Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
1708 Entscheidungen insgesamt
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VPRRS 2015, 0270
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.08.2015 - 11 Verg 7/15
Einem Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB fehlt das Rechtschutzbedürfnis, wenn ein Zuschlag im laufenden Verfahren vor einer Hauptsacheentscheidung des Senats nicht zu besorgen ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn die Vergabestelle formal ein Verfahren nach Art. 5 Abs. 4, Art. 7 Abs. 2 VO 1370/2007 eingeleitet hat und die Jahresfrist des Art. 7 Abs. 2 VO 1370/2007 erst weit nach Ablauf des voraussichtlichen rechtskräftigen Abschlusses des Hauptsacheverfahrens abläuft.*)
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VPRRS 2015, 0266
Waren/Güter
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.08.2015 - 11 Verg 4/15
1. Im Vergabeverfahren ist ein "Anerkenntnis" nicht geeignet, die zivilprozessualen Folgen des §§ 93, 307 ZPO herbeizuführen, da im Vergabenachprüfungsverfahren ein eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz gilt und der Streitgegenstand nicht der vollständigen Dispositionsmaxime unterliegt. Die Erklärung eines Anerkenntnisses nach Erörterung der tragenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung kann jedoch dahin verstanden werden, dass dieser Beurteilung nicht entgegengetreten werden soll.*)
2. Im Rahmen der Billigkeitserwägungen für die Kostenentscheidung nach § 78 GWB besteht ebenfalls keine Veranlassung, den Rechtsgedanken des § 93 ZPO entsprechend anzuwenden.*)
3. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung Anlass gebendes Fehlverhalten der Vergabestelle rechtfertigt grundsätzlich nicht die Aufhebung, da sie es andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen. Die missverständliche Abfassungen einer Leistungsbeschreibung und die fehlende Neutralisierung einer § 16 Abs. 1 VgV unterfallenden Person stellen Fehlverhalten der Vergabestelle dar, welches die Aufhebung nicht im Sinne des § 20 EG Abs. 1 d VOL/A 2009 zu begründen vermag.*)
VPRRS 2015, 0259
Nachprüfungsverfahren
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.08.2015 - 15 E 762/15
In verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen eine Vergabesperre ist es in der Regel sachgerecht, die Streitwertfestsetzung an Nr. 54.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2012/2013 auszurichten.*)
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VPRRS 2015, 0258
Nachprüfungsverfahren
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.04.2015 - VK-SH 3/15
Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, hat er die Kosten des Verfahrens und die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten zu tragen.
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VPRRS 2015, 0251
Rettungsdienstleistungen
VK Thüringen, Beschluss vom 25.03.2015 - 250-4003-1623/2015-E-004-GTH
(ohne amtlichen Leitsatz)
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VPRRS 2015, 0243
Rettungsdienstleistungen
OLG Jena, Beschluss vom 22.07.2015 - 2 Verg 2/15
1. Ein Beschaffungsverfahren unterliegt nicht der Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen, wenn es sich bei dem Auftrag um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession handelt.
2. Eine Dienstleistungskonzession ist dadurch geprägt, dass der Staat eine im öffentlichen Interesse liegende Dienstleistung per Gestattung von Dritten ausführen lässt, die Gegenleistung in dem Recht besteht, die zu erbringende eigene Leistung zu nutzen oder entsprechend zu verwerten und der Konzessionär ganz oder zum überwiegenden Teil das wirtschaftliche Nutzungsrisiko trägt.
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VPRRS 2015, 0246
Nachprüfungsverfahren
VG Wiesbaden, Beschluss vom 17.09.2014 - 5 L 1428/14
Zur Sicherung eines Bewerbungsverfahrensanspruchs im Rahmen eines Konzessionsverfahrens nach dem Glücksspielstaatsvertrag kann der im Auswahlverfahren unterlegene Bieter den Ablehnungsbescheid anzufechten und eine einstweilige Anordnung (VwGO § 123) beantragen. Er muss sich nicht darauf verwiesen lassen, erst die Konzessionierungen abzuwarten, um dann gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Konzession im Wege des § 80a VwGO vorzugehen.
