Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Verkehr
Online seit gestern
VPRRS 2025, 0186
BayObLG, Beschluss vom 10.09.2025 - Verg 6/25
1. Hat ein öffentlicher Auftrag sowohl Bau- als auch Liefer- und Dienstleistungen zum Gegenstand hat, ist der Hauptgegenstand des Auftrags anhand der rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtumstände zu ermitteln. Die Wertanteile haben dabei nur eine Orientierungs- und Kontrollfunktion.
2. Ein Vorrang zugunsten einer Einordnung als öffentlicher Bauauftrag ergibt sich auch dann nicht, wenn der Wert der Bauleistungen über 40 % des Auftragsvolumens ausmacht. Trotz eines hohen Anteils der Bauleistungen am Gesamtauftrag kann der Hauptgegenstand des Vertrags angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls dennoch auf den Liefer- und Dienstleistungen liegen.
3. Ist eine Fachlosbildung möglich, weil für die Leistungen ein eigener Markt besteht, kommt eine Gesamtvergabe nur ausnahmsweise in Betracht. Der Auftraggeber hat sich, wenn ihm eine Ausnahme von dem Grundsatz der losweisen Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen. Er hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
4. Der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand sowie ein höherer Aufwand bei der Gewährleistung kann eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen.
5. Der Umstand, dass die Losaufteilung zu einer Verzögerung von mehreren Monaten führt, vermag eine Gesamtvergabe allein nicht zu begründen. Gleiches gilt für das mit einer die Losaufteilung verbundene Kostenrisiko.
6. Die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, sind im Vergabevermerk (umfassend) zu dokumentieren.

Online seit 5. September
VPRRS 2025, 0175
OLG Celle, Urteil vom 13.08.2025 - 14 U 140/23
1. Die Annahme unverhältnismäßiger, d. h. nicht mehr als "erforderlich" i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehender Schadensbeseitigungskosten kommt im Fall der Auftragsvergabe im Wege der öffentlichen Ausschreibung vor allem dann in Betracht, wenn entweder die Behörde im Rahmen ihrer Ausschreibung - vor allem durch die Erstellung des Leistungsverzeichnisses und die dort festgelegten Mengenangaben - bereits keine wirtschaftlich nachvollziehbare Ausgangslage für die Preisgestaltung getroffen hat, oder wenn sie bei der Prüfung der Angebote Anhaltspunkte für eine überhöhte oder taktische Preisgestaltung des Bieters hatte oder haben musste und diese daher nicht mehr für wirtschaftlich angemessen halten durfte.*)
2. Bezugspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung ist grundsätzlich der jeweilige Angebotsendpreis für das Gesamtpaket der ausgeschriebenen Leistungen.*)
3. Die jeweiligen Endpreise dürfen bei der Beurteilung, ob insgesamt eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügende Auftragsvergabe erfolgt ist, nicht völlig außer Betracht bleiben. Die ausschreibende Behörde kann nur durch eine eingehende Prüfung der Einzelpreise feststellen, ob ein Bieter eine unzulässige Mischkalkulation vorgenommen hat.*)
4. Objektiv drastisch überhöhte Einzelpreise können im schadensrechtlichen Sinn nicht mehr als zur Schadensbeseitigung erforderlicher Geldbetrag angesehen werden.*)

Online seit 2. September
VPRRS 2025, 0172
VK Sachsen, Beschluss vom 30.07.2025 - 1/SVK/19-25
1. Der Begriff des öffentlichen Auftrags setzt einen entgeltlichen Vertrag voraus, durch den eine einklagbare Erfüllungsverpflichtung des Auftragnehmers begründet wird (hier verneint in Ermangelung einer Betriebsverpflichtung). Gleiches gilt für Konzessionen.
2. Bei der Bestimmung des Konzessionswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtumsatz auszugehen. Dabei erfolgt grundsätzlich keine Addition des Auftrags- bzw. Konzessionswertes der Interimsvergabe mit demjenigen der Hauptvergabe.

Online seit 19. August
VPRRS 2025, 0164
VK Bund, Beschluss vom 28.04.2025 - VK 2-27/25
1. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Fachlose liegen vor, wenn für die einzelnen Leistungen ein eigener Markt besteht. Das ist bei Erd- und Spezialtiefbauarbeiten und dem Abbruch/der Demontage einer Brücke der Fall.
2. Der Grundsatz der Fachlosvergabe gilt nicht schrankenlos. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
3. Technische Gründe sind solche, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen. Sie liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen.
4. Ist der öffentliche Auftraggeber der Auffassung, dass eine Ausnahme von dem Grundsatz der Losaufteilung in Betracht kommt, hat er eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen. Es genügt nicht, wenn die für eine Gesamtvergabe sprechenden Gründe anerkennenswert sind, sondern sie müssen überwiegen.
