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Volltexturteile nach Sachgebieten

Sachgebiet: Rügeobliegenheit

419 Entscheidungen insgesamt

Online seit 14. März

VPRRS 2024, 0059
Beitrag in Kürze
PlanungsleistungenPlanungsleistungen
Wertung nach dem "Alles-oder-nichts-Prinzip" ist vergaberechtswidrig!

VK Bund, Beschluss vom 07.12.2023 - VK 2-82/23

1. Eine Wertungsmethode, nach der das Angebot mit der höchsten Punktzahl fünf Punkte und das Angebot mit der niedrigsten Punktzahl null Punkte erhält, ist vergaberechtswidrig, weil generell nicht auszuschließen ist, dass das für die Zuschlagserteilung maßgebende beste Preis-Leistungs-Verhältnis jedenfalls dann nicht korrekt ermittelt werden kann, wenn nur zwei Angebote vorliegen.

2. Erkennbare Vergaberechgerechtsverstöße sind zu rügen. Erkennbar sind solche Verstöße, die von einem durchschnittlichen Unternehmen des angesprochenen, mithin fachkundigen, Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden können.

3. Einer üblichen Sorgfalt und üblichen Kenntnissen entspricht es jedenfalls, dass ein Bieter die für die Kalkulation seines Angebots relevanten Vorgaben der Vergabeunterlagen zur Kenntnis nimmt und aufmerksam aufarbeitet. Dazu gehört die Befassung mit den für die Zuschlagserteilung relevanten Vorgaben.

4. Dass Wertungskriterien hinreichend bestimmt und diskriminierungsfrei sein müssen, damit Angebote vergleichbar sind und kalkuliert werden können, ist ein durchschnittlichen Bietern allgemein bekannter vergaberechtlicher Grundsatz.

5. Geht es im Vergabenachprüfungsverfahren um die korrekte Anwendung der vom Auftraggeber vorgegebenen Wertzungskriterien und damit um Fragen der Anwendung des Vergaberechts, die zum originären Aufgabenkreis des Auftraggebers als Vergabestelle gehören, ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig.

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Online seit 8. März

VPRRS 2024, 0056
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Keine Stillhaltefrist zwischen Rüge und Nachprüfungsantrag!

VK Thüringen, Beschluss vom 02.06.2023 - 4003-407-2022-E-008-SLF

1. Die Wertung der Angebote hat anhand der mit der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen bekannt gegebenen Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungsregeln bzw. Bewertungsgrundsätze und Bewertungsmethoden zu erfolgen.

2. Bei der Bewertung von Einzelpositionen bzw. der Vergabe von Punkten/Noten besitzt der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum. Das bedeutet, dass die Bewertungen letztlich nicht einer absoluten Richtigkeitskontrolle zugänglich sind. Die Wertungsentscheidungen müssen jedoch willkürfrei in Anwendung der mitgeteilten Zuschlags- und Unterkriterien getroffen werden.

3. Ein Bieter ist nicht dazu verpflichtet, nach erhobener Rüge eine Stillhaltefrist bis zur Einreichung des Nachprüfungsantrags einzuhalten. Das gilt auch in den Fällen, in denen noch kein unmittelbarer Zuschlag droht und der Auftraggeber noch Zeit hat, sich mit der Rüge auseinander zu setzen und ihr gegebenenfalls abzuhelfen.

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Online seit 29. Februar

VPRRS 2024, 0050
Beitrag in Kürze
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
WhatsApp-Nachricht als ordnungsgemäße Rüge!?

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.05.2022 - 3 VK 3/22

1. An die Rüge eines Bieters in einem Vergabeverfahren sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass der Bieter deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet.

2. Die Rüge eines Bieters ist an keine bestimmte Form gebunden. Die Vorschriften über die sog. "eVergabe" beziehen sich nur auf das Vergabeverfahren. Als Teil des Rechtsmittelverfahrens ist die Rüge nicht dem Vergabeverfahren zuzurechnen.

3. Eine über den Messangerdienst "WhatsApp" versendete Nachricht kann die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge erfüllen.

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Online seit 31. Januar

VPRRS 2024, 0027
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Unzureichende Akteneinsicht ist keine rügefähige Rechtsverletzung!

OLG Stuttgart, Urteil vom 05.08.2021 - 2 U 71/21

Die unzureichende Akteneinsicht stellt keine rügefähige Rechtsverletzung i.S.v. § 47 Abs. 2 EnWG dar. Die Akteneinsicht dient nur der Vorbereitung einer Rüge.

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Online seit 24. Januar

VPRRS 2024, 0015
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Vermischung von Eignungs- und Wertungskriterien ist zu rügen!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2023 - 11 Verg 5/23

1. Stützt sich der Antragsteller - im Grundsatz zulässig - auf nur vermutete Tatsachen, muss er Anhaltspunkte vortragen, die diese Vermutungen soweit plausibilisieren, dass sie mehr sind als eine nur abstrakte Möglichkeit; der Vortrag darf nicht willkürlich "ins Blaue hinein" erfolgen.*)

2. Bei der Prüfung einer Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist darauf abzustellen, ob der Verstoß für einen durchschnittlichen Bieter in den Vergabeunterlagen erkennbar ist. Ein durchschnittlicher Bieter kennt die Grundstrukturen des Vergabeverfahrens und damit auch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Eignungs- und Wertungskriterien. Er weiß, dass es kein Mehr oder Weniger an Eignung i.S.d. § 122 GWB gibt und Eignungs- und Wertungskriterien grundsätzlich zu trennen sind.*)

3. Die Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB greift ein, wenn ein durchschnittlicher Bieter im Rahmen seiner laienhaften rechtlichen Wertungsmöglichkeiten erkennen kann, dass es "so nicht geht". Er kann sich der Rügepräklusion nicht dadurch entziehen, dass er den Rechtsfehler im Nachprüfungsverfahren mit Unterstützung seines Rechtsanwalts einer klareren juristischen Zuordnung unterzieht.*)

4. Kann der Antragsteller erkennen, dass Eignungs- und Wertungskriterien hinsichtlich der Vorlage von Referenzen nicht getrennt, sondern vermengt worden sind und dass entweder eine Doppelverwertung vorliegt oder nicht erkennbar ist, was in welchem Kontext geprüft werden soll, ist eine Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB begründet.*)

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Online seit 8. Januar

VPRRS 2024, 0005
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Erkennbarkeit > Erkenntnis!

VK Lüneburg, Beschluss vom 14.11.2023 - VgK-31/2023

1. Die Antragstellerin ist mit weiten Teilen ihres Vortrags ausgeschlossen, weil sie Rügen zu den erkennbaren angeblichen Fehlern der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen nicht bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist erhoben hat. Der Begriff der Erkennbarkeit ist weiter als der Begriff der Erkenntnis. Die Antragstellerin hat erstmals nach Erhalt der Bieterinformation eine Rüge erhoben. Damit stehen ihr nur noch Rügen zur Wertung und deren Ergebnis offen, ergänzt um die Informationen, die sie erst während des Nachprüfungsverfahrens erhält, z. B. im Rahmen der Akteneinsicht. Die Vergabekammer folgt damit auch dem Beschluss der VK Baden-Württemberg (IBR 2021, 645 = VPR 2021, 174), die den Antragsteller verpflichtet, im Nachprüfungsverfahren konstruktiv zu den eigenen Angebotschancen vorzutragen. Demnach entfällt die Antragsbefugnis, wenn eine Antragstellerin nicht vorträgt, wie sie ihr Angebot anders strukturiert hätte, wenn sie die Gewichtung der Unterkriterien gekannt hätte. Es fehlt dem Angebot ersichtlich an einer Chancenverschlechterung, so dass sie sich nicht mit Erfolg auf einen Vergabeverstoß berufen kann. Diese Sichtweise schützt die Rügepräklusion in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3 GWB gegen Versuche, sie mit dem Argument der fehlenden Erkennbarkeit zu unterlaufen.*)