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VPRRS 2015, 0242
Nachprüfungsverfahren
OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.07.2015 - 10 W 31/15
Gegen eine im einstweiligen Verfügungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergangene Zwischenverfügung, mit der zeitlich beschränkt dem Antrag entsprochen wird (hier: Keine Zuschlagserteilung vor abschließender erstinstanzlicher Entscheidung), ist eine sofortige Beschwerde nicht statthaft.*)
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VPRRS 2015, 0240
Bau & Immobilien
VK Südbayern, Beschluss vom 24.07.2015 - Z3-3-3194-1-28-04/15
1. Der relative Preisabstand zwischen den abgegebenen Angeboten muss in angemessener Weise bei der Wertung zum Tragen kommen (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 - Verg 35/14, IBR 2015, 376 = VPR 2015, 185). Die Bildung von Preisstufen mit einer bestimmten Punktezahl pro Stufe kann vor diesem Hintergrund ein untaugliches Wertungssystem darstellen.*)
2. Umrechnungsformeln der Preise in Wertungspunkte, die nicht der in den Vergabehandbüchern des Bundes oder des Freistaats Bayern niedergelegten linearen Interpolation entsprechen, sind den Bietern vor Angebotsabgabe in den Vergabeunterlagen bekannt zu machen (vgl. OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 - Verg 2/10, IBR 2011, 535 = VPRRS 2010, 0446).*)
3. Hinsichtlich der Frage, wie Preise zulässigerweise im Rahmen von Gewichtungen und Wertungsformeln in Punkte umgerechnet werden dürfen, kann eine Erkennbarkeit im Sinn des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 GWB für den durchschnittlichen Bieter bei fehlenden diesbezüglichen Angaben in den Vergabeunterlagen nicht angenommen werden (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 - Verg 35/14, IBR 2015, 376 = VPR 2015, 185 ).*)
4. Für die ordnungsgemäße Dokumentation der Wertung der qualitativen Zuschlagskriterien durch ein Wertungsgremium muss im Regelfall entweder das Gremium insgesamt oder jedes einzelne Mitglied des Wertungsgremiums im Regelfall seine individuelle Punkteverteilung wenigstens kurz und stichwortartig schriftlich begründen. Haben drei von fünf Mitglieder des Wertungsgremiums keinerlei nachvollziehbare Notizen dahingehend hinterlassen, wie sie zu ihrer Bewertung gekommen sind, ist dies gemäß § 12 Abs. 1 VOF nicht ausreichend (siehe VK Südbayern, Beschluss vom 08.10.2013 - Z3-3-3194-1-26-08/13, IBRRS 2014, 0318 = VPRRS 2014, 0122).*)
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VPRRS 2015, 0237
Nachprüfungsverfahren
OLG München, Beschluss vom 08.07.2015 - Verg 4/15
Erklären die Beteiligten das Vergabenachprüfungsverfahren übereinstimmend für erledigt, findet eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen nicht statt. Die Beteiligten haben ihre jeweiligen Aufwendungen selbst zu tragen.
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VPRRS 2015, 0229
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 23.06.2015 - 21.VK-3194-08/15
1. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages genügt der schlüssige Vortrag bzw. die konkrete Behauptung des Antragstellers, dass sein Angebot wertbar sei, und er bei zutreffendem Vorgehen der Vergabestelle den Zuschlag erhalten müsse. Zwar sind an die Darlegung des entstandenen oder drohenden Schadens im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz GWB keine hohen Anforderungen zu stellen, aber ein Schadenseintritt darf nicht offensichtlich ausgeschlossen sein. Für einen schlecht platzierten Bieter bedeutet dies, dass er seine Antragsbefugnis nicht darzulegen vermag, sofern er nicht gegen die in der Rangfolge ihm vorgehenden Angebote konkrete Einwendungen vorzubringen hat. Ein Schaden muss schlüssig dargelegt und jedenfalls denkbar sein.*)
2. Stellt sich nach der Angebotsabgabe heraus, dass in einem Leistungsverzeichnis Positionen für den Bauauftrag nicht erforderlich sind, ist die VSt nicht berechtigt diese Positionen aus dem Leistungsverzeichnis herauszunehmen. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn die wegfallende Position mangels Erheblichkeit die Kalkulation nicht in einer die Angebotsreihenfolge ändernden Weise hätte beeinflussen können.*)
3. Bei einer Änderung des Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers, die zu einer kalkulationserheblichen Reduzierung des ausgeschriebenen Leistungsumfangs führt, hat der Auftraggeber den Bietern in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zu geben, auf diese Korrektur zu reagieren.*)
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VPRRS 2015, 0223
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 04.11.2014 - 2 VK 15/14
1. An den Inhalt einer Rüge sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Allerdings genügen bloße Behauptungen oder Vermutungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" für eine hinreichend substantiierte Rüge nicht.
2. Auch in Fällen, in denen der Bieter ein unverschuldetes Informationsdefizit hat, setzt eine hinreichend substantiierte Rüge zumindest voraus, dass in dieser tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien dargelegt werden, die den Verdacht begründen, dass es zu Vergabeverstößen gekommen ist.
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VPRRS 2015, 0215
Nachprüfungsverfahren
VK Lüneburg, Beschluss vom 22.04.2015 - VgK-06/2015
Auch wenn ein Planer aus einem rechtswidrig nicht europaweit bekannt gemachten Planungswettbewerb als 1. Preisträger einen Anspruch darauf hat, dass die Vergabe des Auftrags ausschließlich mit ihm und den weiteren Preisträgern durchgeführt wird, kann dieser Anspruch nicht mehr vor der Vergabekammer geltend gemacht werden, wenn aus dem ursprünglich oberhalb des Schwellenwerts gelegenen Projekt bis zur Bekanntmachung des konkreten Auftrags ein Vertragsgegenstand wird, der bei ordnungsgemäßer Kostenschätzung den Schwellenwert von 207.000 Euro unterschreitet.
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VPRRS 2015, 0209
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2014 - 2 VK 17/14
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht EU-Recht nicht entgegen (im Anschluss an OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, 17 Verg 5/10, IBR 2011, 238).
