Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
245 Entscheidungen insgesamt
Online seit 16. Oktober
VPRRS 2024, 0203OLG Celle, Urteil vom 27.08.2024 - 13 U 5/23 (Kart)
Zu den Grundsätzen, die für die Nachprüfung der Entscheidung der Gemeinde in einem Wasserkonzessionsvergabeverfahren gelten.*)
VolltextOnline seit 6. August
VPRRS 2024, 0157OLG Naumburg, Urteil vom 15.12.2023 - 6 U 5/23 (EnWG)
1. Der in § 47 Abs. 2 Satz 4 EnWG angeordnete Neubeginn des Laufs der Rügefrist tritt nur dann ein, wenn die Akteneinsicht nach § 47 Abs. 3 EnWG zwingend zu gewähren war, um die Transparenz der Auswahlentscheidung herzustellen, und nicht bereits dann, wenn die Gemeinde – z. B. nach Zustimmung des betroffenen Teilnehmers – weitere Akteneinsicht (hier in Teile des Angebots eines Mitbewerbers) zur Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens gewährt.*)
2. a) Auch wenn § 47 Abs. 3 EnWG ein weitgehend voraussetzungsloses Akteneinsichtsrecht des übergangenen Teilnehmers am Konzessionsvergabeverfahren gewährt, ist der Umfang der Akteneinsicht wegen der Akzessorietät dieses dienenden Rechts zum konkreten materiellen Begehren (hier: Abwehrrecht gegen eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung der Gemeinde bei der Vergabe von Stromwegenutzungsrechten) sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Beschleunigungsgrundsatzes auf diejenigen Teile der Dokumentation des Konzessionsvergabeverfahrens beschränkt, die erforderlich sind, um dem Antragsteller ausreichend Gelegenheit zu geben, seine vorgenannten Rechte zu wahren.*)
b) Nach diesen Maßstäben genügt die Gemeinde, welche ein Konzessionsvergabeverfahren nach § 46 EnWG durchführt, ihrer Verpflichtung zur Akteneinsicht nach § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG regelmäßig durch die Gewährung von Einsicht in den vollständigen und ungeschwärzten Auswertungsvermerk, welcher Grundlage der Entscheidung des zuständigen Gemeindeorgans über die Auswahl des neuen Konzessionsnehmers ist. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieser Auswertungsvermerk naturgemäß nur ein Bruchteil des Inhalts und der Erläuterungen der jeweils zu bewertenden Angebote enthält, wenn aus dem Vermerk deutlich wird, worauf es der Gemeinde in welchem Maße für seine Bewertung ankam.*)
c) Der bloße und anlasslose Verdacht, dass der Auswertungsvermerk eine selektive oder gar verfälschende Darstellung des Angebotsinhalts beinhalte, rechtfertigt keinen Anspruch auf vollständigen Einblick des Anspruchstellers in die Angebote seiner Konkurrenten. Über ein Einsichtsrecht in ein Konkurrenzangebot ist jedenfalls erst in einem zweiten Schritt zu entscheiden, wenn die Einsichtnahme in den Auswertungsvermerk der Gemeinde ergibt, dass diese dem Einsicht nehmenden Unternehmen zur Rechtswahrung nicht ausreicht.*)
3. Die gerichtliche Nachprüfung der Auswahlentscheidung der Gemeinde nach § 46 EnWG beschränkt sich auch im einstweiligen Rechtsschutz nicht auf eine summarische Prüfung, sondern umfasst eine umfassende gerichtliche Kontrolle jeder zulässig und wirksam erhobenen Rüge.*)
VolltextOnline seit Juli
VPRRS 2024, 0130LG Mannheim, Urteil vom 21.02.2024 - 14 O 173/22 Kart
1. Eine Nichtbeachtung der Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens begründet nicht zwangsläufig die Nichtigkeit des Konzessionsvertrags.
2. Die Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an zügiger Rechtssicherheit, die es für einen funktionierenden und effektiven Wettbewerb um Netze sowie für den Netzausbau bedarf, führt grundsätzlich dazu, dass die Nichtigkeitsfolge nicht (mehr) eingreift, wenn die von den Rechtsfehlern nachteilig betroffenen Bieter ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Rechte zu wahren, diese Möglichkeit jedoch nicht nutzten. Gleiches gilt, soweit die betroffenen Bieter die zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten erfolglos genutzt haben.
3. Einer formal rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG kommt materielle Rechtskraft in dem Sinne zu, dass über die dort geltend gemachten Rechtsverletzungen i.S. des § 47 Abs. 1 EnWG zumindest mit Wirkung für die Verfahrensbeteiligten abschließend und endgültig entschieden wird.
VolltextVPRRS 2024, 0128
OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.06.2024 - 6 U 222/23
1. Auslegung und Anwendung von §§ 1, 46 EnWG, § 19 GWB, wonach es bei der Neuvergabe der Wegenutzungsrechte für den Betrieb des Gasversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung i.S.v. § 46 Abs. 2 EnWG zulässig ist, dass die Gemeinde mit einem Auswahlkriterium "Preisgünstige Versorgung" ein Angebot umso besser zu bewertet, je niedriger die prognostizierten Netznutzungsentgelte und Netzanschlusskosten jeweils betreffend das kommunale Netzgebiet sind, widersprechen zweifelsfrei und offensichtlich nicht Art. 39 bis 41 der Richtlinie 2009/73/EG vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt (ABl. L 211/94).*)
2. Im Übrigen verstieße die Gemeinde mit so gestalteten Auswahlkriterien selbst dann nicht gegen sie im Verhältnis zu Bewerbern treffende Pflichten, wenn diese Richtlinie (wenigstens in Verbindung mit dem Loyalitäts- und Effektivitätsgrundsatz) den Mitgliedsstaaten im Ergebnis untersagen würde, dies zuzulassen.*)
VolltextOnline seit Juni
VPRRS 2024, 0105OLG Celle, Urteil vom 30.04.2024 - 13 U 34/23
1. Dem in einem Verfahren zur Konzessionsvergabe nach § 46 EnWG unterlegenen Bieter steht gem. § 33 Abs. 1, 2, § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB kein Anspruch auf gerichtliche Untersagung des Abschlusses eines Wegenutzungsvertrags allein wegen einer unterbliebenen oder unzureichend gewährten Akteneinsicht gem. § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG zu. Die unterbliebene oder unzureichend gewährte Akteneinsicht kann im Verfahren gem. § 47 Abs. 5 EnWG nicht im Wege einer eigenständigen Rüge, sondern lediglich als Transparenzmangel der Auswahlentscheidung geltend gemacht werden (Abgrenzung von KG, Urteil vom 24.09.2020 - 2 U 93/19, VPRRS 2021, 0010).*)
2. Bei der Untersagung des Abschlusses eines Stromkonzessionsvertrags bis zur Gewährung ausreichender Akteneinsicht gem. § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand als bei einer Untersagungsverfügung, die auf eine fehlerhafte Auswahlentscheidung der Gemeinde gestützt wird.*)
3. Hat das erstinstanzliche Gericht ausdrücklich keine der gegen die Auswahlentscheidung erhobenen materiellen Rügen geprüft, sondern eine Untersagung der Konzessionsvergabe schon und allein wegen der nach seiner Auffassung unzureichenden Akteneinsicht für gerechtfertigt gehalten, kann in dem von der Gemeinde angestrengten Berufungsverfahren die Auswahlentscheidung nicht erstmals auf die von dem unterlegenen Bieter gerügten Fehler geprüft werden, wenn dieser keine (Anschluss-)Berufung erhoben hat.*)
4. Wird durch die Gemeinde gem. § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG (weitergehend) Akteneinsicht erteilt, beginnt nach der gesetzlichen Konzeption auch das Rügeverfahren erneut und kann dann in eine weitere Beantragung einer einstweiligen Verfügung auf der Grundlage des durch die Akteneinsicht vorgegebenen Sachverhalts münden, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Rügen aufgrund der neuen Akteneinsicht erstmals erkennbar waren (Abgrenzung von OLG Stuttgart, Urteil vom 25.05.2023 - 2 U 201/22, VPRRS 2023, 0138).*)
5. Beginnt das Rügeverfahren aufgrund einer gewährten (weitergehenden) Akteneinsicht von Neuem, darf ein Wegenutzungsvertrag bis zum Ablauf der Fristen gem. § 47 Abs. 2 Sätze 3, 4 EnWG und § 47 Abs. 5 Satz 1 EnWG nicht abgeschlossen werden.*)
VolltextOnline seit Mai
VPRRS 2024, 0093OLG Celle, Beschluss vom 15.02.2024 - 13 U 43/22 (Kart)
1. Streitgegenstand eines Verfügungsverfahrens auf der Stufe des Konzessionsvergabeverfahrens nach der Wertung der verbindlichen Angebote und vor der beabsichtigten Zuschlagserteilung sind nicht einzelne gerügte Wertungsfehler, sondern ist die begehrte Unterlassung in der konkreten Verletzungsform - der beabsichtigten Konzessionsvergabe auf der Grundlage des fraglichen Ratsbeschlusses, dem wiederum die Beschlussvorlage nebst Bewertung der Angebote zugrunde liegt.*)
2. Dies erfordert nicht die Aufnahme der einzelnen gerügten bzw. festgestellten Wertungsfehler in den Antrag bzw. den Verbotstenor.*)
3. Eine unbillige Behinderung i.S.v. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB liegt nur dann vor, wenn gerügte Fehler in einem Umfang bestehen, dass sie Einfluss auf die Bieterreihenfolge gehabt haben können. Nur soweit es zur Beantwortung dieser Frage erforderlich ist, ist das Vorliegen einzelner Wertungsfehler festzustellen.*)
VolltextOnline seit Januar
VPRRS 2024, 0016BGH, Urteil vom 05.12.2023 - KZR 101/20
1. Dem Betreiber eines Fernwärmenetzes kann nach Beendigung eines befristeten Gestattungsvertrags ein Anspruch auf Einräumung von Nutzungsrechten an den im Eigentum einer Gemeinde stehenden Wegegrundstücken nur zustehen, wenn die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sämtlichen Interessenten den Bau paralleler Netzinfrastrukturen erlauben.*)
2. Eine Gemeinde kann von dem bisherigen Betreiber eines Fernwärmenetzes weder Verschaffung des Eigentums an den in ihren Grundstücken verlegten Leitungen noch Beseitigung der dadurch verursachten Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen, wenn die Gemeinde ein bereits begonnenes Auswahlverfahren für den Weiterbetrieb dieses Netzes nur ausgesetzt, aber nicht beendet hat und der bisherige Netzbetreiber an diesem Verfahren beteiligt ist.*)
VolltextOnline seit 2023
VPRRS 2023, 0234OLG Koblenz, Urteil vom 28.10.2021 - U 218/21 Kart
1. Gemeinden als marktbeherrschender Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet sind verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes in einem diskriminierungsfreien Wettbewerb auszuwählen.