2. Für die Antragstellerin war bereits in der Angebotsphase objektiv erkennbar, dass die Wertung des Konzeptes mit den Abstufungen 400, 200, 100 Punkte gerade bei der wettbewerblich relevanten Wertung guter Angebote steil abfällt. Der Antragsgegner hat eine bei linearer Staffelung zu erwartende Kategorie von 300 Punkten wegfallen lassen. Der Antragstellerin musste angesichts der Gewichtung mit 40 % daher bei angemessener Sorgfalt in der Angebotserstellung bewusst sein, dass ein Angebot, das von der Mehrheit der Bewerter hier nur die zweitbeste Note erhält, geringe Chancen auf den Zuschlag hätte. Diese Gestaltung wäre bei einer Preiswertung unzulässig, weil die Wertung nicht der Steigerung der Wirtschaftlichkeit folgt. Ob eine Abweichung von der linear gestaffelten Wertung bei der Qualitätswertung zulässig sein kann, ist wegen der Präklusion hier allerdings nicht zu entscheiden.*)

3. Der Antragsgegner hat mit seinen Ausführungen zu den Inhalten des geforderten Konzepts trotz erheblicher Nähe zu den Inhalten des § 58 Abs. 2 VgV keine Unterkriterien festgelegt, weil die Liste der Inhalte nicht abschließend ist. Das OLG Celle (IBR 2021, 202 = VPR 2021, 59) hat dem öffentlichen Auftraggeber mit dem gesetzlich nicht normierten Tatbestand einer abschließenden Auflistung Spielraum eingeräumt.*)

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Online seit 2023

VPRRS 2023, 0245
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Verbot negativer Preise ist kein erkennbarer Vergaberechtsverstoß!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2023 - 1 VK 9/23

1. Ein Vergabenachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit der antragstellende Bieter den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß erkannt und vor Einreichen des Nachprüfungsantrag nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat.

2. Maßstab für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtverstoßes ist die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Bieters. Erkennbar sind somit Vergaberechtsverstöße, die von einem Durchschnittsbieter bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen erkannt werden.

3. Bei einer EU-weiten Ausschreibung seitens einer öffentlichen Vergabestelle entsteht zunächst der Rechtsschein, dass dieses Verfahren vergaberechtmäßig abgelaufen ist. Vom Bieter kann keine bessere Rechtskenntnis verlangt werden, als sie die Vergabestelle durch ihr Handeln nach außen für sich beansprucht.

4. Mehr als vergaberechtliche Grundkenntnisse sind vom Bieter nicht zu erwarten, Verstöße müssten vielmehr auf den ersten Blick erkennbar sein. Das bloße Lesen der Vergabeunterlagen löst keinen Fristbeginn aus, sofern der Vergaberechtsverstoß nicht bereits aus dieser Lektüre offensichtlich ist.

5. Ein Bieter ist nicht dazu verpflichtet, externen Rechtsrat einholen und das Vorliegen von Vergabefehlern prüfen lassen oder selbst sonstige Nachforschungen anstellen.

6. Es ist einem Bieter nicht verwehrt, knapp zu kalkulieren und einen negativen Preis anzubieten. Das Verbot, Angebote mit negativen Einheitspreisen einzureichen, ist vergaberechtlich unzulässig. Die Kalkulationsfreiheit der Bieter wird dadurch unangemessen eingeschränkt.

7. Dass das Verbot negativer Einheitspreise gegen Vergaberecht verstößt, erschließt sich einem durchschnittlichen Bieter nicht ohne Weiteres. Es bedarf einer objektiven Erkennbarkeit. Ein subjektiver Maßstab ist nicht anzulegen.

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VPRRS 2023, 0206
Mit Beitrag
VerkehrVerkehr
Wie sind Vergabeunterlagen auszulegen?

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01.02.2022 - 1 VK 9/21

1. Für das Verständnis und die Auslegung der Vergabeunterlagen ist der objektive Empfängerhorizont des durchschnittlichen (europäischen) Bieters maßgeblich. Abzustellen ist auf einen verständigen und sachkundigen Bieter, der mit Beschaffungsleistungen der ausgeschriebenen Art vertraut ist.

2. In erster Linie kommt es auf den Wortlaut zum Beispiel des Leistungsbeschriebs einer einzelnen Position an. Diese speziellen Angaben sind in Verbindung mit den anderen Angaben in der Leistungsbeschreibung und den anderen Vertragsunterlagen unter Einbeziehung der technischen Normen und des Stands der Technik als sinnvolles Ganzes auszulegen.

3. Es gibt grundsätzlich keine Hierarchie der Vergabeunterlagen. Zur Leistungsbeschreibung gehören sowohl die Vorbemerkungen als auch die einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses.

4. Kommt es demnach auf die Vergabeunterlagen in ihrer Gänze an, können keine Bedenken bestehen, anderen Teilen der Leistungsbeschreibungen die Informationen zu entnehmen, die zum Verständnis der gewollten Leistung beitragen.

5. ...

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VPRRS 2023, 0202
MedizintechnikMedizintechnik
Zusatz "oder gleichwertig": Keine "produktscharfe" Ausschreibung!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29.11.2021 - 2 VK 4/21

1. Nur das körperliche Fehlen von geforderten oder nachgeforderten Unterlagen im Angebot führt zum Angebotsausschluss. Inhaltlich unzureichende Unterlagen sind nicht mit fehlenden Unterlagen gleichzusetzen.

2. Eine zum Ausschluss des Angebots führende Änderung an den Vergabeunterlagen liegen jedenfalls dann vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht.

3. Gibt der Auftraggeber ein Leitfabrikat mit dem Zusatz "oder vergleichbar" an, ist das Gebot der produktneutralen Ausschreibung grundsätzlich gewahrt.

4. Eine Rüge ist nur dann hinreichend substanziiert, wenn das rügende Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte dafür darlegt, die seinen Verdacht hervorgerufen haben, dass es zu einem Vergaberechtsfehler gekommen ist.

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VPRRS 2023, 0178
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Mit dem Hinweis auf die eigene Kalkulation lässt sich eine Rüge nicht begründen!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.07.2023 - 11 Verg 3/23

1. Die Anforderungen an die Darlegung einer Vergaberechtsverletzung bzw. an die Rüge dürfen nicht zu hoch angesetzt werden. Ein Mindestmaß an Substanziierung ist jedoch einzuhalten. Reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen (sog. Rüge ins Blaue hinein) reichen nicht aus.

2. Eine Rüge ist hinreichend substanziiert, wenn zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen.

3. Die Vorlage der eigenen Preiskalkulation reicht zur Substanziierung von Behauptungen nicht aus, soweit sich aus ihr keine Anhaltspunkte für eine unauskömmliche Kalkulation von Mitbewerbern ergeben.

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VPRRS 2023, 0198
Mit Beitrag
PlanungsleistungenPlanungsleistungen
Anforderungen an die Eignung dürfen nicht überzogen werden!

BayObLG, Beschluss vom 06.09.2023 - Verg 5/22

1. Der Antragsteller kann mit der Rüge der fehlenden Fachlosaufteilung nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GWB nur präkludiert sein, wenn ein durchschnittlich fachkundiger Bieter unter Anwendung der üblichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass es im maßgeblichen Fachbereich einen eigenständigen Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen gibt.*)

2. Im Rahmen des § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB können besonders hohe Anforderungen unangemessen sein, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten und diese nicht mehr durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist.*)




VPRRS 2023, 0179
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Rüge "ins Blaue" hinein: Nachprüfungsantrag unzulässig!

VK Hessen, Beschluss vom 26.06.2023 - 96 e 01.02/23-2023

1. Die Anforderungen an die Darlegung einer Vergaberechtsverletzung bzw. an die Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber dürfen nicht zu hoch angesetzt werden. Ein Mindestmaß an Substanziierung ist jedoch einzuhalten. Reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen (sog. Rüge ins Blaue hinein) reichen nicht aus.

2. Die bloße Behauptung eines Mitbewerbers, der Bestbieter erfülle die Anforderungen der Ausschreibung nicht und sei daher auszuschließen, ohne Anhaltspunkte oder Indizien darzulegen, aus denen er diese Erkenntnis nimmt, erfüllt nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge.

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VPRRS 2023, 0171
VerkehrVerkehr
Wann ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation unzumutbar?

VK Lüneburg, Beschluss vom 02.03.2023 - VgK-2/2023

1. In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, so dass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können.