2. Ein Zugang zum Nachprüfungsverfahren ist mit Blick auf die Rügeobliegenheit zudem nur im Falle der Identität des Gegenstands der Rüge und desjenigen des Nachprüfungsverfahrens eröffnet.
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VPRRS 2015, 0202
Nachprüfungsverfahren
OLG Dresden, Urteil vom 07.05.2015 - Verg 1/15
Nimmt der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurück, hat er die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
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VPRRS 2015, 0203
Nachprüfungsverfahren
VK Lüneburg, Beschluss vom 28.05.2015 - VgK-10/2015
1. Beruht die Erledigung des Nachprüfungsverfahrens auf einer Korrektur eines vergaberechtswidrigen Verhaltens der Vergabestelle, kann der in seinen Rechten verletzte Bieter keine Erstattung der notwendigen Aufwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren erlangen.
2. § 128 Abs. 4 GWB enthält eine Regelungslücke, die durch den Gesetzgeber zu schließen ist. Aus der Begründung zum Referentenentwurf des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes kann nicht auf eine planwidrige Regelungslücke geschlossen werden.
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VPRRS 2015, 0199
Dienstleistungen
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.2015 - 11 Verg 10/14
1. Hat sich das Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens erledigt, ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Maßstab für die Kostenverteilung ist dabei die Erfolgsaussicht der Beschwerde unter Berücksichtigung des aktuellen Sach- und Streitstands, wobei nur eine summarische Prüfung vorzunehmen ist. Erscheint danach der Verfahrensausgang offen, sind die Kosten im Zweifel gegeneinander aufzuheben.
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VPRRS 2015, 0191
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.12.2014 - 2 VK 18/14
1. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht EU-Recht entgegen.
2. Für den Beginn der Rügefrist kommt es grundsätzlich auf die positive Kenntnis vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes an. Diese Kenntnis kann angenommen werden, wenn der Kenntnisstand des Antragstellers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht, dass die Berufung auf eine angebliche Unkenntnis sich als ein mutwilliges Sichverschließen darstellt.
3. Die Rügefrist beträgt in der Regel eine Woche. Lediglich bei überdurchschnittlichen komplexen Sachverhalten ist eine Ausweitung der Rügefrist auf bis zu zwei Wochen möglich (hier verneint).
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VPRRS 2015, 0182
Nachprüfungsverfahren
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.04.2015 - 3 VK LSA 6/15
1. Bei Unterschwellenvergaben im Land Sachsen-Anhalt hat der öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Bieters, dessen Angebot angenommen werden soll, und über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots zu informieren. Er gibt diese Information schriftlich, spätestens sieben Kalendertage vor dem Vertragsabschluss, ab (LVG-SA § 19 Abs. 1).
2. Die Nachprüfungsbehörde in Sachsen-Anhalt wird bei Unterschwellenvergaben nur tätig, wenn ein Bieter vor Ablauf der Frist schriftlich die Nichteinhaltung der Vergabevorschriften beanstandet und der öffentliche Auftraggeber der Beanstandung nicht abhilft (LVG-SA § 19 Abs. 2).
3. Voraussetzung für den Beginn der Frist ist die schriftliche Abgabe der Information durch den Auftraggeber. Auf den Zugang des Schreibens beim Bieter kommt es bei der Fristberechnung nicht an.
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VPRRS 2015, 0185
Nachprüfungsverfahren
OLG Naumburg, Beschluss vom 25.02.2015 - 2 Verg 2/14
1. Das Beschwerdegericht ist berechtigt, im Rahmen seiner Kostenfestsetzung auch die Aufwendungen des obsiegenden Verfahrensbeteiligten festzusetzen, die im Verfahren vor der Vergabekammer entstanden sind. Es bleibt offen, ob das Beschwerdegericht zu dieser Kostenfestsetzung auch verpflichtet ist.*)
2. Hat das Beschwerdegericht eine Entscheidung in der Hauptsache einschließlich einer Kostenentscheidung getroffen, so liegt hierin zugleich ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel bezüglich der Erstattungspflicht für Kosten und Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer. *)
3. Überschreitet der vom Verfahrensbevollmächtigten des obsiegenden Verfahrensbeteiligten vorgenommne Gebührenansatz einer Rahmengebühr die einem Rechtsanwalt im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 14 RVG eingeräumte Toleranzgrenze von 20% nicht, so kommt ihr kraft Gesetzes Verbindlichkeit zu und hindert das Beschwerdegericht daran, eigene Vorstellungen über einen angemessenen Gebührenansatz an die Stelle der Festlegungen der Verfahrensbevollmächtigten zu setzen.*)
4. Das Gestattungsverfahren nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB ist kostenrechtlich als eine vom Hauptsacheverfahren verschiedene Angelegenheit im Sinne von § 17 RVG anzusehen, in dem weitere - erstattungsfähige - Gebührenansprüche entstehen können (unter Aufgabe der Rechtsprechung im Beschluss vom 15.06.2006 - 1 Verg 5/06).*)
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VPRRS 2015, 0179
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.2015 - 11 Verg 2/14
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren und im Beschwerdeverfahren kann auch dann notwendig sein, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag wegen offensichtlicher Unzulässigkeit/Unbegründetheit nicht förmlich an den Antragsgegner zugestellt hat.*)
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VPRRS 2015, 0173
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 09.12.2014 - 1/SVK/038-14
1. Hat ein Auftraggeber bereits mit Angebotsabgabe die Benennung von Produkten und Fabrikaten abgefragt, so hat er dann auch vollständig zu prüfen, ob die angebotenen Produkte dem Leistungsverzeichnis entsprechen.*)
2. Die Vergabekammer wirkt unabhängig von den Anträgen, allerdings nicht unabhängig von einer Rechtsverletzung der Antragstellerin auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens hin.*)
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VPRRS 2015, 0166
Nachprüfungsverfahren
VK Hessen, Beschluss vom 30.04.2015 - 69d-VK-16/2015
1. Ein Grundsatz, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch einen öffentlichen Auftraggeber nur ausnahmsweise notwendig ist, existiert nicht.
