellen Text der einschlägigen Vergabeordnung verfügen und auch wissen, welchen Mindestanforderungen die Vergabeunterlagen (und auch die Bekanntmachung) genügen müssen.

6. Ein Vergaberechtsverstoß, der sich durch bloßes Lesen der einschlägigen Normen und einen Vergleich mit dem Text der Vergabeunterlagen ohne weiteres feststellen lässt, ist für jeden erkennbar, der über die intellektuellen Fähigkeiten verfügt, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen oder gar ein Unternehmen zu leiten.

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VPRRS 2016, 0423
Mit Beitrag
BewachungsleistungenBewachungsleistungen
Kalkulationsvorgabe nicht eingehalten: Angebot unvollständig!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.10.2016 - 11 Verg 13/16

1. Der Ausschluss wegen fehlender oder unvollständiger Angaben erstreckt sich über den Wortlaut des § 19 EG Abs. 3 a VOL/A 2009 hinaus auch auf Preisangaben und Kalkulationsvorgaben. Dabei liegen unvollständige Angaben auch dann vor, wenn eine Preisangabe eingetragen wurde, diese jedoch nicht auf der vorgegebenen Kalkulationsgrundlage beruht.

2. Der Nachweis der Unvollständigkeit eines Angebots ist dabei grundsätzlich vom Auftraggeber zu führen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Preisangaben vollständig und zutreffend sind.

3. Gelingt es dem Auftraggeber, den Nachweis der Unvollständigkeit zu führen, obliegt es dem Bieter, dies durch Gegenbeweis zu entkräften. Ihn trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.

4. Trägt ein Verfahrensbeteiligter entgegen der ihm obliegenden Verfahrensförderungspflicht aus § 113 Abs. 2 GWB a.F. derart spät zur Sache vor, dass den anderen Beteiligten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die die Entscheidung ergeht, eine Erwiderung unter zumutbaren Bedingungen nicht mehr möglich ist, so ist dieses Vorbringen nicht berücksichtigungsfähig.

5. Eine bereits im Nachprüfungsverfahren verspätete Rüge erlangt auch im Beschwerdeverfahren keine Bedeutung.




VPRRS 2016, 0339
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Änderungen nach Ablauf der Angebotsfrist sind unzulässig!

VK Hessen, Beschluss vom 13.01.2016 - 69d-VK-45/2015

1. Rügen gegen Vergabeverstöße sind noch als unverzüglich i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a.F. anzusehen, wenn sie bei anwaltlicher Vertretung des Antragstellers innerhalb von fünf bis sechs Werktagen erhoben worden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an Sonn- und Feiertagen im üblichen Geschäftsleben keine Bürotätigkeit stattfindet.*)

2. Eine Änderung an den Vergabeunterlagen i.S.v. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A 2012 ist auch dann gegeben, wenn der Bieter nach Ablauf der Angebotsfrist sein Angebot dahin ändert, dass die geforderten Leistungen nicht mehr durch einen Nachunternehmer, sondern nun im eigenen Betrieb ausgeführt werden sollen.*)

3. Ein Aufklärungsgespräch i.S.v. § 15 EG VOB/A 2012 darf nur dazu dienen, im Wege der Informationseinholung durch den Auftraggeber einen feststehenden Sachverhalt aufzuklären, ohne diesen zu verändern.*)

4. Die Nachverlangungspflicht gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 gilt nur für Erklärungen und Nachweise, die innerhalb der Angebotsfrist bzw. gleichzeitig mit dem Angebot vorzulegen waren. Auf Unterlagen, die Bieter von vornherein erst auf Verlangen vorzulegen haben, ist diese Vorschrift nicht anwendbar.*)

5. Der Auftraggeber darf gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 VOB/A 2012 einem Bieter nicht eine nochmalige Nachfrist einräumen.*)

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VPRRS 2016, 0325
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Kein Preis für optionale Leistungen angeboten: Ausschluss zwingend!

VK Hessen, Beschluss vom 22.02.2016 - 69d-VK-47/2015

1. An das mit der Rüge vorgebrachte Überprüfungsbegehren sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn die Rüge inhaltlich eine konkrete Beanstandung angibt, die den Auftraggeber in die Lage versetzt, den beanstandeten Fehler nach Überprüfung zu erkennen und zu berichtigen.*)

2. Zu den Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands von § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 c 2. Hs. VOB/A 2012.*)

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VPRRS 2016, 0324
ReinigungsleistungenReinigungsleistungen
Preis "verdächtig niedrig": Auftraggeber muss keinen Sachverständigen hinzuziehen!

VK Hessen, Beschluss vom 10.03.2016 - 69d-VK-13/2016

1. Da es Sinn und Zweck der Rüge ist, dem Auftraggeber vor Einreichung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsantrags noch einmal die Möglichkeit zu geben, den geltend gemachten Vergabeverstoß von selbst abzuhelfen und so ein verzögerndes Nachprüfungsverfahren zu vermeiden, kommt es bei den Präklusionsvorschriften von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a.F. nicht auf die Aussonderung aussichtsloser Auftragsvergaben an den Antragsteller an, sondern vielmehr auf die Korrekturmöglichkeit beim Auftraggeber.*)

2. Zur ausnahmsweisen Bejahung des Drittschutzes bei § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A 2009.*)

3. Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben beim Entscheidungsspielraum des Auftraggebers, der ihm für die Einleitung eines Prüfungsverfahrens nach § 19 EG Abs. 6 Satz 1 VOL/A 2009 gegeben ist, lediglich zu kontrollieren, ob er einen gemäß den Tatumständen nachvollziehbaren, vertretbaren und nicht willkürlichen Ermittlungsansatz gewählt hat (im Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 41/13, IBRRS 2014, 1347 = VPRRS 2014, 0338). Demnach ist die Prüfung durch einen Sachverständigen nicht zwingend.*)

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VPRRS 2016, 0287
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Bietergemeinschaft muss keine gemeinsame Referenz vorlegen!

OLG Celle, Urteil vom 12.04.2016 - 13 Verg 1/16

1. Die Forderung zur Vorlage gemeinsam erarbeiteter Referenzen verstößt gegen das Verbot der Schlechterstellung von Bietergemeinschaften und stellt eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung für Bietergemeinschaften dar.

2. Die Eignungsleihe stellt hinsichtlich besonderer Fähigkeiten oder Anforderungen einen sachlich anerkannten Grund für die Bildung einer Bietergemeinschaft dar, etwa wenn die Kapazitäten eines Anbieters nicht ausreichen, um den Auftrag allein erfolgreich zu bewältigen.

3. Die Forderung zur Vorlage gemeinsam erarbeiteter Referenzen stellt einen erkennbaren Vergaberechtsverstoß dar, der unverzüglich gerügt werden muss.

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VPRRS 2016, 0262
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Auch "problematische" Vorgaben sind unverzüglich zu rügen!

VK Lüneburg, Beschluss vom 07.03.2016 - VgK-03/2016

1. Bietergemeinschaften sind trotz ihrer grundsätzlich wettbewerbsbeschränkenden Wirkung nicht per se wettbewerbswidrig (Anschluss an OLG Düsseldorf, IBR 2015, 85 = VPR 2015, 7). Der Auftraggeber darf sie nicht allgemein von der Vergabe ausschließen.

2. Die Anforderung an eine Bietergemeinschaft, nur solche Referenzen vorzulegen, die die Bietergemeinschaft gemeinsam erbracht hat, ist vergaberechtlich problematisch, weil sie dem Charakter einer für den Einzelfall gebildeten Bietergemeinschaft widerspricht.