2. Die Leistungsbeschreibung muss es den Bietern ermöglichen, ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten zu kalkulieren. Um dem Gebot einer hinreichend erschöpfenden Leistungsbeschreibung gerecht zu werden, muss die Vergabestelle einen der Komplexität des Auftragsgegenstands entsprechenden Aufwand betreiben und alle insoweit verfügbaren Quellen nutzen.

3. Dem Auftraggeber ist zuzumuten, durchschnittliche Werte zu ermitteln und durch Überlassung ihm zur Verfügung stehender Informationen und Zahlen eine Prognose über das Auftragsvolumen zu ermöglichen.

4. Die Anforderung einer eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der Leistung hat mit der Frage, ob bestimmte Risiken auf den Auftragnehmer verlagert werden können, unmittelbar nichts zu tun. Die vom Auftragnehmer zu erbringende Leistung kann demnach klar und erschöpfend beschrieben werden und gleichzeitig können ihm ungewöhnliche Risiken auferlegt werden, solange diese Risiken nur eindeutig benannt sind.

5. Unzumutbar ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß, das Bietern typischerweise obliegt, hinausgehen und damit den Bieter unangemessen belasten.

6. Ob eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation unzumutbar ist, bestimmt sich nach dem Ergebnis einer Abwägung aller Interessen der Bieter bzw. Auftragnehmer und des öffentlichen Auftraggebers im Einzelfall.

7. Prüfungsmaßstab für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes ist die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Bieters, nicht die tatsächliche Erkenntnis beim Antragsteller.

8. Der Bieter muss ihm Rahmen seiner Prüfungsobliegenheiten keinen Rechtsrat einholen. Erforderlich ist immer eine Betrachtung des Einzelfalls, sowohl im Hinblick auf den Bieterkreis als auch bezogen auf das konkrete Verfahren.

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VPRRS 2023, 0170
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Zukünftige Rechtsverstöße müssen nicht gerügt werden!

OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.02.2023 - 6 U 381/22 Kart

1. Wird erst durch neue Umstände nach Mitteilung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung (§ 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG) erkennbar, dass sich bei einer wie angekündigt zu treffenden Auswahlentscheidung eine Rechtsverletzung ergäbe, so ist § 47 Abs. 2 Satz 2 EnWG allenfalls entsprechend dahin anzuwenden, dass die (künftige) Rechtsverletzung innerhalb von 15 Tagen ab dem Zeitpunkt zu rügen wäre, zu dem sie erkennbar geworden ist.*)

2. Ein Rechtsverstoß, der sich nur gemessen an einem künftig möglicherweise geltenden Recht ergäbe, ist nicht i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 2 EnWG erkennbar, solange das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Auch eine nach allgemeinen Grundsätzen zur Präklusion führende Nachlässigkeit besteht vorher nicht.*)

3. Die Ergänzung um das Merkmal "treibhausgasneutrale" in § 1 Abs. 1 EnWG in der seit dem 29.07.2022 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung vom 19.07.2022, BGBl. I S. 1214) ist in der Sache keine Änderung gegenüber der vorherigen Fassung.*)

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VPRRS 2023, 0158
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Rüge per E-Mail: Zugang nur zu normalen Behördenöffnungszeiten!

OLG Dresden, Urteil vom 11.05.2022 - U 30/21 Kart

1. Ein Urteil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren steht einer nochmaligen Entscheidung über denselben Sachverhalt im Hauptsacheverfahren nicht entgegen.*)

2. Aus Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte von § 47 EnWG ergibt sich zweifelsfrei, dass Einwände gegen das Vergabeverfahren und das Ergebnis des Auswahlverfahrens in den Fristen des § 47 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 EnWG erhoben werden sollen und im Falle der Versäumung der dort vorgesehenen Fristen abgeschnitten sind.*)

3. Auf die Rüge nach § 47 Abs. 2 Satz 3 EnWG ist § 130 BGB anwendbar. Zugegangen ist eine Rüge damit dann, wenn sie so in den Bereich der Behörde gelangt ist, dass die dortigen Bediensteten unter normalen Umständen die Möglichkeit haben, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen.*)

4. Bei einer Gemeinde ist bei einem Eingang der Rüge an einem Freitag um 17:03 Uhr von einem Zugang am Montag auszugehen.

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VPRRS 2023, 0145
Mit Beitrag
Abfallbeförderung/-entsorgungAbfallbeförderung/-entsorgung
Widersprüche im Angebot sind aufzuklären!

VK Südbayern, Beschluss vom 25.11.2022 - 3194.Z3-3_01-22-27

1. Es ist nicht mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinie in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG zu vereinbaren, wenn Bieter durch überzogene Anforderungen an die Substantiierung von Rügen weitgehend an der Stellung von Nachprüfungsanträgen in Bezug auf mögliche Rechtsverstöße gehindert würden, die sich überwiegend oder ganz ihrer Erkenntnismöglichkeit entziehen, weil sie sich in der Sphäre des Auftraggebers oder konkurrierender Bieter abspielen.*)

2. Die Rüge solcher Vergabeverstöße aufgrund von Vermutungen ist nicht generell als Missbrauch des Nachprüfungsrechts auszusehen.*)

3. In sich widersprüchliche Angebote dürfen ohne vorherige Aufklärung des Angebotsinhalts weder bezuschlagt noch ausgeschlossen werden. Der öffentliche Auftraggeber hat in einer solchen Situation den betreffenden Bieter zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufzufordern und ihm Gelegenheit zu geben, die Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (OLG Düsseldorf, IBR 2015, 680 = VPR 2016, 23). Dabei darf das Angebot allerdings nur soweit aufgeklärt werden, dass klar wird, welche der beiden Verständnismöglichkeiten des in sich widersprüchlichen Angebots vom Bieter gemeint war.*)

4. Bei der Ermittlung der Aufgreifschwellen für die Preisprüfung nach § 60 VgV sind auch zuschlagsfähige Angebote zu berücksichtigen, die der Auftraggeber rechtswidrig nicht berücksichtigt hat.*)

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VPRRS 2023, 0097
Mit Beitrag
PlanungsleistungenPlanungsleistungen
Planer muss sich auf verschiedene Bauvergabestrategien einstellen!

OLG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2023 - 1 Verg 3/22

1. Die Vorgabe des Auftraggebers, dass sowohl für den Fall der Einzelgewerks- als auch für den Fall der GU-Vergabe zu bieten ist und er sich vorbehält, die konkrete Vergabestrategie erst der nach Auftragsvergabe an die Planer (hier: nach Abschluss der Leistungsphase 4) festzulegen, führt in einem Verhandlungsverfahren nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Transparenz der Leistungsbeschreibung.

2. Es existiert kein Verbot, dem Auftragnehmer vertraglich (selbst erhebliche) Wagnisse aufzuerlegen. Es ist daher - bis zur Grenze der Unzumutbarkeit - zulässig, dem Auftragnehmer auch solche Risiken aufzubürden, die nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich den Auftraggeber treffen.

3. Der Auftraggeber hat bei der Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens einen weiten Ermessensspielraum. Er kann festlegen, wie viele Verhandlungs- und Angebotsrunden es gibt, wobei er diese Entscheidung auch in Abhängigkeit vom Ablauf des bisherigen Verfahrens treffen kann, solange er die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung beachtet.

4. Eine Rüge muss so bestimmt gefasst sein, dass dem Auftraggeber klar wird, welches konkrete Tun oder Unterlassen von dem rügenden Bieter für vergaberechtswidrig gehalten wird.

5. Eine allgemeine enthaltene Rüge, wonach bestimmte Leistungen durchweg nicht hinreichend klar beschreiben worden seien, genügt nicht, um dem Auftraggeber zu verdeutlichen, was der Bieter von ihm erwartet hätte.




VPRRS 2023, 0058
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Vergaberechtsverstoß im Nachprüfungsverfahren erkannt: Keine Rüge erforderlich!