2. Auch wenn es im Nachprüfungsverfahren primär nur um auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen geht, kann die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch einen öffentlichen Auftraggeber dennoch notwendig sein.
3. Aus der Bedeutung und dem Gewicht, den der Auftragsgegenstand für den öffentlichen Auftraggeber hat, kann folgen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten notwendig ist. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Auftragsgegenstand der Sicherung der Daseinsvorsorge dient.
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VPRRS 2015, 0438
Nachprüfungsverfahren
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.04.2015 - 2 VK 2/15
1. Ein Nachprüfungsantrag ist bereits deshalb unzulässig, weil das streitige Vergabeverfahren im Zeitpunkt der Antragserhebung bereits durch Zuschlagserteilung beendet worden war.
2. Ein unterlegener Bieter kann sich auf die Unwirksamkeit der Zuschlagserteilung bzw. des mit dem Bestbieter geschlossenen Vertrags nur berufen, wenn er diesen Verstoß fristgerecht gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat.
3. Erklärt ein Bieter ausdrücklich den (bewusst) vorläufigen Verzicht auf eine entsprechende Rüge im bisherigen Verfahren, ist er präkludiert.
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VPRRS 2015, 0162
Bau & Immobilien
OLG München, Beschluss vom 14.01.2015 - Verg 15/14
1. Hat sich eine Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren beteiligt und ein Angebot abgegeben, ist die Bietergemeinschaft das Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und damit in einem Vergabenachprüfungsverfahren antragsbefugt ist.
2. Das Institut der gewillkürten Prozessstandschaft findet sowohl im Rüge- als auch im Nachprüfungsverfahren Anwendung. Prozessuale Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller zur Geltendmachung der Rechte ermächtigt wurde und dass er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Rüge- bzw. Nachprüfungsverfahrens im eigenen Namen hat. Darüber hinaus muss der Antragsteller offen legen, dass er im eigenen Namen fremde Rechte geltend macht.
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VPRRS 2015, 0161
Nachprüfungsverfahren
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.12.2014 - Verg 37/13
1. Ob die Hinzuziehung eines anwaltlichen Vertreters im Verfahren vor der Vergabekammer durch den öffentlichen Auftraggeber notwendig ist, kann nicht schematisch, sondern stets nur auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls entschieden werden.
2. Bezieht sich das Nachprüfungsverfahren auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazu gehörenden Vergaberegeln, besteht im Allgemeinen keine Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt einzuschalten.
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VPRRS 2015, 0156
Nachprüfungsverfahren
OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.04.2015 - 11 Verg 7/14
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den öffentlichen Auftraggeber im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ist grundsätzlich notwendig, wenn nicht zu erwarten ist, dass dieser über eigenes im Vergaberecht geschultes Fachpersonal verfügt.
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VPRRS 2015, 0102
Nachprüfungsverfahren
VK Sachsen, Beschluss vom 12.01.2015 - 1/SVK/033-14
1. Hat der Auftraggeber erst im Vergabenachprüfungsverfahren tragende Gründe für die Nichtberücksichtigung eines Angebots mitgeteilt, so ist er seinen Informationspflichten aus § 101a GWB nicht nachgekommen.
2. Der Antragsteller war aufgrund der fehlenden Informationen vor der Beantragung im Unklaren über den Grund eines zwingenden Ausschlusses und damit über die Erfolgsaussichten seines Nachprüfungsantrags.
3. Es entspricht daher der Billigkeit, dem Auftraggeber bei einer Antragsrücknahme die Kosten des Verfahrens zumindest teilweise aufzuerlegen.
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VPRRS 2015, 0139
Arzneimittel
VK Bund, Beschluss vom 30.01.2015 - VK 2-115/14
1. Die in einem gemeinsamen Fachlos zusammengefassten Wirkstoffe sind schon dann im vergaberechtlichen Sinne vergleichbar, wenn sie für eine große Schnittmenge von Patienten mit identischer Indikation eingesetzt werden können.
2. Eine Willenserklärung (hier: eine Nichtabhilfeerklärung), die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.
3. Willenserklärungen, die durch ein Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluss des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten zu. Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist.