2. Die Auswahl muss in einem transparenten Verfahren erfolgen und vorrangig an Kriterien auszurichten ist, die das Ziel des § 1 EnWG konkretisieren. Genügt die Konzessionsvergabe diesen Anforderungen nicht, liegt eine unbillige Behinderung derjenigen Bewerber vor, deren Chancen auf die Konzession dadurch beeinträchtigt wurden.
3. Eine unbillige Behinderung kann auch vorliegen, wenn die Gemeinde nach getroffener Auswahlentscheidung dem beteiligten Unternehmen eine gebotene Akteneinsicht versagt.
VolltextVPRRS 2023, 0228
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.05.2023 - 2 U 199/22
1. Die Gemeinden sind als marktbeherrschende Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes in einem diskriminierungsfreien Wettbewerb auszuwählen. Genügt die Konzessionsvergabe diesen Anforderungen nicht, liegt regelmäßig eine unbillige Behinderung derjenigen Bewerber vor, deren Chancen auf die Konzession dadurch beeinträchtigt worden sind.
2. Die Bewerber haben ein subjektives Recht der Bewerber auf eine transparente und diskriminierungsfreie Durchführung des Konzessionierungsverfahrens. Die Gemeinde ist verpflichtet, den Wettbewerb um das Netz in der gebotenen Weise jedenfalls alle zwanzig Jahre rechtzeitig zu eröffnen und nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens eine Vergabeentscheidung zu treffen.
3. Aus dem Diskriminierungsverbot folgt das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung von Vergabestelle und Bewerber. Es besteht ein Mitwirkungsverbot für solche Personen, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind. Hierzu zählt auch die Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats eines Bewerbers.
VolltextVPRRS 2023, 0204
EuGH, Urteil vom 21.09.2023 - Rs. C-510/22
Art. 106 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die dem Inhaber einer Exklusivlizenz zur Nutzung von Mineralwasserquellen die Möglichkeit einräumt, ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren die mehrfache Verlängerung seiner Lizenz für jeweils fünf Jahre zu erlangen, wenn diese Regelung dazu führt, dass der Lizenzinhaber durch die bloße Ausübung der ihm übertragenen Vorzugsrechte seine beherrschende Stellung auf einem wesentlichen Teil des Binnenmarkts missbräuchlich ausnutzt oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der er einen solchen Missbrauch begeht, was vom vorlegenden Gericht auf der Grundlage der ihm vorliegenden tatsächlichen und rechtlichen Angaben zu beurteilen ist.*)
VolltextVPRRS 2023, 0195
LG Dortmund, Urteil vom 16.05.2023 - 19 O 10/23 (Kart)
1. Städte und Gemeinden handeln bei Abschluss von Konzessionsverträgen kartellrechtlich als Unternehmen. Sie haben eine marktbeherrschende Stellung, weil ihnen auf dem relevanten Markt eine Monopolstellung zukommt, und sind als solche Normadressaten des Diskriminierungs- und Behinderungsverbots.
2. Wasserkonzessionsverträge sind solche Verträge, die den Betrieb von Leitungen auf oder unter öffentlichen Wegen für die öffentliche Wasserversorgung von Letztverbrauchern im Gebiet der Kommune betreffen, wobei eine "öffentliche Versorgung" vorliegt, wenn der Rechtsträger über ein festes Leitungsnetz Wasser an eine Vielzahl von Abnehmern in einem bestimmten Gebiet liefert.
3. Auch in einem Konzessionsvergabeverfahren im Bereich der Wasserversorgung sind die Grundsätze der Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das gilt jedenfalls dann, wenn an der Wasserkonzession ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht.
4. Das Auswahlverfahren muss so gestaltet werden, dass die an der Konzession interessierten Unternehmen erkennen können, worauf es der Gemeinde bei der Auswahlentscheidung ankommt. Den am Erhalt der Wasserkonzession interessierten Unternehmen müssen zumindest die Entscheidungskriterien der Gemeinde rechtzeitig vor Angebotsabgabe mitgeteilt werden.
VolltextVPRRS 2023, 0194
OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.08.2022 - 2 U 4/21 (Kart)
1. Gemeinden dürfen Bewerber um eine Konzession nicht unbillig behindern. Ob ein Auswahlverfahren unbillig behindert, bestimmt sich anhand einer Gesamtwürdigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielrichtung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist.
2. Eine unbillige Behinderung von Bewerbern um eine Konzession liegt vor, wenn deren Chancen auf den Abschluss des Konzessionsvertrags dadurch beeinträchtigt werden, dass die Auswahlentscheidung die an sie zu stellenden verfahrensbezogenen und materiellen Anforderungen nicht erfüllt.
3. Zu den an die Auswahlentscheidung zu stellenden verfahrensbezogenen Anforderungen gehört das Akteneinsichtsrecht nach § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG.
4. Das Akteneinsichtsrecht nach § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG gilt nicht schrankenlos. Es wird bereits durch seinen Zweck begrenzt, Rechtsverletzungen im Rahmen der Auswahlentscheidung rügen zu können. Daher besteht es nur in Bezug auf Aktenbestandteile des Vergabevorgangs, die für die Auswahlentscheidung relevant sind.
5. Damit ein unterlegener Bieter gegenüber einer (beabsichtigten) Konzessionsvergabe, die den Anforderungen (möglicherweise) nicht entspricht und sich damit als gesetzwidrig erweisen kann, seine Rechte wirksam wahrnehmen kann, muss ihn die Gemeinde auf sein Verlangen darüber unterrichten, aufgrund welcher Erwägungen sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Angebot des Bieters, dem die Konzession erteilt werden soll, nach den mitgeteilten Auswahlkriterien das bessere ist. Dazu ist grundsätzlich die umfassende Unterrichtung über das Ausschreibungsergebnis durch Überlassung einer ungeschwärzten und vollständigen Kopie des für die Auswahlentscheidung der Gemeinde erstellten Auswertungsvermerks erforderlich.
VolltextVPRRS 2023, 0176
OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.08.2022 - 2 U (Kart) 4/21
1. Gemeinden dürfen Bewerber um eine Konzession nicht unbillig behindern. Ob ein Auswahlverfahren unbillig behindert, bestimmt sich anhand einer Gesamtwürdigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielrichtung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist.
2. Eine unbillige Behinderung von Bewerbern um eine Konzession liegt vor, wenn deren Chancen auf den Abschluss des Konzessionsvertrags dadurch beeinträchtigt werden, dass die Auswahlentscheidung die an sie zu stellenden verfahrensbezogenen und materiellen Anforderungen nicht erfüllt.
3. Zu den an die Auswahlentscheidung zu stellenden verfahrensbezogenen Anforderungen gehört das Akteneinsichtsrecht nach § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG.
