Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2017, 0250VK Lüneburg, Beschluss vom 02.05.2017 - VgK-08/2017
1. Ein Angebot, dass in zwei wichtigen Unterkriterien (hier: zum Zuschlagskriterium "Konzept für die Auftragserfüllung") mit null Punkten bewertet wird, muss nicht ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber für Unterkriterien keine Mindestbewertung festgelegt hat.
2. Ein Angebot ist nicht als unangemessen niedrig auszuschließen, wenn der Auftraggeber in einem Aufklärungsgespräch ermittelt, dass der Bieter alle geforderten Leistungen eigenverantwortlich erbringen und auch bei höherem Aufwand keine Nachträge stellen wird.
3. Wird dies in einem unterzeichneten und als rechtsverbindlich anerkannten Protokoll in der Vergabeakte festgehalten, ist der Auftraggeber seinen Dokumentationspflichten ausreichend nachgekommen.
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VPRRS 2016, 0386OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2016 - Verg 47/15
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.
2. Im Interesse einer Öffnung des Beschaffungsmarkts der öffentlichen Hand für den Wettbewerb darf der Auftraggeber in technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verweisen darf, wenn dies nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist oder bestimmte Unternehmen oder Produkte dadurch ausgeschlossen oder begünstigt werden.
3. Der öffentliche Auftraggeber darf den ausgeschriebenen Auftrag auf die Lieferung der Produkte eines Herstellers beschränken, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
VolltextVPRRS 2016, 0081
VK Hamburg, Beschluss vom 18.02.2015 - VgK FB 8/14
1. Es ist technisch ohne weiteres möglich, hinter einer optisch einheitlich gestalteten Internet-Oberfläche mit einem einheitlichen Zugang Medienangebote zu bündeln, die von unterschiedlichen Anbietern stammen.
2. Auch wenn ein öffentlicher Auftraggeber davon ausgeht, dass andere Anbieter am Markt nicht in der Lage sind, den Beschaffungsgegenstand zu liefern, entbindet ihn dies nicht von seiner Pflicht, Beschaffungen im Rahmen eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens vorzunehmen.
3. Ein nicht unter den Auftragsbegriff des § 99 GWB fallendes Inhouse-Geschäfts liegt vor, wenn der öffentliche Auftraggeber eine ähnliche Kontrolle über das auftragnehmende Unternehmen ausübt wie über seine eigenen Dienststellen und das Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentliche Körperschaft verrichtet, die seine Anteile hält.
VolltextOnline seit 2015
VPRRS 2015, 0042OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014 - Verg 36/13
1. Der öffentliche Auftraggeber muss rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekannt geben. Bei der Wertung der Angebote sind diese zu berücksichtigen.
2. Inwieweit eine Verpflichtung des Auftraggebers besteht, Unterkriterien auszudifferenzieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist jedenfalls überschritten, wenn die aufgestellten Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden.
3. Hat der Auftraggeber Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen aufgestellt, sind diese den Bietern vollständig offen zu legen.
4. Eine Rügepräklusion setzt voraus, dass die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände für den Antragsteller zu erkennen sind. Einen Vergaberechtsverstoß im Zusammenhang mit Aufstellung und Ausfüllung einer Bewertungsmatrix mit Kriterien und Unterkriterien sowie dem entsprechenden Bewertungssystem, bei dem Leistungspunkte aufgrund von Gewichtungs- und Bewertungspunkten errechnet werden, muss ein durchschnittlicher Bieter nicht erkennen.
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VPRRS 2014, 0652OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.11.2014 - 15 Verg 10/14
1. Eine Dienstleistungskonzession ist eine vertragliche Konstruktion, die sich von einem Dienstleistungsauftrag nur dadurch unterscheidet, dass der Konzessionär das zeitweilige Recht zur Nutzung der ihm übertragenen Dienstleistung erhält und gegebenenfalls ihm zusätzlich ein Preis gezahlt wird.
2. Für die Unterscheidung zwischen Dienstleistungsauftrag und -konzession ist maßgeblich, ob die vereinbarte Art der Vergütung im Recht des Leistungserbringers besteht, die Dienstleistung zu verwerten, und die Übernahme des mit der fraglichen Dienstleistung verbundenen Betriebsrisikos durch den Leistungserbringer zur Folge hat.
3. Sieht die Ausschreibung eine Zuzahlung des Auftraggebers vor, liegt keine Dienstleistungskonzession vor, wenn die Zuwendung ein solches Gewicht hat, dass ihr kein bloßer Zuschusscharakter beigemessen werden kann, sondern zur Folge hat, dass die Einkünfte, die der Dienstleister für seine Leistungen erzielt, zu einem Entgelt führen, das weitab von einer äquivalenten Gegenleistung liegt.