4. Es ist zweifelhaft, ob nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung in einem Pharmakonzern an einem Freitagnachmittag um 16.31 Uhr noch damit gerechnet werden kann, dass ein eingehendes Telefax von den hierfür zuständigen Personen noch zur Kenntnis genommen wird.
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VPRRS 2015, 0136
Abfallbeförderung/-entsorgung
VK Südbayern, Beschluss vom 11.03.2015 - Z3-3-3194-1-65-12/14
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachprüfungsinstanzen bestimmt sich nach den allgemeinen Prozessgrundsätzen. Das Vergabeverfahren ist dem Zivilrecht zugeordnet. Als Rechtsgrundlage für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit kann damit auf die Regelungen des EuGVVO (VO (EG) Nr. 44/2001 bzw. VO (EU) Nr. 1215/2012) zurückgegriffen werden (Anschluss an OLG München, 12.05.2011 - Verg 26/10, IBRRS 2011, 1866). Dies gilt nicht nur für die Vergabesenate, sondern auch für die Vergabekammern.*)
2. Die rechtliche Ausgestaltung der deutschen Vergabekammern, insbesondere § 114 Abs. 3 Satz 1 GWB darf nicht zu einer Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung des effektiven Rechtsschutzes der Bieter führen.*)
3. Der richtige Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren bestimmt sich grundsätzlich nach den zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen (Anschluss an OLG München, 31.05.2012 - Verg 4/12, IBRRS 2013, 1047).*)
4. Ein mehrdeutiges Angebot, das gerade wegen seiner Mehrdeutigkeit auch gegen Vorgaben der Vergabeunterlagen verstößt und keine eindeutige Auslegung zulässt, kann weder durch Angebotsaufklärung noch durch Nachforderung geheilt werden, es ist zwingend auszuschließen.*)
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VPRRS 2015, 0142
Nachprüfungsverfahren
OLG München, Beschluss vom 02.02.2015 - Verg 15/14
(ohne amtlichen Leitsatz)
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VPRRS 2015, 0133
Dienstleistungen
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2015 - 15 Verg 9/14
1. Erklären die Beteiligten das Nachprüfungs- und das Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt, ist der im Nachprüfungsverfahren ergangene Beschluss der Vergabekammer gegenstandslos; gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB bzw. §§ 120 Abs. 2, 78 Satz 1 GWB ist unter Ausübung billigen Ermessens über die Kosten des Nachprüfungs- und des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.
2. Hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens finden die zu § 91a ZPO entwickelten Grundsätze entsprechende Anwendung.
3. Ist nach summarischer Beurteilung auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes die sofortige Beschwerde möglicherweise teilweise begründet und hängt die Frage der Begründetheit indes von einer aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstands nicht belastbar zu beantwortenden Tatsachen- bzw. von einer schwierigen, im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu entscheidenden Rechtsfrage ab, entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben.
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VPRRS 2015, 0120
Dienstleistungen
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2014 - Verg 23/13
1. Auftraggeber dürfen für dieselbe Leistung nicht mehrere Rahmenvereinbarungen abschließen. Eine Doppelvergabe, das heißt die mehrfache Vergabe desselben Auftrags, verstößt gegen den Wettbewerbsgrundsatz.
2. Die rechtliche Kontrolle über die Vergabe öffentlicher Aufträge und damit auch über Zuschlagsuntersagungen unterliegt ausschließlich den Nachprüfungsinstanzen. Will ein Bieter sich gegen eine vergaberechtswidrige Doppelvergabe bereits erteilter öffentlicher Aufträge schützen, ist ausschließlich der Rechtsweg nach §§ 102 ff GWB eröffnet.
3. Wird das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer übereinstimmend für erledigt erklärt, kann eine Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten nicht angeordnet werden.
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VPRRS 2015, 0119
Dienstleistungen
OLG Koblenz, Beschluss vom 24.03.2015 - Verg 1/15
1. Wird wegen des Zuschlagsverbots nach § 115 Abs. 1 GWB ein Interimsauftrag notwendig, der weder ganz noch teilweise an die Stelle des "Hauptauftrags", sondern neben diesen treten soll, handelt es sich um einen zusätzlichen Auftrag mit einem eigenständigen Auftragswert.*)
2. Werte von früheren Interimsaufträgen über gleichgelagerte Leistungen könnten allenfalls dann hinzuzurechnen sein, wenn der Auftraggeber in der Vergangenheit gegen das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 VgV und Art. 9 Abs. 3 RL 2004/18/EG verstoßen hat.*)
3. Der Antragsteller ist dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass und in welchem (den maßgebenden Schwellenwert erreichenden) Umfang der öffentliche Auftraggeber einen der Nachprüfung unterliegenden Auftrag erteilt bzw. gegen das Umgehungsverbot verstoßen hat.*)
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VPRRS 2015, 0103
Bau & Immobilien
OLG Koblenz, Beschluss vom 25.02.2015 - Verg 5/14
1. Die Eignungsprüfung ist alleinige Aufgabe des Auftraggebers; Vergabekammern und -senate sind nicht befugt, sich an dessen Stelle zu setzen.*)
2. Stützt der Auftraggeber seine für einen Bieter negative Eignungsprognose auf mehrere Umstände und erweist sich einer dieser Umstände als nicht tragfähig, ist eine Nachprüfungsinstanz nicht befugt, darüber zu befinden, ob die übrigen Umstände ausreichen, um dem Bieter die Eignung anzusprechen.*)
3. Vielmehr muss der Auftraggeber dann eine neue Eignungsprüfung durchführen.*)
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VPRRS 2015, 0098
Bau & Immobilien
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 VK 65/14
Der Verkauf eines Grundstücks durch einen öffentlichen Auftraggeber zum Zwecke des Neubaus und Betriebs eines Hotels durch einen Investor ist kein öffentlicher Auftrag.