3. Vergaberechtlich problematische Festlegungen in der Ausschreibung sind unverzüglich zu rügen, anderenfalls ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.

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VPRRS 2016, 0163
Mit Beitrag
Abfallbeförderung/-entsorgungAbfallbeförderung/-entsorgung
Bieter verwendet seine Vertragsbedingungen: Angebotsausschluss zwingend!

VK Südbayern, Beschluss vom 24.11.2015 - Z3-3-3194-1-51-09/15

1. Ein Angebot eines Bieters, das in erheblichem Umfang Allgemeine Geschäftsbedingungen dieses Bieters einführen will, ist wegen Änderung der Vertragsunterlagen auch dann auszuschließen, wenn die Vertragsunterlagen bestimmte Modalitäten des Auftrags nicht regeln, da in diesen Fällen ergänzend die allgemeinen Regelungen des BGB gelten.*)

2. Die Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB muss - abgesehen von Fällen der Entbehrlichkeit - grundsätzlich vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens gegenüber der Vergabestelle erhoben werden.*)

3. Hat der Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens vor Eingang des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer keine Rüge gegenüber der Vergabestelle erhoben, kann er die Rüge vor Übermittlung des Nachprüfungsantrags nach § 115 Abs. 1 GWB nachholen.*)

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VPRRS 2016, 0077
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Rüge mit Angebot im verschlossenen Umschlag abgegeben: Nachprüfungsantrag unzulässig!

VK Westfalen, Beschluss vom 27.10.2015 - VK 1-29/15

Beanstandungen an den Vergabeunterlagen, die zeitgleich mit dem Angebot im verschlossenen Umschlag abgegeben werden, sind gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert, soweit es sich um Rügen handelte.*)

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VPRRS 2016, 0068
Mit Beitrag
Abfallbeförderung/-entsorgungAbfallbeförderung/-entsorgung
Bieter muss nur das EU-Amtsblatt durchsehen!

VK Thüringen, Beschluss vom 21.05.2015 - 250-4003-2353/2015-E-003-SON

1. Ein Bieter ist nicht dazu verpflichtet, bei der Suche nach seinem Leistungsprofil entsprechenden europaweiten Ausschreibungen andere Publikationsorgane als das EU-Amtsblatt durchzusehen.

2. Der Fall einer De-facto-Vergabe liegt auch dann vor, wenn der Auftraggeber vergaberechtswidrig eine nationale Ausschreibung an Stelle einer eigentlich gebotenen europaweiten Ausschreibung durchführt.

3. Fehlt dem Bieter aufgrund einer durchgeführten De-facto-Vergabe jegliche Information über das geführte Vergabeverfahren, besteht keine Pflicht zu einer vom Nachprüfungsantrag isoliert einzureichenden Rüge.

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VPRRS 2016, 0008
BestandssanierungBestandssanierung
Mit Vorbehalt abgegebene Erklärung = nicht abgegebene Erklärung!

VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2015 - 1/SVK/035-15

1. Eine Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB ist zwingend vor Antragstellung zu erheben.*)

2. Eine Erklärung, die in einem verschlossenen Umschlag unter der Bedingung "Nur Öffnen im Beisein des Bieters" abgegeben wird, ist als nicht abgegeben anzusehen.*)

3. Die Nachforderungspflicht des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 VOB/A ist nur für Erklärungen, die bereits mit dem Angebot vorzulegen waren, anwendbar.*)

4. Werden Erklärungen, die erst nach Angebotsabgabe abgefordert werden, von den Bietern nicht vorgelegt, so ist das Angebot gleichwohl auszuschließen.*)

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Online seit 2015

VPRRS 2015, 0394
Technische AusrüstungTechnische Ausrüstung
Beteiligung als Bieter und Nachunternehmer ist zulässig!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.09.2015 - 1 VK 30/15

1. Ist das Vergabeverfahren bereits weitgehend abgeschlossen, hat die Verwaltung die Wertung vorgenommen und eine Vorentscheidung über den Zuschlag getroffen und fehlt es nur noch an einer formellen Entscheidung über den Zuschlag durch den hierfür zuständigen Ausschuss, führt eine Verletzung des Vertraulichkeitsgrundsatzes bei den Bietern nicht mehr zwingend zu einer Rechtsverletzung.

2. Von einem Bieter ist zu erwarten, dass er sich bei der Ausarbeitung seines Angebots damit befasst, welche Nachweise und Erklärungen er zum Nachweis seiner Eignung vorzulegen hat. Sind die Vergabeunterlagen widersprüchlich, weil ein bestimmter Nachweis einmal vorzulegen ist und einmal hierauf verzichtet wird, muss er dies erkennen und rechtzeitig rügen.

3. Für einen durchschnittlichen Bieter, einen Kaufmann, ist erkennbar, wenn eine Wertungsmatrix zu unbilligen Ergebnissen führt, so dass ein solcher Fehler bis zur Angebotsabgabe gerügt werden muss.

4. Ein Unternehmen kann sich sowohl als Bieter als auch als Nachunternehmer eines anderen Bieters an einem Vergabeverfahren beteiligen.

5. Die Verwendung des Preises als alleiniges Zuschlagskriterium ist jedenfalls dann zulässig, wenn die Vergabestelle den Leistungsinhalt in den Vergabeunterlagen sehr detailliert geregelt hat.

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VPRRS 2015, 0390
Mit Beitrag
ITIT
Änderungen an den Vertragsunterlagen führen auch im Verhandlungsverfahren zum Angebotsausschluss!

VK Baden Württemberg, Beschluss vom 20.03.2015 - 1 VK 6/15

1. Sind Vergabeunterlagen widersprüchlich, so dass der Bieter sich bei Erstellen des Angebots im Unklaren darüber befindet, was er anbieten soll oder anbieten darf, so erkennt er zu diesem Zeitpunkt den Vergabefehler, die Widersprüchlichkeit. Versteht der Bieter eine Forderung im Anforderungskatalog hingegen nicht als widersprüchlich, trifft ihn auch keine Rügeobliegenheit.

2. Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen worden sind, sind auszuschließen. Das gilt auch bei der Durchführung des Verhandlungsverfahrens, das an sich grundsätzlich eine Konkretisierung der Leistung erlaubt.

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VPRRS 2015, 0355
Mit Beitrag
ITIT
Wann liegt ein Verschlusssachenauftrag vor?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015 - Verg 28/14

1. Die Präklusionsbestimmungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB sind gemäß ihrem Wortlaut streng auszulegen und anzuwenden, um den durch die Rechtsmittelrichtlinie der Union garantierten Primärrechtsschutz nicht einzuschränken.*)

2. Die Wahrung der Rügeobliegenheit durch den Antragsteller ist ein Zulässigkeitserfordernis des Nachprüfungsantrags, das nicht mit der Begründung dahingestellt bleiben kann, der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet.*)

3. Zum Vorliegen eines Verschlusssachenauftrags im Sinn des § 99 Abs. 9 GWB.*)

4. Zu den vom Transparenzgebot gestellten Anforderungen, sofern der öffentliche Auftraggeber in einer Phase des Verhandlungsverfahrens ohne erneute Verhandlungen mit Bietern einen Zuschlag erteilen will.*)

5. Eine Verhandlungsrunde ist begrifflich erst nach Durchführen von Verhandlungen des Auftraggebers mit den Bietern über die Angebote oder die Leistungen abgeschlossen. Nicht aber erfüllt das bloße Einreichen von Angeboten bereits den Begriff der Verhandlung.*)

6. Zu intransparenten Bewertungsmaßstäben beim Zuschlagskriterium der Qualität.*)

7. Zur Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien im Anschluss an EuGH, Urteil vom 26.03.2015 - Rs. C-601/13 (Ambisig).*)