VK Rheinland, Beschluss vom 17.02.2022 - VK 40/21

1. Bei einem schlechten Rang des Angebots ist für eine ernstliche Möglichkeit des Schadenseintritts i.d.R. erforderlich, dass der Antragsteller auch gegen die ihm in der Rangfolge vorgehenden Bieter konkrete Einwendungen vorbringt.*)

2. Grundsätzlich muss die Rüge erkennen lassen, aufgrund welcher Quellen der Antragsteller im Hinblick auf die Erfüllung welcher Eigenschaften Zweifel hat. Der Hinweis auf das Internet ermöglicht es dem öffentlichen Auftraggeber nicht, Anhaltspunkte für die Überprüfung der vorgetragenen Zweifel zu liefern.*)

3. Werden dem Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens weitere mögliche Vergabeverstöße bekannt, kann er diese unmittelbar zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens machen, ohne vorher rügen zu müssen.*)

4. Einem ausgeschlossenen Konkurrenzangebot ist eine Indizwirkung für die Preisbildung nur dann abzusprechen, wenn der konkrete Ausschlussgrund die Preisbildung beeinflusst haben kann.*)

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VPRRS 2023, 0046
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Keine rechtzeitige Rüge: Vergabenachprüfungsantrag unzulässig!

VK Thüringen, Beschluss vom 20.12.2022 - 4003-404-2022-E-V-009-EF

1. Ein Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens ist gem. § 160 Abs. 3 GWB unzulässig, wenn der Bieter/Antragsteller erkannte bzw. erkennbare Vergaberechtsverstöße nicht rechtzeitig gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat.

2. Die Präklusionsvorschriften des § 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB sind nicht unionsrechtswidrig, da diese Regeln hinreichend genau, klar und vorhersehbar festlegen, wie und bis zu welcher Frist der Interessent/Bieter potentielle Vergaberechtsverstöße rügen muss.

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VPRRS 2023, 0044
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Auch bei funktionaler Ausschreibung: Angebote müssen vergleichbar sein!

VK Westfalen, Beschluss vom 17.02.2023 - VK 3-48/22

1. Eine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB kommt jedenfalls bei offensichtlichen, ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht, die einem Bieter bei der bloßen Durchsicht der Vergabeunterlagen auffallen bzw. sich ihm aufdrängen müssen. Unter einem sich Aufdrängen fällt auch ein bewusstes Sich-der-Erkenntnis-Verschließen. Ein Unternehmer verschließt sich der Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes, wenn er als Teilnehmer eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb einen Vergaberechtsverstoß erst nach Abgabe des finalen Angebots rügt, obwohl er sich mit den Vergabeunterlagen bereits zur Erstellung eines ersten indikativen Angebots intensiv auseinandersetzen musste und die streitigen Ausschreibungsunterlagen nicht nur gelesen, sondern auch angewendet hat.*)

2. Ein Zuschlags(unter)kriterium soll dem Auftraggeber eine weitergehende Differenzierung zwischen den Angeboten ermöglichen, um auf dieser Grundlage eine nachvollziehbare Auswahlentscheidung treffen zu können. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es im Rahmen der Bewertung einen Punktwert erhält und sich dieser in der Gesamtwertung wiederfindet. In Abgrenzung hierzu sind mit Blick auf den einem öffentlichen Auftraggeber bei der Wertung zukommenden Beurteilungsspielraum nicht sämtliche Überlegungen, die er im Rahmen der Wertung anstellt, gleich Zuschlagskriterien. Ein öffentlicher Auftraggeber muss sich mit den Angebotsinhalten auseinandersetzen und diese unter die Zuschlagskriterien subsumieren können.*)

3. Im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung überlässt der Auftraggeber dem Wettbewerb Rahmenbedingungen zur Lösung einer Aufgabe. Er ist zur Vorgabe von Lösungsvorschlägen nicht verpflichtet. Das gilt nicht nur bei standardisierten Leistungen, sondern auch bei einem komplexen Auftragsgegenstand. Diesbezüglich ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit steigender Komplexität wechselwirkend die Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit der vorgegebenen Rahmenbedingungen steigen. Die Offenheit des Verhandlungsverfahrens darf nicht dazu führen, dass Bieter nicht mehr miteinander vergleichbare Angebote abgeben bzw. nicht mehr erkennen können, was von ihnen verlangt ist.*)

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VPRRS 2023, 0042
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Vergabeunterlagen widersprüchlich: Angebotsausschluss unzulässig!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2021 - Verg 11/21

1. Die Bieter sind schon angesichts des Zeitdrucks bei Angebotserstellung nicht gehalten, die Vergabeunterlagen auf Widersprüche hin routinemäßig zu überprüfen.

2. Einem durchschnittlichen Bieter muss jedenfalls bei umfangreicheren Vergabeunterlagen nicht ins Auge fallen, dass sich an verschiedenen Stellen in den Vergabeunterlagen unterschiedliche und sich widersprechende Formulierungen befinden.

3. Der öffentliche Auftraggeber ist zur Nachforderung fehlender Unterlagen verpflichtet, wenn er weder in der Auftragsbekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen wirksam festgelegt hat, dass er fehlende Unterlagen nicht nachfordern wird.

4. Der Ausschluss einer Nachforderung muss eindeutig sein. Eindeutig ist der Ausschluss nur dann, wenn zweifelsfrei erkennbar ist, ob und in welchem Umfang die Nachforderung ausgeschlossen ist.

5. Intransparente Anforderungen oder widersprüchliche Vergabeunterlagen sind nicht eindeutig. Verbleiben Zweifel, geht diese zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.

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VPRRS 2023, 0014
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Unklare Vergabeunterlagen sind zu rügen!

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.05.2022 - Verg 2/22

1. Mehrdeutige und damit unklare Vergabeunterlagen verstoßen gegen das Transparenzgebot und sind vergaberechtswidrig.

2. Ob die Vergabeunterlagen mehrdeutig sind, ist aus Sicht der durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt zu beurteilen.

3. Ein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz liegt nur dann vor, wenn die Vorgaben und Formulierungen in den Vergabeunterlagen auch nach erfolgter Auslegung noch mehrdeutig sind.

4. Die Mehrdeutigkeit der Vergabeunterlagen ist für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter zumindest erkennbar und muss daher bis spätestens zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden.

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VPRRS 2023, 0001
Mit Beitrag
ITIT
Wer muss/kann die Wertungsentscheidung treffen?

OLG Schleswig, Beschluss vom 27.10.2022 - 54 Verg 7/22

1. Der Auftraggeber hat Aufklärung zu verlangen, wenn ein Preis ungewöhnlich niedrig erscheint. Aufklärung ist jedenfalls zu verlangen, wenn ein Preis um mindestens 20% unter dem nächsthöheren Angebot liegt, kann aber auch bei einer Abweichung von mindestens 10% verlangt werden.

2. Die Wertungsentscheidung muss vom Auftraggeber selbst getroffen werden. Dabei reicht es aus, wenn sich der Auftraggeber die Entscheidung eines Beraters zu eigen macht.

3. Die Wertungsentscheidung muss nicht zwingend von einem Organ des Auftraggebers getroffen werden. Notwendig ist nur, dass die entscheidende Person aus dem Bereich des Auftraggebers kommt, so dass die Entscheidung diesem zuzurechnen ist.

4. Das Vergabeverfahren ist zu dokumentieren. Sinn der Dokumentation ist es, die Entscheidungen des Auftraggebers transparent und überprüfbar zu machen. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Gründe für den Zuschlag zu dokumentieren.

5. Ist in dem Wertungssystem durch die Preiswertung nur eine geringe Kompensation für qualitative Abwertungen zu erwarten, sind die maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend zu dokumentieren, so dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.

6. Es ist für einen durchschnittlichen, mit Vergabeverfahren vertrauten Bieter erkennbar, dass keine Losaufteilung vorgenommen wurde und trotz hoher Inflation und drohender Lieferengpässen keine Preisgleitklausel vorgesehen ist.




VPRRS 2023, 0002
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Manipulationsanfälliges Wertungssystem ist zu rügen!