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VPRRS 2015, 0101
Nachprüfungsverfahren
EuGH, Urteil vom 12.03.2015 - Rs. C-538/13
1. Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 3 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sowie Art. 2, 44 Abs. 1 und 53 Abs. 1 a Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie es grundsätzlich nicht verbieten, die Bewertung der von den Bietern eingereichten Angebote schon deshalb für rechtswidrig zu erklären, weil der Zuschlagsempfänger bedeutsame Verbindungen zu Sachverständigen des öffentlichen Auftraggebers, die die Angebote beurteilen, hatte. Der öffentliche Auftraggeber hat in jedem Fall zu prüfen, ob mögliche Interessenkonflikte bestehen, und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Interessenkonflikte zu verhindern, aufzudecken und zu beheben. Im Rahmen der Prüfung einer Klage auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung wegen Parteilichkeit der Sachverständigen ist der abgelehnte Bieter nicht verpflichtet, konkret zu beweisen, dass die Sachverständigen parteiisch gehandelt haben. Das nationale Recht hat grundsätzlich zu bestimmen, ob und inwieweit die zuständigen Behörden und Gerichte berücksichtigen müssen, ob sich eine etwaige Parteilichkeit der Sachverständigen auf eine Entscheidung über die Zuschlagserteilung ausgewirkt hat oder nicht.*)
2. Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 3 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sowie Art. 2, 44 Abs. 1 und 53 Abs. 1 a Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass danach ein durchschnittlich fachkundiger und die übliche Sorgfalt anwendender Bieter, der die Ausschreibungsbedingungen erst zu dem Zeitpunkt nachvollziehen konnte, als der öffentliche Auftraggeber nach Bewertung der Angebote umfassende Informationen zu den Gründen seiner Entscheidung übermittelt hatte, nach Ablauf der im nationalen Recht vorgesehenen Frist das Recht haben muss, ein Verfahren zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung anzustrengen. Dieses Nachprüfungsrecht kann bis zum Ablauf der Frist für die Nachprüfung der Entscheidung über die Zuschlagserteilung ausgeübt werden.*)
3. Die Art. 2 und Art. 53 Abs. 1 a Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber als Kriterium für die Bewertung der von den Bietern für einen öffentlichen Auftrag vorgelegten Angebote grundsätzlich den Grad ihrer Übereinstimmung mit den Anforderungen in den Ausschreibungsunterlagen heranziehen darf.*)
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VPRRS 2015, 0076
Nachprüfungsverfahren
OLG Celle, Beschluss vom 05.02.2015 - 13 Verg 1/15
Überwiegen bei einem offenen Verfahrensausgang die möglicherweise geschädigten Interessen des Antragsstellers die nachteiligen Folgen der Verzögerung der Vergabe, ist die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde anzuordnen.
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VPRRS 2015, 0068
Bau & Immobilien
VK Nordbayern, Beschluss vom 20.11.2014 - 21.VK-3194-31/14
Antragsbefugt sind nur Unternehmen, die ein Interesse am Auftrag haben (GBW § 107 Abs. 2 GWB). Ein Interesse am Auftrag hat nur der potentielle Auftragnehmer, insbesondere jener, der ein Angebot eingereicht hat. Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben nur seine Interessen zu schützen, nicht hingegen jene von lediglich mittelbar an der Auftragserteilung interessierten. Dies bedeutet bei Angeboten von Bietergemeinschaften: Nur die Bietergemeinschaft als solche, nicht ein einzelnes Mitglied, hat ein Interesse am Auftrag und kann einen Nachprüfungsantrag zulässig stellen.*)
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VPRRS 2015, 0054
Bau & Immobilien
VK Sachsen, Beschluss vom 04.09.2014 - 1/SVK/026-14
1. Eine Rüge muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass sie im Namen des Bieters erfolgt.*)
2. Auch im Anwendungsbereich der VOF müssen Angebote, die nach Ablauf der Frist zur Abgabe eingehen, aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden. Insbesondere gilt dies dann, wenn der Auftraggeber in den Bewerbungsbedingungen ein solches Ausschlussszenario bereits festgelegt hat.*)
3. Der Zugang eines Angebots ist nicht bereits dann bewirkt, wenn das Angebot in eine dafür nicht vorgesehene Empfangsvorrichtung des Auftraggebers eingeworfen wird. Hat der Auftraggeber für das konkrete Verfahren für die Abgabe der Angebote eine bestimmte Stelle (hier ein bestimmtes Zimmer) vorgeschrieben und wirft der Bieter das Angebot an anderer Stelle ein, so ist mit der Kenntnisnahme des Auftraggebers unter normalen Umständen nicht zu rechnen. Eine verspätete Kenntnis des Auftraggebers geht dann zu Lasten des Bieters.*)
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VPRRS 2015, 0052
Dienstleistungen
