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IBRRS 2018, 2149; VPRRS 2018, 0209
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Zuschlag erteilt: Nachprüfungsantrag unzulässig!

VK Saarland, Beschluss vom 01.03.2018 - 3 VK 07/17

1. Die Vergabekammer ist grundsätzlich für den Primärrechtsschutz des Bieters zuständig. Sobald der Zuschlag in einem Vergabeverfahren erteilt ist, läuft der Rechtsschutz ins Leere, denn gemäß § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB kann ein wirksam erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden. Nur ganz ausnahmsweise ist in derartigen Fällen ein Fortsetzungsfeststellungsantrag nach Maßgabe von § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB zulässig, im Rahmen dessen durch die Vergabekammer geprüft und festgestellt wird, ob eine Rechtsverletzung des Bieters durch das Verhalten des Auftraggebers vorgelegen hat.*)

2. Um ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren handelt es sich nicht, wenn der Nachprüfungsantrag lediglich bei der Vergabekammer rechtshängig war, dem Antragsgegner jedoch nicht zugeleitet worden ist, ein Vergabenachprüfungsverfahren von der Vergabekammer also nicht eingeleitet worden war.*)

3. Eine Feststellung, dass der Antragsteller durch den Ablauf des Vergabenachprüfungsverfahrens in seinen Rechten verletzt wurde, ist vom GWB nicht vorgesehen. § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB deckt nur die Feststellung der Frage ab, ob der Antragsteller durch das Verhalten des Antragsgegners/Auftraggebers in seinen Rechten verletzt worden ist.*)

4. Das Ziel, das Verhalten der Vergabekammer als nicht rechtmäßig anzuprangern, kann nur im Wege einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitglieder der Vergabekammer erreicht werden.*)

5. Die Gefahr, dass mit Ablauf der Frist des § 134 Abs. 2 GWB die Auftragserteilung an einen Mitbewerber erfolgt und der Primärrechtsschutz des Beschwerdeführers aus Zeitgründen leer läuft. ist in der Fristenregelung des § 134 Abs. 2 GWB angelegt. Sie gewährleistet nur dann einen effektiven Schutz des Bieters, wenn es diesem gelingt, innerhalb der Frist ein Zuschlagsverbot herbeizuführen. Dass dies in direkter Anwendung von § 163 Abs. 2 GWB nur zu erzielen ist, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag nicht für offensichtlich unzulässig oder unbegründet hält, folgt unmittelbar aus dem Gesetz, das dem Antragsteller eben dieses Risiko aufbürdet.*)

6. Ein Antragsteller hat es selbst in der Hand, einen Nachprüfungsantrag rechtzeitig zu stellen. Für den Fall einer zeitlich kurz bevorstehenden Zuschlagsentscheidung muss er beispielsweise die Antwort des Antragsgegners auf die Rüge nicht abwarten, sondern kann parallel dazu einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer platzieren. Des Weiteren kann er einen Antrag auch telefonisch vorankündigen, damit die Vergabekammer eine Zuleitung angesichts der Zuschlagsfrist noch vorbereiten kann.*)

7. Einen Rechtsverlust aufgrund einer späten Rüge oder des Wartens auf die Rügeantwort hat der Antragsteller in Kenntnis des drohenden Fristablaufs selbst zu vertreten.*)

8. Die Vergabekammer ist weder ein Gericht noch haben ihre Mitglieder die Rechte und Pflichten, wie sie einem Richter obliegen. Gemäß § 168 Abs. 3 GWB erfolgt die Entscheidung der Vergabekammer durch Verwaltungsakt, die Vergabekammer agiert also als Verwaltungsbehörde. Sie ist an die „normalen“ Dienstzeiten der öffentlichen Hand gebunden und als solche weder verpflichtet, einen Notdienst rund um die Uhr zu gewährleisten, noch Nachtdienste einzulegen, um einen objektiv zu spät und dann noch unvollständig und unschlüssig eingereichten Antrag (rechtzeitig) zuzuleiten; im Rahmen der Zuleitung muss ihr eine angemessene Überprüfungszeit eingeräumt werden, denn schließlich wird auch das Recht des Auftraggebers, seine Aufträge termingerecht zu vergeben, durch das Zuschlagsverbot erheblich beeinträchtigt. Hierzu müssen vom Antragsteller gewichtige Gründe vorgetragen werden, die einen Vergabefehler zumindest plausibel erscheinen lassen.*)

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