8. Aus dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 VSVgV enthaltenen Verbot, das Instrument der Rahmenvereinbarung missbräuchlich oder wettbewerbseinschränkend einzusetzen, folgt, dass der Auftraggeber Bietern auch im Anwendungsbereich der VSVgV, um eine wettbewerbskonforme Auftragsvergabe zu gewährleisten, hinsichtlich des Auftragsumfangs diejenigen Angaben zu machen hat, die ihm, um einen Eingang wettbewerblich vergleichbarer Angebote zu sichern, liquide verfügbar oder die in zumutbarer Weise zu beschaffen sind und welche die Bieter für eine seriöse Kalkulation der Angebote benötigen, ohne auf mehr oder minder willkürliche Schätzungen angewiesen zu sein.*)

9. In Vergabeverfahren ist die Einreichung mehrerer Hauptangebote durch Bieter nicht generell, sondern nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass der Auftraggeber solches in den Vergabeunterlagen veranlasst oder sonst dazu aufgefordert hat.*)

10. Zu den Anforderungen an eine fortlaufende Dokumentation des Vergabeverfahrens und an eine Heilung von Mängeln.*)

11. Im weitesten Sinn: Zu "No-Spy"-Anforderungen (zur Datensicherheit) des öffentlichen Auftraggebers.*)

12. Diesbezügliche Forderungen des Auftraggebers sind keine rechtlich zulässigen Anforderungen an die Eignung der Bewerber oder Bieter, sondern nur als besondere Anforderungen an die Auftragsausführung im Sinn des § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB (Richtlinie 2009/81/EG Art. 20; Richtlinie 2004/18/EG Art. 26) zugelassen.*)

13. Dagegen mit Blick auf eine Diskriminierung von Unternehmen in EU-Mitgliedstaaten vorgebrachte Bedenken greifen im Ergebnis nicht durch, sofern der öffentliche Auftraggeber für die Forderung der Datensicherheit einen anerkennenswerten und durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigten sachlichen Grund, wie einen Schutz sensibler, für den Schutz des Staates relevanter Daten, namhaft machen kann und sämtliche auftragsinteressierten Unternehmen - gleichviel, ob sie der Europäischen Union, dem Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Drittstaat angehören - diskriminierungsfrei mit derselben Anforderung belegt werden.*)




VPRRS 2015, 0320
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Forderung nach Tariftreue ist unverzüglich rügen!

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.09.2015 - VK-SH 11/15

1. Die Bieter müssen nur in dem Umfang Eignungsnachweise und Eigenerklärungen vorlegen, wie der Auftraggeber diese Vorlage (wirksam und eindeutig) in der Vergabebekanntmachung gefordert hat.

2. Ein Bieter ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die sachlichen Mittel für die angebotene Leistung bereits im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung vorzuhalten. Ihm muss vielmehr eine angemessene Frist für die Vorbereitung und den Beginn der Ausführung der mit Zuschlagserteilung vereinbarten Leistungen gewährt werden.

3. Erscheint bei einem Angebot der Endpreis oder die Kalkulation der Arbeitskosten in dem Sinne ungewöhnlich niedrig, dass Zweifel an der Tariftreue des Bieters bestehen, hat der Auftraggeber das Angebot insbesondere unter diesem Aspekt zu prüfen. Im Fall einer solchen Prüfung ist der Bieter zu verpflichtet, Unterlagen vorzulegen, aus denen ersichtlich ist, dass im Rahmen der dem Angebot zugrunde liegenden Kalkulation zumindest die Mindeststundenentgelte und die Mindestarbeitsbedingungen bzw. der vergabespezifische Mindestlohn berücksichtigt worden sind.

4. Fragen der rechtlichen Zulässigkeit einer Forderung von Tariftreueerklärungen müssen einem erwerbswirtschaftlichen Personenbeförderungsunternehmen bekannt sein und lösen eine entsprechende Rügeobliegenheit aus.

5. Vom Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren "nachgeschobene" Erläuterungen sind zu berücksichtigen, soweit die vorgetragenen ergänzenden Erwägungen bzw. Erläuterungen sich auf Begründungen beziehen, die im Kern bereits im Vergabevermerk angelegt sind, also lediglich eine Vertiefung darstellen.

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VPRRS 2015, 0350
Mit Beitrag
Tief- und IngenieurbauTief- und Ingenieurbau
Wann dürfen Alternativpositionen ausgeschrieben werden?

OLG München, Beschluss vom 22.10.2015 - Verg 5/15

1. Die Unzulässigkeit der Ausschreibung einer Alternativ- oder Wahlposition zählt nicht von vorneherein zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise (hier: Ausschreibung einer Autobahnbrücke, die Bieterin ist ein Bauunternehmen).*)

2. Es verbleibt dabei, dass Alternativpositionen nur dann, wenn ein berechtigtes Interesse hieran besteht, ausgeschrieben werden dürfen.*)

3. Die Absicht, den Markt zu erkunden, ist kein solches berechtigtes Interesse.*)

4. Ist ein berechtigtes Interesse der Vergabestelle in keiner Weise zu erkennen, kommt es nicht mehr im Einzelnen darauf an, ob und wie weit das Transparenzprinzip gefährdet ist.*)

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VPRRS 2015, 0432
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Bieter muss auf Fehler in der Ausschreibung hinweisen!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2015 - Verg 3/15

1. Hat der Bieter die Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeschreibung bereits während der Ausarbeitung des Angebots erkannt oder war der behauptete Rechtsverstoß für ihn zu diesem Zeitpunkt zumindest erkennbar war, muss er dies unverzüglich rügen.

2. Eine Fristversäumnis hat den Verlust des Primärrechtsschutzes und die Unzulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens zur Folge.

3. Aus dem mit Übersendung der Vergabeunterlagen begründeten vorvertraglichen Schuldverhältnis folgenden Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme ist der Bieter verpflichtet, den öffentlichen Auftraggeber auf vermeintliche Fehler der Leistungsbeschreibung rechtzeitig aufmerksam zu machen, um dieser hierdurch entweder die Gelegenheit zu einer Korrektur der Leistungsbeschreibung oder zu einer klarstellenden Stellungnahme zu geben.

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VPRRS 2015, 0436
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Jede Vorinformation löst Rügepflicht aus!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 11.08.2015 - 3 VK 2/15

1. Eine Rüge ist gem. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB dann entbehrlich, wenn eine Direktvergabe erfolgt ist.

2. Eine Rüge ist jedoch nicht entbehrlich, wenn nur angekündigt wird, dass eine Direktvergabe beabsichtigt ist.

3. Bei einer Vorinformation ist die Erhebung einer Rüge zwingend zu fordern, um der Vergabestelle Gelegenheit zur Abhilfe zu geben und dadurch unnötige Nachprüfungsverfahren zu vermeiden.

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VPRRS 2015, 0292
Mit Beitrag
Waren/GüterWaren/Güter
Prüft die Vergabekammer einzelne Vertragsklauseln auf ihre Wirksamkeit?