4. Das Akteneinsichtsrecht nach § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG gilt nicht schrankenlos. Es wird bereits durch seinen Zweck begrenzt, Rechtsverletzungen im Rahmen der Auswahlentscheidung rügen zu können. Daher besteht es nur in Bezug auf Aktenbestandteile des Vergabevorgangs, die für die Auswahlentscheidung relevant sind.
5. Damit ein unterlegener Bieter gegenüber einer (beabsichtigten) Konzessionsvergabe, die den Anforderungen (möglicherweise) nicht entspricht und sich damit als gesetzwidrig erweisen kann, seine Rechte wirksam wahrnehmen kann, muss ihn die Gemeinde auf sein Verlangen darüber unterrichten, aufgrund welcher Erwägungen sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Angebot des Bieters, dem die Konzession erteilt werden soll, nach den mitgeteilten Auswahlkriterien das bessere ist. Dazu ist grundsätzlich die umfassende Unterrichtung über das Ausschreibungsergebnis durch Überlassung einer ungeschwärzten und vollständigen Kopie des für die Auswahlentscheidung der Gemeinde erstellten Auswertungsvermerks erforderlich.
VolltextVPRRS 2023, 0170
OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.02.2023 - 6 U 381/22 Kart
1. Wird erst durch neue Umstände nach Mitteilung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung (§ 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG) erkennbar, dass sich bei einer wie angekündigt zu treffenden Auswahlentscheidung eine Rechtsverletzung ergäbe, so ist § 47 Abs. 2 Satz 2 EnWG allenfalls entsprechend dahin anzuwenden, dass die (künftige) Rechtsverletzung innerhalb von 15 Tagen ab dem Zeitpunkt zu rügen wäre, zu dem sie erkennbar geworden ist.*)
2. Ein Rechtsverstoß, der sich nur gemessen an einem künftig möglicherweise geltenden Recht ergäbe, ist nicht i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 2 EnWG erkennbar, solange das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Auch eine nach allgemeinen Grundsätzen zur Präklusion führende Nachlässigkeit besteht vorher nicht.*)
3. Die Ergänzung um das Merkmal "treibhausgasneutrale" in § 1 Abs. 1 EnWG in der seit dem 29.07.2022 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung vom 19.07.2022, BGBl. I S. 1214) ist in der Sache keine Änderung gegenüber der vorherigen Fassung.*)
VolltextVPRRS 2023, 0158
OLG Dresden, Urteil vom 11.05.2022 - U 30/21 Kart
1. Ein Urteil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren steht einer nochmaligen Entscheidung über denselben Sachverhalt im Hauptsacheverfahren nicht entgegen.*)
2. Aus Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte von § 47 EnWG ergibt sich zweifelsfrei, dass Einwände gegen das Vergabeverfahren und das Ergebnis des Auswahlverfahrens in den Fristen des § 47 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 EnWG erhoben werden sollen und im Falle der Versäumung der dort vorgesehenen Fristen abgeschnitten sind.*)
3. Auf die Rüge nach § 47 Abs. 2 Satz 3 EnWG ist § 130 BGB anwendbar. Zugegangen ist eine Rüge damit dann, wenn sie so in den Bereich der Behörde gelangt ist, dass die dortigen Bediensteten unter normalen Umständen die Möglichkeit haben, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen.*)
4. Bei einer Gemeinde ist bei einem Eingang der Rüge an einem Freitag um 17:03 Uhr von einem Zugang am Montag auszugehen.
VolltextVPRRS 2023, 0138
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.05.2023 - 2 U 201/22
1. Als marktbeherrschende Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet sind die Gemeinden verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes in einem diskriminierungsfreien Wettbewerb auszuwählen.
2. Aus dem Diskriminierungsverbot folgt das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung von Vergabestelle und Bewerber. Dies soll sicherstellen, dass die Gemeinde - insbesondere in den Fällen, in denen durch eine gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter ein Interessenkonflikt besteht - gegenüber allen Bewerbern um das Wegenutzungsrecht die gebotene Neutralität wahrt und zudem die gebotene diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung gewährleistet ist.
3. Beteiligt sich die Gemeinde mit einem Eigenbetrieb oder einer Eigengesellschaft am Wettbewerb um das Wegenetz, kann die Trennung erfolgen, indem die Gemeinde die Vergabestelle einer personell und organisatorisch vollständig vom Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft getrennten Einheit der Gemeindeverwaltung zuweist.
4. Eine solche vollständige Trennung erfordert eine Organisationsstruktur, die sicherstellt, dass ein Informationsaustausch zwischen den für die Vergabestelle und den für den Eigenbetrieb oder die Eigengesellschaft handelnden Personen nur innerhalb des hierfür vorgesehenen Vergabeverfahrens für das Wegerecht erfolgt, so dass bereits durch strukturelle Maßnahmen - also nach dem äußeren Erscheinungsbild - die Bevorzugung des Eigenbetriebs oder der Eigengesellschaft und der "böse Schein" mangelnder Objektivität der Vergabestelle vermieden wird.
VolltextVPRRS 2023, 0137
LG Magdeburg, Urteil vom 04.04.2023 - 36 O 20/22
1. Städte und Gemeinden handeln beim Abschluss von Wegenutzungsverträgen grundsätzlich als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts, haben dabei auf dem sachlich auf das Angebot von Wegenutzungsrechten und örtlich auf das Gemeindegebiet beschränkten Markt eine marktbeherrschende Stellung und sind deswegen dazu verpflichtet, im Auswahlverfahren keinen Bieter um die Konzession unbillig zu behindern oder zu diskriminieren.
2. Die Auswahl muss in einem transparenten Verfahren erfolgen und ist vorrangig an Kriterien auszurichten, die die Ziele des § 1 EnWG konkretisieren. Genügt die Konzessionsvergabe diesen Anforderungen nicht, werden diejenigen Bieter unbillig behindert, deren Chancen auf die Konzession dadurch beeinträchtigt worden sind.
3. Die Auswahlkriterien können im Verlaufe des Vergabeverfahrens grundsätzlich verändert werden, solange alle Bieter davon rechtzeitig Kenntnis erhalten haben.
VolltextVPRRS 2023, 0134
OLG Celle, Beschluss vom 05.08.2022 - 13 U 81/21
1. Zum Streitgegenstand eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. § 47 Abs. 5 EnWG, mit dem der Gemeinde der Abschluss des Konzessionsvertrages untersagt werden soll.*)
2. Zu den Anforderungen, die an die Bestimmtheit des Verbotsantrags zu stellen sind.*)
3. Zu den für die Wertungsentscheidung der Gemeinde geltenden Transparenzanforderungen, wenn dem unterlegenen Bieter die Akteneinsicht gem. § 47 Abs. 3 EnWG nur eingeschränkt - unter teilweiser Schwärzung des Angebots des obsiegenden Bieters - gewährt wird.*)
4. Zum Verfahren bei nachträglicher Änderung der Wertungskriterien.*)
5. Zur Bewertungsrelevanz vertraglicher Zusagen.*)
VolltextVPRRS 2023, 0094
LG Leipzig, Urteil vom 10.01.2023 - 5 O 1534/22
1. Die Gemeinden sind als Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb der Energieversorgungsnetze in einem transparenten und diskriminierungsfreien, vorrangig an Kriterien des § 1 EnWG ausgerichteten Verfahren auszuwählen.
2. Der Grundsatz der Transparenz des Verfahrens, der die Gefahr willkürlicher oder ergebnisorientierter Entscheidungen der konzessionierenden Gemeinde ausschließen soll, verlangt neben der Festlegung und Bekanntmachung von Ausschreibungskriterien auch eine sorgfältige Dokumentation des Ganges und der wesentlichen Entscheidungen des Ausschreibungsverfahrens, insbesondere der Angebotswertung.
3. Der Auswertungsvermerk verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn weder der Verfasser noch das Datum der Ausstellung erkennbar sind und der Vermerk daher keinem Aussteller zugeordnet werden kann.
VolltextVPRRS 2023, 0089
OLG Brandenburg, Urteil vom 30.08.2022 - 17 U 1/21 Kart
1. Als marktbeherrschende Anbieter der Wegenutzungsrechte in ihrem Gebiet sind die Gemeinden verpflichtet, den Konzessionär für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes in einem diskriminierungsfreien Wettbewerb auszuwählen.
2. Das aus dem Diskriminierungsverbot abzuleitende allgemeine Gebot, eine Auswahlentscheidung allein nach sachlichen Kriterien zu treffen, wird für den Bereich der Konzessionsvergabe durch das Energiewirtschaftsrecht näher bestimmt. Danach ist die Auswahl des Netzbetreibers vorrangig an den Kriterien auszurichten, die die Zielsetzung des § 1 Abs. 1 EnWG konkretisieren.