VK Rheinland, Beschluss vom 26.04.2022 - VK 43/21

1. Die Vergaberechtswidrigkeit offensichtlicher, nicht kontrollierbarer Manipulationsmöglichkeiten gehört zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise.*)

2. Ein Bieter braucht mit der Rüge nur die auf den Vergaberechtsverstoß hindeutenden Tatsachen benennen, muss aber nicht die damit verbundenen Rechtsfragen vollständig und in Gänze durchdringen.*)

3. Der Verweis auf das eigene Angebot reicht zur Substantiierung einer Rüge regelmäßig nicht aus.*)

4. Werden dem Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens weitere mögliche Vergabeverstöße bekannt, kann er diese unmittelbar zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens machen.*)

5. Die Dokumentation nach § 8 VgV kann auch in separaten Schriftstücken erfolgen.*)

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VPRRS 2023, 0003
ReinigungsleistungenReinigungsleistungen
Inhaltlich unzureichende Unterlage fehlt nicht!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2021 - Verg 48/20

1. Der öffentliche Auftraggeber darf als Beleg der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bieters die Vorlage geeigneter Referenzen über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungen in Form einer Liste der in den letzten höchstens drei Jahren erbrachten wesentlichen Liefer- und Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Liefer- bzw. Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers verlangen. Die (geforderte) Angabe der Jahresreinigungsfläche betrifft die Art und Wert der Leistung.

2. Der öffentliche Auftraggeber kann die Bieterunternehmen unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren.

3. Eine Unterlage fehlt, wenn sie gar nicht oder nicht entsprechend den formalen Anforderungen des Auftraggebers vorgelegt wurde. Eine inhaltlich unzureichende Unterlage ist nicht mit einer fehlenden gleichzusetzen.

4. ...

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Online seit 2022

VPRRS 2022, 0295
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DienstleistungenDienstleistungen
Übermittlungsrisiko ist Bieterrisiko!

VK Rheinland, Beschluss vom 28.06.2022 - VK 39/21

1. Eine Zuständigkeit der Vergabe-Nachprüfungsinstanzen kann weder durch eine Angabe in der Bekanntmachung noch durch Parteivereinbarung begründet werden.*)

2. Zur Abgrenzung einer Konzession von einem öffentlichen Auftrag und von einem Mietvertrag.*)

3. Unaufklärbare Widersprüche in Vergabebedingungen sind grundsätzlich als Vergabeverstoß erkennbar.*)

4. Auch bei Konzessionsvergaben sind wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes Angebote, denen geforderte Unterlagen nicht beigefügt sind, zumindest nach erfolgloser Nachforderung auszuschließen.*)

5. Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs und die Vollständigkeit des Angebots trägt grundsätzlich der Bieter die Beweislast. Auch das Übermittlungsrisiko liegt im Grundsatz bei ihm. Die Vergabestelle muss die Gründe für eine Unvollständigkeit des Angebots nicht aufklären.*)

6. Bejaht ein Auftraggeber im Teilnahmewettbewerb die Eignung eines Bewerbers, begründet er zu dessen Gunsten einen Vertrauenstatbestand. Ob dies einem rechtsschutzsuchenden anderen Unternehmen entgegengehalten werden kann, ist dagegen zweifelhaft.*)

7. Bei der Eignungsprüfung darf der Auftraggeber von einer Überprüfung von Eigenerklärungen absehen, soweit keine begründeten Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.*)

8. Nach Auslegung verbleibende Unklarheiten und Widersprüche bei Eignungsanforderungen gehen grundsätzlich zu Lasten des Auftraggebers.*)

9. Zur Ermittlung der Verwaltungsgebühr für die Tätigkeit der Vergabekammer bei einer Konzession.*)

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VPRRS 2022, 0283
DienstleistungenDienstleistungen
Fachpersonal muss schon bei Angebotsabgabe zur Verfügung stehen!

VK Sachsen, Beschluss vom 01.08.2022 - 1/SVK/010-22

1. Nimmt eine Bietergemeinschaft an einem Vergabeverfahren teil, muss die Rüge eines Vergaberechtsverstoßes von sämtlichen Mitgliedern der Bietergemeinschaft geltend gemacht werden. Macht hingegen lediglich ein Mitglied der Bietergemeinschaft die Verletzung von Bewerber- oder Bieterrechten geltend, ist ein späterer Nachprüfungsantrag der Bietergemeinschaft mangels ordnungsgemäßer Rüge unzulässig, wenn die Bietergemeinschaft das Mitglied nicht zur Rüge ermächtigt hat oder die Ermächtigung nicht spätestens mit der Rüge offengelegt wird.*)

2. Es ist nicht erforderlich, dass dem Bieter im Zeitpunkt der Wertung der Angebote oder der Zuschlagserteilung die zur Leistungserbringung erforderlichen Mittel bereits zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für Personal, das erst auf der Grundlage des erteilten Auftrags für den Bieter erforderlich ist und arbeitsvertraglich gebunden werden muss. Etwas anderes gilt dann, wenn es sich bei den zu vergebenden Dienstleistungen um solche handelt, für die auf dem Arbeitsmarkt nur eine begrenzte Anzahl an geeigneten Mitarbeitern zur Verfügung steht, so dass von einer jederzeitigen Verfügbarkeit nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann. In einem solchen Fall ist erforderlich, dass der Bieter in seinem Angebot konkret darlegen kann, aus welchen Gründen ihm das zur Auftragserfüllung erforderliche Personal bei Vertragsbeginn tatsächlich zur Verfügung stehen wird.*)

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VPRRS 2022, 0282
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Unaufklärbare Widersprüche sind erkennbar und zu rügen!

VK Rheinland, Beschluss vom 18.11.2022 - VK 35/22

1. Ein Nachprüfungsantrag kann formwirksam über ein besonderes elektronisches Behördenpostfach gestellt werden.*)

2. Bei der Auslegung widersprüchlicher Vergabebedingungen müssen sich Bewerber bzw. Bieter fragen, was die Vergabestelle aus ihrer Interessenlage heraus wirklich gewollt hat.*)

3. Unaufklärbare Widersprüche in Vergabebedingungen sind grundsätzlich als Vergabeverstoß erkennbar.*)

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VPRRS 2022, 0244
PlanungsleistungenPlanungsleistungen
Auftragswert von Planerleistungen: HOAI ist kein Maßstab (mehr)!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.01.2022 - 1 VK 64/21

1. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Auftragswertschätzung durch den Auftraggeber zum maßgebenden Zeitpunkt, ist die Vergabekammer zur eigenständigen Wertermittlung berechtigt und verpflichtet.

2. Maßgebend ist der Verkehrs- oder Marktwert, zu dem eine bestimmte Leistung zu dem für die Kostenschätzung maßgebenden Zeitpunkt zu erwerben ist. Dabei kommt den eingegangenen Angeboten für die Schätzung entscheidende Bedeutung zu.

3. Da die HOAI kein verbindliches Preisrecht und dementsprechend keine verbindlichen Regelungen für die Berechnung der Entgelte für bestimmte Leistungen enthält, besteht bei der Schätzung des voraussichtlichen Honorarvolumens für eine Berechnung ausgehend von geschätzten anrechenbaren Kosten auf Basis der Vergütungssystematik der HOAI kein zwingender Grund mehr.

4. Kann mit Preisangeboten unterhalb der Vergütungssystematik der HOAI gerechnet werden, darf die Auftragswertschätzung hierauf gestützt werden.

5. ...

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VPRRS 2022, 0196
ITIT
Verstoß gegen das Datenschutzrecht führt zum Angebotsausschluss!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.07.2022 - 1 VK 23/22

1. Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind, werden vom Vergabeverfahren ausgeschlossen.

2. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn das Unternehmen von den Vorgaben der Vergabeunterlagen inhaltlich abweicht und im Ergebnis eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet.

3. Der Begriff der Änderung setzt nicht voraus, dass das Unternehmen formell den Wortlaut der Vergabeunterlagen abändert, etwa durch Ergänzungen oder Streichungen.

4. Bietet ein Unternehmen - anders als in der Ausschreibung gefordert - keine mit dem anwendbaren Datenschutzrecht zu vereinbarende Leistungserbringung an, liegt eine Änderung der Vergabeunterlagen vor.

5. ...

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VPRRS 2022, 0187
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Vorgabe eines anteiligen Selbstausführungsgebots ist rechtzeitig zu rügen!