VK Sachsen, Beschluss vom 21.04.2015 - 1/SVK/010-15

1. Ein Vergaberechtsverstoß ist erkennbar im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3, wenn er von einem durchschnittlichen Bieter als potenziell vergaberechtswidrig eingestuft werden kann. Dies liegt nicht erst dann vor, wenn der Bieter eine Vorgabe des Auftraggebers in rechtlicher Hinsicht als zweifelsfrei unzulässig einstufen kann. Auf der anderen Seite reichen bloße Zweifel an der Zulässigkeit nicht aus. Erforderlich und ausreichend ist daher ein Zustand, nach dem eine Vorgabe des Auftraggebers zumindest als rechtlich problematisch eingestuft werden kann. *)

2. Wird eine Vorgabe in den Vergabeunterlagen erst auf Anregung eines Bieters eingefügt, die es ihm überhaupt erst ermöglicht, sich an dem Verfahren zu beteiligen, so kann er sich in einem Vergabenachprüfungsverfahren gegebenenfalls nicht mehr auf deren Unzulässigkeit berufen (hier bejaht für die nachträgliche Umwandlung einer Grund- in eine Wahl/Bedarfsposition).*)

3. Die Vergabekammer prüft einzelne Vertragsklauseln nicht auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch die vertraglichen Regelungen die vertraglichen Risiken des abzuschließenden Vertrags in unangemessener Weise auf den Bieter verlagert werden.*)

4. Offensichtliche Rechenfehler, deren Korrektur anhand des angegebenen Einheits- oder Gesamtpreises ohne Weiteres möglich ist, dürfen korrigiert werden. Dies gilt auch für offensichtliche Eintragungsfehler.*)

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VPRRS 2015, 0298
ÖPNVÖPNV
Personenverkehrsdienste können als Dienstleistungsauftrag oder -konzession vergeben werden!

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.2014 - VK 1-28/14

1. Nur Auftraggeber, die selber Verkehrsleistungen erbringen oder ausführen, unterliegen der SektVO.*)

2. Bei ÖPNV-Dienstleistungskonzessionen besteht aufgrund der Sonderrechtszuweisung in § 8a Abs. 7 PBefG eine Zuständigkeit der Vergabekammer sowohl für den Ober- als auch für den Unterschwellenbereich.*)

3. Bei einer geplanten ÖPNV-Direktvergabe finden die allgemeine Rügepflicht aus § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB und die speziellen Rügepflichten aus §§ 107 Abs. 3 Satz 2, 101b Abs. 2 GWB keine Anwendung.*)

4. Die Verletzungen von Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes können von den Nachprüfungsinstanzen grundsätzlich nicht geprüft werden. Ob der Auftraggeber dem Vorrang der eigenwirtschaftlichen Verkehre vor gemeinwirtschaftlichen Verkehren entsprochen hat, ist nicht Prüfgegenstand. Die Vergabekammer ist ausschließlich für die Überprüfung von gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen zuständig.*)

5. Bei der Beschaffung von Personenverkehrsdiensten mit Bussen und Straßenbahnen bestimmt sich das maßgebliche Vergaberechtsregime danach, ob es sich bei dem Auftrag um eine Dienstleistungskonzession oder um einen Dienstleistungsauftrag handelt. Die Vergabe unterliegt der Verordnung 1370/2007, wenn es sich um eine Konzession handelt; die Vergaberichtlinien finden Anwendung, wenn es sich um einen Dienstleistungsauftrag handelt.*)

6. Ob die Vergabe einer Personenverkehrsleistung als Dienstleistungskonzession zu qualifizieren ist, ist anhand des Unionsrechts und im Lichte der Rechtsprechung des EuGH zu beurteilen. Die für die Dienstleistungskonzession entscheidende Frage, wer das überwiegende Betriebsrisiko trägt, ist unter Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der konkreten Marktbedingungen und vertraglichen Vereinbarungen zu beurteilen. Die Zahlung eines Zuschusses oder die Zahlung von Ausgleichsleistungen hindert die Annahme einer Dienstleistungskonzession nicht, soweit der Auftragnehmer noch immer einen bedeutenden oder überwiegenden Teil der Risiken trägt. Wird dem Auftragnehmer ein von Fahrgeldeinnahmen unabhängiges Festgeld garantiert, so liegt ein Dienstleistungsauftrag vor, der in einem förmlichen Vergabeverfahren zu vergeben ist. Das typische Verwertungsrisiko des übertragenen Nutzungsrechts liegt nicht beim Auftragnehmer, sondern beim Auftraggeber.*)

7. Die Aufteilung einer Verkehrsbedienung in Dienstleistungen zu Hauptverkehrszeiten und Dienstleistungen zu Schwachverkehrszeiten begegnet keinen vergaberechtlichen Bedenken.*)

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VPRRS 2015, 0282
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Geforderte Tariftreueerklärung abgegeben: Einwand der Unionsrechtswidrigkeit ausgeschlossen!

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.10.2014 - VK 1-25/14

1. Die Vorabinformation nach § 101a GWB dient der Gewährleistung des Rechtsschutzes nach den §§ 107 ff. GWB. Für eine Überprüfung der Vorabinformation besteht jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Zuschlag gemäß § 115 Abs. 1 GWB nicht erteilt werden darf. In diesem Fall ist von vornherein ausgeschlossen, dass eine unvollständige Information für einen Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB kausal sein könnte.*)

2. Ein Bieter, der eine Tariftreueerklärung Rüge los mit seinem Angebot abgegeben hat, kann sich im Nachprüfungsverfahren nicht mehr auf die Unionsrechtswidrigkeit der geforderten Erklärung berufen.*)

3. Die Vergabestelle kann auch noch im laufenden Vergabeverfahren eine unzureichende Dokumentation von Vergabeentscheidungen nachholen, wenn keine Manipulationsgefahr besteht. Die Nachbesserung entspricht zum einen dem in § 110 Abs. 1 Satz 4 GWB normierten Gebot, den Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen zu verzögern, und zum anderen dem Recht der Vergabestelle, in jeder Phase der Ausschreibung - auch im laufenden Nachprüfungsverfahren - von sich aus Vergabefehler zu beheben.*)

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VPRRS 2015, 0236
Mit Beitrag
Abfallbeförderung/-entsorgungAbfallbeförderung/-entsorgung
Wann ist der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium zulässig?

VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2015 - VgK-17/2015

1. Was Gegenstand des (öffentlichen) Auftrags ist, obliegt der Bestimmung durch den Auftraggeber und ist dem Vergabeverfahren nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich vorgelagert und somit vom Vergaberecht nicht unmittelbar erfasst. Die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts sind erst berührt, wenn die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. zu einer Diskriminierung von Unternehmen führt.

2. Der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium ist jedenfalls dann vom Bieter hinzunehmen, wenn die auszuführenden Leistungen in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in der Leistungsbeschreibung und/oder in den übrigen Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber hinreichend genau definiert wurden.

3. Bei der Substantiierungspflicht der Rüge handelt es sich nicht um eine reine Formalie. Vielmehr soll die Rüge den Auftraggeber in die Lage versetzen, etwaige Rechtsverstöße zu erkennen und diesen abzuhelfen. Dazu ist es erforderlich, dass der Bieter in verfahrensfördernder Weise die Mängel konkret vorträgt, um eine sachgerechte Abhilfe zu ermöglichen.

4. Was dem Bieter an Substantiierung abverlangt wird, lässt sich nicht generell sagen, sondern hängt davon ab, inwieweit die Vergabeunterlagen oder die Vorabinformation ihn zum Vortrag in Stande gesetzt haben. Das bedeutet, dass der Bieter diejenigen Umstände konkret aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines Schadens ergibt. Pauschale und unsubstantiiert "ins Blaue hinein" erhobene Behauptungen in der Erwartung, die Aufklärungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen, reichen nicht aus.




VPRRS 2015, 0225
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Auch eine "Bieteranfrage" kann eine Rüge sein!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.09.2014 - 2 VK 14/14

1. Eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB muss nicht ausdrücklich als "Rüge" bezeichnet werden. Für eine wirksame Rüge ist es ausreichend, wenn hinreichend deutlich wird, welches konkrete Verhalten der Vergabestelle vom Bieter als vergaberechtswidrig angesehen wird.

2. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Dabei wird der Beginn der Ausschlussfrist nicht dadurch hinausgeschoben oder neu ausgelöst, dass der Bieter seine Rügen gegenüber dem Auftraggeber wiederholt.

3. Das Verbot der Zuschlagserteilung auf Unterkostenangebote dient grundsätzlich allein dem Schutz des Auftraggebers. Dieses Verbot ist nur ganz ausnahmsweise bieterschützend, nämlich dann, wenn davon auszugehen ist, dass ein Bieter ein Unterpreisangebot in der gezielten Absicht eingereicht hat, einen oder mehrere andere Bieter nicht nur aus dem betreffenden Vergabeverfahren, sondern ganz vom Markt zu verdrängen.

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VPRRS 2015, 0222
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Rüge wird nicht abgeholfen: Keine Fristverlängerung durch erneutes Rügeschreiben!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.03.2014 - 2 VK 5/14

1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Dabei wird der Beginn der Ausschlussfrist nicht dadurch hinausgeschoben oder neu ausgelöst, dass der Bieter seine Rügen gegenüber dem Auftraggeber wiederholt.

2. Der Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB steht EU-Recht nicht entgegen (im Anschluss an OLG Rostock, IBR 2011, 238).

3. Antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist nur, wer eine Verletzung seiner Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergaberechtsvorschriften geltend macht. Dies setzt einen schlüssigen Vortrag im Sinne tatsächlicher Anknüpfungspunkte voraus, aus denen ein Vergaberechtsverstoß plausibel erscheint. Nicht ausreichend ist es, wenn ein Bieter nur die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung in den Raum stellt.

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VPRRS 2015, 0204
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Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Reinigung und Reparatur von Regenwasserbehandlungsanlage: Ausschreibung nach VOB/A oder VOL/A?

VK Sachsen, Beschluss vom 18.03.2015 - 1/SVK/001-15

1. Enthält ein Vertrag zugleich Elemente eines Bauauftrags und solche eines Auftrags anderer Art, bestimmt sich die Rechtsnatur des Vertrages nach § 99 Abs. 10 Satz 2 GWB und der herrschenden Rechtsprechung nach der Hauptleistung, die der Auftragnehmer vertraglich schuldet.*)

2. Eine Verschlechterung der Zuschlagsaussichten infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften, bspw. durch die Wahl der falschen Vergabeart, genügt, um eine subjektive Rechtsverletzung anzunehmen und eine Rügepflicht auszulösen.*)

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VPRRS 2015, 0208
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TransportleistungenTransportleistungen
Forderung nach Tariftreue ist europarechtswidrig!

VK Lüneburg, Beschluss vom 15.05.2015 - VgK-09/2015

1. Die nach § 4 Abs. 3 Satz 2 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) auch für öffentliche Aufträge im freigestellten Schülerverkehr geforderte Verpflichtung der Bieterunternehmen, ihren Arbeitnehmern mindestens das in einem vereinbarten Tarifverträge vorgesehene Entgelt zu zahlen, entspricht nicht den Vorgaben des Europarechts.

2. Eine Rüge, die erst 18 Tage nach Kenntniserlangung von dem beanstandeten Vergaberechtsverstoß erfolgt, kann nach den Umständen des Einzelfalls noch als "unverzüglich" angesehen werden.




VPRRS 2015, 0193
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Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Preis einziges Zuschlagskriterium: Fehlende Fabrikatsangaben können nachgefordert werden!

VK Südbayern, Beschluss vom 15.05.2015 - Z3-3-3194-1-05-01/15

1. Zumindest für einen Bieter mit erheblichem technischem Sachverstand und guter Marktkenntnis ist eine verdeckte Produktvorgabe in den Vergabeunterlagen erkennbar und daher gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB zu rügen.*)

2. Eine Nachforderung fehlender Angaben des Fabrikats und Typs ist zumindest dann nicht ausgeschlossen, wenn der Preis einziges Zuschlagskriterium ist (Aufgabe der Rechtsprechung von Vergabekammer Südbayern B. v. 07.03.2014 - Az.: Z3-3-3194-1-02-01/14).*)

3. Die Pflicht zur Nachforderung gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A betrifft nur fehlende Unterlagen, also Erklärungen und Nachweise, die vom Auftraggeber ordnungsgemäß zur Vorlage bis zur Angebotsabgabe gefordert worden sind.*)

4. Die Vergabestelle ist nicht befugt, von der gesetzlich festgelegten Frist des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A abzuweichen. Tut sie es allerdings dennoch und verlässt sich ein Bieter auf die von der Vergabestelle gesetzte längere Vorlagefrist, ist das Angebot dieses Bieters nicht zwingend auszuschließen, wenn er die nachgeforderten Unterlagen innerhalb der von der Vergabestelle gesetzten Frist, aber nach Ablauf der 6 Kalendertage des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vorlegt.*)

5. Durch die Benennung der konkreten Fabrikate in der Produktabfrage konkretisiert der Bieter sein Angebot auf diese. Das Angebot ist gem. § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b i. V. m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A auszuschließen, wenn sich ein Bieter im Zuge der Angebotsprüfung bereits verbindlich auf bestimmte Hersteller und Typen festgelegt hat und diese von den aus dem Leistungsverzeichnis ersichtlichen Anforderungen abweichen.*)

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VPRRS 2015, 0170
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Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Herstellen von Prototypen = Unterstützen des Auftraggebers!

KG, Beschluss vom 27.01.2015 - Verg 9/14

1. Zu Fragen des Schwellenwerts, der Rügepflicht (§ 107 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GWB), der Auslegung von § 6 EG Abs. 7 VOB/A 2012 bzw. § 6 Abs. 6 VOL/A 2009 und der diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast.*)

2. Bei der Ermittlung des Auftragswerts sind all diejenigen Bauabschnitte einer Gesamtbaumaßnahme als Einheit zu betrachten, die ohne die jeweils anderen Bauabschnitte keine sinnvolle Funktionen erfüllen können, und zwar unabhängig davon, ob die einzelnen Bauabschnitte als eigenständiger Auftrag oder als Los eines Gesamtauftrags ausgeschrieben wurden.

3. Ein Bieter oder Bewerber, der zur Vorbereitung der Ausschreibung Prototypen der Ausschreibungsgegenstände hergestellt hat, „unterstützt“ den Auftraggeber.

4. Die Vergabestelle trägt die Darlegungs- und Beweislast für Ausgleichsmaßnahmen, die sie ergriffen hat, um den unverfälschten Wettbewerbs trotz des Erfahrungsvorsprungs des Unterstützers sicherzustellen.

