Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Gesundheit
Online seit heute
VPRRS 2025, 0139
BSG, Urteil vom 13.03.2025 - B 3 KR 8/23 R
1. Soweit Einzelverträge zwischen einer Krankenkasse und einer Apotheke nach § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V a.F. geschlossen werden, können hiervon abweichende Regelungen des Rahmenvertrags nach § 129 Abs. 2 SGB V a.F. und der ergänzenden Verträge nach § 129 Abs. 5 Satz 1 SGB V a.F. keine Anwendung mehr finden. Das hat zur Folge, dass im Umfang des vorrangigen Einzelvertrags die grundsätzliche Leistungsberechtigung und -verpflichtung anderer Apotheken zur Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots entfällt, weil jede Leistung nur einmal erbracht werden kann.
2. Dem Ausschluss eines Vergütungsanspruchs aufgrund fehlender Abgabeberechtigung steht nicht entgegen, dass die Apotheken, mit denen eine Krankenkasse Verträge geschlossen hatte, nicht im Wege der Ausschreibung, sondern im Open-House-Verfahren gesucht worden und dem angebotenen Vertrag für das Gebiet des Regionalloses beigetreten waren.
3. Stellt eine Krankenkasse die Arzneimittelversorgung in der Weise sicher, dass sie nach dem bis 12.05.2017 geltenden Recht im Open-House-Verfahren gebietsbezogene Einzelverträge anbietet, sind nur dem Vertrag beigetretene Apotheken zur Leistungserbringung berechtigt und alle anderen - wie bei Einzelverträgen nach Ausschreibung im Vergabeverfahren - insoweit von der Leistungserbringung ausgeschlossen.

Online seit 25. Juni
VPRRS 2025, 0126
OLG Köln, Urteil vom 15.05.2025 - 18 U 97/23
1. Ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch kann aus Gründen des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots ausgeschlossen sein und sich in einen reinen (einseitigen) Geldanspruch umwandeln, der der Höhe nach auf den entgangenen Gewinn beschränkt ist, wenn der Anspruch des Gläubigers dieses grundsätzlich im Austauschverhältnis stehenden Schadensersatzanspruchs ohnehin schon auf eine Geldleistung gerichtet war und die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dem nicht entgegen stehen. In diesem Fall verliert der Gläubiger des Schadenersatzanspruchs das Recht, die von ihm geschuldete Gegenleistung zu erbringen.*)
2. Die PreisV 30/53 in der bis zum 31.03.2022 geltenden Fassung gilt grundsätzlich auch für öffentliche Aufträge, die auf der Grundlage eines Open-House-Verfahrens zustande gekommen sind, wenn nicht von der Befreiungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 2 PreisV 30/53 a.F. Gebrauch gemacht worden ist.*)
3. Bei der Bestimmung des verkehrsüblichen Preises nach § 4 Abs. 1 PreisV 30/53 a.F. ist - sofern kein einheitlicher, objektiver Marktpreis feststellbar ist, grundsätzlich der sog. betriebssubjektive Preis maßgeblich, also der Preis, den der jeweilige Anbieter unter Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt auch anderweitig für die gegenständliche Leistung erzielt. Ein Vergleich mit der Verkehrsüblichkeit von Preisen anderer Anbieter findet nicht statt.*)
4. Von diesen Grundsätzen ist auch angesichts des im Open-House-Verfahren zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes nicht abzuweichen, da hierfür angesichts der Möglichkeit des § 2 Abs. 2 PreisV 30/53 a.F. keine Notwendigkeit besteht und der öffentliche Auftraggeber die Geltung der PreisV 30/53 a.F. nicht durch bloße Wahl des Open-House-Verfahrens außer Kraft setzen kann.*)
5. Ist ein Vertrag aufgrund eines Verstoßes gegen die preisrechtlichen Vorschriften hinsichtlich des vereinbarten Preises gem. § 1 Abs. 3 PreisV 30/53 a.F. teilnichtig, ist es dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich auch dann nicht gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diese Teilnichtigkeit zu berufen, wenn er ursprünglich - irrtümlich - davon ausgegangen ist, der von ihm im Open-House-Verfahren einseitig vorgegebene und nicht verhandelbare Preis verstoße nicht gegen die preisrechtlichen Vorschriften. Dies ergibt sich daraus, dass die preisrechtlichen Vorschriften nicht in erster Linie den öffentlichen Auftraggeber als Rechtssubjekt schützen, sondern den Fiskus und die Gemeinschaft der Steuerzahler.*)

Online seit 23. Juni
VPRRS 2025, 0122
VK Berlin, Beschluss vom 29.11.2024 - VK B 1-13/24
1. Der Auftraggeber ist nicht an den Inhalt einer zuvor durchgeführten Markterkundung gebunden. Weder muss eine Markterkundung durchgeführt werden, noch ist diese Teil des Vergabeverfahrens.
2. Der Auftraggeber ist im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts nicht gehalten, die Ausschreibung so zuzuschneiden, dass sie zum Unternehmens- oder Betriebskonzept eines jeden möglichen Bieters passt.
3. Es gibt keine vergaberechtliche Vorgabe, dass nur eine lineare Interpolation zwischen dem niedrigsten und dem doppelten des niedrigsten Angebotspreises zulässig ist. Es gibt nicht einmal eine Vorgabe, dass überhaupt eine Interpolation zwischen dem niedrigsten Angebot und einem vor Angebotsabgabe festgelegten Höchstwert vorzunehmen ist.
4. Der vergaberechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsatz ist drittschützend.
5. Grundsätzlich darf auch in Verhandlungsverfahren nicht über die bekannt gemachten Zuschlagskriterien verhandelt werden, diese sollten während des gesamten Verfahrens stabil bleiben. Indessen besteht kein Anspruch auf die Aufstellung oder Festlegung von Mindestanforderungen vor der Durchführung von Verhandlungsrunden in einem Verhandlungsverfahren.
6. "Muss"-Kriterien sind nicht zwingend als Mindestanforderungen zu qualifizieren.
7. Für die Bewertung konzeptioneller Leistungen genügt es, wenn sich aus der Bewertung ergibt, welche Merkmale für eine Auf- oder Abwertung ausschlaggebend waren, diese müssen nicht in den Vergabeunterlagen festgelegt werden