VK Sachsen, Beschluss vom 25.06.2021 - 1/SVK/009-21

1. Bieter, die sich auf ein Verhandlungsverfahren nicht einlassen wollen, müssen eine entsprechende Rüge gegenüber dem Auftraggeber im Vorfeld der Verfahrensbeteiligung aussprechen. Denn einem durchschnittlichen Bieter müssen mit Benennung der Verfahrensart die möglichen negativen Folgen des Verhandlungsverfahrens also beispielsweise im Rahmen von Verhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden, bewusst sein.*)

2. Bei der teilweisen Untersagung der Möglichkeit der Einbindung von Nachunternehmern in die zu kalkulierende Leistungserbringung handelt es sich um einen Umstand, der sich einem Bieter bei der Kalkulation aufdrängen und somit im Vorfeld der Angebotsabgabe gerügt werden muss. Die Unzulässigkeit der Vorgabe eines anteiligen Selbstausführungsgebots und ein damit verbundenes Verbot der prozentualen Einbindung von Unterauftragnehmern ist angesichts der Regelungen in § 6d EU VOB/A 2019 erkennbar. Darüber hinaus ist auch die dazu ergangene Rechtsprechung eindeutig.*)

3. Ist ein Antragsteller mit bestimmten Rechtsverstößen präkludiert, liegt es grundsätzlich nicht im Ermessen der Vergabekammer, solche Rechtsverstöße dennoch zu prüfen. Sie dürfen dann weder unmittelbar noch mittelbar wieder von Amts wegen aufgegriffen werden, jedenfalls so lange eine Wertung der Angebote noch möglich ist.*)

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VPRRS 2022, 0164
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Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Kommunale Wohnungsbaugesellschaft ist öffentlicher Auftraggeber!

VK Hessen, Beschluss vom 18.11.2021 - 69d-VK-3/2021

1. Die Beurteilung, ob eine Aufgabe "nichtgewerblicher Art" vorliegt, kann nicht abstrakt festgestellt werden, sondern ist durch Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist der Begriff des öffentlichen Auftraggebers jedoch weit auszulegen.

2. Ob eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nichtgewerblicher Art vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die zur Gründung der betreffenden Einrichtung geführt haben, und der Voraussetzungen, unter denen sie ihre Tätigkeit ausübt, zu beurteilen.

3. Der soziale Wohnungsbau und die soziale Wohnraumförderung stellen als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar. In diesem Bereich tätige kommunale Wohnungsbaugesellschaften üben die im Allgemeininteresse liegende Aufgabe regelmäßig auch dann in nichtgewerblicher Art aus, wenn sie daneben in Gewinnerzielungsabsicht unter Marktbedingungen Wohnraum anbieten.

4. Es entspricht dem typischen Bild heutiger kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, dass sie die Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung mit der Tätigkeit eines nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agierenden Wohnungsunternehmens verbinden. Das ändert nichts daran, dass die im Allgemeininteresse liegende besondere Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung eine solche nichtgewerblicher Art ist.

5. Um als Rüge zu gelten, muss die fragliche Äußerung des späteren Antragstellers gegenüber der Vergabestelle zwar nur erkennen lassen, dass er einen bestimmten Sachverhalt als Vergaberechtsverstoß ansieht und eine Abhilfe erwartet.

6. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller persönlich - ohne Anwalt - sowohl Rüge als auch das Verfahren vor der Vergabekammer betreiben kann, dürfen an den Wortlaut auch keine hohen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere muss eine Rüge nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden.

7. Ein Schreiben erfüllt nur dann die Anforderungen einer Rüge, wenn nach dem objektiven Empfängerhorizont zumindest durch Auslegung eindeutig erkennbar ist, dass nicht nur eine Anregung zur Optimierung eines Vergabeverfahrens gegeben werden soll, sondern ein Rechtsfehler geltend gemacht wird.

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VPRRS 2022, 0104
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Vorgabe für Hauptangebot = Mindestanforderung für Nebenangebot?

OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.03.2022 - 11 Verg 10/21

1. Auch von einem fachkundigen und erfahrenen Bieter darf nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass er i.S.v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB weiß, dass eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, als konkludent aufgestellte Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen ist.*)

2. Eine bestimmte Vorgabe im Leistungsverzeichnis, die für das Hauptangebot gilt, ist nicht ohne Weiteres als Mindestanforderung für Nebenangebote auszulegen. Gegen eine Auslegung der Vorgabe als Mindestanforderung für Nebenangebote kann sprechen, dass eine Mehrzahl von Bietern, die sich am Vergabeverfahren beteiligten, Nebenangebote abgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprachen.*)

3. Lässt der öffentliche Auftraggeber nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A Nebenangebote zu, hat er nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b VOB/A Mindestanforderungen festzulegen, denen die Nebenangebote genügen müssen. Diese Bestimmung schützt die Bieter, die Nebenangebote abgeben möchten, davor, dass ihre Nebenangebote mit der Begründung zurückgewiesen werden, sie seien gegenüber dem Hauptangebot minderwertig und wichen davon unannehmbar ab. Für eine unbenannte, nicht näher determinierte und damit intransparente Gleichwertigkeitsprüfung zwischen Haupt- und Nebenangeboten lässt § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b VOB/A zum Schutz der Bieter keinen Raum.*)

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VPRRS 2022, 0093
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Konzeptbewertung muss Auftragsbezug haben!

OLG Schleswig, Beschluss vom 04.02.2022 - 54 Verg 9/21

1. Ein Antragsteller hat ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB, wenn die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag nur teilweise durch Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in ein früheres Stadium stattgegeben hat, ohne den Zuschlag wegen weiterer erhobener Rügen zu verbieten.*)

2. An eine Rüge eines Bieters in einem Vergabeverfahren sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann auch als Frage formuliert sein, solange der Bieter deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet.*)

3. Einem Konzept, in dem die Bieter lediglich allgemein die Vorteile des Beschaffungsgegenstandes beschreiben sollen, fehlt der notwendige Auftragsbezug, weil dadurch das qualitativ beste Angebot nicht ermittelt werden könnte.*)

4. Einem Konzept, in dem geplante Neuerungen und Innovationen beschrieben werden sollen, fehlt tendenziell der Auftragsbezug, weil es tendenziell nicht um die nachgefragte Leistung, sondern um eine möglicherweise in Zukunft anzubietende Leistung geht, für die ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden müsste.*)

5. Zwischen der in einem Konzept geforderten Darstellung der angebotenen Leistung und den Kriterien eines Bewertungsschemas muss ein objektiver Zusammenhang hergestellt werden können.*)

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VPRRS 2022, 0062
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Vergaberechtsverstoß in der Bekanntmachung: 15-tägige Rügefrist läuft!

OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.12.2021 - 6 U 177/21 Kart

Nach der Auswahlentscheidung im Verfahren nach § 47 EnWG können nur Rechtsverletzungen im Rahmen der Auswahlentscheidung gerügt werden, die aus der Information nach § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG erkennbar sind. Rechtsverletzungen, die bereits aufgrund der Bekanntmachung der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens mit den vorangegangenen Verfahrensbriefen erkennbar waren, müssen nach § 47 Abs. 2 EnWG innerhalb von 15 Kalendertagen ab deren Zugang gerügt werden. Die in der vorangegangenen Stufe rügbaren Rechtsverletzungen können weder erstmals und noch gar erneut in der nachfolgenden Stufe geltend gemacht werden.*)

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VPRRS 2022, 0051
Mit Beitrag
Abfallbeförderung/-entsorgungAbfallbeförderung/-entsorgung
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Auftragswertschätzung?

OLG Koblenz, Beschluss vom 01.09.2021 - Verg 1/21

1. Ob der Auftragswert den maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder überschreitet, ist vom öffentlichen Auftraggeber durch eine Schätzung zu ermitteln.

2. Die Kostenschätzung ist als ein der eigentlichen Ausschreibung vorgeschalteter Vorgang mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet; sie kann daher nicht an den gleichen Maßstäben wie das Angebot der Teilnehmer am Ausschreibungsverfahren gemessen werden. Sie ist eine Prognose, die dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise erarbeitet wurde.

3. Methodisch setzt die Schätzung des Auftragswerts zudem eine ernsthafte, realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert. Der Auftraggeber muss eine Methode wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzergebnis ernsthaft erwarten lässt, und der Schätzung zutreffende Daten zu Grunde legen.

4. Pflichtgemäß geschätzt ist ein Auftragswert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung bei der geplanten Beschaffung veranschlagen würde.