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VPRRS 2015, 0169
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GesundheitGesundheit
Keine Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in Bezug auf das ausführende Team!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 - Verg 35/14

1. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ist öffentlicher Auftraggeber im Sinn des § 98 Nr. 2 GWB.*)

2. Die Antragsbefugnis erfüllt nurmehr die Funktion eine groben Filters, dem lediglich die Aufgabe zukommt, eindeutige Fälle, in denen eine Auftragsvergabe an den Antragsteller von vorneherein aussichtslos ist, auszusondern.*)

3. Davon, dass ein Wertungssystem "zehn oder drei Punkte" vergaberechtswidrig sein kann, muss der Antragsteller im Sinn des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB keine Kenntnis haben.*)

4. Die bisherige strikte Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist in Bezug auf das Team, welches den Auftrag ausführen soll, bereits unter der Geltung der Richtlinie 2004/18/EG aufzugeben (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 26.03.2015 - Rs. C-601/13, IBR 2015, 268).*)

5. Ein Preiswertungssystem "zehn oder drei Punkte" ist wettbewerbsverzerrend und unzulässig.*)

6. Bewertete Zuschlagskriterien müssen mit den bekannt gegebenen Kriterien übereinstimmen.*)

7. Die bekannt gegebenen Zuschlagskriterien müssen die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe offenlegen, mithin auch, mit welchem Punktwert auf der Skala von null bis zehn Punkten die in der Leistungsbeschreibung gestellten Einzelanforderungen bewertet werden sollen (zum Beispiel in einer Matrix).*)

8. Darauf, ob das Angebot des Antragstellers wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen von der Wertung auszuschließen ist, kommt es nicht an, wenn das Vergabeverfahren wegen Rechtsverstößen des Auftraggebers zurückzuversetzen ist, und der Antragsteller ein neues Angebot abgeben kann, mit dem er Änderungen der Vergabeunterlagen vermeiden kann.*)




VPRRS 2015, 0158
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Gerügt werden muss immer (noch), wenn auch nicht (mehr) unverzüglich!

VK Südbayern, Beschluss vom 18.03.2015 - Z3-3-3194-1-62-12/14

1. Ungeachtet der Europarechtswidrigkeit des Tatbestandsmerkmals der "Unverzüglichkeit" erfordert § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, dass tatsächlich und rechtlich positiv erkannte Vergaberechtsverstöße zu irgendeinem Zeitpunkt vor Einreichung des Nachprüfungsantrags gegenüber der Vergabestelle gerügt werden.*)

2. Auch bei der Verpflichtung eines Bieter auf die Ableistung der im Angebot zugesagten Mindeststundenzahl ungeachtet des Eintretens des Reinigungserfolgs, ist das übliche und grundsätzlich zulässige (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 41/13, IBRRS 2014, 1347 = VPRRS 2014, 0338) Kriterium der Reinigungsleistung in m2/Stunde bei der Angebotswertung nicht zu beanstanden.*)

3. Die unrichtige Darstellung einer klaren zivilrechtlichen Rechtslage in den Vergabeunterlagen, kann einen Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 nach sich ziehen. Das Nichteingehen auf umstrittene, nicht letztinstanzliche zivilrechtliche Rechtsprechung in den Vergabeunterlagen stellt regelmäßig keinen Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 dar.*)

4. Die Kenntnis sämtlicher einschlägiger zivilrechtlicher Rechtsprechung und deren Umsetzung in den Vergabeunterlagen kann - ebenso wenig wie sie von den Bietern gefordert werden kann - von den Vergabestellen nicht verlangt werden.*)

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VPRRS 2015, 0091
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Versorgung mit Fernsehen und Hörfunk: Dienstleistungskonzession oder -auftrag?

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.09.2014 - 2 VK 12/14

1. Eine - dem Vergaberecht entzogene - Dienstleistungskonzession liegt (nur) dann vor, wenn die vertragliche Gegenleistung des "Auftraggebers" ausschließlich oder überwiegend in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung besteht, so dass der Vertragspartner ("Auftragnehmer") das Betriebs- bzw. Nutzungs- und Ertragsrisiko in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt.

2. Kann die Risikoverteilung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber nicht sicher abgeschätzt werden, ist im Interesse eines fairen und transparenten Wettbewerbs von einem Dienstleistungsauftrag auszugehen.

3. Ein Vertrag über die Versorgung der Mieter von über 2.000 Wohneinheiten mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen stellt einen - dem Vergaberecht unterfallenden - Dienstleistungsauftrag dar.

4. Ein Wohnungsunternehmen in Privatrechtsform, dessen einziger Gesellschafter eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist und zu dessen Gesellschaftszweck die "sichere und sozial verantwortbare Wohnraumversorgung von breiten Schichten der Bevölkerung" gehört, ist ein öffentlicher Auftraggeber i.S. des § 98 Nr. 2 GWB.

5. Im Fall einer vermeintlich unzulässigen Direktvergabe entfällt die Rügepflicht nicht von vornherein. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Auftraggeber kein oder ein vermeintlich unrichtiges Vergabeverfahren durchführt, der Unternehmer über diesen Umstand jedoch gleichwohl fortlaufend unterrichtet wird, ist es diesem möglich und zumutbar, dies gegenüber der Vergabestelle geltend zu machen.

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VPRRS 2015, 0089
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
(Teil-)funktionale Elemente machen die Leistungsbeschreibung nicht intransparent!

VK Lüneburg, Beschluss vom 23.01.2015 - VgK-47/2014

1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft oder ein Verfahren weitestgehend frei. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.

2. Auch wenn der Auftraggeber mit der Übernahme strenger Werte aus der Energieberechnung des Planungsbüros und unter möglichem Abgleich mit den Produktdatenblättern eines bestimmten Herstellers den potentiellen Lieferantenkreis erheblich einschränkt, liegt darin keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung. Sämtliche Bieter haben die Möglichkeit, auf einen der Hersteller zurückzugreifen.

3. Wird für den Wärmeschutz ein U Wert Gesamtbauteil von ≤ 0,9 W/m²K angegeben, ist das eine in diesem Bereich funktionale Leistungsbeschreibung, weil den Bietern nicht vorgeben wird, wie sie die Einhaltung des Werts erreichen sollen. Eine Leistungsbeschreibung wird aber durch die Kombination deskriptiver Passagen und funktionaler Elemente nicht intransparent.

4. Das Vergaberecht sieht für die Überschreitung eindeutig formulierter Vorgaben der Leistungsbeschreibung keine Toleranzbereiche vor.

5. Bis zur Anpassung an die europarechtlichen Vorgaben ist von einer Rügefrist von 10 bzw. 15 Kalendertagen ab Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes auszugehen.

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VPRRS 2015, 0060
Mit Beitrag
DienstleistungenDienstleistungen
Volljurist muss über vergaberechtliche Grundkenntnisse verfügen!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 07.01.2015 - 2 VK 19/14

1. Die produktbezogene Beschränkung einer Ausschreibung stellt einen rügebedürftigen Vergaberechtsverstoß dar. Das muss ein Volljurist, der in der Rechtsabteilung eines weltweit tätigen Unternehmens beschäftigt ist, auch dann erkennen, wenn er bis dahin noch keine Berührungspunkte mit dem Vergaberecht gehabt hat.

2. Bei einem nicht überdurchschnittlich komplexen Sachverhalt ist von einer Rügefrist von maximal einer Woche auszugehen.

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VPRRS 2015, 0055
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Nebenangebot kann nicht in Hauptangebot umgedeutet werden!

VK Sachsen, Beschluss vom 22.09.2014 - 1/SVK/029-14

1. Die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes ist nicht zwingend allein deswegen ausgeschlossen, weil für ein grundsätzlich unzulässiges Verhalten des Auftraggebers gesetzliche Ausnahmetatbestände existieren, deren Vorliegen der Bieter ohne Einblick in die Vergabeakte nicht abschließend beurteilen kann. Der Verweis auf eine bestimmte Herkunft i. S. d. § 7 EG Abs. 8 Satz 1 VOB/A ist nur ausnahmsweise zulässig. Tritt ein solcher Verweis in den Vergabeunterlagen offen zu Tage, so ist ein möglicher Vergaberechtsverstoß erkennbar und somit in der Regel bis zum Ende der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe zu rügen.*)

2. Eine Rügepflicht entfällt nicht allein deswegen, weil ein Bieter subjektiv keine Veranlassung hatte, ein objektiv erkennbares Verhalten zum maßgeblichen Zeitpunkt zu rügen.*)

3. Hat der Bieter das Nebenangebot als solches bezeichnet und weicht es inhaltlich von der vom Auftraggeber nachgefragten Leistung ab, besteht keine Möglichkeit, es in ein Hauptangebot umzudeuten. Nur wenn sich das Angebot im Rahmen der Leistungsbeschreibung bewegt, kann es als (zweites) Hauptangebot angesehen werden.*)

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VPRRS 2015, 0048
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Gewinner des Architektenwettbewerbs muss nicht (automatisch) den Auftrag erhalten!