3. Bei der Bewertung der Angebote steht der Gemeinde ein Beurteilungsspielraum zu, der demjenigen im förmlichen Vergabeverfahren vergleichbar ist. Die Auswahlentscheidung ist nur daraufhin zu überprüfen, ob von keinem unzutreffenden oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen eingeflossen sind, der Spielraum diskriminierungsfrei wahrgenommen worden ist und sich Wertungsentscheidungen auch im Übrigen im Rahmen der Gesetze und allgemein gültigen Beurteilungsmaßstäbe halten.
4. Das Gebot der Transparenz des Verfahrens verlangt eine sorgfältige Dokumentation des Gangs und der wesentlichen Entscheidungen des Ausschreibungsverfahrens. Unbeschadet des der Gemeinde zustehenden Beurteilungsspielraums sind an diese Dokumentation insbesondere dann hohe Anforderungen zu stellen, wenn die Kommune die Ausschreibung als Konzeptwettbewerb mit der relativen Bewertungsmethode verbindet, ohne zu erkennen zu geben, welche Leistungen konkret gefordert werden.
5. Verbindet die Gemeinde die Ausschreibung als Konzeptwettbewerb mit einer relativen Bewertungsmethode, müssen die Bewertungsentscheidungen- entsprechend den für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Oberschwellenbereich geltenden Anforderungen - daraufhin überprüfbar sein, ob die jeweilige Bepunktung im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder andern Bieters plausibel vergeben worden ist. Hierzu ist es erforderlich, den Inhalt der Angebote vergleichend gegenüberzustellen und die für die Entscheidung maßgeblichen Aspekte nachvollziehbar aufzuzeigen.
VolltextVPRRS 2023, 0039
OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.07.2022 - 6 U 53/21 Kart
1. Eine Gemeinde überschreitet bei der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens für einen neuen qualifizierten Wegenutzungsvertrag i.S. des § 46 Abs. 2 EnWG den ihr grundsätzlich zustehenden Spielraum, wenn durch die gewählte Gestaltung der Bewertung in Bezug auf das Kriterium "Preisgünstigkeit" das Verhältnis von tatsächlicher Netzabgabe im Verhältnis von Haushalts- und Gewerbekunden zu Industriekunden fast in das Gegenteil verkehrt wird und bestimmte Abnehmergruppen bei der Prognose der Netznutzungsentgelte dadurch in erheblicher Weise unterrepräsentiert werden.*)
2. Der Zahl der Niederspannungsnetzkunden, die weniger als 1/4 des Stroms beziehen, ein Gewicht von gut 7/8 bei der Bewertung beizumessen, erscheint prima facie sachwidrig. Örtliche Besonderheiten oder sachgerechte Erwägungen, die diesen Bewertungsunterschied vernünftig erscheinen lassen würden, müssen gegebenenfalls von der Gemeinde vorgetragen werden.*)
VolltextOnline seit 2022
VPRRS 2022, 0277OLG Naumburg, Urteil vom 03.06.2022 - 7 U 6/22 Kart
1. Eine Gemeinde unterliegt als marktbeherrschender Anbieter bei der Vergabe einer Trinkwasserkonzession dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot.
2. Die Vergabe einer Trinkwasserkonzession unterliegt nicht dem Primärrechtsschutz nach dem GWB. Für das sog. Kartellvergaberecht, d. h. die Regelungen zur Umsetzung der vergaberechtlichen EU-Richtlinien ergibt sich die Bereichsausnahme aus § 149 Nr. 9 GWB.
3. Eine analoge Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften auf die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen außerhalb des GWB-Vergaberechts kommt nicht in Betracht, weil spezialgesetzliche Vorschriften nicht isoliert analogiefähig sind.
4. Soweit eine Dienstleistungskonzession nicht dem Vergaberecht unterliegt, aber eine sog. Binnenmarktrelevanz aufweist, ist das EU-Primärrecht zu beachten, d. h. insbesondere die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs.
5. Das Rechtsinstitut der Inhouse-Vergabe ist auch im Bereich der Dienstleistungskonzessionen außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts anerkannt.
VolltextVPRRS 2022, 0270
OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.04.2022 - 6 U 318/21 Kart
1. Werden Ausschreibungsunterlagen in ihren Bedingungen durch weitere Ausschreibungsunterlagen ergänzt und/oder modifiziert, so liegt darin nur dann eine zur Abhilfe (und gegebenenfalls Auslösung einer erneuten Rügefrist) geeignete Änderung der mitgeteilten Auswahlkriterien und deren Gewichtung, wenn diese Änderung dem Bieter durch verbindliche und klare Formulierungen vor Augen geführt wird. Daran fehlt es, wenn die Gemeinde sich gerade weigert, die Kriterien zu ändern, und lediglich ihr Verständnis bzw. ihre Bewertung als Teil der Begründung einer Nichtabhilfeentscheidung mitteilt.*)
2. Die Zuschlagskriterien der Gemeinde müssen insbesondere objektiv und ohne Unterschied auf alle Angebote anwendbar sein und einen Bezug zum Netzbetrieb haben bzw. die netzwirtschaftlichen Anforderungen wahren, wobei namentlich die Gewichtung der Zuschlagskriterien sachgerecht an den Zielen des § 1 EnWG orientiert sein muss. Der Ausgestaltungsspielraum der Gemeinde findet eine Grenze - auch - dort, wo die Auswahlkriterien und deren Gewichtung die objektiven Anforderungen an den Netzbetrieb mit Rücksicht auf die gebotene Ausrichtung an Kriterien, die das Ziel des § 1 Abs. 1 EnWG konkretisieren, ersichtlich unzureichend abbilden (Festhaltung und Klarstellung zu Senat, Urteil vom 28.08.2019 - 6 U 109/18 Kart, VPR 2020, 158).*)
3. Auch bei zu erwartender Bieterbeteiligung der Gemeinde gilt der Grundsatz, dass in der Mitteilung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung das Offenlassen der Bewertungsmaßstäbe insoweit unzulässig ist, wenn diese so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, auf deren Grundlage das beste Angebot ermittelt wird, und sie in Folge dessen auch vor einer willkürlichen und/oder diskriminierenden Angebotsbewertung nicht mehr effektiv geschützt sind (Festhaltung Senat, Urteil vom 03.04.2017 - 6 U 153/16, VPR 2017, 186; Urteil vom 27.01.2021 - 6 U 95/20 Kart).*)
4. Der Senat hält auf der Grundlage der seit dem 03.02.2017 geltenden Regelungen in §§ 46, 47 EnWG nicht daran fest, dass in der Mitteilung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung nach § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG im Fall einer relativen Bewertungsmethode in Ansehung einer Beteiligung der Gemeinde als Bieterin schlechthin vermieden werden müsste, an bloße unbestimmte Wertungen anzuknüpfen, ohne die beabsichtigte Bewertungsmethode weiter offenzulegen. Vielmehr kann jedenfalls bei einem Konzeptwettbewerb die Ankündigung einer (relativen) Bewertungsmethode genügen, die bei der späteren Auswahlentscheidung eine objektiv nachvollziehbare Bewertung ermöglicht, auch wenn diese nicht aufgrund genauer Festlegung der Bewertungsmethode an vorab festgelegte Zielerreichungsgrade anknüpfen kann, sondern qualitative Wertungen erfordern wird, die erst auf der Grundlage des Kreises der eingegangenen Gebote zu treffen sind. Ob und wenn ja welchen Detailgrad hingegen die Darstellung der einzelnen Auswahlkriterien haben muss, um die Bieter je nach etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Kriteriums vor der vermeidbaren Gefahr späterer Manipulationen bei der Auswertung der Angebote zu schützen, bleibt offen.*)
VolltextVPRRS 2022, 0232
OLG Celle, Urteil vom 16.06.2022 - 13 U 67/21 (Kart)
1. Angebote im Verfahren zur Neuvergabe von Wegerechtskonzessionen sind von der ausschreibenden Gemeinde näher auf ihre Plausibilität zu prüfen, wenn sich aus ihnen selbst, aus zur Plausibilisierung mit eingereichten Unterlagen oder aus naheliegenden Überlegungen Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten oder die mangelnde Umsetzbarkeit von Zusagen ergeben. Die Plausibilitätsprüfung ist nicht grundsätzlich zu dokumentieren. Das Fehlen einer solchen Dokumentation indiziert daher nicht, dass eine Plausibilitätsprüfung unterblieben wäre.*)
2. Vertragsstrafen unterfallen grundsätzlich nicht dem Nebenleistungsverbot nach § 3 Abs. 2 NKAV.*)
3. Zur Einsicht in die Angebote – hier: Erforderlichkeit der substantiierten Darlegung eines Einsichtsinteresses.*)
4. Zur Beurteilung der Kausalität von Wertungsfehlern für die Vergabeentscheidung (Anschluss an OLG Koblenz, Urteil vom 22.08.2019 - U 678/19 Kart, BeckRS 2019, 29906, und OLG Schleswig, Urteil vom 18.05.2020 - 16 U 66/19 Kart, VPRRS 2022, 0074).*)
VolltextVPRRS 2022, 0202
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.08.2022 - Verg 50/21
1. Auftragstätigkeiten müssen der Ausübung der Tätigkeit des Sektorenauftraggebers tatsächlich dienen, indem sie es ermöglichen, diese Tätigkeit im Hinblick auf ihre üblichen Ausübungsbedingungen angemessen zu bewerkstelligen.