4. Können die voraussichtlichen Investitionskosten durch einen Zuschuss des Auftraggebers nicht sicher amortisiert werden und kann der Auftragnehmer sogar Verluste erleiden, wird das betriebswirtschaftliche Risiko nicht vollständig oder nicht wenigstens zu einem ganz wesentlichen Teil ausgeglichen.
5. Für die Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen ist der Rechtsweg zur Vergabekammer und zum Vergabesenat nicht gegeben. Welcher Rechtsweg hierfür eröffnet ist, richtet sich danach, ob das streitige Rechtsverhältnis dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Rechtszug zuzuordnen ist. Für die Zuordnung ist nicht das Ziel, sondern die Rechtsform staatlichen Handelns maßgeblich.
VolltextVPRRS 2014, 0590
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.09.2014 - 1 VK LSA 12/14
1. Der Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie ist eng umgrenzt. Es kann dahinstehen, ob die Antragsgegnerin selbst Sektorenleistungen vergibt. Sie vergibt aber den Auftrag für eine Vielzahl von Auftraggebern, von denen nur ein einige Unternehmen entsprechende Tätigkeiten im Sektorenbereich erbringen. Es ist den übrigen klassischen öffentlichen Auftraggebern verwehrt, das weniger strenge Vergaberecht anzuwenden.*)
2. Durch das Unterlassen der europaweiten Ausschreibung wurde weiterhin die Wahrnehmung des Primärrechtsschutzes deutlich erschwert. Dies zeigt sich daran, dass keine Information im Sinne des § 101a GWB erfolgte, weil man sich an die v. g. Vorschrift nicht gebunden fühlte. Die Durchführung eines europaweiten Verfahrens stellt für die Bieter nicht nur eine Formalität dar, sondern hat direkten Einfluss auf ihre Chancen.*)
3. Ein Eingangsvermerk dient der Beweissicherung. Er muss daher in einem förmlichen Verfahren den Aussteller erkennen lassen. Der Eingangsvermerk soll sicherstellen, dass der Wettbewerb zwischen den Bietern unter gleichen Voraussetzungen stattfindet und nicht einzelne Bieter ihr Angebot nachträglich verändern. Er soll dokumentieren, dass die Angebote fristgemäß eingegangen sind.*)
VolltextVPRRS 2014, 0556
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.07.2014 - 1 VK 29/14
1. Ob eine ausgeschriebene Leistung zum Ausbau der Breitbandversorgung eine Dienstleistungskonzession oder einen Dienstleistungsauftrag darstellt, kann erst nach einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, wie die Marktverhältnisse in dem Bereich der Breitbandversorgung und die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit, festgestellt werden.
2. Trägt der Leistungserbringer das wirtschaftliche Risiko für seine Dienstleistung und die Gefahr für den Ausfall seines Vergütungsanspruchs oder die Nichtinanspruchnahme seiner Leistung, ist von einer Dienstleistungskonzession auszugehen, die nicht dem Vergaberecht unterliegt. Das ist dann der Fall, wenn trotz einer in Aussicht gestellten Beihilfe sehr wenige Bieter Interesse an der Ausschreibung zeigen, weil die Beihilfe keine Kompensation für das wirtschaftliche Risiko darstellt.
VolltextVPRRS 2014, 0504
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.06.2014 - 1 VK 15/14
1. Bietergemeinschaften sind in der Regel zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig.
2. Es gibt keinen "Königsweg", wie eine Dokumentation zu erfolgen hat. Ob der öffentliche Auftraggeber ein Schulnotensystem nutzt und dann eine Umrechnung in eine Punktetabelle vornimmt, ist grundsätzlich dem Auftraggeber selbst überlassen.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Auswahl der Wertungskriterien und der Gewichtung für sich ein weites Ermessen in Anspruch nehmen. Entscheidend ist, dass das Wertungsverfahren für alle Bieter transparent ist und das Gleichbehandlungsgebot berücksichtigt wird.
4. Einen Verstoß gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien muss ein durchschnittliches Unternehmen, das mit öffentlichen Aufträgen erfahren ist, erkennen und diesen rechtzeitig rügen.
VPRRS 2014, 0328
OLG Dresden, Urteil vom 13.08.2013 - 16 W 439/13
1. Schreibt ein öffentlicher Auftraggeber seinen Beschaffungsbedarf - auch in Gestalt einer Dienstleistungskonzession - förmlich aus, begründet er damit ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis. Aus diesem Vertrauensverhältnis heraus folgt grundsätzlich ein Anspruch der Bieter auf Unterlassung rechtswidriger Handlungen.
2. Das vergaberechtliche Transparenzgebot, dem auch die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen unterliegt, erfordert, dass der Auftraggeber Wertungskriterien, deren Inhalt sich für die Bieter nicht von selbst versteht, mit den Vergabeunterlagen so konkretisiert, dass der Bieter die dahinterstehenden Wertungspräferenzen des Auftraggebers erkennen und sein Angebot danach einrichten kann.