VK Südbayern, Beschluss vom 13.10.2014 - Z3-3-3194-1-37-08/14

1. Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB ist auch auf ein Verhandlungsverfahren nach einem durchgeführten Architektenwettbewerb in Form eines Realisierungswettbewerbs gemäß § 15 VOF, entsprechend anwendbar, obwohl diese Art des Verhandlungsverfahrens keine "in der Bekanntmachung benannte Frist zur Angebotsabgabe" kennt und die "in der Bekanntmachung benannte Frist zur Bewerbung" nicht einschlägig sein kann, weil zu diesem Zeitpunkt die Bewerber keine Kenntnis von den Unterlagen des nachfolgenden Verhandlungsverfahrens haben.*)

2. Es ist an keiner Stelle dem Normtext der VOF zu entnehmen noch aus sonstigen Gründen erforderlich, dass das Wettbewerbsergebnis so hoch gewichtet werden muss, dass der Wettbewerbsgewinner des vorhergehenden Architektenwettbewerbs regelmäßig auch den Auftrag im Verhandlungsverfahren erhalten muss.*)

3. Die Wertung abstrakter Prozentsätze der Umbauzuschläge für den Umbau und die Modernisierung von Gebäuden gem. § 36 Abs. 1 HOAI oder der Umbauzuschläge für den Umbau und die Modernisierung von Innenräumen gem. § 36 Abs. 2 HOAI ohne Bezug auf die zugrundeliegenden Bausummen ist regelmäßig vergaberechtswidrig.*)

4. Ist in den Vergabeunterlagen lediglich die Wertung von Umbauzuschlägen für den Umbau und die Modernisierung von Gebäuden gem. § 36 Abs. 1 HOAI bekanntgemacht, darf die Vergabestelle unter diesem Punkt keine Umbauzuschläge für den Umbau und die Modernisierung von Innenräumen gem. § 36 Abs. 2 HOAI werten.*)




VPRRS 2015, 0042
Mit Beitrag
DienstleistungenDienstleistungen
Zuschlags- und Unterkriterien, Gewichtungsregeln sowie Bewertungsmatrizen sind offen zu legen!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014 - Verg 36/13

1. Der öffentliche Auftraggeber muss rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekannt geben. Bei der Wertung der Angebote sind diese zu berücksichtigen.

2. Inwieweit eine Verpflichtung des Auftraggebers besteht, Unterkriterien auszudifferenzieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist jedenfalls überschritten, wenn die aufgestellten Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden.

3. Hat der Auftraggeber Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen aufgestellt, sind diese den Bietern vollständig offen zu legen.

4. Eine Rügepräklusion setzt voraus, dass die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände für den Antragsteller zu erkennen sind. Einen Vergaberechtsverstoß im Zusammenhang mit Aufstellung und Ausfüllung einer Bewertungsmatrix mit Kriterien und Unterkriterien sowie dem entsprechenden Bewertungssystem, bei dem Leistungspunkte aufgrund von Gewichtungs- und Bewertungspunkten errechnet werden, muss ein durchschnittlicher Bieter nicht erkennen.




VPRRS 2014, 0692
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Leistungsbeschreibung unklar: Auslegung erfolgt zugunsten der Bieter!

KG, Beschluss vom 21.11.2014 - Verg 22/13

1. Eine unklares Leistungsverzeichnisses ist im Zweifel zu Ungunsten einer Ausschließung von Angeboten auszulegen. Denn der Ausschluss eines Angebots auf der Grundlage inhaltlich unpräziser und damit unklarer Vergabebedingungen ist mit dem Transparentgebot nicht vereinbar.

2. Die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Nr. 1 beginnt erst zu laufen, wenn der Bieter aufgrund laienhafter, vernünftiger Bewertung der ihm bekannten Umstände eine Vorstellung von einem Verstoß gegen das Vergaberecht hat.

3. Auch wenn der Bieter aus Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen alle tatsächlichen Umstände entnehmen kann, die zur Unzulässigkeit des Verhandlungsverfahrens führen, muss aufgrund einer laienhafte Bewertung dieser Umstände nicht auf das Vorliegen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften geschlossen werden. Denn das Vergaberecht ist im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit von Verhandlungsverfahren jedenfalls für den rechtlichen Laien gänzlich unübersichtlich.

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Online seit 2014

VPRRS 2014, 0671
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Rüge nicht abgeholfen: Nachprüfungsantrag nach 15 Tagen unzulässig!

VK Nordbayern, Beschluss vom 12.03.2014 - 21.VK-3194-02/14

Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.*)

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VPRRS 2014, 0653
Mit Beitrag
DienstleistungenDienstleistungen
Wann ist die Bildung einer Bietergemeinschaft zulässig?

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.11.2014 - 15 Verg 6/14

1. Haben die Mitglieder einer Bietergemeinschaft (BIEGE) nur einen unerheblichen Marktanteil und werden sie erst durch das Eingehen der BIEGE in die Lage versetzt, ein Angebot abzugeben und am Wettbewerb teilzunehmen, ist die Bildung einer BIEGE vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

2. An der Vereinbarkeit der Regelung in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB mit dem zugrunde liegenden Europarecht bestehen keine Zweifel.

3. Das Verbot der Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien ist zwischenzeitlich so intensiv und wiederholt behandelt und thematisiert worden, dass sich ein durchschnittliches Unternehmen, das nicht völlig unerfahren auf dem maßgeblichen Markt ist und sich für einen größeren öffentlichen Auftrag interessiert, vor diesem Thema nicht verschließen kann. Dies gilt insbesondere im Anwendungsbereich der VOL/A-EG, weil in diesem Regelungswerk das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien besonders deutlich zu Tage tritt. Einen Verstoß gegen dieses Verbot muss der Bieter daher unverzüglich rügen.




VPRRS 2014, 0592
Mit Beitrag
DienstleistungenDienstleistungen
"Geschickte" Versendung der Bieterinformation: Rügefrist wird nicht verkürzt!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.11.2014 - Verg 20/14

1. Ein lediglich mittelbares Auftragsinteresse auf Erlangen von Aufträgen aus einem Nachunternehmerverhältnis kann eine Antragsbefugnis nicht begründen.*)

2. Wenn der Auftraggeber den Zeitpunkt der Telefax-Bieterinformation so wählt (hier: Gründonnerstag 2014), dass sich die Frist für die Anbringung eines Nachprüfungsantrags faktisch von zehn auf drei Tage reduziert, ist ihm verwehrt, sich mit Erfolg auf eine Verletzung der Rügeobliegenheit zu berufen.*)

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VPRRS 2014, 0553
Mit Beitrag
DienstleistungenDienstleistungen
Was sind "vergleichbare Leistungen"?

OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2014 - 11 Verg 1/14

1. Dem Auftraggeber steht bei der Entscheidung, welche Anforderungen er an die Eignung der Bieter stellen will, und bei der Bewertung der Referenzen ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Er ist aber an die von ihm aufgestellten und bekannt gegebenen Anforderungen gebunden ist und darf hiervon nicht nachträglich zugunsten einzelner Bieter abweichen.