5. Ein Unternehmen, das die Möglichkeit hatte, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, muss nicht vorab die unterlassene europaweite Bekanntmachung bei einer De-facto-Vergabe rügen.

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VPRRS 2022, 0042
DienstleistungenDienstleistungen
Auch im offenen Verfahren können qualitative Mindeststandards vorgegeben werden!

VK Bund, Beschluss vom 21.01.2022 - VK 2-131/21

1. Auch bei einem offenen Verfahren ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festzulegen.

2. Ein Angebot, das die Mindestpunktzahl nicht erreicht, entspricht grundsätzlich nicht den Bedürfnissen des öffentlichen Auftraggebers und muss bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots nicht berücksichtigt werden.

3. Hat der Auftraggeber für die Konzeptbewertung ein Wertungssystem nach Schulnoten aufgestellt, kann er nicht sämtliche denkbaren konzeptionellen Lösungsansätze der Bieter vorhersehen und abstrakt vorab bewerten. Dementsprechend sind das Wertungssystem bzw. die Vorgaben, unter welchen konkreten Bedingungen ein Konzept mit welcher Note zu bewerten ist, zwangsweise nicht abschließend bestimmt.

4. Dass ein Wertungskriterium keinen Bezug zum Auftragsgegenstand hat, ist ein für einen durchschnittlichen Bieter erkennbarer Vergaberechtsverstoß, der rechtzeitig gerügt werden muss, um zulässiger Gegenstand im Nachprüfungsverfahren zu sein.

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VPRRS 2022, 0041
VerkehrVerkehr
Preisabstand unter 20%: Keine Pflicht zur Preisprüfung!

VK Bund, Beschluss vom 20.01.2022 - VK 2-135/21

1. Es bedarf einer Preisprüfung durch den öffentlichen Auftraggeber, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung dem Auftraggeber ungewöhnlich niedrig erscheinen.

2. Hierfür ist das Überschreiten einer Aufgreifschwelle erforderlich, um den Auftraggeber zu einer entsprechenden Preisaufklärung zu veranlassen. Denn grundsätzlich sind - auch deutliche - Preisabstände zwischen Angeboten einem Vergabewettbewerb immanent.

3. Eine Preisprüfung kommt daher nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine Unauskömmlichkeit bestehen, was der Fall ist, wenn sich einzelne Angebote erheblich von anderen Angeboten oder von der Kostenschätzung des Auftraggebers absetzen. Die Aufgreifschwelle liegt bei einem Abstand von mindestens 20% des betroffenen zum nächsthöheren Angebot.

4. Einen durchschnittlich fachkundigen Bieter als Rahmenvertragspartner des Auftraggebers kann ohne Weiteres nach Kenntnisnahme der Angebotsaufforderung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erkennen, dass er für ein konkretes Angebot anderen kalkulationsrelevanten Vorgaben zu folgen hat, als im Verfahrensleitfaden gemäß Rahmenvereinbarung festgelegt worden ist, und dies rügen.

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VPRRS 2022, 0033
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Auftraggeber darf abgegebenem Leistungsversprechen vertrauen!

VK Bund, Beschluss vom 22.12.2021 - VK 2-125/21

1. Der Auftraggeber darf bei einem Fachunternehmen auf das mit dem Angebot abgegebene Leistungsversprechen, den Auftrag nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses auszuführen, vertrauen.

2. Selbst wenn das Standardprodukt eines Bieters bestimmte Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfüllt, ist eine individuelle Anpassung an die Vorgaben des konkreten Auftrags durch ein Fachunternehmen zur anforderungskonformen Leistungserbringung möglich.

3. Kennt ein Bieter die Produktpalette der Konkurrenz und ist er deshalb der Meinung, das Angebot eines Mitwerbers könne nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses entsprechen, ist seine diesbezügliche Rüge kein "Schuss ins Blaue".

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VPRRS 2022, 0025
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Das Bessere ist des Guten Feind (Voltaire)!

VK Lüneburg, Beschluss vom 02.12.2021 - VgK-42/2021

1. Die Schulnotenrechtsprechung des BGH (IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121) erfordert keine konkrete einzelfallbezogene Darstellung der Anforderungen für Best- und Mittelbewertungen. Es ist zulässig, vorab abstrakte Leistungsanforderungen zu setzen, die in der Dokumentation der Wertung konkret zugeordnet werden.

2. Ein Angebot, das die Anforderungen des Lastenhefts vollständig erfüllt, kann in der vergleichenden Bewertung gegenüber mehreren anderen Angeboten abfallen, weil die Angebote der Konkurrenten das Angebotsniveau insgesamt anheben, und zwar über das Lastenheft hinaus.

3. Die Bewertung des Angebots durch den öffentlichen Auftraggeber erfolgt auf der Grundlage, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.

4. ...

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VPRRS 2022, 0019
Mit Beitrag
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Auch Vergaberechtsverstöße im Unterschwellenbereich sind zu rügen!

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.10.2021 - 1 U 93/20

1. Eine vergabespezifische Nachprüfungsmöglichkeit nach Landesrecht schließt das Recht auf Anrufung eines Zivilgerichts grundsätzlich aus.

2. Auch bei Auftragsvergaben außerhalb der EU-Schwellenwerte ist ein Bieter gehalten, erkannte oder erkennbare Vergaberechtsverstöße umgehend zu rügen. Anderenfalls ist sein auf primären Rechtsschutz gerichteter Antrag unzulässig.

3. Schließt der Auftraggeber einen Bieter zu Recht (hier: wegen einer unzulässigen Mischkalkulation) vom Vergabeverfahren aus, steht dem Bieter mangels Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften kein Anspruch auf Untersagung des Zuschlags an ein anderes Bieterunternehmen zu.

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VPRRS 2022, 0018
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Rügeobliegenheit besteht auch bei Unterschwellenvergaben!

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.09.2021 - 1 U 93/20

1. Eine vergabespezifische Nachprüfungsmöglichkeit nach Landesrecht schließt das Recht auf Anrufung eines Zivilgerichts grundsätzlich aus.

2. Auch bei Auftragsvergaben außerhalb der EU-Schwellenwerte ist ein Bieter gehalten, erkannte oder erkennbare Vergaberechtsverstöße umgehend zu rügen. Anderenfalls ist sein auf primären Rechtsschutz gerichteter Antrag unzulässig.

3. Schließt der Auftraggeber einen Bieter zu Recht wegen einer unzulässigen Mischkalkulation vom Vergabeverfahren aus, steht Bieter mangels Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften kein Unterlassungsanspruch zu.

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VPRRS 2022, 0017
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Nur ein BIEGE-Mitglied muss leistungsfähig sein!

VK Bund, Beschluss vom 26.10.2021 - VK 1-108/21

1. Sämtliche Eignungskriterien und Nachweise sind entweder unmittelbar und vollständig in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen oder können durch einen Link auf ein Dokument, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergeben, hinterlegt werden. Maßgebend ist, dass am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu dem Formblatt mit den Eignungsnachweisen gelangen können.

2. Sind die verlinkten Dokumente mit den Anforderungen nicht vollständig deckungsgleich mit den in den Bewerbungsbedingungen aufgeführten Eignungsanforderungen, führt das nicht zu einem grundlegenden Mangel der bekanntgemachten Eignungsanforderungen, sondern lediglich dazu, dass in der Eignungsprüfung keine strengeren Anforderungen als bekannt gemacht angelegt werden dürfen.

3. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit kommt es auf die einer Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehenden Kapazitäten an. Fachkunde und Leistungsfähigkeit sind daher schon dann als nachgewiesen anzusehen, wenn aussagekräftige Unterlagen für ein oder mehrere Mitglieder der Bietergemeinschaft vorgelegt worden sind und diese das ausgeschriebene Leistungsspektrum abdecken. Einzelnen Mitgliedern verfügbare Eigenschaften sind der Bietergemeinschaft zuzurechnen.

4. ...

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Online seit 2021

VPRRS 2021, 0302
DienstleistungenDienstleistungen
Wie aussagekräftig müssen die Gründe der Nichtberücksichtigung sein?