2. Für den erforderlichen Zusammenhang zwischen einem Auftrag und der Sektorentätigkeit genügt es nicht, dass die Dienstleistungen einen positiven Beitrag zu den Tätigkeiten des Auftraggebers leisten und deren Rentabilität erhöhen.
3. Ein Unmittelbarkeitserfordernis besteht nicht. Auch mittelbar der Sektorentätigkeit dienende Dienstleistungen sind dem Sektorenvergaberecht unterfallende Sektorenhilfstätigkeiten, wenn sie es ermöglichen, diese Tätigkeit im Hinblick auf ihre üblichen Ausübungsbedingungen angemessen zu bewerkstelligen.
4. Ohne postalische Kommunikation mit Lieferanten und Kunden ist der Betrieb eines Trinkwasserversorgungsnetzes nicht angemessen zu bewerkstelligen.
VolltextVPRRS 2022, 0076
LG München I, Urteil vom 11.03.2022 - 37 O 14213/21
1. Gemeinden werden bei der Vergabe von Wegenutzungsverträgen trotz ihrer Eigenschaft als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts als Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne tätig. Die Vergabe von Wegenutzungsrechten an den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken an mögliche Stromversorgungsunternehmen zum Zweck der Verlegung und des Betriebs von Stromversorgungsleitungen stellt ein privatrechtliches Handeln dar, mit dem eine Gemeinde die ihr als Grundeigentümerin zustehenden Wegerechte wirtschaftlich verwertet.
2. Eine Gemeinde missbraucht ihre marktbeherrschende Stellung, wenn sie den einem Konzessionsbewerber zustehenden Anspruch auf Akteneinsicht nur unzureichend erfüllt und ihn damit im Rahmen eines Konzessionsvergabeverfahrens unbillig behindert.
3. Bei der Vergabe von Wegenutzungsverträgen muss die Gemeinde sicherstellen, dass ...
VolltextVPRRS 2022, 0075
OLG Frankfurt, Urteil vom 12.08.2021 - 11 U 1/21 (Kart)
1. Sofern in einem Konzessionsvergabeverfahren das Nichtabhilfeschreiben der Gemeinde auf die Rüge eines Bieters versehentlich auch an einen Mitbieter gesandt worden ist, wird der Grundsatz des Geheimwettbewerbs dann nicht verletzt, wenn der Mitbieter aus dem Antwortschreiben keine konkreten Rückschlüsse auf den Inhalt des Angebots des Bieters ziehen kann.*)
2. Mangels gesetzlicher Vorgaben kann ein nicht relativer Maßstab bei funktionaler Ausschreibung bzw. einem Konzeptwettbewerb nicht als von vornherein ungeeignet angesehen werden. Ob der letztendlich gewählte Maßstab und seine Anwendung rechtlich zu beanstanden sind, kann erst im Zuge einer Überprüfung der Vergabeentscheidung und der dann erforderlichen vollständigen Offenlegung des Bewertungsmaßstabs geprüft werden.*)
3. Obwohl die Gemeinden den genauen Bewertungsmaßstab bei der nicht relativen Bewertungsmethode nicht offenlegen müssen, sind sie auch hier aufgrund des Transparenzgebots verpflichtet, die Bewertungskriterien soweit zu konkretisieren, dass sich die Bewerber ein Bild davon machen können, wofür ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.*)
VolltextVPRRS 2022, 0074
OLG Schleswig, Urteil vom 07.03.2022 - 16 U 166/21
Ein gesetzmäßiges Auswahlverfahren nach § 46 EnWG, das auf einen "Wettbewerb um die Netze" zielt, muss darauf ausgerichtet sein, den für die zukünftige Laufzeit erwartbar besten Bewerber auszuwählen, wobei sich die Entscheidung nach dem Gesetz vorrangig an den Kriterien des § 1 Abs. 1 EnWG zu orientieren hat. Eine Ausschreibung ist bereits dann nicht zu billigen, wenn sie nicht hinreichend sachgerecht ist. Der Ausgestaltungsspielraum der Gemeinde findet daher seine Grenze dort, wo die Kriterien bzw. die dazu aufgestellten Maßstäbe die objektiven Anforderungen an den Netzbetrieb - die Versorgungsaufgabe in den gesetzlich vorgegebenen Dimensionen - ersichtlich unzureichend abbilden (Anschluss an BGH, VPR 2014, 172; Abgrenzung zu OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.01.2021 - 6 U 95/20 Kart; Urteil vom 28.08.2019, 6 U 109/18 Kart, VPRRS 2020, 0078; OLG Frankfurt, VPR 2018, 68, und OLG Stuttgart, Urteil vom 05.01.2017 - 2 U 66/16, VPRRS 2017, 0389)*)
VolltextVPRRS 2022, 0062
OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.12.2021 - 6 U 177/21 Kart
Nach der Auswahlentscheidung im Verfahren nach § 47 EnWG können nur Rechtsverletzungen im Rahmen der Auswahlentscheidung gerügt werden, die aus der Information nach § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG erkennbar sind. Rechtsverletzungen, die bereits aufgrund der Bekanntmachung der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens mit den vorangegangenen Verfahrensbriefen erkennbar waren, müssen nach § 47 Abs. 2 EnWG innerhalb von 15 Kalendertagen ab deren Zugang gerügt werden. Die in der vorangegangenen Stufe rügbaren Rechtsverletzungen können weder erstmals und noch gar erneut in der nachfolgenden Stufe geltend gemacht werden.*)
VolltextVPRRS 2022, 0016
BGH, Urteil vom 12.10.2021 - EnZR 43/20
1. Beteiligt sich die Gemeinde mit einem Eigenbetrieb oder einer Eigengesellschaft am Wettbewerb um das kommunale Wegenetz zur leitungsgebundenen Energieversorgung, ist es erforderlich, die als Vergabestelle tätige Einheit der Gemeindeverwaltung personell und organisatorisch vollständig von dem Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft zu trennen.*)
2. Eine solche vollständige Trennung erfordert eine Organisationsstruktur, die sicherstellt, dass ein Informationsaustausch zwischen den für die Vergabestelle und den für den Eigenbetrieb oder die Eigengesellschaft handelnden Personen nur innerhalb des hierfür vorgesehenen Vergabeverfahrens für das Wegerecht erfolgt, so dass bereits durch strukturelle Maßnahmen - und damit nach dem äußeren Erscheinungsbild - die Bevorzugung des Eigenbetriebs oder der Eigengesellschaft und damit der "böse Schein" mangelnder Objektivität der Vergabestelle vermieden wird.*)
VolltextOnline seit 2021
VPRRS 2021, 0312BGH, Urteil vom 07.09.2021 - EnZR 29/20
1. Die eine Konzession vergebende Gemeinde war schon vor Inkrafttreten des § 47 EnWG verpflichtet, den unterlegenen Bietern Auskunft darüber zu erteilen, aus welchen Gründen sie den Zuschlag einem anderen Bieter erteilen wollte. Dazu ist grundsätzlich die umfassende Unterrichtung über das Ausschreibungsergebnis durch Überlassung einer ungeschwärzten und vollständigen Kopie des für die Auswahlentscheidung der Gemeinde erstellten Auswertungsvermerks erforderlich, aber auch ausreichend. Eine Ausnahme wird etwa dann in Betracht gezogen werden können, wenn der unterlegene Bieter bereits auf andere Weise alle für die wirksame Wahrung seiner Rechte erforderlichen Informationen erhalten hat oder mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Durchsetzung seiner Rechte durch die Kenntnis des vollständigen Auswertungsvermerks erleichtert wird.*)
2. Soweit die Gemeinde in dem Auswertungsvermerk Schwärzungen vornehmen will, hat sie deren Notwendigkeit zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen jeweils für die konkrete Angabe substantiiert darzulegen und dazu auszuführen, welche schützenswerten Interessen des betreffenden Bieters in welchem Umfang eine Beschränkung der Auskunft erfordern sollen.*)
3. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich im Auswertungsvermerk enthaltener Angaben wird nur zurückhaltend anerkannt werden können und insbesondere für die Gemeinde selbst oder den erfolgreichen Bieter nur in engen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der nach dem Vergabeverfahren erfolgreiche Bieter mittelbar oder unmittelbar, ganz oder teilweise im Eigentum der als Vergabestelle handelnden Gemeinde steht.*)
4. Hat sich der unterlegene Bieter zwar soweit möglich, aber erfolglos um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Konzessionsvergabe bemüht, ist er nicht verpflichtet, die Nichtigkeit des daraufhin mit einem anderen Bieter abgeschlossenen Vertrags alsbald klageweise geltend zu machen; vielmehr gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung.*)
VolltextVPRRS 2021, 0297
VK Sachsen, Beschluss vom 17.09.2021 - 1/SVK/030-21G
1. Durch die Gestattung des vorzeitigen Zuschlags gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 GWB wird dem Antragsteller der Primärrechtsschutz irreversibel genommen. Wegen dieses schwerwiegenden Eingriffs darf eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags grundsätzlich nur in besonderen Ausnahmefällen erfolgen.*)
2. Es ist Aufgabe des Auftraggebers, dezidiert darzulegen, weshalb mit der Erteilung des Zuschlags nicht bis zu einer Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache abgewartet werden kann. Ohne hinreichende substantiierte Begründung hat die Vergabekammer keine Grundlage, über die endgültige Vernichtung des Primärrechtsschutzes zu entscheiden.*)
3. Eine Verzögerung der Zuschlagserteilung durch ein Nachprüfungsverfahren ist jedem Nachprüfungsverfahren immanent. Deswegen hat ein Auftraggeber Verzögerungen, die sich aus einem Nachprüfungsverfahren ergeben, grundsätzlich hinzunehmen.*)
VolltextVPRRS 2021, 0202
BGH, Urteil vom 09.03.2021 - KZR 55/19
1. Hat bei der Vergabe der Konzession für ein Strom- oder Gasnetz die Gemeinde die Vergabekriterien materiell und formell rechtmäßig bestimmt und ordnungsgemäß bekanntgegeben, ist demjenigen Bieter, der bei fehlerfreier Anwendung dieser Kriterien durch die Gemeinde das beste Angebot gemacht hat, die Konzession zu erteilen.*)
2. Ist das Verfahren dagegen fehlerhaft, weil die Gemeinde die Vergabekriterien materiell oder formell nicht rechtmäßig bestimmt, nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben oder nicht fehlerfrei angewendet hat, kann jedenfalls dann ein Anspruch auf Erteilung der Konzession bestehen, wenn sich die Auswahlmöglichkeiten der Gemeinde unter den besonderen Umständen des Einzelfalls dahin verdichtet haben, dass trotz des fehlerhaften Verfahrens eine Vergabeentscheidung und die Erteilung der Konzession nur zugunsten des einzig verbliebenen Bewerbers ermessensfehlerfrei ist, weil allein auf diese Weise das Ziel der regelmäßigen Neuvergabe der Konzession in einem wettbewerblichen Verfahren zwar nicht vollkommen, aber unter den gegebenen Umständen noch bestmöglich verwirklicht werden kann.*)
3. Eine Aufhebung oder teilweise Rückversetzung des Konzessionsvergabeverfahrens in ein früheres Stadium kommt nur in Betracht, wenn dafür ein gewichtiger Grund vorliegt.*)
4. Liegt ein gewichtiger Grund vor, hat die Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob sie das Vergabeverfahren aufhebt oder es mit dem Ziel der Konzessionsvergabe fortsetzt. Die Entscheidung erfordert eine Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist.*)
VolltextVPRRS 2021, 0148
OLG Brandenburg, Urteil vom 06.04.2021 - 17 U 3/19 Kart
1. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. Gemeinden sind bei Abschluss eines Konzessionsvertrags wie Unternehmer zu behandeln, denn sie haben eine marktbeherrschende Stellung über das Angebot von Wegenutzungsrechten in dem örtlich auf das Gemeindegebiet beschränkten Markt.
2. Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn eine Gemeinde als Nachfrager einer bestimmten Leistung ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen.
3. Die Betrauung eines kommunalen Eigenbetriebs mit dem Netzbetrieb darf gegenüber der Konzessionierung eines Energieversorgungsunternehmens weder erschwert noch erleichtert werden. In Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgabe, die Versorgung der Einwohner und ortsansässigen Unternehmen mit Energie sicherzustellen, ist die Gemeinde deshalb zwar berechtigt, sich mit eigenen Unternehmen oder Eigenbetrieben am Wettbewerb um die Konzessionsvergabe zu beteiligen. Dieses Recht der Gemeinde wird aber begrenzt durch die Verpflichtung, diskriminierungsfrei über den Netzbetreiber zu entscheiden.
4. Als Ausfluss der Neutralitätsverpflichtung folgt daraus das allgemeine Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden kommunalen Unternehmen.
5. Eine solche Trennung kann innerhalb der gemeindeeigenen Verwaltung nur dadurch erfolgen, indem die Kommune die Vergabestelle "einer personell und organisatorisch vollständig vom Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft getrennten Einheit der Gemeindeverwaltung zuweist".
VolltextVPRRS 2021, 0315
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2020 - 15 Verg 9/20
1. Sieht der öffentliche Auftraggeber die Tatbestandsvoraussetzungen einer der Ausschlussvorschriften des § 124 GWB als erfüllt an, so hat er unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen und abzuwägen, ob der Ausschluss eine sachlich gerechtfertigte und mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbarende Rechtsfolge ist.
2. Diese Ermessensentscheidung des öffentlichen Auftraggebers ist lediglich in Hinblick auf das Vorliegen eines Ermessensfehlers überprüfbar, das heißt daraufhin, ob vom Auftraggeber alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen ermittelt wurden, der Zweck der Ermächtigung verkannt oder ob bewusst aus willkürlichen, unsachlichen Motiven gehandelt wurde.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann offen lassen, ob der Tatbestand einer der Ausschlussvorschriften des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB bzw. § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfüllt ist, wenn trotz des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen kein Anlass besteht, an der Integrität und Eignung des Bieters zu zweifeln.
4. Auch wenn nach § 126 Nr. 2 GWB die Höchstdauer für die Möglichkeit eines Ausschlusses unter anderem wegen einer schweren beruflichen Verfehlung drei Jahre beträgt, falls der Bieter keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen gem. § 125 GWB ergriffen hat, so wird dadurch aber nicht ausgeschlossen, dass der öffentliche Auftraggeber bereits vor dem Ablauf der dreijährigen Ausschlussfrist im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Ermessensausübung zu dem Ergebnis kommt, dass eventuelle Verstöße des Bieters der Bejahung seiner Eignung in einem konkreten Vergabeverfahren nicht entgegenstehen.
VolltextVPRRS 2021, 0090
OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2020 - 7 W 51/17
1. Betriebe der öffentlichen Hand sind den kaufmännisch geführten Gewerbebetrieben zuzuordnen, wenn sich der öffentlich-rechtliche Rechtsträger wie ein Privatunternehmen am Geschäftsverkehr beteiligt.
2. Ein Zweckverband betreibt jedenfalls dann keinen Gewerbebetrieb, wenn er seine Leistungen nicht in privatrechtlichen Verträgen vereinbart, sondern sich ausschließlich hoheitlicher, öffentlich-rechtlich bestimmter Handlungsformen bedient.