VK Südbayern, Beschluss vom 22.12.2014 - Z3-3-3194-1-51-11/14
1. § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB ist vor dem Hintergrund des Art. 2 f Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2007/66 richtlinienkonform so auszulegen, dass die 30-Tages-Frist nur dann zu laufen beginnt, wenn die Vergabestelle eine Bekanntgabe über den vergebenen Auftrag veröffentlicht und darin begründet, warum sie den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben hat.*)
2. Positive Kenntnis gem. § 101 b Abs. 2 Satz 1 GWB eines nicht am Verfahren beteiligten Antragstellers kann frühestens mit Vertragsschluss vorliegen.*)
3. Die Rüge einer De-Facto-Vergabe ist nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB auch dann entbehrlich, wenn der Antragsteller, der keine Möglichkeit hatte, sich am streitgegenständlichen Vergabeverfahren zu beteiligen, das generelle Vorgehen der Vergabestelle seit langem gekannt hat.*)
4. An die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit oder der Verwirkung eines Antrags nach §101b Abs. 1 Nr. 2 GWB sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn die Vergabestelle systematisch und vorsätzlich vergaberechtswidrig gehandelt hat.*)
5. Art. 5 Abs. 2 b, c der VO (EG) 1370/2007 können sowohl für den Auftragnehmer einer Direktbeauftragung nach Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 1370/2007 als auch für jegliche Einheiten, auf die der interne Betreiber einen nur geringfügigen Einfluss ausübt, Wettbewerbs- und Tätigkeitsverbote außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörden, die die Direktbeauftragung vorgenommen haben, auslösen.*)
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VPRRS 2015, 0049
Abfallbeförderung/-entsorgung
VK Südbayern, Beschluss vom 16.12.2014 - Z3-3-3194-1-43-09/14
1. Die Vorschrift des § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB ist vor dem Hintergrund des Art. 2d Abs. 1 a der Rechtsmittelrichtlinie erweiternd dahin auszulegen, dass sie bei Auftragsvergaben "ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union" eingreift, wenn diese nicht ausnahmsweise zulässig sind.*)
2. Eine Rüge der falschen Verfahrensart ist nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB nicht entbehrlich, wenn der Antragsteller an dem unrichtig gewählten Vergabeverfahren beteiligt war und die Wahl des falschen Verfahrens erkannt hat oder erkennen konnte.)
3. Das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit der Rüge gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB verstößt gegen europäisches Recht und ist bis zu einer europarechtskonformen Neuregelung mit einer konkret in Tagen bemessenen Frist nicht anzuwenden.*)
4. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB sind bereits tatbestandlich nicht anwendbar, wenn in einem Vergabeverfahren weder eine Bekanntmachung noch Vergabeunterlagen existieren.*)
5. Die Erhebung einer Rüge erst nach dem Absageschreiben nach einem rügelosen Mitbieten in einem erkennbar fehlerhaften Vergabeverfahren kann rechtsmissbräuchlich sein.*)
6. Erfolgt die Auftragsvergabe in einem ungeregelten Vergabeverfahren, verhindert indes der öffentliche Auftraggeber, dass darauf bezogene Verhaltenspflichten der betroffenen Bieter zur Entstehung gelangen können und der Vorwurf einer gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßenden Pflichtverletzung mit Erfolg erhoben werden kann. Eine einseitige Anwendung der auf Treu und Glauben beruhenden Verhaltenspflichten zu Lasten des Bieters ist mit dem Normzweck des § 242 BGB nicht zu vereinbaren (Anschluss an OLG Düsseldorf, 02.10.2008 - Verg 25/08, VPRRS 2008, 0287).*)
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VPRRS 2015, 0045
Dienstleistungen
VK Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2015 - VK-5/2014
1. Rügen sind so zu fassen, dass der Auftraggeber erkennen kann, dass Fehler im Vergabeverfahren geltend gemacht werden und Abhilfe erwartet wird.
2. Wird eine "vorsorglich" erhobene Rüge zurückgewiesen oder als inhaltlich gegenstandslos beantwortet, genügt diese nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung für ein Nachprüfungsverfahren.
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VPRRS 2015, 0038
Bau & Immobilien
OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.12.2014 - 11 Verg 7/14
1. Sieht das Angebot eines Bieters die Lieferung eines Schaltschranks vor, der in das den Aufzugsschacht umgebende Mauerwerk eingebaut werden soll, ist das Angebot auszuschließen, wenn nach den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses das Steuerungs-/Bedienpaneel "in den Türrahmen der obersten Tür zu integrieren" und der Schaltschrank sich "im Bereich der obersten Haltestelle in der Mauervorlage Integriert am Türrahmen" zu befinden hat.
