Vergabepraxis & -recht.

Hervorzuhebende Urteile zu Nachprüfungsverfahren
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei vpr-online eingestellt
Online seit 22. Mai
VPRRS 2025, 0104
BayObLG, Beschluss vom 07.05.2025 - Verg 8/24
1. Auch wenn dem Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen insbesondere auch daraufhin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
2. Bei der Überprüfung der Auswahlentscheidung können alle Tatsachen berücksichtigt werden, die in der Vergabedokumentation enthalten sind und der Auswahlentscheidung der Vergabestelle zu Grunde liegen, auch soweit diese zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Zuschlagsprätendenten nicht offenbart werden dürfen.
3. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben.
4. Die Bewertung von Konzepten fällt in den Kernbereich der Tätigkeit der Vergabestelle, so dass es zur Rechtsverteidigung nicht ohne Weiteres eines anwaltlichen Beistands bedarf.

Online seit 19. Mai
VPRRS 2025, 0101
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.07.2024 - Verg 11/24
1. Ein Vertrag - als notwendiges Merkmal eines öffentliches Auftrags - kann nicht angenommen werden, wenn eine Partei weder im Hinblick auf die Ausführung des Auftrags noch im Hinblick auf die für die Leistungen geltenden Gebühren über irgendeinen Spielraum verfügt. Eine solche Bindung kann sich aus einem bestehenden Vertragsverhältnis ergeben.
2. Die Unwirksamkeit eines ohne vorherige Ausschreibung vergebenen Auftrags muss binnen sechs Monaten nach Vertragsschluss geltend gemacht werden. Mit Fristablauf ist der Vertrag - unabhängig davon, wann und ob überhaupt die Betroffenen Kenntnis von einem Verstoß des Auftraggebers erlangt haben - endgültig wirksam.

Online seit 16. Mai
VPRRS 2025, 0100
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.08.2023 - Verg 6/23
1. Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden. Bei einer Hinzuziehung durch die Behörde ist die Notwendigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen anzunehmen.
2. Sofern im Mittelpunkt des Nachprüfungsverfahrens auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen stehen, spricht im Allgemeinen mehr dafür, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse in seinem originären Aufgabenkreis ohnehin organisieren muss und daher auch im Nachprüfungsverfahren nicht notwendig eines anwaltlichen Bevollmächtigten bedarf.
3. Umgekehrt kann die Beteiligung eines Rechtsanwalts notwendig sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren darüber hinaus nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, insbesondere verfahrensrechtlicher oder solcher Art stellen, die auf einer höheren Rechtsebene als jener der Vergabeordnungen zu entscheiden sind.

Online seit 15. Mai
VPRRS 2025, 0097
OLG Naumburg, Beschluss vom 16.08.2024 - 6 Verg 3/24
1. Zwar ist der Vergabesenat beim Oberlandesgericht in entsprechender Anwendung von § 169 Abs. 3 GWB - ebenso wie die Vergabekammer - befugt, andere vorläufige Maßnahmen zur Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes außer einem prozessualen Zuschlagsverbot anzuordnen. Ein auf die Untersagung eines Vergabeverstoßes durch die künftige Einleitung eines Vergabeverfahrens gerichteter Antrag ist auch insoweit nicht statthaft.*)
2. Für eine vorläufige Untersagung der Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens fehlt einem Antragsteller, der die Unwirksamkeit der Aufhebung des ursprünglichen Vergabeverfahrens geltend macht, auch ein Rechtsschutzbedürfnis.*)

Online seit 9. Mai
VPRRS 2025, 0093
VK Westfalen, Beschluss vom 12.03.2025 - VK 1-7/25
1. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat.
2. Ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung für den Fortsetzungsfeststellungsantrag ist das Vorliegen des sog. Feststellungsinteresses. Ein solches Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art und muss geeignet sein, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder zu mildern.
3. Durch die Erklärung des Antragsgegners, sich der Erledigungserklärung des Antragstellers anzuschließen, ist das Nachprüfungsverfahren beendet. Eine Umstellung von Anträgen im laufenden Nachprüfungsverfahren ist nicht mehr möglich.
