Vergabepraxis & -recht.

Hervorzuhebende Urteile zu Dienstleistungen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei vpr-online eingestellt
Online seit 13. Mai
VPRRS 2025, 0095
VG Darmstadt, Beschluss vom 01.04.2025 - 7 L 2856/24
Das Auswahlverfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession bzw. eines Dienstleistungsauftrags, die die Vergabe von Zuwendungen zur Erschließung bislang unterversorgter Gebiete mit schnellen Gigabit-Breitbandinternetanschlüssen zum Gegenstand hat, darf in Anlehnung an die kartellvergaberechtlichen Regelungen gestaltet werden. Der Auftraggeber kann dann die Vorschriften der KonzVgV und der VgV anwenden (Anschluss an OVG Sachsen, Beschluss vom 13.10.2022 - 4 B 241/22, IBRRS 2022, 3257 = VPRRS 2022, 0252). Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein gefördertes Projekt handelt und die entsprechende Anwendung der Vorschriften von KonzVgV und VgV im Zuwendungsbescheid des Fördermittelgebers gefordert wird.

Online seit 12. Mai
VPRRS 2025, 0096
OLG Naumburg, Urteil vom 17.01.2025 - 6 U 1/24
1. Zum Schadensersatzanspruch des öffentlichen Auftraggebers gegen einen Bieter nach § 180 Abs. 1 GWB.*)
2. Für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Teilnehmer des Vergabeverfahrens kann sich der öffentliche Auftraggeber neben § 180 GWB auch auf die Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts, insbesondere auf §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, stützen.*)
3. In einem durch die Teilnahme an einem Vergabeverfahren begründeten vorvertraglichen Schuldverhältnis zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und einem Wirtschaftsteilnehmer obliegen den Parteien wechselseitig die Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, welche durch die im Verfahren geltenden Vergabevorschriften konkretisiert werden. Ein Bieter, der gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs verstößt, indem er sein Angebot in Kenntnis der Kalkulationsgrundlagen des Angebots eines Mitbewerbers erstellt und dabei dessen Preisansätze jeweils systematisch unterschreitet, verstößt auch gegen die Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB.*)

Online seit 7. Mai
VPRRS 2025, 0092
VK Thüringen, Beschluss vom 12.03.2025 - 5090-250-4003/499
1. Die künstliche Aufspaltung von eines einheitlichen (Interims-)Beschaffungsbedarfs, sei es durch mehrere Interimsaufträge, sei es durch eine Kombination aus Vertragsverlängerungen und (neuen) Interimsaufträgen, verstößt gegen das Umgehungsverbot mit der Folge, dass die Auftragswerte zu addieren sind.
2. Es ist nicht zulässig, wenn der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der vorzulegenden Eignungsunterlagen lediglich auf die Vergabeunterlagen verweist. Eine konkrete Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument ist dagegen ausreichend, wenn an dem Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu dem verlinkten Formblatt gelangen können und auf einen Blick erkennen können, welche Anforderungen an sie gestellt werden.
3. Aus dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz resultiert grundsätzlich die Verpflichtung, Antworten auf Bieterfragen allen Bietern zur Verfügung zu stellen.
4. Bei der Festlegung des Auftragsbeginns handelt es sich grundsätzlich um eine Vertragsbestimmung und nicht um eine Vorschrift über das Vergabeverfahren, deren Verletzung im Nachprüfungsverfahren zur Überprüfung steht. Etwas anderes gilt dann, wenn sich eine Vertragsbestimmung auf die Auftragschancen eines Bieters auswirkt (hier bejaht für eine dreitägigen Ausführungsfrist).

Online seit 30. April
VPRRS 2025, 0087
EuGH, Urteil vom 29.04.2025 - Rs. C-452/23
Art. 43 Abs. 1 c Richtlinie 2014/23/EU ist dahin auszulegen, dass
- unter den in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen eine Konzession auch dann ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden kann, wenn sie ursprünglich ohne Ausschreibung an eine In-House-Einrichtung vergeben wurde und ihr Gegenstand zu einem Zeitpunkt geändert wird, zu dem der Konzessionsnehmer keine In-House-Einrichtung mehr ist;
- er die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, sicherzustellen, dass die nationalen Gerichte inzident und auf Antrag die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Vergabe einer Konzession anlässlich einer Klage auf Nichtigerklärung einer Änderung der Konzession überprüfen, wenn die Klage nach Ablauf aller Fristen, die im nationalen Recht in Anwendung von Art. 2f Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU geänderten Fassung für die Anfechtung dieser ursprünglichen Vergabe vorgesehen sind, von einem Wirtschaftsteilnehmer erhoben wird, der ein Interesse daran nachweist, dass allein der Teil dieser Konzession, der Gegenstand der Änderung ist, an ihn vergeben wird;
- die Änderung einer Konzession i.S.v. Art. 43 "erforderlich wurde", wenn unvorhersehbare Umstände eine Anpassung der ursprünglichen Konzession erfordern, um sicherzustellen, dass sie weiterhin ordnungsgemäß ausgeführt werden kann.