VolltextVPRRS 2021, 0081
VG Schwerin, Urteil vom 24.02.2021 - 1 A 2011/19
1. Im Rahmen des § 3 Abs. 3 Alt. 3 IFG-MV ist unerheblich, ob die Beteiligung an der juristischen Person des Privatrechts unmittelbar oder über eine weitere Person des Privatrechts nur mittelbar vorliegt.*)
2. Im Fall des § 3 Abs. 3 IFG-MV ist der Antrag an die Behörde zu richten. Dies gilt auch dann, wenn an der juristischen Person des Privatrechts juristische Personen des öffentlichen Rechts mit einer Mehrheit der Anteile oder Stimmen beteiligt sind.*)
3. Im Fall des § 3 Abs. 3 IFG-MV besteht ausnahmsweise eine Informationsbeschaffungspflicht der Behörde.*)
4. Ist ein erforderliches Drittbeteiligungsverfahren noch nicht durchgeführt worden, besteht regelmäßig nur ein Anspruch auf erneute Bescheidung.*)
VolltextVPRRS 2021, 0058
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.12.2020 - 3 Kart 177/20
1. Der Bieter für eine Freiflächensolaranlage, dessen gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a) EEG 2017 vorgelegter Nachweis hinsichtlich der Standortangabe nicht mit den Angaben im Gebotsformular übereinstimmt (hier: eine abweichende Gemarkungsbezeichnung), ist mit seinem Gebot im Zuschlagsverfahren - sofern es sich nicht um einen offensichtlichen, ohne weiteres erkennbaren Schreibfehler handelt - gem. § 32 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EEG 2017 zwingend auszuschließen. Die gem. § 37 Abs. 2 Satz Nr. 2 EEG 2017 obligatorisch abzugebende Eigenerklärung des Bieters ist nicht geeignet, eine derartige Inkonsistenz zwischen Gebot und Nachweis zu "heilen" bzw. zu überwinden.*)
2. Der Bundesnetzagentur obliegen angesichts des Massencharakters des Ausschreibungsverfahrens gem. §§ 28 ff. EEG 2017 nicht nur bei fehlenden Angaben im Gebotsformular, sondern auch bei unverständlichen, mehrdeutigen oder - so wie hier - widersprüchlichen Angaben in den Gebotsunterlagen keine umfangreichen individuellen Prüfungs- und Befassungspflichten.*)
3. Die Bundesnetzagentur ist weder gem. § 85 Abs. 3 Satz 1 EEG 2017 i.V.m. § 67 Abs. 1, § 68 Abs. 1 EnWG noch gem. § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 VwVfG verpflichtet, den von einem zwingenden Gebotsausschluss betroffenen Bieter vor ihrer Ausschlussentscheidung noch einmal anzuhören oder den Sachverhalt weiter aufzuklären, um einen offenbar gewordenen Widerspruch aufzulösen.*)
VolltextVPRRS 2021, 0055
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.01.2021 - 6 W 24/20
1. Eine Interessenbekundung und die Absicht eines Unternehmens, ein Angebot zum Abschluss eines Wegenutzungsvertrags hinsichtlich des Energieversorgungsnetzes (§ 46 EnWG) zu unterbreiten, vermitteln diesem Unternehmen zumindest grundsätzlich noch kein rechtliches Interesse i.S.v. § 66 Abs. 1 ZPO daran, dass die Gemeinde in einem einstweiligen Verfügungsverfahren obsiege, in welchem ein anderes Unternehmen gem. § 47 Abs. 5 EnWG Rechtsverletzungen geltend macht, die aus der gemeindlichen Mitteilung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung gemäß § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG erkennbar sein sollen.*)
2. Ein Anspruch eines Interesse bekundenden Unternehmens gegen die Gemeinde, das durch Mitteilung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung gem. § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG begonnene Konzessionierungsverfahren unverändert fortzuführen, kommt zumindest vor Ablauf der Angebotsfrist und Präklusion etwaiger Verletzung der Rechte anderer Unternehmen nach § 47 Abs. 1, 2 Satz 2 EnWG grundsätzlich nicht in Betracht.*)
VolltextVPRRS 2021, 0046
LG Wiesbaden, Urteil vom 09.12.2020 - 12 O 2003/20
Gebot der Transparenz eines Auswahlverfahrens im Rahmen der Vergabe einer Konzession für den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes.*)
VolltextVPRRS 2021, 0024
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2020 - 15 Verg 4/20
1. Der öffentliche Auftraggeber hat, wenn er die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausschlussvorschrift als erfüllt ansieht, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen und abzuwägen, ob der Ausschluss eine sachlich gerechtfertigte und mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbarende Reaktion auf den Anlass ist.
2. Diese Ermessensentscheidung des Auftraggebers ist lediglich darauf überprüfbar, ob nicht alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen ermittelt wurden, der Zweck der Ermächtigung verkannt oder ob bewusst aus willkürlichen, unsachlichen Motiven gehandelt wurde.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann offen lassen, ob der Tatbestand einer Ausschlussvorschrift erfüllt ist, wenn trotz einer Tatbestandsverwirklichung kein Anlass besteht, an der Integrität und Eignung des Bieters zu zweifeln.
4. Zwar beträgt die Höchstdauer für die Möglichkeit eines Ausschlusses u. a. wegen einer schweren beruflichen Verfehlung drei Jahre, falls der Bieter keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen ergriffen hat. Dadurch wird aber nicht ausgeschlossen, dass der öffentliche Auftraggeber vor Ablauf der drei Jahre im Rahmen der Ermessensausübung dazu kommt, dass eventuelle Verstöße des Bieters der Bejahung seiner Eignung nicht entgegenstehen.
VolltextVPRRS 2021, 0019
VG Stuttgart, Urteil vom 20.10.2020 - 18 K 1797/19
Der Begriff des Netzgebiets der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG ist konzessionsgebietsbezogen, das heißt bezogen auf das Gemeindegebiet oder Teile davon zu verstehen, für das ein Konzessionsvertrag nach § 46 EnWG über die Nutzung der öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb der Leitungen abgeschlossen worden ist.*)
VolltextVPRRS 2021, 0010
KG, Urteil vom 24.09.2020 - 2 U 93/19
1. Rügen betreffend Rechtsverletzungen, die aus der Bekanntmachung der Gemeinde nach § 46 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EnWG (1. Phase) oder aus der Mitteilung nach § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG (2. Phase) erkennbar waren, mussten in den jeweiligen Phasen verfolgt werden und können in einem Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG, das nach der Information über die Auswahlentscheidung nach § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG geführt wird (3. Phase), nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. B.I.1.).*)
2. Die mit einem Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG befassten Gerichte haben sich jedenfalls in der 3. Phase mit sämtlichen gerügten Rechtsverstößen auseinanderzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn bereits aufgrund des Durchgreifens einzelner Rügen eine vergabeerhebliche unbillige Behinderung festzustellen ist (vgl. B.I.2.).*)
3. Dies erfordert es gleichwohl nicht, dass der Antrag des Verfügungsklägers oder die gerichtliche Entscheidungsformel darauf gerichtet sein müsste, der Gemeinde die Konzessionierung so lange zu untersagen, bis den in der Urteilsformel im Einzelnen aufgeführten Rügen in der Sache abgeholfen sei (vgl. B.I.3.).*)
4. Eine nach dem Maßstab des § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG unzureichende Akteneinsicht kann zum Gegenstand einer (isolierten) Rüge im Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG gemacht werden und begründet im Falle ihrer Begründetheit bereits für sich genommen eine unbillige Behinderung des unterlegenen Bieters (Anschluss OLG Dresden, Urteil vom 18. September 2019 - U 1/19 Kart, VPR 2020, 146 = VPRRS 2020, 0163) (vgl. B.II.2.a)).*)
5. Bei einem Konzeptwettbewerb mit relativ-vergleichender Bewertungsmethode kann das Transparenzgebot (§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EnWG) es gebieten, dem unterlegenen Bieter (Akten-) Einsicht in das Angebot des obsiegenden Bieters zu gewähren, wenn die Kenntnis dieses Angebots aus der Angebotsauswertung an sich nicht zuverlässig zu gewinnen ist und vorrangige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht entgegenstehen (vgl. B.II.2.b) bb)).*)
6. Fordern Ausschreibungskriterien einer Gemeinde eine "Verpflichtung" des Bieters zu einer bestimmten Leistung, kann diese Anforderung seitens eines nicht rechtsfähigen Eigenbetriebes auch durch eine verbindliche Form der Verwaltungsanweisung (bspw. einer innerstädtischen Festlegung) erfüllt werden (vgl. B.II.3.a)).*)
7. Eine Netzbetriebsgenehmigung nach dem EnWG muss der Bieter noch nicht zum Zeitpunkt der Bewerbung um energierechtliche Wegenutzungsrechte, sondern erst im Zeitpunkt der vorgesehenen Vertragsausführung innehaben (vgl. B.II.4.a) aa)).*)
8. Der Begriff der "notwendigen Verteilungsanlagen" in § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG ist zur Sicherung eines effektiven Wettbewerbs um das örtliche Verteilnetz grundsätzlich weit auszulegen (Anschluss OLG Frankfurt, Urteil vom 14. Juni 2011 - 11 U 36/10 (Kart), ZNER 2012, 188 = VPRRS 2014, 0594). Dass sich die Übernahme bei historisch gewachsenen Systemen nicht ohne Entflechtung oder andere Schwierigkeiten bewerkstelligen lässt, steht dem Netzherausgabeanspruch grundsätzlich nicht entgegen (vgl. B.II.4.c) bb)(1)).*)
9. Es kann beurteilungsfehlerfrei sein, ein belastbares, plausibles und in sich stimmiges (hier: Personal-) Konzept eines Newcomers ausreichen zu lassen, dessen Umsetzung er zugesichert hat, ohne dass daran objektiv begründete Zweifel bestehen (Anschluss OLG Celle, Urteil vom 17. März 2016 - 13 U 141/15 (Kart), ZNER 2016, 242). Von einem Newcomer dagegen ein unmittelbar realisierbares und keine Fragen bzw. Bedingungen offen lassendes Konzept zu verlangen, überspannte die Anforderungen an die Versorgungssicherheit zulasten des von §§ 46, 47 EnWG vorgesehenen und gewollten Wettbewerbs um das Netz (entgegen OLG Brandenburg, Urteil vom 22. August 2017 - 6 U 1/17 Kart, EnWZ 2017, 457) (vgl. B.II.4.d) bb)(1)).*)
VolltextOnline seit 2020
VPRRS 2020, 0369OLG Naumburg, Beschluss vom 30.03.2020 - 7 Verg 1/20
1. Wann der Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebots im Sinne eines Missverhältnisses zwischen dem angebotenen Gesamtpreis bzw. den angebotenen Gesamtkosten und dem objektiven Wert der ausgeschriebenen Leistungen zu gewinnen ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen.
