Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Nachprüfungsverfahren
Online seit 27. Juni
VPRRS 2022, 0144
KG, Beschluss vom 18.05.2022 - Verg 7/21
Schriftsätze und sonstige Unterlagen, die Beteiligte im Vergabenachprüfungsverfahren mit der Maßgabe zu den Akten reichen, dass sie ganz oder teilweise den übrigen Beteiligten oder einem Teil von ihnen nicht zur Kenntnis gelangen sollen (sog. "geschwärzte" Unterlagen), werden insoweit weder Gegenstand der Akten der Vergabekammer noch Bestandteil der Gerichtsakten, welcher Entscheidung und Verhandlung zugrunde gelegt erklärten Willen des Beteiligten, der sie eingereicht hat, Einsicht in diese Unterlagen zu gewähren. Im Hinblick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der übrigen Beteiligten bleiben diese Unterlagen bei der Verhandlung und Entscheidung der Nachprüfungsinstanzen unberücksichtigt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 01.07.2020 - Verg 1001/20).*)

Online seit 24. Juni
VPRRS 2022, 0146
KG, Beschluss vom 10.05.2022 - Verg 2/22
1. Maßgeblich für die Eignungsprüfung nach § 57 Abs. 1 VgV sind alleine die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise (§ 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, § 48 Abs. 1 VgV). Gefordert werden kann danach nur, was sich der Ausschreibung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) nach dem Empfängerhorizont der angesprochenen Unternehmen entnehmen lässt.*)
2. Die vergaberechtswidrige Erteilung eines Interimsauftrag über Leistungen, die Gegenstand eines Vergabeverfahrens sind, zu dem ein Vergabenachprüfungsverfahren anhängig ist, stellt einen Verstoß gegen das Zuschlagsverbot aus § 169 Abs. 1 GWB dar und kann in dem laufenden Nachprüfungsverfahren gerügt werden. Erledigt sich das Vergabeverfahren, das Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens war, ist die Verletzung des Zuschlagsverbotes durch die vergaberechtswidrige Interimsvergabe auf Antrag eines Beteiligten nach Maßgabe der § 168 Abs. 2 Satz 2, § 178 Satz 3 GWB festzustellen.*)

Online seit 23. Juni
VPRRS 2022, 0143
KG, Beschluss vom 11.05.2022 - Verg 5/21
1. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr durch die Vergabekammer nach § 182 Abs. 1, 2 GWB kann von den Beteiligten mit der sofortigen Beschwerde nach § 171 Abs. 1 Satz 1 GWB selbständig angefochten werden.*)
2. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr ist im Beschwerdeverfahren auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen. Nicht vertretbar ist die Festsetzung, wenn die Vergabekammer nicht alle hierfür maßgeblichen Tatsachen berücksichtigt hat. Die Festsetzung ist dann vom Vergabesenat entsprechend abzuändern.*)
3. Geschwärztes und damit nicht ordnungsgemäß in das Vergabenachprüfungsverfahren eingeführtes Vorbringen ist im Hinblick auf das Verfahrensbeteiligten nicht bei der Entscheidung zu berücksichtigen.*)
4. Die auftragswertbezogene Festsetzung der Verfahrensgebühr unter Verwendung der von den Vergabekammern des Bundes entwickelten Gebührentabelle verstößt weder gegen § 182 Abs. 1, 2 GWB noch gegen unionsrechtliche Vorgaben.*)

Online seit 22. Juni
VPRRS 2022, 0142
KG, Beschluss vom 10.05.2022 - Verg 2/21
1. „Technische Fachkräfte” i. S. des § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV sind Fachkräfte, deren Leistungen eine durch Qualifikationen und Berufserfahrung belegbare besondere Fachkunde erfordern.*)
2. Maßgeblich für die Eignungsprüfung nach § 57 Abs. 1 VgV sind alleine die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise (§ 122 Abs. 4 S. 2 GWB, § 48 Abs. 1 VgV). Gefordert werden kann danach nur, was sich der Ausschreibung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) aus Sicht der angesprochenen Unternehmen entnehmen lässt.*)
3. Der im Vergabenachprüfungsverfahren gewährte Rechtsschutz ist rügebezogen. Es ist den Nachprüfungsinstanzen daher verwehrt, nicht gerügte Rechtsverletzungen von Amts wegen in das Verfahren einzuführen. Macht ein Beteiligter eine solche Rechtsverletzung zum Gegenstand seiner Rüge, ist sie aber, soweit zulässig und insbesondere nicht präkludiert (§ 160 Abs. 3 GWB), zu berücksichtigen.*)

Online seit 15. Juni
VPRRS 2022, 0138
VK Bund, Beschluss vom 26.04.2022 - VK 2-34/22
1. Antragsbefugt im Vergabenachprüfungsverfahren ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht.
2. Die Antragsbefugnis setzt ein Interesse des jeweiligen Antragstellers am Auftrag voraus. Dieses Auftragsinteresse muss in Bezug auf den Antragsteller selbst gegeben sein.
3. Fallen Antragsteller und Teilnehmer am Wettbewerb auseinander, ist das für die Antragsbefugnis geforderte Auftragsinteresse des Antragstellers nicht gegeben.
4. Unterauftragnehmer haben zwar ein indirektes wirtschaftliches Interesse daran, dass der Teilnehmer am Wettbewerb, also der - im Fall der Auftragserteilung - zukünftige Auftraggeber und Vertragspartner der Unterauftragnehmer den Auftrag erhält. Dies begründet aber mangels eigenem Interesse an dem zur Vergabe anstehenden und im Nachprüfungsverfahren streitig gestellten Auftrag keine Antragsbefugnis.
