Vergabepraxis & -recht.
VPR 05/2018 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
für die Vergabe freiberuflicher Leistungen, die eine Aufgabe umfassen, deren Lösung vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, gelten besondere Regelungen (§ 73 VgV). Ob der Inhalt einer Aufgabenlösung eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist, richtet sich z. B. danach, ob dem Auftragnehmer lediglich Zielvorstellungen und ein Leistungsrahmen vorgegeben werden und er eigene Bewertungs- und Gestaltungsspielräume bei der selbstständig zu entwickelnden Aufgabenlösung hat. Nach Ansicht des VG Lüneburg ist eine Leistung dagegen vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar, wenn ohne weitere Verhandlungen ein bereits vorliegendes Konzept umgesetzt werden soll. Deshalb sind „Text und Organisation von Informationstafeln“ nach VOL/A und nicht nach VOF zu vergeben ( S. 174).
Werden Vergabeunterlagen online zum Abruf bereitgestellt, sollten Eignungskriterien und geforderte Nachweise unmittelbar aus dem Bekanntmachungstext ersichtlich sein. Deshalb genügt es für eine wirksame Bekanntmachung nicht, wenn lediglich auf eine allgemeine Internetseite verwiesen wird, wo sich die Bieter aus Unterlagen zahlreicher dort gespeicherter Vergabeunterlagen die passenden heraussuchen können. Das hat die VK Südbayern entschieden ( S. 180).
Bei der Wahl einer bestimmten Methode zur Preisumrechnung ist der Auftraggeber frei. Die gewählte Methode kann nur dann vergaberechtlich beanstandet werden, wenn sie wegen besonderer Umstände nicht mit dem Leitbild des Vergabewettbewerbs vereinbar ist. Da keine Methode existiert, die frei von potenziellen Verzerrungen ist, hält die VK Bund auch die Durchschnittsmethode für eine geeignete Bewertungsmethode. Nach ihrer Auffassung ist ein gewisser „Flipping-Effekt“, d. h. dass eine Angebotswertung von der Wertung anderer Angebote abhängt, hinzunehmen ( S. 177).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Schriftleiter der VPR