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IBRRS 2021, 1231; VPRRS 2021, 0103
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E-Vergabe: Hinweis auf neu eingegangene Nachricht ist keine Vorabinformation!

VK Saarland, Beschluss vom 22.03.2021 - 1 VK 6/20

1. Der auf 10 Kalendertage verkürzte Fristlauf durch elektronisches Versenden entsprechend den Anforderungen des § 134 Abs. 2 GWB wird im Kontext einer digitalen Abwicklung eines Vergabeverfahrens in Gang gesetzt, wenn die elektronische Information

- den Machtbereich des Sendenden derart verlassen hat, dass sie von diesem nicht mehr gelöscht, verändert oder zurückgerufen werden kann,

- in Textform, mithin speicherbar und für eine angemessene Dauer verfügbar ist, und

- in einem nur dem Empfänger zuzurechnenden sicheren Bereich vergleichbar einem Postfach (Benutzerkonto), über das die gesamte Verfahrenskommunikation abgewickelt wird, eingelegt wird.*)

2. Wird ein Vergabeverfahren vollständig über eine Vergabeplattform digital abgewickelt, kann Versenden auf elektronischem Weg i.S.d. § 134 Abs. 2 Satz 2 GWB nicht ausschließlich auf das Absenden einer herkömmlichen E-Mail oder ein Fax beschränkt werden. Vielmehr ist die Norm in ihrem Normkontext nach dem Wortlaut, dem Willen des Gesetzgebers sowie Sinn und Zweck technikoffen und nach Maßgabe der Bedeutung des Begriffs der Textform auszulegen.*)

3. Versenden in elektronischer Form ist nicht das physische Versenden, sondern bedeutet das elektronische "auf den Weg bringen" der Information in Textform, d. h. das Verlassen des Machtbereichs des Sendenden derart, dass die Information durch diesen nicht mehr einseitig verändert oder gelöscht werden kann. Dabei muss zu erwarten sein, dass bei regelgerechtem Verlauf die Information in den Machtbereich des Empfängers gelangt. In diesem Sinne muss es dem Empfänger möglich sein, jederzeit und ohne Zutun des Absendenden auf die im Postfach eingelegte Information zuzugreifen. Dies ist jedenfalls auch dann der Fall, wenn die maßgebliche Information in einem nur persönlich zugänglichen Raum des Empfängers ("Online-Konto") eingestellt wird.*)

4. Eine automatisch erzeugte bloße Benachrichtigung, dass eine Nachricht vorliegt, stellt als solche nicht bereits die Information nach § 134 GWB dar. Für den Beginn des Fristenlaufs maßgeblich ist nur die Information nach § 134 Abs. 1 GWB selbst.*)

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Dokument öffnen VPR 2021, 118