3. Außerhalb des Anwendungsbereiches des Kartellvergaberechts ist vorbeugender Rechtsschutz für Bieter zulässig. Dass das in den §§ 935 ff ZPO geregelte Verfahren vom Nachprüfungsverfahren des GWB abweicht und durch Auslegung vergaberechtlichen Besonderheiten angepasst werden muss, steht dem nicht entgegen.
4. Ein Unterlassungsanspruch des Bieters kann, falls er Aussicht auf Erfolg hat, entsprechend § 570 Abs. 3 ZPO über eine einstweilige Anordnung bis zur Entscheidung über seine Beschwerde gesichert werden.
VolltextVPRRS 2014, 0228
OLG Jena, Beschluss vom 18.02.2013 - 9 Verg 4/12
1. Auch die Vergabeunterlagen sind der Auslegung zugänglich; insoweit sind die allgemeinen Auslegungsgrundsätze heranzuziehen. Die Auslegung orientiert sich am objektiven Empfängerhorizont aus der Sicht eines verständigen, mit der Art der beschriebenen Leistung vertrauten durchschnittlichen Bieters.
2. Auszugehen ist nicht von den Vorstellungen des Auftraggebers, sondern vom Wortlaut, dem im Hinblick auf den einzuhaltenden Gleichbehandlungsgrundsatz, das Transparenzgebot und insbesondere den bei Ausschreibungen anonymen Adressatenkreis besondere Bedeutung zukommt. Daneben sind auch die für den Bieter erkennbaren Umstände des Einzelfalles, die Verkehrssitte sowie Treu und Glauben heranzuziehen.
3. Das tatsächliche Verständnis der Bieter entfaltet demgegenüber nur indizielle Bedeutung. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Vergabestelle.
VolltextOnline seit 2013
VPRRS 2013, 0751VK Bund, Beschluss vom 03.04.2009 - VK 2-100/08
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2013, 0531
VK Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2012 - VK 30/12
1. Die Rügeobliegenheit verlangt, dass jeder einzelne geltend gemachte Vergaberechtsverstoß, den der Antragsteller zum Gegenstand der Nachprüfung machen will, gerügt werden muss. Die Rüge muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung enthalten, damit der öffentliche Auftraggeber erkennen kann, um welchen Mangel es sich handelt und diesen abstellen kann.
2. Wird ein Zuschlagskriterium "Struktur des vorgeschlagenen Personaleinsatzes" den Bewerbern mit Übersendung der Bewerbungsbedingungen als Anlage der Aufforderung zur Abgabe eines ersten indikativen Angebotes zur Kenntnis gegeben worden und rügt ein Bieter diesen Umstand bis zur Abgabe seines indikativen Angebotes nicht, ist er nach Angebotsabgabe mit dieser Rüge präkludiert. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist auf Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmeverfahren, in dem regelmäßig in der Bekanntmachung noch keine Frist zur Angebotsabgabe benannt ist, entsprechend anzuwenden.
3. Trifft der Auftraggeber seine Wertungsentscheidung in einer gemeinsamen Sitzung mit den durch ihn Beauftragten bzw. Sachverständigen der Vergabestelle, ist kein Grund ersichtlich, ihn im Hinblick auf die Eigenverantwortlichkeit der Vergabeentscheidung anders zu behandeln, als Auftraggeber, die sich (zulässigerweise) nachträglich die Entscheidung der Vergabestelle erkennbar zu eigen machen.
4. Ein Dokumentationsmangel allein bildet keinen Grund, das Vergabeverfahren zu beanstanden und den beabsichtigten Zuschlag zu untersagen. Dokumentationsmängel können allenfalls dann zum Erfolg des Nachprüfungsantrages führen, wenn gerade wegen dieser Mängel nicht auszuschließen ist, dass die Beanstandungen des Antragstellers begründet sind.
VolltextOnline seit 2012
VPRRS 2012, 0192OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2012 - Verg 95/11
1. Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf vier Jahre grundsätzlich nicht überschreiten.
2. Soll die Vertragslaufzeit länger als vier Jahre betragen, muss der Auftraggeber diesen eng zu begrenzenden Sonderfall "aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung" rechtfertigen, wobei der Auftragsgegenstand oder andere besondere Umstände herangezogen werden können.
VolltextOnline seit 2011
VPRRS 2011, 0303VK Nordbayern, Beschluss vom 31.08.2011 - 21.VK-3194-24/11
Ein pauschaler Ausschluss eines vorbefassten Bieters würde zu einer Diskriminierung des Projektanten führen. Nur wenn sich Verdachtsmomente bestätigen, ein Ausgleich unter keinen Umständen möglich ist und nach einer Bieteranhörung ein unzulässiger Wettbewerbsvorteil unabwendbar ist, kommt als "ultima ratio" der Ausschluss eines Bieters in Betracht. Ein Ausschluss kommt allenfalls im Falle eines wettbewerbsverfälschenden Informationsvorsprunges gegenüber den anderen Bietern in Betracht.*)
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