Vergabepraxis & -recht.

Hervorzuhebende Urteile zu Dienstleistungen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei vpr-online eingestellt
Online seit 30. September
VPRRS 2025, 0194
VK Bund, Beschluss vom 07.02.2025 - VK 1-116/24
1. Ein Angebot, in dem aufforderungswidrig nicht alle für die Auftragsdurchführung vorgesehenen Personen namentlich benannt und für diese zudem nicht die geforderten "Profile" (u.a. mit Angaben zu Qualifikation und beruflicher Erfahrung) vorgelegt werden, ist unvollständig und deshalb auszuschließen. Der öffentliche Auftraggeber darf sich nicht darauf beschränken, das entsprechende Kriterien mit null Punkten zu bewerten und auf diese Weise auf den Angebotsausschluss verzichten.
2. Zudem kommt ein Ausschluss wegen Änderung der Vergabeunterlagen in Betracht, wenn "das im Angebot benannte Personal [...] für die Auftragsausführung zwingend einzusetzen" ist und der Bieter dementgegen Personen benannt hat, die nicht bei ihm beschäftigt sind und bei denen mangels entsprechender Vorgespräche auch nicht feststeht, ob diese zumindest zukünftig bei beim Bieter arbeiten werden.

Online seit 26. September
VPRRS 2025, 0192
VK Thüringen, Beschluss vom 24.04.2025 - 5090-250-4003-500
1. Methodisch setzt die Schätzung des Auftragswerts eine ernsthafte, realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert.
2. Es ist zwar eine grundsätzlich zulässige Ausgangsüberlegung, bei der Schätzung des Auftragswerts zunächst den bisherigen Auftrag heranzuziehen und diesen als Basis für die Beurteilung, welches Volumen der nunmehr konzipierte Auftrag erreichen könnte, zu nutzen. Jedoch dürfen Altverträge nicht der einzige Anhaltspunkt dafür sein, ob im aktuellen Fall der Schwellenwert erreicht bzw. nicht erreicht wird.
3. Interimsaufträge, die selbstständig neben dem Hauptvertrag stehen, sind im Hinblick auf das im Rahmen der Schätzung des Auftragswerts zu beachtende Umgehungsverbot zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-)Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird, sei es durch mehrere Interimsaufträge, sei es durch eine Kombination aus Vertragsverlängerungen und (neuen) Interimsaufträgen.

Online seit 25. September
VPRRS 2025, 0191
VK Westfalen, Beschluss vom 11.06.2025 - VK 1-20/25
1. Ausgehend vom Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz muss die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sowohl die Angabe der Schätzmenge und/oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann als Beleg dafür, dass eine Liefer- oder Dienstleistung bestimmten, in der Leistungsbeschreibung geforderten Merkmalen entspricht, die Vorlage eines Gütezeichens verlangen. Verlangt der öffentliche Auftraggeber ein bestimmtes Gütezeichen (hier: VDI 4089), muss er den Nachweis über ein gleichwertiges Gütezeichen akzeptieren.
3. Damit Bieter erkennen können, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber bei dem Nachweis ankommt und damit dieser einen Prüfungsmaßstab für die Vergleichbarkeit hat, muss der Auftraggeber deutlich machen, welche Aspekte für ihn maßgeblich sind, und etwa durch Festlegung konkreter Vorgaben zu erkennen geben, welche Mindestanforderungen der Bieter belegen muss.

Online seit 11. September
VPRRS 2025, 0186
BayObLG, Beschluss vom 10.09.2025 - Verg 6/25
1. Hat ein öffentlicher Auftrag sowohl Bau- als auch Liefer- und Dienstleistungen zum Gegenstand, ist der Hauptgegenstand des Auftrags anhand der rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtumstände zu ermitteln. Die Wertanteile haben dabei nur eine Orientierungs- und Kontrollfunktion.
2. Ein Vorrang zu Gunsten einer Einordnung als öffentlicher Bauauftrag ergibt sich auch dann nicht, wenn der Wert der Bauleistungen über 40% des Auftragsvolumens ausmacht. Trotz eines hohen Anteils der Bauleistungen am Gesamtauftrag kann der Hauptgegenstand des Vertrags angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls dennoch auf den Liefer- und Dienstleistungen liegen.
3. Ist eine Fachlosbildung möglich, weil für die Leistungen ein eigener Markt besteht, kommt eine Gesamtvergabe nur ausnahmsweise in Betracht. Der Auftraggeber hat sich, wenn ihm eine Ausnahme vom Grundsatz der losweisen Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen. Er hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
4. Der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand sowie ein höherer Aufwand bei der Gewährleistung kann eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen.
5. Der Umstand, dass die Losaufteilung zu einer Verzögerung von mehreren Monaten führt, vermag eine Gesamtvergabe allein nicht zu begründen. Gleiches gilt für das mit einer die Losaufteilung verbundene Kostenrisiko.
6. Die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, sind im Vergabevermerk (umfassend) zu dokumentieren.

Online seit 10. September
VPRRS 2025, 0178
VK Saarland, Beschluss vom 30.01.2025 - 3 VK 5/24
1. Versieht der Bieter in seinem Teilnahmeantrag die anzugebende Referenzbausumme, die sich auf die Kostengruppen 200 bis 600 der DIN 276 zu erstrecken hat, mit dem Zusatz "nur TGA", handelt es sich um eine Änderung der Vergabeunterlagen, die zum Ausschluss des Teilnahmeantrags führt.
2. Referenzen zu einem Teilnahmeantrag, bei dem nicht lediglich unternehmensbezogen die Eignung geprüft wird, sondern die mit einer Bepunktung in die Wertung mit einfließen, indem anhand der Relation der referenzierten Aufträge im Vergleich zu den Gesamtbaukosten eine Auswahl der geeigneten Bieter erfolgen soll, sind wie auftragsbezogene Unterlagen zu bewerten. Demnach scheidet eine Nachforderung aus.
3. Eine Aufklärung, die grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers liegt, setzt voraus, dass Zweifel am Inhalt des Angebots bzw. des Teilnahmeantrags bestehen, die sich durch Auslegung nicht ausräumen lassen (hier verneint).

Online seit 8. September
VPRRS 2025, 0177
VK Bund, Beschluss vom 25.04.2025 - VK 1-26/25
1. Allgemeine Fragen und Hinweise, Kritik oder Unverständnis stellen genauso wenig eine ausreichende Rüge dar, wie die Ankündigung, man werde etwas "nicht hinnehmen". Vielmehr muss deutlich werden, dass der Bieter nicht nur eine Anregung zur Optimierung des Vergabeverfahrens geben will, sondern ein vom Bieter konkret zu bezeichnender und vom Auftraggeber zu beseitigender Rechtsfehler geltend gemacht wird.
2. Die Gebührenregelungen der Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauprüfVO) stellen keine verbindlich zu beachtenden Vorschriften zur Preisgestaltung dar, wenn ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist (hier: keine öffentliche Leistung im hoheitlichen Bereich).