2. Fordert der Auftraggeber zum Nachweis der Eignung der Bieter Referenzen über frühere Aufträge, steht es zwar weitgehend in seinem Ermessen, welche Anforderungen er an die Referenzen stellen will. Fordert er aber ausdrücklich Referenzen über Aufträge "vergleichbarer Art und Größe", darf er nur solche Referenzen berücksichtigen, die vergleichbare Leistungen nachweisen.

3. Bei dem Begriff "vergleichbare Leistung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Wortlauts der Vergabeunterlagen und von Sinn und Zweck der geforderten Angaben ist. Dabei bedeutet die Formulierung "vergleichbar" nicht "gleich" oder gar "identisch", sondern, dass die Leistungen im technischen oder organisatorischen Bereich einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad hatten.

4. Erschließt sich der vermeintliche Vergaberechtsverstoß nicht unmittelbar aus der Vorabinformation, sondern muss aus dem Inhalt der Vorabinformation unter Verwendung mutmaßlich bereits vorhandener Kenntnisse über den Konkurrenten, der den Zuschlag erhalten soll, der Rückschluss auf eine vermeintlich vergaberechtswidrige Eignungsprüfung gezogen werden, ist dem Bieter eine mittlere Rügefrist von zwei bis vier Tagen zuzugestehen.

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VPRRS 2014, 0541
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Verhandlungstermin abgesagt: Bieter scheidet aus Verhandlungsverfahren aus!

VK Südbayern, Beschluss vom 09.09.2014 - Z3-3-3194-1-35-08/14

1. Hat der Auftraggeber nach Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs die Eignung eines Bewerbers ermessensfehlerfrei bejaht und ihn zur Verhandlung aufgefordert, so ist er daran grundsätzlich gebunden.*)

2. Die Vergabestelle als Herrin des Vergabeverfahrens ist nicht immer frei, das Verfahren nach ihren Vorstellungen beliebig weit zurückzuversetzen, jedenfalls dann nicht, wenn dadurch bereits in einem fehlerfrei durchgeführten Verfahrensabschnitt von einem Bieter erworbene geschützte Rechtspositionen entzogen würden.*)

3. Daher ist die Vergabestelle nach einer Rückversetzung des Vergabeverfahrens zur Behebung eines ganz anderen Vergabeverstoßes (unangemessen kurze Angebotsfrist) nach fehlerfrei erfolgter Bewerberauswahl daran gehindert, ihre Bewerberauswahl erneut zu treffen.*)

4. Die Teilnahme an Verhandlungsterminen im Verhandlungsverfahren steht nicht im Belieben eines Bieters. Ist ein Bieter an einem von der Vergabestelle festgesetzten Termin - aus welchen Gründen auch immer - an der Teilnahme verhindert, bleibt ihm nur der Weg, die Vergabestelle zu bitten, einen anderen Termin festzusetzen oder - sollte sich der gesetzte Termin als vergaberechtswidrig darstellen - die Terminierung zu rügen. Sagt ein Bieter dagegen eigenmächtig und rügelos die Teilnahme an einem von der Vergabestelle festgesetzten Verhandlungstermin ab, scheidet er aus dem gesamten Verhandlungsverfahren aus, ohne dass er dies explizit so erklären muss (Anschluss an OLG München, Beschluss vom 20.03.2013 - Verg 5/13,IBRRS 2013, 1284).*)

5. Das Merkmal der Unverzüglichkeit der Rüge in § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB kann derzeit wegen der Unvereinbarkeit mit der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG (in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG vom 11.12.2007) nicht zur Anwendung kommen.




VPRRS 2014, 0533
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Kein „Mehr an Eignung“ im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung!

VK Bund, Beschluss vom 16.06.2014 - VK 1-38/14

1. Die Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bzw. die Berücksichtigung eines "Mehr an Eignung" im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung ist grundsätzlich unzulässig.

2. Die Abgrenzung, ob einzelne Wertungskriterien Eignungs- oder Zuschlagskriterien darstellen, richtet sich danach, ob diese schwerpunktmäßig ("im Wesentlichen") mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags (dann bieterbezogenes Eignungskriterium) oder mit der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots (dann auftragsbezogenes Zuschlagskriterium) zusammenhängen. Als Zuschlagskriterien dürfen nur Kriterien zur Anwendung kommen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, das heißt die sich auf eine Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet.

3. Hat lediglich ein Mitglied einer Bietergemeinschaft gegenüber dem Auftraggeber Verstöße gegen das Vergaberecht bemängelt, ist die Bietergemeinschaft mit ihrem Vorbringen nicht präkludiert, wenn sich die weiteren Bietergemeinschaftsmitglieder der Erklärung nicht entgegen setzen, sondern durch die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens (auch) in ihrem Namen nach außen hin zu verstehen geben, dass sie die Rechtsfolgen des Rügeschreibens für und gegen sich wirken lassen wollen.

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VPRRS 2014, 0523
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Angebotsabgabefrist darf nur bei besonderer Dringlichkeit verkürzt werden!

VK Lüneburg, Beschluss vom 13.08.2014 - VgK-29/2014

1. Aus einer langen Frist zur Abgabe des Teilnahmeantrags folgt nicht auch automatisch eine verkürzte Frist zur Abgabe des Angebots. Vielmehr beträgt die Angebotsabgabefrist mindestens 40 weitere Tage gerechnet vom Tage der Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe an. Diese Frist kann der Auftraggeber in Fällen besonderer Dringlichkeit durch eine gesondert zu begründende Entscheidung verkürzen.

2. Bei der Angebotsabgabefrist gemäß § 12 EG Abs. 5 Satz 2 VOL/A handelt es sich um eine bieterschützende Vorschrift. Die Fristenregelung soll sicherstellen, dass alle Bieter ein ordnungsgemäßes Angebot erstellen können. Eine Verkürzung nahezu auf das Minimum kann dazu führen, dass einem geeigneten Bewerber die Teilnahme in sachlich nicht gerechtfertigter Weise erschwert.

3. Ein sich jedes Jahr nach gleichem Muster wiederholender Vorgang ist kein unvorhersehbares Ereignis. Das gilt auch dann, wenn dieser Vorgang zu Änderungen im Leistungsbedarf führt.

4. Bis zur Anpassung der Rügefrist im Rahmen der Reform des GWB zur Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinien ist eine Rüge, die innerhalb einer Frist von 10 bzw. 15 Kalendertage ab Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes erhoben wurde, noch als unverzüglich anzusehen.

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VPRRS 2014, 0512
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Zulieferer sind keine Nachunternehmer!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 VK 28/14

1. Der Begriff des Nachunternehmers umfasst bloße Zulieferer, die z. B. Personal, Material oder Geräte bereitstellen und dementsprechend für die Auftragsausführung zwar benötigt werden, jedoch selbst keine Teilleistungen erbringen, nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der öffentliche Auftraggeber die Abgrenzung von Nachunternehmern und bloßen Zulieferern in der Ausschreibung ausdrücklich klargestellt hat.

2. Dokumentationsmängel können von einem Bieter nicht per se in einem Nachprüfungsverfahren gerügt werden. Die Dokumentationspflicht schützt den Bieter nur, wenn sich die Versäumnisse des Auftraggebers auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren negativ ausgewirkt haben können.

3. Die strenge Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien gehört zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise. Ein Bieter, der über erhebliche Erfahrungen mit europaweiten Vergabeverfahren und vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren verfügt, muss deshalb eine vermeintliche Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erkennen und diese rechtzeitig rügen.

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