VK Bund, Beschluss vom 29.10.2021 - VK 2-109/21

1. Die im Vorabinformationsschreiben mitzuteilenden Gründe der Nichtberücksichtigung müssen so aussagekräftig sein, dass sie es einem betroffenen Bieter ermöglichen, die Zuschlagsentscheidung zu prüfen und zu beurteilen, ob ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet wird.

2. Der Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens ist unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind (§ 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB).

3. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder auf einen Feiertag, wird das Fristende auf den Ablauf des nächsten Werktags hinausgeschoben.

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VPRRS 2021, 0288
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Müssen unklare Vergabeunterlagen gerügt werden?

OLG Celle, Beschluss vom 12.10.2021 - 13 Verg 7/21

1. Die Beendigungswirkung nach § 177 GWB greift nur ein, wenn die sachliche Beurteilung eines Vergabefehlers für die Entscheidung des Beschwerdegerichts im Zwischenverfahren nach § 176 GWB entscheidungserheblich war.*)

2. Unklarheiten der Vergabeunterlagen begründen nur unter gesteigerten Voraussetzungen eine Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Nr. 2, 3 GWB.*)

3. In vergaberechtswidriger Weise nicht mehr eindeutig sind Vergabeunterlagen, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben oder das zutreffende Verständnis der Vergabeunterlagen eine besondere Gesamtschau erfordert, die von den Bietern oder Bewerbern im Vergabewettbewerb erfahrungsgemäß nicht geleistet wird oder nicht geleistet werden kann (Anschluss an OLG Düsseldorf, IBR 2018, 278 = VPR 2018, 123).*)

4. Ein Nachprüfungsantrag hat trotz eines festzustellenden Vergaberechtsfehlers nur dann keinen Erfolg, wenn sich dieser Vergaberechtsfehler nicht nachteilig auf die Rechtsstellung des Antragstellers ausgewirkt haben kann.*)

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VPRRS 2021, 0271
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Rüge muss sich zumindest auf konkrete Indizien stützen!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.06.2021 - 1 VK 32/21

1. Ein Feststellungsantrag ist nur zulässig, wenn ein anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art vorgetragen und dargelegt wird, das geeignet ist, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern.

2. Als Voraussetzung für die Begründetheit des Feststellungsantrags muss der ursprüngliche Nachprüfungsantrag zulässig gewesen sein.

2. Ein Feststellungsantrag ist nur begründet, wenn eine ordnungsgemäße Rüge erfolgt ist, die sich auf konkret vorgetragene Anhaltspunkte oder zumindest Indizien stützt.

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VPRRS 2021, 0263
Mit Beitrag
ITIT
Unklarheiten in den Vergabeunterlagen gehen nicht zu Lasten der Bieter!

VK Nordbayern, Beschluss vom 20.08.2021 - RMF-SG21-3194-6-29

1. Eine Verpflichtung zur Rügeerhebung nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB bis zur Angebotsabgabe besteht nur dann, wenn der Verstoß aus den Vergabeunterlagen erkennbar ist.*)

2. Von der Vergabestelle verursachte Unklarheiten dürfen nicht zu Lasten der Bieter gehen.*)

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VPRRS 2021, 0236
Mit Beitrag
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Bieter muss vergaberechtswidrige Umrechnungsmethode rechtzeitig rügen!

OLG Naumburg, Beschluss vom 01.03.2021 - 7 Verg 1/21

1. Zu der im Rahmen von § 173 Abs. 2 GWB vorzunehmenden Abwägung der Interessen eines Bieters, dessen Angebot in der engeren Wahl steht, am effektiven Rechtsschutz gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.*)

2. In einem zweistufigen Vergabeverfahren fehlt einem Teilnehmer die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB für die Rüge der vermeintlich fehlerhaften Bekanntmachung der Eignungskriterien, wenn sowohl er selbst als auch der für den Zuschlag vorgesehene Bieter unter Berücksichtigung dieser Kriterien als geeignet ausgewählt wurden.*)

3. Die Bekanntmachung von Eignungskriterien ist wirksam erfolgt, wenn die Einzelanforderungen zwar nicht im Bekanntmachungstext selbst, aber in einem Dokument aufgeführt sind, welches mit einem einfachen Klick (sog. Deep Link) ohne weiteres für jedes am Auftrag interessierte Unternehmen zugänglich ist.*)

4. a) Die Vorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist entsprechend anwendbar, wenn der Auftraggeber in einem Verhandlungsverfahren eine Ausschlussfrist für die Einreichung von sog. Erstangeboten setzt (Bestätigung von OLG Naumburg, IBR 2012, 168, "Altpapierverwertungsanlage").*)

b) Bei der Beurteilung der Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes i.S.v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GWB ist ein objektiver Maßstab anzulegen, d. h. es kommt darauf an, was ein fachkundiges Unternehmen des angesprochenen Bieterkreises bei Anwendung der im Vergabeverfahren üblicherweise anzuwendenden Sorgfalt zu erkennen vermochte. Hierfür ist gegebenenfalls auch zu berücksichtigen, dass sich eine Ausschreibung an eine relativ überschaubare Anzahl von hochspezialisierten Unternehmen richtet, welche jeweils einen bedeutenden Anteil an ihrem Gesamtumsatz mit öffentlichen Aufträgen erwirtschaften und wegen der typischerweise hohen Nettoauftragswerte regelmäßig an EU-weiten Ausschreibungen teilnehmen.*)

c) Für einen solchen Bieter ist ohne weiteres erkennbar, dass eine Umrechnungsmethode der Angebotspreise in Preispunkte, bei welcher die Punkteverteilung nach Platzierung erfolgt, dazu führt, dass Preisabstände nicht in vollständig adäquate Punktabstände überführt werden, und dass dies im Einzelfall auch zu seinem Nachteil im Wettbewerb gereichen kann.*)

5. Grundsätzlich ist ein öffentlicher Auftraggeber nur dann zu einer Prüfung der Richtigkeit bzw. Realisierbarkeit eines Leistungsversprechens des Bieters verpflichtet, wenn konkrete Tatsachen dieses Leistungsversprechen von vorneherein als nicht plausibel erscheinen lassen.*)

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VPRRS 2021, 0223
RügeobliegenheitRügeobliegenheit
Wann ist ein Vergaberechtsverstoß "erkennbar"?

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 05.11.2020 - 2 VK 3/19

Zu der Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes.

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VPRRS 2021, 0216
Abfallbeförderung/-entsorgungAbfallbeförderung/-entsorgung
Bieter muss drohende de-facto-Vergabe rügen!

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.04.2021 - VK 2-5/21

1. Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Der Gesamtwert bestimmt sich nach der Summe aller Kosten der nachgefragten Leistungen unter Berücksichtigung sämtlicher Geldströme.

2. Werden dem Auftragnehmer werthaltige Sachen zur zeitnahen Verwertung mit der Verpflichtung überlassen, dem Auftraggeber hierfür einen bestimmten Geldbetrag pro Tonne zurückzuzahlen, ist nicht der bloße Wert der überlassenen Sachen der Auftragswertschätzung zugrunde zu legen. Maßgeblich ist insoweit, was der Auftragnehmer vom Auftraggeber für die Ausführung des Auftrags als Entgelt erhält.

3. Wird die gesammelte Abfallmenge nicht dem Auftragnehmer übereignet, sondern ihm lediglich zur zeitnahen Verwertung überlassen und zwar einerseits mit der Verpflichtung des Auftragnehmers, dem Auftraggeber hierfür einen bestimmten Geldbetrag pro Tonne zurückzuzahlen, andererseits mit dem Anspruch des Auftragnehmers für die Verwertungsdienstleistung einen vertraglich vereinbarten Ausgleichsbetrag pro Tonne Altpapier zu erhalten, ist neben dem Rückzahlungsbetrag an den Auftraggeber auch die Höhe der Zahlungen des Auftraggebers an den Auftragnehmer zu berücksichtigen.

4. Ein öffentlicher Auftrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat, ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist, und dieser Verstoß im Nachprüfungsverfahren festgestellt wurde.

5. Eine Rügeobliegenheit besteht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB nicht. Allerdings entspricht es dem Zweck der Rügevorschriften, bei einer drohenden de-facto-Vergabe eine Rügeobliegenheit anzunehmen.

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