2. Die falsche Bezeichnung des Antragsgegners schadet nicht, wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrags gemeint ist. Gerade wenn darüber Einigkeit besteht und auch in den versandten Unterlagen deutlich gemacht wird, dass die Zuschlagserteilung im Namen und für Rechnung des Auftraggebers erfolgen seil, kann die Vergabekammer trotz eines anders lautenden Nachprüfungsantrags den Auftraggeber als Beteiligten benennen und das Rubrum entsprechend berichtigen.
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VPRRS 2015, 0039
Nachprüfungsverfahren
VK Bund, Beschluss vom 21.01.2015 - VK 2-113/14
1. Ein bereits vor Einreichung eines Nachprüfungsantrags erteilter wirksamer Zuschlag kann nicht aufgehoben werden kann, auch wenn er in einem mit Fehlern behafteten Vergabeverfahren erteilt wurde. Einem nach wirksamer Zuschlagserteilung eingereichten Nachprüfungsantrag fehlt es mithin an der Statthaftigkeit.
2. Das "Open-house-Modell" ist - wenn bestimmte, die Gleichbehandlung aller Interessenten und die Transparenz gewährleistende Vorgaben eingehalten werden - eine durchaus denkbare Variante zum Abschluss von Arzneimittel-Rabattverträgen. Diesem Modell haftet deshalb kein Unwerturteil an, das mit einer schweren Verletzung europarechtlicher Prämissen oder mit einem Verstoß gegen die guten Sitten auch nur im Entferntesten vergleichbar wäre.
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VPRRS 2015, 0032
Dienstleistungen
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 26.08.2014 - 2 VK 10/14
1. Das erforderliche wirtschaftliche Interesse an dem Auftrag ist weit auszulegen und in der Regel anzunehmen, wenn der Bieter an dem Vergabeverfahren mit einem Angebot teilgenommen hat. Die Vermutung für ein wirtschaftliches Interesse ist allerdings widerlegt, wenn der Bieter selbst vorträgt, dass er keinen finanziellen Vorteil aus der Abgabe eines Angebots erzielt.
2. Der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht teilt das Schicksal des Nachprüfungsantrags. Wird das Nachprüfungsverfahren als unzulässig verworfen, besteht auch kein Anspruch auf Akteneinsicht.
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VPRRS 2015, 0020
Nachprüfungsverfahren
OLG Naumburg, Beschluss vom 23.12.2014 - 2 Verg 14/11
Der Beschwerdeführer muss nicht zwingend deshalb für sämtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens einstehen, weil er sein Rechtsmittel zurückgenommen hat. So wird ein Beigeladener nur dann in die Kostenentscheidung einbezogen, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung als Verfahrensbeteiligter nutzt, um sich "aktiv" zu beteiligen, indem er Sachanträge stellt.
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VPRRS 2015, 0016
Bau & Immobilien
VK Bund, Beschluss vom 17.11.2014 - VK 2-79/14
1. Eine Leistungsbeschreibung ist intransparent, wenn der Auftraggeber den Bietern ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Angebotsabgabe an die Hand gibt, das auf 558 Seiten in 308 Positionen die zu erbringenden Leistungen beschreibt und das die Möglichkeit ausschließt, Nebenangebote einzureichen, andererseits aber Abweichungen von Materialstärken und Funktionalitäten zulässt, ohne dabei anzugeben, in welchen Leistungspositionen und in welchem Umfang solche Abweichungen möglich sind.
2. Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Ein Schadensersatzanspruch wegen sinnlos aufgewendeter Kosten für die Erstellung eines Angebots in einem Vergabeverfahren, das wegen der Intransparenz der Vorgaben zurückversetzt werden musste, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, was für die Begründung des Feststellungsinteresses ausreicht. Die abschließenden Erfolgsaussichten eines möglichen Schadensersatzbegehrens sind im Nachprüfungsverfahren nicht zu prüfen.
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VPRRS 2015, 0010
Nachprüfungsverfahren
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014 - Verg 26/14
1. Ein Vergabeverfahren hat begonnen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber dazu entschließt, einen (gegenwärtigen oder künftigen) Bedarf nicht durch Eigenleistung, sondern durch Beschaffen von Lieferungen oder Leistungen als Nachfrager auf dem Markt zu decken (interner Beschaffungsentschluss) und er darüber hinaus zweckbestimmt äußerlich wahrnehmbar Anstalten trifft, den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses auszuwählen (externe Umsetzung).
2. Der Kreistag ist lediglich ein intern wirkendes Willensbildungsorgan des Kreises. Auch wenn sich aus einem Kreistagsbeschluss eine interne Beschaffungsentschließung ergibt, muss diese erst noch durch die Verwaltung (extern) umgesetzt werden.
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VPRRS 2015, 0009
Dienstleistungen
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014 - Verg 25/14
1. Bleibt die Standortsuche für eine Stationierung von Rettungswagen erfolglos, weil sich sämtliche für den Betrieb einer Rettungswache in Betracht kommenden Gebäude als ungeeignet erwiesen, kann der Auftrag für den Rettungsdienst interimsweise freihändig vergeben werden.
2. Fehlt in den Vergabeakten eine Dokumentation der Objektbesichtigungen, kann diese durch Zeugenvernehmung in das Vergabenachprüfungsverfahren eingeführt werden.
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