2. Soweit auf den prozentualen Abstand des niedrigsten Angebotspreises zum nächsthöheren Preis von 20 % abgestellt wird, handelt es sich um einen Orientierungswert.
3. Dem Auftraggeber ist für das Einleiten eines Prüfungsverfahrens wegen des Eindrucks eines ungewöhnlich niedrigen Angebots ein weiter Entscheidungsspielraum zuzuerkennen.
4. Ein Aufklärungsverlangen zu den Grundlagen der Preisermittlung eines Bieters ist zulässig, wenn das Angebot inhaltlich bewertet wird, der Auftraggeber einem für die Vergabeentscheidung erheblichen Informationsbedürfnis folgt, wenn die geforderten Angaben geeignet sind, dieses Informationsbedürfnis zu befriedigen, und wenn dem Auftraggeber die Erlangung dieser Informationen nicht auf einfachere Weise möglich ist.
5. Die Einleitung eines Preisprüfverfahrens ist nicht willkürlich, wenn zwischen dem Gesamtpreis des Angebots des Bestbieters und demjenigen des zweitplatzierten Bieters ein Abstand von mehr als 10 % liegt.
6. Im Vergabenachprüfungsverfahren gilt nicht die Parteimaxime, wonach sämtliche tatsächliche Gesichtspunkte, die zwischen den Beteiligten unstreitig sind, als wahr unterstellt werden müssten. Die Vergabekammer ist auch zu einem Aufgreifen von Mängeln eines Angebots von Amts wegen berechtigt.
7. Eine Entscheidung der Vergabekammer ist selbst dann nicht ohne weiteres wirkungslos, weil sie überobligatorische Feststellungen zum Sachverhalt vorgenommen hat. Derartige Fehler führten allenfalls zur Anfechtbarkeit der Entscheidung.
VolltextVPRRS 2020, 0356
OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2020 - 27 U 3/20
1. Städte und Gemeinden handeln bei Abschluss von Konzessionsverträgen als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts. Auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt sind sie ohne Wettbewerber.
2. Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert.
3. Ob ein Auswahlverfahren Bewerber um eine Konzession unbillig behindert, bestimmt sich anhand einer Gesamtwürdigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielrichtung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die auf die Sicherung des Leistungswettbewerbs und insbesondere die Offenheit der Marktzugänge gerichtet ist.
4. Eine unbillige Behinderung von Bewerbern um eine Konzession liegt vor, wenn deren Chancen auf den Abschluss des Konzessionsvertrags dadurch beeinträchtigt werden, dass die Auswahlentscheidung die an sie zu stellenden verfahrensbezogenen und materiellen Anforderungen nicht erfüllt.
5. Die Gemeinde hat einem am Verfahren beteiligten Unternehmen zur Vorbereitung einer Rüge auf Antrag Einsicht in die Akten zu gewähren. Hieraus ergibt sich ein weitgehend voraussetzungsloses Akteneinsichtsrecht zum Zwecke der Überprüfung der gemeindlichen Auswahlentscheidung auf entscheidungserhebliche Rechtsverletzungen.
6. Ein am Verfahren beteiligtes Unternehmern wird unbillig behindert, wenn die Gemeinde nur unzureichend Akteneinsicht gewährt.
VolltextVPRRS 2020, 0281
OLG Brandenburg, Urteil vom 18.08.2020 - 17 U 1/19
1. Im Auswahlverfahren zur Neukonzessionierung von Wegenutzungsrechten zum Betrieb der leitungsgebundenen Elektrizitätsversorgung können die Gemeinden wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung keine freie Marktentscheidung wie in einem sonstigen Vergabeverfahren betreffend die Nachfrage von Leistungen als öffentlicher Arbeitgeber treffen.
2. Die Gemeinden haben vorrangig einen auf die Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG ausgerichteten Qualitätswettbewerb durchzuführen und es muss - unbeschadet als legitim erkennbarer Ausgestaltungsinteressen an verbindlichen Vorgaben - ein echter Wettbewerb um die Konzessionsverträge selbst möglich sein.
VolltextVPRRS 2020, 0252
OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2020 - 2 U 1/18 (Kart)
1. Der unterlegene Bieter hat in einem Verfahren zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung keinen Anspruch auf Akteneinsicht oder Einsicht in etwaige Auswertungsgutachten.
2. Der im Konzessionsvergabeverfahren unterlegene Bieter ist auch nach Beendigung des Verfahrens durch Zuschlagserteilung verpflichtet, die Nichtigkeit des Vertragsschluss spätestens sechs Monate nach Zuschlagserteilung geltend zu machen. Anderenfalls ist er mit seinem Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrags ausgeschlossen.
VolltextVPRRS 2020, 0184
OLG München, Beschluss vom 09.03.2020 - Verg 27/19
1. Führt der Abschluss eines Vertrags mit einen Nicht-Sektorenauftraggeber zwingend dazu, dass auch der Bedarf von zwei weiteren Sektorenauftraggeber gedeckt wird, ist (ausnahmsweise) auch der Nicht-Sektorenauftraggeber als Sektorenauftraggeber anzusehen.
2. Sektorenauftraggeber im Energiebereich sind nicht dem Vergaberecht unterworfen, wenn es um die Beschaffung von Energie im Rahmen der Energieversorgung geht. Etwas anderes gilt, wenn der Auftrag auch dem Bau und Betrieb von Kraftwerken dient.
3. Auch im Sektorenbereich können Angebote, die Änderungen an den Vergabeunterlagen enthalten, ausgeschossen werden. Voraussetzung ist aber, dass die Leistungsbeschreibung eindeutig ist.
VolltextVPRRS 2020, 0167
LG Mannheim, Urteil vom 29.01.2020 - 14 O 194/19 Kart
1. Im Konzessionierungsverfahren nach §§ 46 ff. EnWG ist gerichtlicher Rechtsschutz im Vorfeld der Auswahlentscheidung nur eröffnet, wenn die Gemeinde in Textform mitgeteilt hat, dass sie Rügen gegen Rechtsverletzungen im Rahmen der Mitteilung über die Auswahlkriterien und deren Gewichtung (§ 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG) nicht abhilft, § 47 Abs. 4 EnWG. Indem die Gemeinde auf eine textformgebundene Nichtabhilfe-Mitteilung verzichtet, kann sie eine Unterbrechung des Auswahlverfahrens durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes verhindern und den zulässigen Rechtsschutz auf das Ende des Auswahlverfahrens konzentrieren.*)
2. Ein Interessent, der sich an einem Konzessionierungsverfahren nach §§ 46 ff. EnWG beteiligt, hat regelmäßig kein im Sinne von §§ 66, 71 Abs. 1 Satz 2 ZPO anerkennenswertes rechtliches Interesse an dem Beitritt zu einem Verfahren, in dem ein anderes beteiligtes Unternehmen im Vorfeld der Auswahlentscheidung Rügen gegen die mitgeteilten Auswahlkriterien und deren Gewichtung (§ 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG i.V. mit § 47 Abs. 2 Satz 2 EnWG) in dem Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG gerichtlich verfolgt.*)
VolltextVPRRS 2020, 0165
BGH, Urteil vom 28.01.2020 - EnZR 99/18
1. Im Verfahren über die Vergabe eines Wegenutzungsrechts besteht ein Mitwirkungsverbot für solche Personen, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt sind oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind.*)
2. Wirkt ein Gemeinderat, der als Vertreter der Gemeinde oder in deren Auftrag Mitglied des Aufsichtsrats eines Bewerbers ist, bei der abschließenden Abstimmung im Gemeinderat über die Vergabe von Wegenutzungsrechten mit, führt dies nur dann zu einer unbilligen Behinderung eines unterlegenen Bewerbers, wenn zumindest die konkrete Möglichkeit feststeht, dass dies den Beschluss über die Vergabe beeinflusst hat.*)
3. Ist ein vom Mitwirkungsverbot betroffener Gemeinderat in dem der abschließenden Beschlussfassung vorgelagerten Verfahren tätig geworden, hat die Gemeinde darzulegen und zu beweisen, dass tatsächlich kein Interessenkonflikt bestand oder sich die konkrete Tätigkeit nicht auf die Entscheidung ausgewirkt hat.*)
4. Verfolgt der Kläger mit der Hauptklage mehrere selbständige Ansprüche aus dem streitigen Rechtsverhältnis, die in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus ihm ergeben können, ist eine Zwischenfeststellungswiderklage des Beklagten unzulässig, wenn im Fall der Begründetheit der Zwischenfeststellungswiderklage zugleich die mit der Hauptklage verfolgten selbständigen Ansprüche in vollem Umfang entscheidungsreif wären.*)
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